Das Ökosoziale Triumvirat auf der Tribüne

Auf der Tribüne der ökosozialen Marktwirtschaft sitzt im Triumvirat die Finanzwirtschaft. Sie freut sich über durchschnittliche Mehrinvestitionen von 145 Mrd. Euro bis 2030 auf dem Pfad zur Klimaneutralität. Daneben sitzt die Industrie. Sie kann mit einer völligen Transformation ihrer Tätigkeiten auf Kosten der Öffentlichkeit rechnen. Die Medien haben die Aufgabe, die „richtigen“ Wahrheiten und die notwendige Angst beim Volk zu verbreiten, damit das Ökosoziale Triumvirat ungehindert regieren kann.

Text: Peter Baumgartner,

Auch grüne Bäume sind vergänglich. Manchmal können sie gefährlich und sogar tödlich werden. Quelle: Peter Baumgartner

Seit ökologische Themen an Bedeutung gewinnen, setzen sich auch zunehmend Unternehmen und wirtschaftsnahe Verbände mit dem Thema auseinander. Zunächst um Schadensbegrenzung bemüht, reicht für sie heute einfaches Umweltsponsoring nicht mehr aus. Eigene Umweltinitiativen und Organisationen werden von Wirtschaftsunternehmen gebildet, die sich von normalen NGO’s kaum unterscheiden lassen. Und um die Themenführerschaft zu erhalten, hält sich die Wirtschaft inzwischen sogar eigene Verlage, Umweltmedien und ein Heer von zweibeinigen Mikrophonständern, die artig „Wahrheiten“ verbreiten. Guter Ruf ist käuflich!

Die Kleine Zeitung hat in ihrem Blatt eine sogenannte „Tribüne“ eingerichtet. Also eine erhöhte Plattform, die wohl für Meinungsmacher gedacht ist. Geschichtlich oft Ausgangsort verheerender Reden, war die Tribüne auf dem Forum Romanum der Ort, wo die Aristokratie zum Volk sprach. In der Kleinen Zeitung wird die Tribüne auch gelegentlich von einem „Tribun“ bespielt, der ein gewisses Tribunat zu bekleiden hat. Bernhard Rebernig ist so ein „Tribun“ und als solcher durfte er schon sein Tribunat, das „Ökosoziale Forum“, auf der Tribüne der Kleinen Zeitung vertreten.

Die Botschaft des Ökosozialen Forums lautet „Ökosoziale Marktwirtschaft“. Dieser, in Österreich – spät aber doch – vom ehemaligen ÖVP-Vizekanzler Josef Riegler aufgegriffene Begriff, war einst Ausdruck der aufkeimenden Umweltbewegung in der (Land)Wirtschaft die erkannt hatte, dass die (Sau)Wirtschaft in eine Sackgasse führt. Was für die Parteifreunde Rieglers der „Mutausbruch“ eines ungestümen Grünschnabel war, klang bei Riegler nach Überzeugungstäter. Vermutlich hatte er tatsächlich so etwas wie eine Vision, was sich in seinem politischen Umfeld ändern muss, um der Umwelt gerecht zu werden. Bis heute ist Riegler und seinen Nachfolgern die Umsetzung dieser Visionen nicht gelungen. Im Gegenteil.

Heute ist die Ökosoziale Marktwirtschaft zur Umkehrung der Verantwortung verkommen. Asozial wird nicht verfolgt, sondern ökosozial belohnt. D. h., wer sich unter dem Begriff Ökosozial „normal“, also so wie es ohnehin im Sinne der Schöpfungsgeschichte sein sollte benimmt, wird mit vielfältigen Belohnungen, Förderungen, Auszeichnungen etc., überhäuft. Für Asoziale ändert sich nichts. Sie können weiterhin danach trachten, dass sie möglichst „unter den Grenzwerten“ bleiben und falls das doch nicht gelingt, können sie noch immer die Arbeitsplatz-Karte spielen und/oder darauf vertrauen, dass sie eh nicht erwischt werden (wollen). Im Idealfall gelingt die Kombination beider Verhaltensmuster. Wer asozial ökosozial ist, hat die besten wirtschaftlichen Voraussetzungen für ein gedeihliches Fortkommen. Ein typisches Beispiel ist das AMA-Gütesiegel. Das wollte Riegler garantiert nicht. Aber das ist die Realität.

In den viel zu großen Schuhen von Josef Riegler steht heute zum Beispiel Bernhard Rebernig. Ein typischer Vertreter der Ökosozialen Marktwirtschaft-NEU. Jüngst hat er die Innovationskraft der Vorfahren gelobt und deren bahnbrechende Kraftwerksbauten mit den heutigen „Verhinderern“ verglichen. Dass er damit genau diese asoziale Ökosozialität bedient, gehört wohl zu seinem Tätigkeitsprofil. Damals ging es den Visionären nämlich darum, die eigene Bevölkerung und die eigene Wirtschaft mit der notwendigen Energie zu versorgen. Heute geht es den Kraftwerksbauern darum, ihre Aktionäre weltweit zu bedienen und den Investoren steuerschonende Anlageformen zu bieten. Die Bevölkerung ist denen egal. Um die soll sich die Politik kümmern und bei Bedarf Gutscheine verteilen, damit die Wohnung warm bleibt. Jetzt macht sich Rebernig stark für den Ausbau der Windenergie in Kärnten. Damit wiederum irgendwelche Investoren in reichlich geförderte „grüne Energie“ investieren können. Derweil erhöht die KELAG prompt den Stromtarif um 90 Prozent (!). Und artig wie ein Schoßhündchen rapportiert der Landeshauptmann: Na, dann müssen wir halt die Almosen für die Bedürftigen wieder etwas anheben. „Wer hat hier den Vorteil“, fragt Leserbriefschreiber Gerald Seiler mit Verweis auf die RWE-Aktionäre in Deutschland, die ihrerseits die Kernenergie mit der sauberen Energie aus Kärnten grün einfärben. Bei Marx hieß es, „Gewinne werden privatisiert, Verluste werden sozialisiert“. Heute heißt die gleiche Zielsetzung „Ökosoziale Marktwirtschaft“.

Nicht anders als eine Verhöhnung der Bevölkerung ist die medienwirksame Aktion des Ökosozialen Forums in Kärnten vor der neuen Regierungsbildung zu verstehen. Mit zwei kleinen Bäumchen, die wohl die „ökosoziale“ Einflussnahme auf die künftige Regierung legitimieren sollten, erhob Rebernig die Forderung nach einem „sozial leistbaren Ausbau der erneuerbaren Energie“. Sein Präsident in Niederösterreich macht genau das Gegenteil. Regierungen, deren demokratische Legitimation dank ihrer Performance am seidenen Faden hängt, sind für solche ökosozialen Influencer ein leichtes Opfer. Sie müssen vor der Wahl ein Letter of Intent unterschreiben, „Empfehlungen“ oder gleich Forderungen übernehmen. Dann dürfen sie weiter „an der Macht“ bleiben und mit dem Nikolo Sack durch die Lande reisen. Applaus und vielleicht die Nominierung für den Hans Kudlich-Preis, bekommt man so höchsten von der industriellen Präzissionslandwirtschaft. Erbärmlich! Anders kann man dieses Szenario nicht beschreiben. Aber das Race to the bottom ist noch nicht am Ziel.

Das Ökosoziale Forum Österreich & Europa ist die Dachorganisation der Ökosozialen Bundesländerforen und der Ökosozialen Foren aus anderen europäischen Ländern. Seit 2018 agieren diese als gemeinsamer Verein unter dem Namen „Ökosoziales Forum Österreich & Europa“. Aktuell ist Stephan Pernkopf Präsident. Pernkopf ist auch ÖVP-LH-Stv. von Niederösterreich und somit Mehrheitseigentümer-Vertreter jener EVN-Energieversorger, die von GLOBAL2000 des „bewussten Greenwashing“ bezichtigt wird. Finanziert wird die Arbeit des Ökosozialen Forums durch Mitgliedsbeiträge, öffentliche Mittel, Spenden, Sponsoring und dem Verkauf von Publikationen. Spenden kommen zum Beispiel aus der Finanzwirtschaft, Energiewirtschaft und REWE. Ein Tätigkeitsbericht und oder ein Finanzreport wird nicht veröffentlicht. Eine unvollständig beantwortete parlamentarische Anfrage im Jahre 2011 brachte zutage, dass das Ökosoziale Forum 2011 mehr als 3 Mio. Euro öffentliche Förderungen erhalten hat. Das Ökosoziale Forum gilt außerdem als anerkannte Bildungseinrichtung und darf seine Influencer-Tätigkeit somit amtlich bestätigt unter Schülern und Studenten verbreiten. (PB)

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