Tooor, Tooor, Tooor – I wear narrisch!
Dieser Brunftschrei hat den Klagenfurter Sportreporter Edi Finger 1978 berühmt und die Krankl-Elf zur Legende gemacht. Noch viel wichtiger ist, solche Ereignisse erzeugen positive Emotionen bei den Menschen, die Beurteilungen maßgeblich beeinflussen können. Im kommerziellen Sport entscheiden Emotionen über die Akzeptanz oder Ablehnung. Emotionsbewirtschaftung ist daher die wichtigste Aufgabe von Sportmanagern und Sportjournalisten.
Text: Peter Baumgartner
Fußball als typischer Breitensport ist besonders „anfällig“ für Emotionen. Anders ist es nicht zu erklären, warum hier Entwicklungen oder Handlungen akzeptiert wurden und werden, die sonst zu Protest und Ablehnung führen. Typisches Beispiel neuerer Zeit war die Fußball WM in Katar 2022, die zwar vielfachen Kritiken ausgesetzt, aber letztlich dennoch akzeptiert und umgesetzt wurde.
Kontrovers und den Emotionen geschuldet, war auch die EM-2024 in Deutschland, wo der oder die „Gewinner“ eine Frage der Sichtweise waren. Die UEFA als Veranstalter hatte kolportiert 1,7 Mrd. Euro Gewinn, womit sie bei der freundlichen Besteuerung in Deutschland bestimmt einen Stockerlplatz erreichen konnte. Der „Gewinn“ für das Gastgeberland Deutschland ist schon eher umstritten. Weil, abgesehen von den geringen Steuereinnahmen, der Imageschaden durch die marode Verkehrsinfrastruktur womöglich höher ist, als die positive Werbung einer Großveranstaltung. Imageschaden und hohe Kosten (die Rede ist von 650 Mio. Euro), dürften wohl nicht für einen Stockerlplatz für Deutschland gereicht haben. Über einen Spitzenplatz werden sich hingegen sicher die Hauptsponsoren freuen. Und hier zeigt sich wieder der Einfluss der Emotionsbewirtschaftung. Die europäischste Veranstaltung aller Europa-Veranstaltungen, wurde ausgerechnet stark von China und Katar finanziert. Von Staaten, mit denen man sonst in Europa lieber nichts zu tun haben will und die als Kriegstreiber, Diktatur und Menschenverächter, von der Regierungsebene bis zum Stammtisch geächtet werden. Man kann sich vorstellen, dass sich diese Staaten diebisch darüber freuen, ein europäisches Publikum mit ihrem Geld „steuern“ zu können. Den Europäern hat man diese Schmach nicht angemerkt, weil – Emotionen. Die positiven, sportlichen Wahrnehmungen haben alles überdeckt. Wir lernen daraus, Schurken sind OK – wenn sie zahlen. Ah ja, ein neuer Fußball-Europameister wurde auch gekürt. Wer war das noch gleich …?
Im Großen wie im Kleinen, nicht minder zweifelhaft ist das kommerzielle Sportgeschäft in Österreich. Der Rechnungshof hat gerade das System der Bundessportförderung in der Luft zerrissen und diplomatisch festgehalten, dass „Reformbedarf“ besteht. Die öffentliche Sportförderung durch Steuergeld in Österreich ist fest in der Hand politischer Verbandssysteme. Es fehlt eine klare Trennung zwischen Fördergeber und Fördernehmer, resümiert der Rechnungshof. Systemimmanente Interessenskonflikte sind beabsichtigt und dienen hauptsächlich dem Erhalt der Verbandsstrukturen. Sportvereine, die da nicht mitmachen wollen, haben keine Chance am Fördertopf teilzunehmen. Das ganze System ist von der Bundessportorganisation abwärts durchorganisiert bis hinunter auf Dorfebene. Der rote ASKÖ ist beispielsweise in St. Veit an der Glan sogar eine „SPÖ-Familienorganisation“. Vater und Sohn teilen sich die Präsidentschaft. Und auch hier gilt, wo die meisten Emotionen und Mitglieder zu erwarten sind, beim Fußball, da fließt das meiste (Förder)Geld. Wiederum – Emotionsbewirtschaftung. Sportförderung ist da zweitrangig. Wie sonst ist es zu erklären, dass beispielsweise der Schwimmsport im Land der Seen eine reine Randerscheinung ist und sich die Landeshauptstadt Klagenfurt nicht mal eine Schwimmhalle leisten kann?
In Summe sieht man, egal ob auf Welt-, Europa- oder Dorfebene, Geld regiert die Welt. Wer über Geld verfügt oder die Verteilungsgewalt von Geld hat, der regiert. Im allgemeinen Sprachgebrauch heißt das jedoch nicht regieren, sondern „Selbstverwaltung“. Weite Bereiche der Gesellschaft, eigentlich alles, unterliegt der Selbstverwaltung und es gibt nur Menschen in – oder außerhalb der Selbstverwaltung. Demokratie hin oder her, wer dabei die Arschkarte hat ist klar.