Das Land hat unzählige Probleme: Innen – und Außensicht

Text: Peter Baumgartner

Ein typisches „Schweizer Unternehmen“: Ein Norweger, der in Russland eine Reederei gründet, den amerikanischen Markt bedient und die Steuervorteile bzw. die Beschäftigungsphilosophie der Schweiz nützt. Nirgendwo gibt es so viele „Schweizer Unternehmen“, wie in der Schweiz. Bild: Peter Baumgartner

„Das Land hat unzählige Probleme: Es wird zubetoniert, die Menschen finden keine Wohnungen, die Kriminalität nimmt zu, der Sozialstaat ufert aus, alles wird teurer. Schuld ist die Migration. Es wird eng im Land. Der Lebensstandard entwickelt sich kaum und die Lebenswirklichkeit ist geprägt von hohen Mietpreisen. Es fehlen Fachkräfte und auf jeden Fall müssen die Menschen länger arbeiten“.

Sie wissen, von welchem Land da die Rede ist? Nein, Sie haben sich getäuscht. Hier geht es nicht um die übliche Beschreibung Österreichs. Hier geht es um – die Schweiz (!) Und es ist keine Außensicht über das Nachbarland, sondern die Innensicht eines Benedict Neff, der als Feuilletonchef der NZZ weiß, wovon er spricht, wenn er über die Tagespolitik seines Landes schreibt. Studiert hat Neff Germanistik, Geschichte und Religionswissenschaft in Wien und Zürich. Seit zehn Jahren ist Neff – auch als Korrespondent in Deutschland, journalistisch tätig. In der Schweiz zählt Neff trotz seines jugendlichen Alters zur journalistischen Elite. Dominic Neff ist auf die (journalistische) Welt gekommen, als ein gewisser Veit Dengler bei der NZZ schon CEO war. Dort blieb Dengler aber nicht lange. Wohl deshalb, weil er realisieren musste, dass man nicht gleichzeitig Politiker und Journalist sein kann. Heute ist der smarte Steirer in Österreich ein „Meinungsmacher“, der gerne überall herumgereicht wird, von dem man aber nie genau weiß, wessen Meinung er gerade „verkauft“. Eines seiner jüngsten Verkaufsobjekte ist die äußere Innenansicht der Schweiz und die schaut so aus: Die Schweiz ist super, Österreich ist vergleichsweise schlecht. „Rezepte“ der Eidgenossen soll Österreich übernehmen, weil das Land stagniert und die Schweiz wächst. Anders als bei uns, ist das soziale Netz in der Schweiz gut ausgebaut und die Infrastruktur hervorragend. In dieser Tonart geht es über eine Doppelseite weiter und man bekommt als Österreicher schon Minderwertigkeitsgefühle im Vergleich mit den Eidgenossen. Doch dann lässt Dengler noch die Katze aus dem Sack und erklärt, wessen Brot er isst: „Die Schweizer Unternehmen werden nicht besteuert und reguliert bis es kracht“. Unklar bleibt dabei, ob Dengler auch die amerikanischen, russischen oder sonstige Steuerflüchtlinge meint, die unter dem Schweizer Kreuz ihre dubiosen Geschäfte treiben. Jedenfalls, das ist der wahre Veit Dengler und der Grund dafür, warum er nie ein großer Journalist und nie ein großer Politiker werden wird. Dengler wird immer ein smarter Verkäufer seines jeweiligen Herrn bleiben. In einer Hinsicht hat Dengler allerdings Recht: Wie die Schweiz die EU ausnützt ohne Mitglied zu sein, kann tatsächlich beispielgebend sein. Gerade ist die Schweiz dabei, lautlos aus dem ohnehin schon breiten Trittbrett, regelrecht einen Tanzboden in Brüssel zu schaffen, wo sie uns das Alphorn blasen werden.