Are we human – Or are we dancers?
Text: Peter Baumgartner.
Sind wir Menschen – Oder sind wir Tänzer, sang 2008 die amerikanische Rockband The Killers im Song Human. Mit kalten Händen und auf Knien suchten sie nach Antwort. Bis heute scheinen sie diese noch nicht gefunden zu haben.
Vermutlich hatten die Sänger einen Verdacht. Von human leitet sich bekanntlich der Begriff Humus für Erde ab und was wir Menschen mit unserem Erdboden, mit dem Humus anstellen, lässt keine Zweifel offen: Wir sind (Traum)Tänzer. Gleichzeitig führen wir eine Phantomdebatte, die vermeintlich ernsthaftes Bemühen um den Erdboden vorgaukelt. Tatsächlich machen wir aber genau das Gegenteil.
Offensichtlich wird das rund um die Diskussion der Bodenversiegelung, die wir (viel zu spät) bekämpfen müssen. Mittlerweile ist es schick, über die „böse“ Bodenversiegelung zu sprechen. Man zählt zu den Guten, wenn man freihändig über „Flächenfraß“ diskutieren kann und wer Häuslbauer sein möchte, wird schräg angeschaut. Ist der noch dicht? Weiß der nicht…? Hat der noch nie gehört…?
Sonderausstellungen werden kuratiert und endlose Work Shops abgehalten, damit wirklich jeder ein schlechtes Gewissen bekommt, wenn er/sie eine Hundehütte aufstellt und dadurch den Boden versiegelt. „Grundbuch statt Sparbuch“ ist schon fast so wie eine Selbstanzeige. Aber nur für das gemeine Volk. Das Chalet-Dorf in der guten Luft, das Ressort am See, die Autobahn auf den Privatberg und das „Forststraßennetz“ in der Eigenjagd, darüber soll möglichst nicht gesprochen werden. Die Zeitschrift „Furche“ ortet eine „Kampfzone“ in der Raumordnung. Im Detail wird über die Ursachen und Folgen der Versiegelung im „Hoheitsgebiet“ berichtet. Und das ist nur ein Medium von vielen, die auf das Thema aufgesprungen sind.
In Kärnten war das Thema Boden sogar prominenter Wahlkampftaufreger. „Zukunft Lebensraum Kärnten – wie soll unser Land aussehen?“ Diese Frage wurde allen wahlwerbenden Parteien gestellt und wieder referierten alle ausführlich über den Bodenverbrauch. Wie am Jahrmarkt überboten sich die Parteien im Wettlauf mit dem besten Raumordnungskonzept. Die GRÜNEN haben sogar ein eigenes „Boden-Volksbegehren“ gestartet.
Ihr Ziel: Natürlich Flächenfraß und Chalet Dörfer stoppen und Bodenverbrauch rigoros regeln. Häuser sind für die GRÜNEN „dreidimensionale Aktien“ und daher pfui. Alle wollen eine mutige Boden-Politik – reduziert auf den Überbegriff „Landfraß“. Insofern könnte man meinen, alle ziehen am gleichen Strang und in die richtige Richtung. Aber die „Zugvögel“ kommen nicht vom Fleck. Es sind Traumtänzer. Fatal ist, diese Eindimensionalisten und Realitätsverweigerer sind nicht nur regional stark vertreten. Auch wenn man sich die überregionalen und internationalen „Bodenexperten“ anschaut, möchte man sich am liebsten „in der Erde verkriechen“.
Egal ob das „Jahr des Bodens“, die Bodencharta oder der Weltbodentag abgefeiert wird. Die notwendige Gesamtsicht auf das Thema fehlt immer. Dabei reden wir noch gar nicht davon, was die falsche Bodenpolitik für die Segregation und die Schaffung von Parallelgesellschaften mit all ihren traurigen Folgeerscheinungen bedeutet. Wir reden nicht davon, dass bei allen „Bodenthemen“ der Luftraum darüber und selbstverständlich auch der Wasserraum unbeachtet bleibt. Was aber ist ein unversiegelter Boden wert, wenn der Luftraum darüber tödlich ist und der Wasserkörper toxisch?
Schlussendlich – und hier liegt wohl der dickste Hund begraben, wird mit Leidenschaft die Frage um die Bodenqualität ausgeklammert oder elegant umschifft. Wenn jedoch ein Boden mit Schwermetallen belastet und niemand bereit ist die Quelle der Belastungen zu beseitigen, wofür sollte man dann dennoch auf eine Versiegelung verzichten. Welchen Sinn hat es, ein „Boden-Volksbegehren“ zu inszenieren, dass sich gegen den Bodenfraß von vergifteten Böden richtet? Warum soll man einen Boden schützen, der ausschließlich die Lebensgrundlage der Pharmaindustrie absichert? Ist es nicht folgerichtig, einen Boden, der nur der Zementindustrie nützt, auch gleich zu überbauen? Selbst wenn die Bodenqualität bereits unter jeder Kritik liegt, sprechen wir von „bio“, nur weil wir keinen Giftdünger verwenden. Aber die Schwermetalle sind da wo sie sind und bleiben wo sie sind. Ohne Quellbeseitigung werden sie nur noch mehr – aber die Landwirtschaft bleibt dennoch „bio“. Ist Traumtänzerei da nicht die falsche Einordnung? Ist vielleicht Schizophrenie die treffendere Diagnose? Kermit, der Frosch aus der „Muppet Show“, würde jedenfalls sagen: „It’s Not Easy Bein‘ Green“. (PB)