„Die Demokratie braucht mehr, nicht weniger Medien“
Das ist die Kernaussage der SPÖ, die in einem parlamentarischen Entschließungsantrag „Meine-Zeitung Abo“, gratis für alle zwischen 16 und 30 Jahren, fordert. Vor dem Hintergrund der aktuellen Medienlandschaft ist das jedoch ein Beitrag zur kollektiven Verblödung.
Journalisten nehmen für sich gerne in Anspruch, in den Medien die wichtige Funktion eines Beleuchters zu spielen. „Wir richten den Scheinwerfer auf die wichtigen Ereignisse des Tages“, behaupten sie und geben damit vor, wie in der Filmproduktion, wichtiger Teil des Ganzen zu sein. In der Filmbranche heißt der Beleuchter jedoch auch „Gaffer“ und ich finde, umgangssprachlich trifft diese Bezeichnung schon eher auf viele Journalisten zu. Bei Rettungseinsätzen sind sie meistens eine Behinderung und auch sonst stehen Gaffer nur neugierig zu ihrem eigenen Vergnügen im Weg herum. Einige Gaffer verstecken sich hinter dem Schutzschild Pressefreiheit und vergessen, dass eben diese Pressefreiheit nicht nur schützt, sondern auch verpflichtet. Verlieren Journalisten den Gesamtblick oder wollen ihn nicht wahrnehmen, verlieren sie ihre Legitimation – leider regelmäßig ohne Konsequenzen. Besonders tragisch ist das in öffentlich-rechtlichen Medien, die durch Zwangsgebühren finanziert, eine besondere Verantwortung haben. Aber Medien generell, weil es kaum welche gibt, die keine fürstliche Medienförderung bekommen, stehen in der Bringschuld.
Defizite werden besonders schmerzlich bei Wahlen sichtbar, weil es sich dann immer auch um demokratische Grundprinzipien dreht. Aktuell ist unübersehbar, dass praktisch alle „Beleuchter“ ihren Scheinwerfer auf einen patscherten Neustart einer Kandidatin gerichtet haben und dabei völlig auf die wichtigen Fragen zur EU-Wahl vergessen. Aber nicht nur zentrale inhaltliche Fragen werden komplett ausgeblendet, sogar wahlwerbende Parteien werden schlicht ignoriert. Unlängst hat ein FPÖ-Funktionär die, sagen wir es vorsichtig, verhaltensauffällige Parteisprache zu erklären versucht. Er hat gemeint, man muss bei den Medien um jeden Preis auffallen. Nur die wildesten Sprüche garantieren Schlagzeilen und ziehen die Scheinwerfer förmlich an. Als Beispiel mag eine Berichterstattung in der Kleinen Zeitung herhalten (Beitragsbild). Da wird auf einer Doppelseite eine reich bebilderte Reportage über einen Kickl-Auftritt in Kapfenberg berichtet. Bis ins Detail beschreibt der „Gaffer“ Josef Fröhlich die Geschichte mit dem „Volkskanzler“. Dabei steht der gar nicht auf der EU-Kandidatenliste. FPÖ-These voll bestätigt. Auf derselben Seite ist die Pressestunde des KPÖ-Spitzenkandidaten Günther Hopfgartner zur EU-Wahl nur eine Randnotiz. Auch auf die neue Partei Demokratisch-Neutral-Authentisch (DNA) richtet sich kaum ein Scheinwerfer in der EU-Wahl Berichterstattung. Maximal eine Taschenlampe. Wer nur ORF konsumiert, wird die DNA-Spitzenkandidatin für die EU Wahl, Maria Hubmer-Mogg, wahrscheinlich gar nicht kennen. Ein Schicksal, dass sie mit vielen Medienopfern vor ihr teilt.
Barbara Rieger, die Präsidentschaftskandidatin 2022 hat geklagt, ihre Kandidatur wurde von den Medien komplett totgeschwiegen. Einige Medien haben sogar wortwörtlich berichtet, die Wahl sei „reine Männersache“, obwohl sich sogar zwei Frauen um das Amt beworben hatten. Konsequenzen? Null. 2023 hat die neue Partei „Vision Österreich“ Beschwerde beim Verfassungsgericht eingebracht, weil die Leitmedien in Österreich ihre Kandidatur zu den Landtagswahlen „brutal boykottiert“ haben. Eine „Unsachlichkeit“ konnte der VfGH jedoch nicht erkennen. Natürlich wurde auch eine direkte Beschwerde beim ORF schlicht ignoriert.
Hintergrund für das von der SPÖ geforderte, staatlich finanzierte Abo-Modell, ist der Subventionismus-Gedanke zur Durchsetzung von Parteiinteressen auf Kosten der Öffentlichkeit. Das kann man als Standard in einer gelenkten Demokratie abtun. Doch die Bevölkerung für die eigene Verblödung zahlen zu lassen, ist starker Tabak. Eingebracht wurde der Entschließungsantrag übrigens von einer SPÖ-Abgeordneten, die gerne ihr Kleinkind mit ins Parlament nimmt und sich dort hauptsächlich damit beschäftigt, das Kind bei Laune zu halten. Das wird von den Medien auch charmant „übersehen“. Man geht ja nicht ins Parlament, um sich dort mit dem demokratischen Diskurs zu beschäftigen.