Strompreis – Es herrscht Hochspannung in Kärnten

Text. Peter Baumgartner

Naja, mit der von den NEOS versprochenen Psychotherapie auf Krankenschein, können wir das Risiko schon etwas reduzieren.
Bild: Peter Baumgartner

Dennoch – „Für die Verlängerung der Kelag-Vorstandsfunktion von Danny Güthlein sprechen seine hohe fachliche Qualifikation und die ausgezeichnete Arbeit, die er bisher geleistet hat“, sagt der von der Landesregierung entsandte Mag. Gilbert Isep, Vorsitzender des Aufsichtsrates der Kelag und Interessensvertreter der Kärntner Bevölkerung.

Die Sonne schickt also doch eine Rechnung und die von der Bevölkerung finanzierte Wasserkraftinfrastruktur im Wasserland Kärnten auch. Das heißt, der Strom ist zwar eigentlich billig, sogar konkurrenzlos günstig, sagt Bernhard Rebernig vom Ökosozialen Forum. Aber irgendwer muss ja noch die Nebengeräusche, zum Beispiel die fürstlichen Gehälter und Pensionen der Energiekonzernmitarbeiter bezahlen. Das durchschnittliche Bruttogehalt in der Energiebranche ist nämlich doppelt so hoch, wie im Gesundheits- und Sozialbereich, informiert der Rechnungshof. Und das Führungspersonal in den Energieunternehmen zählt vermögensbedingt eigentlich zum erklärten Feindbild der SPÖ. Das ist aber nur ein Grund für die seit Jahren andauernde und sich jetzt zuspitzende Abzocke durch die Energieversorger. Warum das überhaupt möglich ist, ist einfach: Der Wettbewerb im Energiebereich ist zum Erliegen gekommen, sagt die Chefin der Bundeswettbewerbsbehörde. „Die Kunden haben keine Wahlmöglichkeit mehr“. Das heißt, man schaltet einfach die Wettbewerbsbehörde aus und schon ist man unter sich. Sozusagen ohne störende Nebengeräusche. Wie im kinderfreien Hotel. E-Control Vorstand Wolfgang Urbantschitsch gründet eine „Taskforce“, um die für die Konsumenten auffällige und untragbare Situation zu „analysieren“. Die Untersuchungen der Taskforce haben zudem deutlich gemacht, dass es bei manchen Lieferanten zu einer Diskriminierung von Kund:innen gekommen ist, sagt Urbantschisch. Und weiter, „Eine Ungleichbehandlung durch marktbeherrschende Unternehmen ist aus kartellrechtlicher Sicht jedenfalls kritisch zu sehen.“ Es ist ganz offensichtlich, alle setzen sich für die Interessen der Konsumenten ein. Sogar die Ministerin Gewessler sagt, wir können uns jedenfalls darauf verlassen, dass die E-Control und die Bundeswettbewerbsbehörde diese Entwicklung genau unter die Lupe nehmen werden. Allein, vom Analysieren, kritisieren und beobachten werden die Energiekosten jedoch nicht sinken. Aber vielleicht hilft es, all die Gremien und Kümmerer zum Selbstzweck abzuschaffen. Gefühlsmäßig könnte man dadurch gleich die halben Energiekosten und eine Menge verplemperter Arbeitszeit einsparen.

Wir sind kein gemeinnütziger Verein“, stellt Kelag-Vorstand Danny Güthlein klar. Seine „Gemeinnützigkeit“ lebt er im Nebenberuf  in der Kärntner Privatstiftung (zur Förderung des Gemeinwohls in Kärnten) aus, wo er gemeinsam mit Landeshauptmann Peter Kaiser im Aufsichtsrat sitzt.  Bild: Peter Baumgartner

Einigkeit herrscht in Kärnten darüber, dass seinerzeit die politische Entscheidung zur Strommarktliberalisierung ein Fehler war. Selbsterkenntnis ist der beste Weg zur Veränderung. Zwar findet Gaby Schaunig, Eigentümervertreterin der Bürger, dass die Preispolitik der Kelag „nachvollziehbar“ ist, zwischen den Zeilen könnte man aber sogar eine weitgehende Einigkeit darüber herauslesen, dass die Strommarktliberalisierung rückgängig gemacht werden sollte. Falls diese Erleuchtung tatsächlich eingetreten ist fragt man sich allerdings, was soll die ganze Diskussion um wer hat Schuld und wer soll einen „günstigen“ Preis durchsetzen. Die einzig richtige Reaktion kann in diesem Fall nur heißen, ins Tun kommen – und zwar flott. Stattdessen werden Ursachen der Teuerung einzementiert. Die Aktionäre und deren Henkersknechte sind kein „gemeinnütziger Verein“. Darauf sind die Kunden schon selber gekommen. ÖVP/SPÖ Politikerinnen sind Lobbyisten der Konzerne (Staudacher/FPÖ). Auch das sieht ein Blinder. Die FPÖ, die 2013 noch die „erfolgreiche Partnerschaft“ zwischen Kelag und dem Schüssel-Atomkonzern RWE verteidigt hat, hätte heute wohl gerne selber ein paar gut bezahlte Aufsichtsratsposten und der verhaltensauffällige SPÖ-Abgeordnete Leikam bastelt schon an der Bewerbung für einen Top-Job beim Energieversorger (Darmann/FPÖ). Und was hat die politische Opposition in Kärnten zum Thema Raubrittertum unter Strom zu sagen? „Echte Hilfe“ versprechen nur die NEOS in der Energiefrage: Psychotherapie auf Krankenschein. Die Grünen üben sich in nobler Zurückhaltung. Logisch, sie haben trotz politischer Bedeutungslosigkeit dem Landeshauptmann Peter Kaiser einen Aufsichtsratsposten in der Kelag und in der Energieholding zu verdanken. Das verbindet! Der ehemalige Energielandesrat Rolf Holub, darf nämlich sein „Wissen“ seit 2018 als Landesvertreter in die Kelag einbringen. Nur einen „fairen Strompreis“ fordert das Team Kärnten. Was immer das auch sein mag. Seine Situationselastizität bezüglich Kelag hat Gerhard Köfer bereits 2015 – damals noch als Stronach-Mann – beim Hypo-Canossagang der gesamten Landespolitik zum Bundeskanzler unter Beweis gestellt. Gemeinsam mit seinem ex-Parteifreund Kaiser, hätte er bereitwillig auch die Kelag-Anteile verpfändet, um an Finanzhilfen für das Pleite-Bundesland zu kommen. Einziger Vorteil, dann hätten wir heute gar keine Politrowdys im Kelag-Aufsichtsrat sitzen und müssten uns nicht den Niedergang des Parlamentarismus anhören. Regionalität ist unser Sicherheitsnetz in der Krise“, hat Bundesrätin Sandra Lassnig(ÖVP) im Hinblick auf die Energieversorgung im Bundesrat gesagt. Wen sie mit „unser“ gemeint hat, dürfte in Kärnten inzwischen allen klar sein.

Der Weg ist weit, die Zeit ist knapp – hat man 2022 bei der Kelag-„Konferenz Erneuerbare Energie“ festgestellt. Das vergangene Jahr wurde schon erfolgreich genützt – um den Kontakt zu den Kunden nachhaltig zu trennen. Bild Peter Baumgartner

All das könnte man mit Hilfe großer Gelassenheit und stoischer Ruhe als Realsatiere bezeichnen, die in Summe und für sich genommen den Stromkunden nur viel Geld und Nerven kosten. Am Ende des Tages ist es doch ein übliches, politisches Schauspiel. Alltag sozusagen. Im Grunde hat man nur zwei Wahlmöglichkeiten. Entweder man sucht sich seinen Platz im Trauerspiel und schwimmt mit, oder man kämpft bis in alle Ewigkeit vergeblich dagegen an. Keine wirklich guten Alternativen – ich weiß. Aber so ist das Leben. Und es soll sich niemand die Hoffnung machen, dass es irgendwann besser wird. Im Gegenteil! Die technischen Herausforderungen, die mit der Energiewende untrennbar im Zusammenhang stehen, werden uns noch sehr viel Geld kosten und dem Raubrittertum genug Entfaltungsmöglichkeiten bieten. Die absolut schlechteste Nachricht am Schluss dieser Grabrede ist aber, es ist keinesfalls gewährleistet oder auch nur annähernd gesichert, dass wir den Zweck aller auferlegten Geiseln jemals erreichen werden – die Abwendung des Klimadesasters. Vorläufig ist es so wie üblich: Die Gewinne werden unter sozialdemokratischer Führung privatisiert und die Kosten sozialisiert… (PB)