Ein Elefant vergisst nie!
(Rote) Elefanten haben ein „Elefantengedächtnis“. Das ist für ihr (politisches) Überleben lebenswichtig. Intelligenz ist dabei jedoch gar nicht so entscheidend. Wichtig ist nur, dass sie über die richtigen Instinkte verfügen, damit sie zum Beispiel die Tränke finden, wenn es sie dürstet.
Text: Peter Baumgartner
Das „Elefantengedächtnis“ des roten Villacher Bürgermeisters hat aktuell dazu geführt, dass eine an sich logische Bürgerbefragung vom SPÖ geführten Gemeinderat mehrheitlich abgelehnt wurde. Konkret geht es da um einen Antrag zur Durchführung einer Gemeindevolksbefragung über die Errichtung eines umstrittenen Logistik-Zentrums in Villach. Ein örtlicher Verein (rettmadieschuett.info) hat eineinhalb Jahre Unterschriften gesammelt und schlussendlich respektable 4.291 Unterschriften vorgelegt. Mit dieser lauten Öffentlichkeitsmeinung hoffte die Bürgerinitiative die Gemeindevertreter zu einer Gemeindevolkbefragung über das Logistikzentrum bewegen zu können. Unterstützung dafür fanden sie bei den beiden Parteien GRÜNE und ERDE im Gemeinderat. Die Mehrheit, allen voran die SPÖ, lehnte den Antrag ab. Sachlich ist die Ablehnung der 4.291 Stimmen von Villacher Bürgerinnen für eine Gemeindevolksbefragung nicht zu begründen, denn damit wäre ja noch keine Entscheidung für oder gegen das Logistikzentrum getroffen. Erst durch ein Gemeindevolksbegehren könnte sich herausstellen, wie sich die Bürgerinnen der Stadt inhaltlich zur Fragenstellung entscheiden. Aber der rote Elefant hat mit den „grünen Zwergen“ noch eine Rechnung offen und die hat er nicht vergessen.
Bekanntlich wurde Bürgermeister Günther Albel (SPÖ) rechtskräftig verurteilt, als oberster Verantwortlicher der Wahlkommission bei der umstrittenen Hofburg-Wahl 2016, wegen falscher Beurkundung und Beglaubigung, mitverantwortlich für eine sündteure Wahlwiederholung zu sein. Albel, der zu diesem Zeitpunkt zwar schon fast 20 Jahre in der Stadtpolitik und zuletzt sogar als Vizebürgermeister tätig war, gab sich vor Gericht „ahnungslos“, berichteten die Medien. Übrigens eine Verteidigungslinie, die in Kärnten durchaus üblich ist und von den Gerichten wohlwollend anerkannt wird. Außerdem war für Albel sein Fehlverhalten eh nur „technisch falsch gelaufen“. Demokratiepolitisch waren die „technischen Fehler“ nie ein Thema. Für Albel endete die Geschichte mit einer symbolischen Geldstrafe. Aber die „Erfahrung“ hat dennoch ihre Spuren hinterlassen und wahrscheinlich dachte sich Albel, man begegnet sich im Leben immer zwei Mal. Die „grünen Zwerge“ in Villach hatten nämlich die Frechheit, wegen des „kleinen Fehlers“ seinen Rücktritt als Bürgermeister zu fordern. Das war Majestätsbeleidigung. Und jetzt, Jahre nach Entstehung des dunklen Flecks in der Politbiographie, ergab sich die Stunde der Vergeltung. Ohne sich auch nur ansatzweise mit dem Antrag zu beschäftigen, lehnte die rote Allmacht nach einer pro Forma-Debatte das Ansinnen ab. ÖVP und FPÖ zogen halbherzig mit. Es ist ja Wahlzeit und da herrschen bekanntlich andere Regeln.
So geht man in Villach mit einer demokratischen Bürgerbeteiligung um. Das versteht man in der Infineon-Stadt unter moderner Demokratie, Bürgerdialog und Mitbestimmung. Schlagworte, die zwar oft und gerne verwendet werden, wenn es aber um die Durchsetzung geht, spielen oft Animosen eine größere Rolle. Dabei darf man nicht vergessen, was das demokratiepolitisch bedeutet. 2021, bei der letzten Gemeinderats- und Bürgermeisterwahl, erreichte die SPÖ mit 13.345 Stimmen 51,35 Prozent und 25 Sitze im Gemeinderat. An 2. Stelle liegt die FPÖ mit 3.927 Stimmen und an 3. Stelle liegt die ÖVP mit 3.499 Stimmen. GRÜNE und die Umwelt-Partei ERDE erreichten zusammen 4.290 Stimmen. Mit gemeinsam 7 Mandaten sind sie im Gemeinderat ebenso stark wie die FPÖ und sogar stärker als die ÖVP (6 Mandate). Allerdings, bei 49.758 Wahlberechtigten in Villach lag die Wahlbeteiligung lediglich bei 53,59 Prozent. Das heißt, nur knapp 26.000 Bürgerinnen gingen insgesamt zur Wahl. Besser – oder trefflicher gesagt, schlechter als in Villach, wird derzeit in Österreich die allgemein beklagte Politikverdrossenheit nicht demonstrieren. Die demokratische Legitimation des roten Bürgermeisters ist also nicht nur durch seine juristische Geschichte mehr als fraglich, sie lässt sich eigentlich nur noch formal mathematisch legitimieren. Die Frage, wo ist die Untergrenze für eine demokratische Legitimation, wird sich die Gesellschaft bald stellen müssen – oder die Politik ändert sich radikal.
Noch ein Aspekt scheint im Zusammenhang mit der Stadtführung von Villach relevant zu sein. Als selbsternanntes Silicon Valley der Alpen, braucht die Hightech-Industrie in der Region nicht nur die erforderliche Infrastruktur, sondern insbesondere auch die richtigen Arbeitskräfte. Junges Personal mit guter Ausbildung, Leute die Visionen haben und sich die Zukunft nicht als Almosenempfänger einer Parteizentrale vorstellen. Genau diesen jungen Menschen bereitet die Umweltverschmutzung, der Klimawandel die größten Sorgen. Weit vor Wohlstand wünschen sie sich Gesundheit und auch was das persönliche Engagement anbelangt, rangieren Umweltthemen ganz vorne bei der Zukunftsgeneration. Gleichzeitig sieht die Mehrheit der 16-29jährigen eher eine düstere Zukunft. Eine Herausforderung, die sich mit der aktuellen Umweltpolitik in Villach und mit der umweltpolitischen Ignoranz absolut nicht vereinbaren lässt.
Die vorerst glücklose Bürgerinitiative in Villach, übrigens mit erstaunlich vielen jungen Mitstreitern, wird sich durch den Rückschlag nicht von ihren Zielen abhalten lassen. Können sie gar nicht, denn es geht schlicht und ergreifend um ihre Zukunft und nicht um Machtdemonstration. Welche Rolle der rote Elefant in dieser Zukunft spielen wird, wird sich vielleicht schon in wenigen Wochen, bei der Landtagswahl zeigen. Die fragile demokratische Legitimation der Mehrheitspartei in Villach braucht Siebenmeilenstiefel. (PB)