NÖ-Landtagswahl – eine Realsatire
Text: Peter Baumgartner.
Die NÖ-Landtagswahl Ende Jänner gestaltete sich in vielerlei Hinsicht als österreichische Realsatire. Die absurden Zugewinne der FPÖ, aber auch die irrwitzige Abwahl der SPÖ und ihres Spitzenkandidaten Franz Schnabl, sind realsatirisch kaum zu überbieten.
Eine Erklärung für die lächerlichen Umstände lieferte der Wahlverlierer Schnabl nach seiner Wahlanalyse selber der Öffentlichkeit und es ist zu bewundern, dass er dabei die Beherrschung nicht verloren hat. Schnabl, bis zur Wahl Landesparteivorsitzender, stv. Bundesparteivorsitzender und Landeshauptfrau-Stv., war im Brotberuf Generalinspektor der Bundespolizeidirektion Wien und ist daher wahrscheinlich abwegige Geschichten gewohnt. Als Gegenkandidat zur Landeshauptfrau, die ihrerseits mit realsatirischen Geschichten (ORF-Parteisender) zugedeckt ist, wollte Schnabl mit inhaltlich wichtigen Themen ein Zeichen setzen. Aber es kam anders. Beide, die Landeshauptfrau und Schnabl „erreichten“ das denkbar schlechteste Wahlergebnis in ihrem Land. Abgewählt, obwohl gar nicht Wahlteilnehmer, wurde auch der ORF-NÖ Chefredakteur. Warum genau, bleibt – alles geheim. Lachender Sieger war der freiheitliche Kandidat. Ein Politiker, der sich einige Zeit hauptsächlich mit „guten deutschen Liedern“ beschäftigen musste, bevor er sich wieder landespolitischen Herausforderungen widmen konnte. Insgesamt also eine Wahl, die man nur als Realsatire bezeichnen kann. Und das ist noch die netteste Erzählung über dieses Schauspiel. Früher, als es in der Stadt an der Traisen noch das Glanzstoffwerk gab, wusste man wenigstens, woher der Gestank kam.
Besonders bitter war die Wahlerfahrung wohl für Franz Schnabl, dem man wenigstens ehrliches Bemühen zugestehen kann. Selbst von seiner Arbeit überzeugt, konnte er es sich zum Schluss nicht verkneifen, die „Mitarbeit“ der Journalistinnen zu beklagen. Die Frage, verrat Schnabl, die Journalistinnen im Wahlkampf am häufigsten an ihn gerichtet hätten war, „mit wem telefonieren sie öfter, mit Doskozil oder mit Rendi-Wagner“. Fragen inhaltlicher Natur, das Land und die Menschen betreffend, interessiere die Journalistinnen nicht. Widerspruch auf die heftige Schnabl-Kritik gab es von Seiten der Medien nicht, also kann man davon ausgehen, dass sich die Journalistinnen nahtlos in das realsatirische Gemengelage rund um die Wahl einfügen.
Wer glaubt das reicht und das Maß ist voll, wurde vom Politikberater Thomas Hofer eines Besseren belehrt. Hofer, der den Rücktritt und die Erklärung Schnabls live verfolgt hat, fand die Anmerkung zu den Journalisten als „wehleidig“. Natürlich hätte der „Experte“ das tun können, wofür er zuständig ist, nämlich die Fakten zu hinterfragen. Vielleicht hätte sich in seinem Faltencheck herausgestellt, das Schnabls Aussage stimmt – vielleicht aber auch nicht. Hofer wählte lieber die „Stammtischexpertise“: Der ist ja nur wehleidig. Für die kritischen Medienkunden bediente Hofer mit seiner „Expertise“ jedoch genau das, woran die öffentliche Meinung in Österreich laboriert. Nämlich am unheilvollen Konglomerat zwischen Politik, Wirtschaft/Industrie, Meinungsmacher und abhängigen Journalisten. Dieses Krebsgeschwür im Körper der öffentlichen Meinung lässt sich nicht durch eine Schönheitscreme in Form von ein paar Paragraphen beseitigen. Da braucht es eine OP – oder ganz einfach begraben.
Schnabls Aussage zu den „kompetenten“ Journalistinnen hat quasi als Beifang aufgedeckt, wie es um die Journalistenausbildung in Österreich steht. Neben dem Hauptgegenstand Medienkannibalismus, gehört „blöd fragen“, verschleiern und zudecken zur Grundausbildung. Vor diesem Hintergrund bekommt der Aufschrei rund um die „Versenkung“ der Wiener Zeitung eine neue Bedeutung. Bestimmt ist die Verstaatlichung der Journalistenausbildung keine Lösung, aber so wie es jetzt ist, kann es auch nicht bleiben. Wenn die Damen und Herrn der Medien den Anspruch haben, als vierte Macht im Staat zu gelten, dann braucht es zumindest eine Ausbildungs- und Prüfungsqualität, die den Anforderungen entspricht. (PB)