Blattschuss für das Jägerlatein!

Das eingereichte Volksbegehren „Für ein Bundes-Jagdgesetz“ (bundesjagdgesetz.at) fordert die Vereinheitlichung der einzelnen Bundesländer-Jagdgesetze und eine umfassende inhaltliche Änderung. Die Jägerschaft ist strikt dagegen und zeigt sich (noch) geschlossen gegen jede Änderung. „Wir dürfen uns nicht auseinanderdividieren lassen,“ warnt Landesjägermeister Dr. Walter Brunner. Tatsächlich steht für die Jägerschaft viel auf dem Spiel.

Die Jägerschaft wird die Göttin Diana jetzt bitter notwendig haben.

Persönlich würde ich das Volksbegehren für ein Bundesjagdgesetz mit den angeführten Zielsetzungen auch als Jäger aus Überzeugung unterstützen – mit einer Einschränkung: Die Forderungen nach einem Verbot zur Tötung von Hunden, die frei laufend das Wild in Panik versetzen oder sogar töten (Pkt. 4), ist kontraproduktiv. Aus eigener Beobachtung weiß ich, dass dieses Verbot verantwortungslose Hundebsitzerinnen in ihrem Glauben bestärken würde, dass ihre Hunde immer freilaufen dürfen. Wild auf der Flucht vor freilaufenden Hunden auf eigenem Grund erlebe ich leider regelmäßig und weiß daher wovon ich rede. Ungeachtet der Sinnhaftigkeit des Volksbegehrens sollte man jedoch nicht übersehen, dass ein eventuell einheitliches Bundesjagdgesetz mit den Inhalten wie sie jetzt gefordert werden, nur als erster Schritt für echte Reformen des Jagdwesens sein kann. Diesem ersten Schritt müssen weitere Reformen folgen, die da nach meiner Überzeugung sind:

  1. Berücksichtigung des Fischereiwesens im Sinne der Forderungen des Volksbegehrens, dessen Fokus jetzt nur auf Wild gerichtet ist.

Ich begründe diese Forderung damit, dass die personelle Verflechtung der Jägerschaft und des Fischereiwesens eng und teilweise eine Personalunion ist. Der Begriff „Weidgerechtigkeit“ findet im Jagdwesen und in der Fischerei gleichermaßen Anwendung. Außerdem dürfte sich die Schutzbedürftigkeit von Fischen und Wildtieren wohl kaum unterscheiden („Catch and Release“). Gleiches gilt für den Artenschutz und die Bedeutung für das Ökosystem. Darüber hinaus ist die Schutzbedürftigkeit von Wald und Feld zum Tierwohl vergleichbar mit dem notwendigen Gewässerschutz für den Fischbestand. Derzeit hat jedoch der Wirtschaftsstandort vielfach noch Priorität zum Nachteil des Gewässerschutzes.

BEISPIEL:

„Die HCBD-Belastung bei Fischen steigt erneut stark an“ (Kronen Zeitung/15.7.2022)

Konkret wird vorgeschlagen, dass der Umstand, wonach Fische, die derzeit (Anm.: seit Jahren) im betroffenen Bereich gefangen werden, aus gesundheitlichen Gründen nicht zum Verzehr geeignet sind, auf den jeweiligen aus(zu)gegebenen Fischereierlaubnisscheinen vermerkt wird. Auch wird darauf hingewiesen, dass daher derzeit nur eine Catch-and -Release – Entnahme von Fischen aus der Gurk (unterhalb der Deponie Donauchemie) möglich ist

(Landessanitätsdirektion Kärnten-2022).

„Die Gewässeraufsicht des Landes Kärnten überprüfte neben den Kläranlagen zwischen 13 und 17 abwasserrelevante Betriebe pro Jahr. Die Gewässeraufsicht in Oberösterreich überprüfte bis zu 119 Betriebe pro Jahr.

(Rechnungshof 2022/Gewässeraufsicht in K & OÖ).

Verantwortungslose Hundebesitzer bringen das Wild mutwillig in Gefahr.
Quelle: Peter Baumgartner

  1. Entflechtung des Jagdwesens (und Fischereiwesen) von öffentlichen und privaten Aufgaben.

Die Jägerschaft (und die Fischerei) ist eine Körperschaft öffentlichen Rechts und in meiner Wahrnehmung beispielgebend für die Abschaffung der demokratischen Gewaltenteilung. Die beiden Organisationen vereinen teilweise Legislative und Exekutive und in bestimmten Fällen sogar Judikative unter einem Dach. „Checks and balances“ kann so nur noch durch die Öffentlichkeit (Medien) gewährleistet werden, die ihrerseits lange braucht, um auf Missstände zu reagieren. Letztes Beispiel dafür ist die 2022 erzwungene Rechnungshofprüfung der Jägerschaft in Kärnten (mit wenig schmeichelhaftem Ergebnis). Überhaupt wird die öffentliche Diskussion durch die Jägerschaft situationselastisch verweigert. Das Diskussionsverhalten rund um die aktuelle Volksabstimmung ist vergleichbar mit einer schlechten Konzernkommunikation („Wir erlauben uns, die Mitglieder des Landesjagdverbandes und somit alle Jäger darauf hinzuweisen, dass die Zielsetzungen des Volksbegehrens unsere Jagd mit ihren Besonderheiten und der besonderen alpenländischen Kultur nachhaltig schwächen und verändern würde“ / OÖ-Jagdverband; Keine Anfragen von Medien beantworten oder Interviews geben Stmk.Jagdverband). Dazu kommen Zwangsmitgliedschaften (13.500 Mitglieder in Kärnten, 132.000 in Österreich) sowie das umstrittene, aber rechtmäßige Tragen von Faustfeuerwaffen (Waffengesetz § 20 1a). Die NEOS haben diese Gesetzesliberalisierung seinerzeit im Zusammenhang von hohen Regierungsmitgliedern im Naheverhältnis eines bestimmten Waffenhändlers gesehen. Abgeordnete Dr. Alma Zadić, (Liste JETZT) – heute Justizministerin – war bei der Gesetzesnovelle 2018 strikt gegen jegliche Ausdehnung des Tragens von Waffen. Schlussendlich sind sogar Fischereiaufsichtsorgane in bestimmten Fällen befugt, Personen festzunehmen.

  • Körperschaften öffentlichen Rechts sollen aus allen Gremien ausgeschlossen sein, die den gemeinnützigen Naturschutzorganisationen vorbehaltenen sind.

In Kärnten ist die Jägerschaft als Körperschaft öffentlichen Rechts sogar im Naturschutzbeirat/Umweltanwaltschaft vertreten, obwohl die Mitgliedschaft dort nur Naturschutzorganisationen vorbehalten ist (K-NSG 2002, § 62 1a – Als Naturschutzorganisationen gelten nur gemeinnützige Vereinigungen). Da der Naturschutzbeirat/Umweltanwaltschaft in Kärnten ein Kollegialorgan bildet, führt die starke Mitwirkung der Jägerschaft als Körperschaft öffentlichen Rechts, die Vorsitzführung durch die zuständige Landesrätin und die Geschäftsführung der Landesregierung dazu, dass der Naturschutzbeirat/Umweltanwalt praktisch seine Kontrollkompetenz gegenüber der Verwaltung verloren hat. Konsequenz: Die Opposition im Landtag hat die Unabhängigkeit des Naturschutzbeirates/Umweltanwaltschaft schon mehrfach in Zweifel gezogen und Umweltorganisationen orten generell eine „vornehme Zurückhaltung“ des Naturschutzbeirates/Umweltanwaltschaft insbesondere in UVP-Verfahren.

Wer im Trüben fischt, versucht sich mit unredlichen Mitteln einen Vorteil zu verschaffen. 
Quelle: Peter Baumgartner

Schwere Geschütze gegen Hobby-Jäger fährt die Schweizer Tierschutzorganisation „Wild beim Wild“ auf und bringt mehrere Studien als Beispiel dafür, dass die Aggression der Hobby-Jäger gegen Tiere, Ausdruck einer Verhaltensstörung ist. Angeblich haben laut „Wild beim Wild“ psychologische und soziologische Untersuchungen bei Hobby-Jägern ergeben, dass sie Themen des Tier-, Umwelt- und Naturschutz eher negativ gegenüberstehen und allgemein eine höhere Tendenz zu aggressiver Verhaltensweise zeigen. Auch in Österreich spricht der Tierschutz von „grausamen Missständen bei der Jagd“. Wenn nur ein Bruchteil der ernsten Anschuldigungen gegen die Jägerschaft stimmt, ist deren Mitwirkung bei öffentlichen Aufgaben dringend zu hinterfragen. Unabhängig von den erhobenen Vorwürfen gegen die Jägerschaft durch das Volksbegehren und die Fischerei allgemein, insgesamt wird vom Jagd- und Fischereiwesen in Österreich derzeit ein Bild gezeigt, dass nach einer öffentlichen Debatte schreit. Am Ende dieser Debatte muss die demokratische Rechtsstaatlichkeit und der geltende Tierschutz außer Streit stehen. (PB)