Stunksitzung im Kärntner Landtag

Text: Peter Baumgartner.

Als „Gegen-Programm“ gedacht, ist die „Stunksitzung“ im Kölner Karneval das genaue Gegenteil der allseits bekannten Prunksitzung. Unkorrekt, rotzfrech, kabarettistisch. Da wird beschimpft und schonungslos beleidigt was das Zeug hält. Dargeboten wird alles was provokant und gewissenlos ist – bis hin zum nackten Hinterteil. Ganz so verläuft die Landtagssitzung in Kärnten – noch nicht. Aber fast.

Die Landtagswahl im März 2023 brachte – auch dank medialer Unterstützung (Mikophonständer der Regierung/Klenk), in Summe die Weiterführung der bisherigen Machtverhältnisse. Die Verlierer sind wieder die „Sieger“ und bilden einen Sesselkreis der „mir san mir-Gesellschaft“. Einzige Unterschiede zum bisherigen Politschauspiel: die Opposition wurde dank teils beachtlicher Zugewinne bei der Wahl selbstbewusster und die „Sieger“ trotziger. Eine Außenseiter Partei (VisionÖsterreich) konnte sogar einen Achtungserfolg erzielen. Unverändert und unangefochten an der Spitze des Wahlergebnisses liegt wieder die Partei der Nichtwähler mit 126.000 Stimmen vor dem „Sieger“ mit 118.000 Stimmen (-9 %). Diesem Ergebnis geschuldet ist wohl die stetige Zunahme an Macht und Autonomie außerparlamentarischer Blöcke.

Vor dieser Gemengelage fand die 1. Landtagssitzung, die konstituierende Sitzung, am 13. April statt. Allerdings entwickelte sich diese 1. Landtagssitzung im Laufe des Tages zu einer Regierungssitzung, was prompt den Unmut der oppositionellen FPÖ-Landtagsabgeordneten auslöste. Nach den verfassungsmäßig vorgeschriebenen Neuwahlen und Angelobungen, gewährte der alte und neue SPÖ-Landtagspräsident Rohr nämlich nur dem alten und neuen Landeshauptmann Peter Kaiser die Redeerlaubnis – im Landtag wohlgemerkt. Der Präsident des Landtages hatte also in der 1. Landtagssitzung ausschließlich einem Regierungsmitglied, seinem Parteifreund, die Möglichkeit zur Verbreitung seiner Botschaft eingeräumt. Davon nahm dieser auch ausgiebig gebrauch. 46 Minuten lang dauerte sein Vortrag an die zum kollektiven Schweigen verdonnerten Abgeordneten. Kein Wunder, dass die FPÖ von einem „demokratiepolitischen Skandal“ gesprochen hat und aus Protest vor der Rede des Landeshauptmannes sogar geschlossen den Saal verlassen hat. Damit war der an sich feierliche Tag versaut und die Landtagssitzung geriet zur „Stunksitzung“.

Der Platz neben mir ist leer. Ich hör‘ deine Stimme nicht mehr. Ich möcht‘ dich umfassen und spüren ganz nah, doch dann seh‘ ich, du bist ja nicht da. (Hartmut Eichler/1964)
Bild Sabrina Staudacher/FPÖ

Einmal mehr lieferte der ORF einen Beweis seiner regierungsfreundlichen Berichterstattung. ORF-Kärnten-Chefredakteur Bernhard Bieche sprach von einer „grundsätzlich programmgemäßen Landtagssitzung, die nur von einem unerwarteten blauen Protest“ gestört wurde. Sogar vor einer falschen Interpretation der Landtags-Geschäftsordnung und eigenen, abfälligen Meinungsäußerungen zur FPÖ, schreckte Bieche nicht zurück. Die Tageszeitung Kurier bezeichnete das Verhalten der FPÖ einen „kleinen Skandal“. Die Bezirkszeitung nahm, wie Andrea Bergmann von der Kleinen Zeitung, einen von der FPÖ verursachten „Eklat“ wahr. „Stunk“ von Seiten der FPÖ erwartete Frau Bergmann allerdings schon einige Tage vor der 1. Landtagssitzung. Da war nämlich schon klar, dass Präsident Rohr nur den Landeshauptmann – und zwar ursprünglich sogar 80 Minuten lang, wird reden lassen. Vor dem Hintergrund der ORF live Übertragung natürlich eine tolle Werbemöglichkeit, die sich die SPÖ nicht entgehen lassen wollte. Erwartungsgemäß verteidigte der Landtagspräsident seinen Alleingang ohne dabei zu überzeugen und erteilte ausschließlich dem Landeshauptmann das Wort. Konfrontiert mit den leeren Sitzen der FPÖ-Abgeordneten, ging Dr. Kaiser auf den, seiner Meinung nach, der Politik und der Verantwortung nicht dienlichen Parlamentsauszug ein. In einem Nebensatz erinnerte sich Kaiser, dass er selber als Oppositionspolitiker nach der Angelobung des Landeshauptmannes sehr wohl auf dessen Ausführungen replizieren durfte. Auf das Redeverbot für die Abgeordneten ging er nicht konkret ein. Es hat Dr. Kaiser leider auch niemand gefragt, worin sich die aktuelle Blockadepolitik seiner Partei in Wien vom Auszug der FPÖ in Kärnten unterscheidet.

Nun, klar ist, die offen geäußerte Kritik der Medien und der „Siegermächte“ auf die Protestaktion der FPÖ-Fraktion, ist insgesamt ausschließlich an diese gerichtet. Den „unerfreulichen Vorfall“ und die „Provokation“, hat demnach die FPÖ allein zu verantworten – nicht die anderen Parteien und schon gar nicht der Landtagspräsident, dessen Verpflichtung es eigentlich ist, eine einvernehmliche Tagesordnung in der Präsidialkonferenz herbeizuführen. Man könnte also durchaus auch zum Schluss kommen, hier liegt eine Schuldverdrehung vor. Nicht die FPÖ hat diese „Stunksitzung“ herbeigeführt, sondern die, die den Abgeordneten in ihrem eigenen Haus „Hände falten, Goschn halten“ befohlen und sie somit an der Ausübung ihrer Pflichten gehindert haben. Erschütternd ist – und das zeugt insgesamt vom verlotterten Demokratieverständnis im Landtag, dass außer den FPÖ-Leuten nicht ein einziger Abgeordneter seine Stimme erhoben und sein Rederecht eingefordert hat. Wahrscheinlich ließe sich über dieses Thema vortrefflich juristisch diskutieren. Unbestritten ist, dass ein Auszug von Abgeordneten aus dem Parlament legitim ist, wenn sie dieses Mittel ergreifen wollen. Die Anwesenheitspflicht der Abgeordneten ist leider ein sehr dehnbarer Paragraph in der Geschäftsordnung. Ausgerechnet die 2. Landtagssitzung am 11. Mai, wo genau die Debatte zur Rede des Landeshauptmannes nachgeholt wurde, hat gezeigt, wie schlampig die Anwesenheitspflicht wahrgenommen wird. Es war regelrecht der Beweis dafür, dass die Debatte direkt nach der Rede des Landeshauptmannes am 13. April hätte stattfinden müssen, wo – dem Anlass geschuldet, ausnahmsweise alle Regierungsmitglieder und Abgeordneten anwesend waren. Selbst Landtagspräsident Rohr musste kleinlaut eingestehen, dass die unentschuldigte Abwesenheit von Regierungsmitgliedern nicht in Ordnung ist und er sie „bitten“ wird, in Zukunft der Geschäftsordnung Folge zu leisten.

Freiheitlicher Landtagsklub verlässt die Landtagssitzung wegen Redeverbot.
Bild: Sabrina Staudacher/FPÖ

Die Gelöbnisformel für Parlamentarier lautet: „Ich gelobe, für die Freiheit, den Bestand und die Wohlfahrt des Landes Kärnten und der Republik Österreich jederzeit einzutreten, die Gesetze des Landes und des Bundes getreu zu beachten und meine Pflichten nach bestem Wissen und Gewissen zu erfüllen.“ Wenn die Haupttätigkeit der ins Parlament gewählten Personen die Parlamentsarbeit ist, dann fragt man sich als Bürger, warum gibt es für abwesende Mandatare keine Strafen? Warum ist eine Eröffnungsfeier wichtiger als die Anwesenheitspflicht im Parlament? Welcher Grund – außer Erkrankung – ist überhaupt wichtiger, als die hauptsächliche Verpflichtung, die für jeden anderen Dienstnehmer auch gültig ist? Vielleicht liegt es daran, dass die Abgeordneten das Gelöbnis nicht selbst sprechen müssen, sondern lediglich auf die Vorlesung mit den kurzen Worten „Ich gelobe“ antworten dürfen. Vielleicht sollte man einmal grundsätzlich hinterfragen, ob die Abgeordneten wegen der oberflächlichen Modalitäten den Wortlaut der Formel überhaupt vollständig verstanden und deren Sinn erfasst haben.

Der traumatische Vorwahlkampf im Jahre 2012 ist in Kärnten tief verinnerlicht. Vom andauernden „Tango Korrupti“ gebeutelt, konnte die FPÖ dennoch durch x-maligen Auszug aus dem Landtag die Neuwahl „schwuppti wupp“ verzögern. Erst im März 2013 konnte schließlich doch gewählt und neue Mehrheitsverhältnisse geschaffen werden. Schon damals war also klar, dass die Geschäftsordnung schwere Mängel aufweist. Die Parteien hätten zehn Jahre Zeit gehabt, parlamentsverträgliche Regeln zu schaffen. Sie haben es nicht getan und tun es jetzt nicht. Vielleicht weil sie das Spiel mit der zeitweiligen Abwesenheit am Arbeitsplatz selber ganz praktisch finden? Vielleicht weil Parteitermine wichtiger sind, als die Arbeitsverpflichtungen im Parlament? Sicher ist, ist der Ruf erst ruiniert, lebt es sich ganz ungeniert – insbesondere von einem Abgeordneten Gehalt inklusive „Nebeneinkünfte“. (PB)

Die Würde des Menschen

Text: Peter Baumgartner.

Das Österreichische Parlament, bzw. sein Präsident Wolfgang Sobotka, hat den deutschen Interview-Inquisitor Michel Friedmann als Gastredner zur Gedenkveranstaltung gegen Gewalt und Rassismus im Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus in das Parlament eingeladen.

Podiumsdiskussion mit Michel Friedman Deutsch-französischer Jurist und Philosoph, Rebekka Salzer ORF, Linda Erker Zeithistorikerin, Leiter des Fotoarchivs von Yad Vashem Jonathan Matthews , Direktorin der KZ-Gedenkstätte Mauthausen Barbara Glück  Bild: Parlamentsdirektion / Thomas Topf

Der 5. Mai 2023, es sollte ein würdiges Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus und an die Befreiung des Konzentrationslagers Mauthausen werden. Auch die Gedenkstätte Gusen wurde gebührend thematisiert. Und man wollte die Gelegenheit wahrnehmen, angesichts besorgniserregender Zahlen, den gemeinsamen Kampf gegen Rassismus und antidemokratisches Gedankengut einzufordern. Einen Schönheitsfehler hatte die Veranstaltung jedoch schon vor der ersten Wortmeldung: Der Bundeskanzler glänzte durch Abwesenheit, weil er eine gesellige Veranstaltung dem wichtigen Termin im Parlament vorzog. Bundespräsident Van der Bellen fand es auch angenehmer, bei der Krönungsveranstaltung in London dabei zu sein, um mit anderen Gästen „ein bissl ratschen“ zu können.

Trotz Vakanz der Staatsspitze, begann im vollen Saal der Bundesversammlung zunächst eine würdevolle, vom ORF live übertragene Veranstaltung. Die Stimmung kippte jedoch, als Michel Friedman im Sesselkreis Platz nahm. Mit sichtbarer Freude nützte er das wirkmächtige Auditorium, um „einer Partei“ im Parlament die demokratische Legitimität abzusprechen. Demokratisch gewählt ist noch nicht demokratisch, gab Friedman Nachhilfe in Sachen Parlamentarismus und diskriminierte die FPÖ, ohne sie beim Namen zu nennen, pauschal als undemokratisch. Friedman verwies auf „diese“ Partei, die die Menschenwürde missachtet. Überhaupt, so Friedman, habe er Zweifel, dass das Österreichische Parlament glaubwürdig ist. Für seine Verurteilung des Österreichischen Parlamentarismus entete Friedman – tosenden Applaus! Mehrfach sogar! Friedman wurde seiner Rolle wieder voll gerecht. Er konnte vor einer breitest möglichen Öffentlichkeit, den „Antidemokraten“ im Österreichische Parlament so richtig genüsslich die Leviten lesen. Niemand stand auf, niemand verließ den Saal und niemand protestierte. Auch die zahlreich anwesenden Abgeordneten und Regierungsmitglieder blieben starr auf ihren Sitzen kleben. Manche hatten zwar schon einen etwas betretenen Gesichtsausdruck, aber eher so, als hätte ihnen der Geschichtelehrer gerade ihre Hausaufgabe um die Ohren geschmissen.

Die Frage ist, was hat sich Sobotka bei der Einladung an Friedman gedacht? Er musste ja wie jeder andere auch erwarten, dass dieser Scharfrichter von Gottes Gnaden keine Rücksicht auf irgendwelche Regeln nimmt, wenn es ihm darum geht, seine eigene Botschaft zu verbreiten. Bekannt für seinen inquisitorischen und moralisierenden Interviewstil, hat er noch nie eine Gelegenheit ausgelassen, seiner Eitelkeit Gehör zu verschaffen. Nicht umsonst hieß sein TV-Auftritt in Deutschland „Vorsicht! Friedmann“. Sobotka musste also wissen, wenn Friedman vom „Wert der Menschen“ spricht, er eher an Georg Kreisslers Lied denkt, wo dieser vorrechnet, „denn rein chemisch g’sprochen ist der samt den Knochen vierzig Schilling wert“. Mit der Menschenwürde im Sinne der Grundrechte, hatte Friedman noch nie etwas am Hut. Jedenfalls nicht, wenn er seine Delinquenten in den Interviews verbal massakrierte.

Sobotka musste auch wissen, dass sein Gast als Vizepräsident des Zentralrates der Juden in Deutschland, im Zuge einer Ermittlung gegen einen polnisch-ukrainischen Menschenhändlerring wegen Drogenkonsum zufällig aufgeflogen und rechtskräftig verurteilt wurde. Bekannt, aber aus welchen Gründen auch immer, nicht juristisch verfolgt, wurde in diesem Zusammenhang sein Umgang mit ukrainischen Zwangsprostituierten, die ihm zugetrieben wurden. Entschuldigt und Fehler eingestanden, hat Friedman gewohnt wortreich nur seinen Drogenkonsum. Bei den Opfern, hat er sich jedoch nicht entschuldigt. Jedenfalls ist eine Satisfaktion öffentlich nicht überliefert. Und so einer hat die Respektlosigkeit, im Parlament George Tabori zu zitieren und „Jeder ist jemand“ einzufordern. Zum Glück wurden wenigstens seine „Geschäftspartner“, die Menschenhändler, gefasst und bestraft, bei denen Friedman Kunde war. Soviel zu seinem Verständnis von Respekt und Menschenwürde. Die wohl genaueste Beschreibung der Friedmann-Entschuldigung lieferte folgerichtig der Zeit-Chefredakteur Giovanni di Lorenzo („zu genau berechnet“) und eine der schärfsten Kritik kam vom jüdischen Journalisten und Autor Henryk M. Broder („Schmierentheater“). Jedenfalls gilt Friedman’s „Entschuldigung“ nunmehr als Lehrbeispiel bei jedem Rhetorikkurs, wo es darum geht, wie bekommt man den Kopf unbeschadet aus der Schlinge, wenn man in einem argen Schlamassel steckt.

Dankesworte des geehrten Holocaustüberlebenden –
Holocaustüberlebender, KZ-Gusen Stanisław Zalewski
„Wir leben so lange, so lange die leben, die sich an uns erinnern“.
„Der Mensch soll dem anderen Menschen ein Mensch sein“.
Bild: Parlamentsdirektion / Thomas Topf

Bleibt noch die Frage, wie haben die Medien auf den Auftritt des wieder erwachten Gladiators der Rhetorik reagiert und wie haben sie Sobotkas „Gastfreundlichkeit“ interpretiert? Und an dieser Stelle wird auch die Motivation Sobotkas zur Einladung deutlich sichtbar: Im Bestreben die gefürchtete FPÖ zu verhindern, alles zu unternehmen, damit sie nicht in Regierungsverantwortung kommt, dafür ist jedes Mittel recht und dafür haben die „Parteien der Mitte“ jede mediale Unterstützung. Da wird sogar über alle Parteigrenzen hinweg und quer durch alle Redaktionsstuben in Kauf genommen, dass ein „Gast“ im Sitzungssaal der höchsten Staatsvertretung dem Österreichischen Parlament die Glaubwürdigkeit abspricht. Was immer Präsident Sobotka mit dieser Veranstaltung erreichen wollte, die FPÖ wird er so nicht los. Im Gegenteil. Dafür hat er seine Kritiker bestärkt, die da der Meinung sind, dass er sein übergeordnetes Amt im Parlament, ständig für Parteiinteressen missbraucht. (PB)

Robin Hood, König der Steuerbetrüger

Text: Peter Baumgartner.

Bei immer mehr „Diskussionsbeiträgen“ sieht man sich genötigt nachsichtig zu denken, lass‘ sie reden. Grenzdebilen soll man nicht widersprechen. Aber oft geht das einfach nicht, weil die, die man gerne ausblenden würde, nur den Anschein einer intelligenzbefreiten Person vortäuschen und nicht selten an entscheidenden Schlüsselpositionen stehen.

Spätmittelalterliche Wegelagerer haben mit heutigen Politikern sehr viel gemeinsam

Wie zum Beispiel unser Vizekanzler Werner Kogler. Solche Leute, bzw. deren öffentlich geäußerte Meinung zu ignorieren, ist auch nicht gscheit. „Ich bin Werner Kogler und ich bin für eine Millionärssteuer für Millionenerben!“ Jene, die riesige Vermögen erben, „zahlen genau nichts! NULL, NIENTE, NADA“, so tönt es durch den willfährigen Medienwald. Man kann jedoch davon ausgehen, dass auch der Herr Kogler weiß, normalerweise wird in Österreich jeder verdiente Euro besteuert – manche sogar mehrfach und nicht zu gering. Folglich ist auch ein Vermögen, egal in welcher Höhe, bevor es vererbt wird, schon mal versteuert worden. Der Erblasser hat also Steuern gezahlt. Herr Kogler möchte dennoch vom bereits versteuerten Nachlass, über das geltende Erbschaftssteuerrecht hinaus, nochmals abkassieren. Wenn dieser Herr Kogler also nicht vollkommen neben der Spur steht, was treibt ihn dann an? Ich habe eine Vermutung, aber dazu später. Fakt ist, Koglers Ansinnen ist inhaltlich falsch. Außer, Herr Kogler geht davon aus, dass der Erblasser für das Vermögen, dass er angehäuft hat, nie Steuern gezahlt hat. Dass das oft der Fall ist, davon kann man ausgehen. Barbara Blaha vom Momentum Institut nennt das „legalen Steuerraub“. Der Staat steht quasi Schmiere, wenn bestimmte Bürger eben diesen Staat ausrauben. Wenn das jedoch so ist und Herr Kogler kann das glaubhaft machen, dann ist der Gesetzgeber säumig und sollte die Schlupflöcher schleunigst schließen (manche Millionäre betteln sogar darum). Oder der Erblasser ist ein Steuerbetrüger. Auch das soll schon vorgekommen sein. Dann hat die Justiz Handlungsbedarf. In beiden Fällen darf man von einem Regierungsmitglied die richtige Reaktion erwarten und nicht irgendwelche klassenkämpferischen Parolen.

Ganz praktisch ist es immer, wenn man zur Untermauerung eigener Meinungen, auch eigene Umfrageergebnisse zur Hand hat.

Ähnlich verhält es sich mit dem zweiten Teil von Koglers öffentlicher Meinungsäußerung. Die „Beute“ aus seiner Straßenräuberei will er nämlich an jene verteilen, die viel leisten, aber wenig verdienen. Zur Erinnerung, all das kommt von einem Regierungsmitglied und nicht von einem dahergelaufenen, selbsternannten Robin Hood. Obwohl, im Verein mit der Arbeiterkammer und mit der Gewerkschaft würde Kogler ein perfektes Bild von den „Fröhlichen Gefährten“ abgeben, die im Sherwood Forest ihr Unwesen treiben. Fakt ist – und soweit hat Kogler Recht, viele Berufsgruppen sind sauschlecht bezahlt. Jedoch, ihnen mehr zu geben, indem man es von anderen klaut, ist falsch. Die Regierung und die Sozialpartner haben andere, bessere Schrauben, an den die drehen könnten. Fakt ist, dass in Österreich die „Sozialpartner“ bestimmen, was ein Arbeitnehmer verdienen darf. Sie sind es auch, die einen gesetzlichen Mindestlohn mit Vehemenz verhindern, weil sie dann ihre Existenzberechtigung verlieren würden. Die Sozialpartner sind jedenfalls die Adressaten von Koglers Kritik und dort, wo der Bund und die Länder Arbeitgeber sind, kann er sich der Herr Beamtenminister gleich selber an der Nase fassen.

Wenn ein Schiff strandet, merkt auch ein dummer Kapitän, dass die Crew fehlt. Quelle. Peter Baumgartner

Wenn Herr Kogler also zusammenfassend ein Problem im Bereich der Geldverteilung sieht – und das ist garantiert der Fall, dann liegt das einerseits an der Regierung die nicht willens, oder nicht in der Lage ist, Gesetze zu schaffen, damit erstens jeder seine Steuern zahlt und jene bestraft werden, die Steuern hinterziehen. Und zweitens fehlen die gesellschaftspolitischen Grundsätze, damit all jene die es möchten, zu Wohlstand kommen können. Anderseits liegt die Verantwortung am Desaster bei jenen, die sich ihre Existenzberechtigung als „Unterhändler“ verfassungsrechtlich haben absichern lassen und somit für ihre Misswirtschaft nicht mehr zur Verantwortung gezogen werden können. „Die Lohnpolitik der Sozialpartner hebt die Kaufkraft“, frohlockt die Wirtschaftskammer. Um die „Kaufkraft“ geht es den Sozialpartnern, nicht um gerechten Lohn.

All das weiß der Herr Vizekanzler Kogler natürlich. Er ist ja nicht deppert. Deshalb ist es offensichtlich, wessen Interessen er mit seinem „Vorstoß“ bedienen möchte: Die der Selbstzweck-Sozialpartner, der Steuerbetrüger und der Steuer-Schlupfloch-Akrobaten. Nebenbei macht er sich bauernschlau als Narodniki in der eigenen Partei noch ein wenig beliebter, wenn er den klassenkämpferischen Ton anschlägt und so der FPÖ für ein paar Tage die Mikrophon Hoheit aus der Hand reißt.

KLAGIFORNIA (1) AIRPORT

Text von Peter Baumgartner.

Flughafen Klagenfurt, ein „verlorener Ort“ 
Quelle: Peter Baumgartner

„Mit Haider ist kein Flughafen zukunftsorientiert auszurichten“, kritisiert 2006 der damalige Klubobmann der Kärntner Sozialdemokraten, LAbg. Peter Kaiser und fordert in seiner Funktion als Aufsichtsratsmitglied, dass alles getan werden muss, um ein Konzept für die weitere Entwicklung des Flughafens zu erarbeiten und umzusetzen. Hauptziel muss es sein, den Klagenfurter Flughafen unter allen Umständen zu erhalten und über Kooperationen weiter auszubauen, gab Kaiser die Flugrichtung vor.

Was dann in den Jahren darauf bis heute folgte, war nach Meinung beteiligter Akteure geprägt von „Eiern“, „schwarzen Focken“, Managern, die „zu dumm zum Scheißen“ sind, Management by Chaos begleitet von Armutszeugnissen, oder schlicht „zu blöd“. Der Höhepunkt war 2019 geprägt von Ankündigungen, die selbst den Vienna Airport in den Schatten gestellt hätten. Bis heute gibt es davon jedoch nur schöne Bilder. Das alles kann entweder nicht wahr sein, oder es zeigt, dass man mit diesen „besonderen Eigenschaften“ dennoch im Cockpit sitzen kann. Manche Experten haben inzwischen das Handtuch geworfen, oder wurden geworfen. Andere sitzen hingegen noch immer im Cockpit und einer, Dr. Peter Kaiser, hat sogar vom Copiloten zum Kapitän mit der roten Nelke gewechselt. Nach neuesten Recherchen des Magazins Mediapartizan, ist es Kaisers Sozialdemokratische Partei SPÖ, die Investoren den Rücken massiert. Das ist in der Rückschau allerdings keine Neuigkeit, weil niemandem entgangen ist, wie die SPÖ bisher als Regierungspartei mit sagenumwobenen Immobilien-Geschichten umgegangen ist, UVP-Verfahren „abgewickelt“ hat und wer aller mit hohen Landesorden ausgezeichnet wurde. Die SPÖ ist, wie man so schön sagt, in Kärnten die Schröder-SPD und Kaiser Österreichs „Genosse der Bosse“.

Flughafen Constanta/RO, auch ein „verlorener Ort“  Quelle: Peter Baumgartner

Unbestritten könnten die am Pranger stehenden Akteure behaupten, die Kritik kommt nur von einer wild um sich schlagenden Opposition, die selber nicht frei von Tadel ist, oder von ein paar übereifrigen Journalisten, denen der Durchblick fehlt. Rechnet man jedoch die Gegenargumente vom Negativkonto ab, bleiben allerdings noch mehr als genug Kritikpunkte übrig, die anderswo wahrscheinlich für das Schafott reichen würden. Nicht so in Kärnten. Kärnten ist anders! „Der Aufsichtsrat der K-BV und die Generalversammlung der KFBG haben einem Konzept zur Teilprivatisierung zugestimmt, das gar nicht vorlag“, sagte Landesrechnungshofdirektor Günter Bauer, der die Prüfung 2020 durchführte – nachdem er ein paar Jahre zuvor schon moniert hatte, dass die neue Flugpiste (frei interpretiert) mit Unfähigkeit und nicht mit Beton gebaut wurde. Schon2012 bezweifelte die EU-Kommission grundsätzlich, dass die Behörden in Kärnten „den Grundsatz des marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers befolgen“ und zweifelten, dass der Flughafen unter Marktbedingungen überhaupt betriebsfähig wäre. Drei Jahre (!) später, kam Berater Stefan Höffinger zum gleichen Untersuchungsergebnis: „Die Überlebensfähigkeit ist die große Frage“, meinte er. Jedenfalls sollte man sich Investitionen gut überlegen. Letztlich gab es dann doch grünes Licht aus Brüssel zum Öffnen der Förderschleuse via Schuldenmacherei. Doch auch das war kein Rettungsanker. 2020 registrierte die Arbeiterkammer in einem Branchenreport für Klagenfurt eine Überschuldungsdauer von mehr als 31 Jahren – bei einem Branchendurchschnitt von 4 Jahren. Danach hat es aber nochmals 2 Jahre gedauert, bis Aufsichtsratsmitglied und WK-Chef Mandl „Schicksalstage“ für den Flughafen wahrgenommen hat.

50 Prozent der Luftfracht werden mit Passagierflugzeugen transportiert. Niemand weiß, was unter seinen Füßen mitfliegt.  Quelle: Peter Baumgartner

Das ganze Theater findet laut SPÖ überhaupt nur deshalb statt, weil Kärnten den Flughafen braucht, weil er eine unverzichtbare Infrastruktureinrichtung ist. 2014 sollte er sogar mit dem Namen des berühmtesten Kärntner, Udo Jürgens, geadelt werden. Deshalb sieht sich die Regierungspartei in der Pflicht, den Flughafen zu erhalten – „koste es, was es wolle“. Die Frage ist nur, wer den Flughafen tatsächlich braucht. Darüber gibt es keinen Konsens. Aber nur die Beantwortung dieser Frage könnte zur Entscheidung führen, wer letztlich die Kosten für den Flughafen tragen soll. Genau die Aufklärung dieser Frage gestaltet sich aber im Langstreckenflug durch dichten Nebel als schier unmöglich. Aber wenn man will, kann man Rückschlüsse ziehen und feststellen, wer an der Nebelmaschine sitzt.

„Diejenigen, die fordern und den Flughafen benötigen, sollen die Vermarktungsagentur selbstständig und auf eigenes Risiko führen und die Haftung übernehmen“, forderte Wirtschafts- und Tourismus Landesrat Christian Benger im Jahre 2014. Jetzt sagt der „Club der Weisen“ Wirtschaftsfachleute, die Wirtschaft braucht den Flughafen gar nicht und WK Chef Jürgen Mandl meint, dass der aktuelle Mehrheitseigentümer eh nur Interesse an der Immobilienentwicklung vor Ort hat. Er spricht da nicht weniger als 375.000 Quadratmeter kostbare Fläche an, die gut verteilt werden soll. Der Tourismus hätte schon gerne einen Flughafen, aber nur, „wenn er nachhaltig“ ist. IV-Kärnten-Präsident Christoph Kulterer hat zwar schon 2014 die schlechte Fluganbindung Kärntens kritisiert. Sein aktueller Nachfolger geht nur einen kleinen Schritt weiter und fordert nur ein Konzept. Erstmals fällt jedoch auf, dass die 100.000 Passagier Grenze nicht mehr so wichtig für den Erhalt des Flughafens scheint. Vielmehr dürfte die neue Devise lauten, wenigstens Klagenfurt-Frankfurt sollte als Destination angeboten werden. Klingt nach Deppen-Limbo, wo die Latte so hoch liegt, dass man aufrecht darunter durchkommt.

Vergleicht man die „Andersheit“ des FH-Klagenfurt mir dem rumänischen Flughafen, findet man „Gemeinsamkeit“.  Quelle: Peter Baumgartner

Studenten der Uni-Klagenfurt haben 2018 bei einer „Ethnographischen Erkundung“ versucht herauszufinden, was die „Andersheit“ des Airport Klagenfurt ausmacht, warum sie irritiert festgestellt haben, dass am Airport die Zeit stehen geblieben zu sein scheint und „aus der Zeit gefallen“ wirkt. Die Studenten hatten den Eindruck, „an einem verlorenen Ort zu sein“. Resümierten aber, dass Flughafenbesucher wohl unterschiedliche Wahrnehmungen haben. Manche sehen in Klagenfurt einen Geisterflughafen und andere wiederum, nehmen eine stressfreie Zwischenstation wahr. Jedenfalls hat der Flughafen (fast) dieselben Einrichtungen, wie jeder andere Flughafen auch, dennoch ist er aufgrund seiner Atmosphäre einzigartig. Ich könnte mit der Wahrnehmung leben und würde nur hinzufügen wollen, der KLU ist mit einem rumänischen Quartiärflughafen vergleichbar. Nach der „Ethnographischen Erkundung“, am 23.4.2018, kam Lilihill als neuer Mehrheitseigentümer ins Spiel. Seither, 5 Jahre danach, hat sich nichts geändert. KLU ist noch immer „aus der Zeit gefallen“. Und was Peter Kaiser 2006 gesagt hat („Mit Haider ist kein Flughafen zukunftsorientiert auszurichten“), könnte man jetzt wortwörtlich nur mit dem Namen Kaiser wiederholen. Würde die Uni ihre Forschungsarbeit von 2018 wiederholen, sie käme zum selben Ergebnis.

Am Flughafen Klagenfurt gibt es bereits seit vielen Jahren äußerst potente Betriebe der verladenden Wirtschaft mit einem hohen Exportanteil. Ein Unternehmen mit eigenem Flugbetrieb, ist im Bereich Waffentechnik und Medizin tätig.  Quelle: Peter Baumgartner

Eigentlich, könnte man meinen, zum Thema KLU ist alles gesagt. Alle haben sich zum Flughafen geäußert. Jeder hat seinen Senf dazu beigetragen. Also wie soll es weitergehen? Wird es weitergehen? Oder hat die unselige Geschichte des Flughafens Klagenfurt, so oder so bald ein Ende? Meine Wahrnehmung ist, ein Flughafen Ende stand niemals zur Debatte. Man muss grundsätzlich zwischen Landseite und Luftseite des Flughafens unterscheiden. Dann hat die verantwortliche Politik eigentlich nur ein Transparenzproblem: Wie schafft sie es, die wertvollen Grundstücke unter Freunden aufzuteilen, ohne dabei von der lästigen Öffentlichkeit erwischt zu werden. Und wie schafft sie es, unterschiedliche Flughafennutzungen abseits der touristischen Nutzung, störungsfrei und mit Steuergeld finanziert, über die Bühne zu bringen. Die Luftseite ist längst in trockenen Tüchern. Niemand braucht Halbschuhtouristen, die ohnehin nur Billigflieger und Burger konsumieren wollen. Ein Teil der Luftseite wird nur von den reichlich vorhandenen Privatjets (Business Aviation) benötigt. Dankenswerterweise hat ihnen der Steuerzahler die Flugpiste schon für die nächsten 30 Jahre saniert.

SCHENKER ist im Bereich Luftfracht unter den Top 5 der europäischen Luftfrächter. Dennoch zeigt die Statistik für den Flughafen Klagenfurt Null Frachtumschlag.
Quelle: Peter Baumgartner

Und dann ist da noch die notwendige Infrastruktur für die Luftfracht. 1918 gab es in Klagenfurt schon mal ein Flugpostlinie. Aktuell wird in Klagenfurt zwar laut Statistik kein einziges Kilogramm per Flugzeug transportiert, aber wirklich glauben mag das niemand. Schon Mark Twain wusste, dass die Steigerungsform von Lügen Statistik heißt. In Klagenfurt gibt es am Flughafen sehr potentielle Verlader und die Kärntner Industrie insgesamt, wird wohl kaum auf die schnellst mögliche Zulieferung wichtiger Waren verzichten wollen. Manche Waren sollen allerdings mit höchster Diskretion verladen werden. Dafür eignet sich der „verlorene Ort“ in Kärnten sehr gut und „über den Wolken muss die Freiheit wohl grenzenlos sein“.

„Über den Wolken, muss die Freiheit wohl grenzenlos sein…“
Quelle: Peter Baumgartner

Bei lästigen Fragestellern hilft es, ein wenig mit den logistischen Begriffen zu spielen. Da wird aus der Luftfracht, nurRoad Feeder Service oder Belly Freight und schon verschwindet die „Bauchfracht“diskret unter den Füßen der Flugpassagiere. Die Hälfte der Luftfracht wird, global gesehen, mit Passagierfliegern transportiert. Im Hinblick auf die angestrebte Dekarbonisierung des Flugverkehrs, für den der Steuerzahler künftig sehr viel Geld in die Hand nehmen wird müssen, erwartet das Klimaministerium einen deutlichen Aufschwung für Regionalflughäfen. Wo jetzt maximal ein Flugzeug pro Tag landet, werden künftig Frachtdrohnen/UAVs und umweltfreundliche Flugtaxis im Minutentakt starten und landen. Damit das zum Wohle der Nutzer passiert, arbeitet Österreich aktiv an gemeinsamen europäischen Regeln mit. Noch transportiert Luxemburg mehr Fracht in der Luft als Österreich. Aber die Bedeutung der Luftfracht ist in Österreich groß. Als exportorientierte Volkswirtschaft ist die Luftfracht unerlässlich und dementsprechend sind die Wachstumsprognosen für den Frachtflug sehr optimistisch. Die Regierung trägt diesem Bewusstsein zum Beispiel durch die „Luftfahrtstrategie 2040+“ Rechnung. „Die Anbindung mit Flügen der Integratoren“, ist bedeutsam, steht da zum Beispiel. Gemeint sind die großen Player wie UPS, FedEx oder DHL, deren millionenfache Paketverteilung von der Umweltpolitik sonst eher verteufelt wird. Wie ernst es die Regierung mit der Förderung der Luftfahrt meint, zeigt der Plan einer neuen Organisationsstruktur, die zentral von der Wirtschaft und Forschung geleitet und maßgeblich die Flugrichtung vorgeben wird. „Im Jahr 2040 ist Österreich Vorreiter für klimafreundliche Luftfahrtinnovationen“, steht in der Regierungsstrategie. Viele Millionen Steuergeld stehen dafür bereit. Auch Kärnten spielt dabei eine Rolle. Lakeside Labs ist einer der Mitspieler für die Zukunft der Luftfahrt. Ein Zukunftsprojekt der GmbH. lautet zum Beispiel „6-G-Sky“, wo Airbus Defense eine wesentliche Rolle spielt. Auch die Treibacher Industrie ist involviert.

Die Militärische Infrastruktur spielt auch und gerade in der Luftfahrt nicht erst seit dem Krieg zwischen Ukraine-Russland selbst auf sehr kleinen Flughäfen eine zentrale Rolle.
Quelle: Peter Baumgartner

Neben Business Aviation und Cargo Flight gilt es noch einen wichtigen Aspekt zu berücksichtigen der die Öffentlichkeit scheut, wie der Teufel das Weihwasser: Die Militärische Mobilität der EU. „Unser Ziel ist die bessere Nutzung unseres Verkehrsnetzes, um sicherzustellen, dass bei der Planung von Infrastrukturprojekten, dem militärischen Bedarf Rechnung getragen wird, erklärte Violeta Bulc, EU-Kommissarin für Verkehr, am 28. März 2018 in Brüssel. Seither wird jedes Straßenprojekt, jede Brücke und überhaupt jede Verkehrsinfrastruktur zwischen Himmel und Hölle, vor dem Hintergrund der militärischen Nutzbarkeit gesehen und gefördert. Vor diesem Hintergrund ist, nebenbei bemerkt, auch die auffällige Zunahme an militärischen Transitfahrten, Neutralität hin oder her, durch Österreich zu sehen. Jüngstes Beispiel: von Italien nach Polen (für die Ukraine).  Im Rahmen der Permanent Structured Cooperation (PESCO) gibt es zahlreiche Projekte für einzelne Schwerpunkte der Militärischen Mobilität. Auch Österreich arbeitet hier eng mit der EU zusammen. Zum Beispiel gibt es im Rahmen des ProjektsDefence of Space Assets (DoSA) die Erforschung von Remotely Piloted Aircraft Systems (RPAS), also Militärdrohnen, eine ähnliche Forschungsrichtung, wie sie gerade in Klagenfurt betrieben wird. Und dann gibt es ja noch das „hohe Interesse an einer Kaserne am Flughafen mit einem Luftlandebataillon“ des LH Peter Kaiser. Auch wenn derzeit diesbezüglich Funkstille herrscht, Klagenfurt war in der Geschichte schon mal ein bedeutender Militärflughafen und ist vor dem Hintergrund der aktuellen Österreichischen Militärstrategie und den Forschungsbestrebungen absolut unverzichtbar für die Österreichische Landesverteidigung – egal, ob das allen gefällt oder nicht.

Corona hat uns gelehrt, wie wichtig eine rasch funktionierende Logistik ist und welchen Standortvorteile das für einen Flughafen bringt. Quelle: VienneAirport

Zusammenfassend ist generell festzustellen, der Steuerzahler muss immer mehr finanzieren und Schulden übernehmen, während sich Investoren die Taschen füllen. Auch den Flughafen Klagenfurt betreffend, verhält es sich nicht anders. Das ist nicht nur schädlich, sondern auch beschämend. Dennoch darf der Steuerzahler immer weniger bis gar nichts davon erfahren, was mit seinem Geld finanziert wird. Bestenfalls wird er vor vollendete Tatsachen gestellt. Ein klarer Fall von asymmetrischer Information. Das Sprichwort „Wer zahlt, schafft an“, hat in Österreich spätestens seit Thomas Schmid eine völlig falsche Bedeutung. Dazu kommt – und das ist wirklich absolut unerträglich, dass dauernde „für blöd verkaufen“. Der Bürger als Vertragspartner, wird ständig falsch oder gar nicht informiert. Eine typische Desinformationsdroge ist die Passagierzahl eines Flughafens, die immer wieder als alles entscheidende Zahl dargestellt wird. Abseits dieses für Klagenfurt schlechten.

Parameters, verfügen die Eigentümer des Flughafens, also auch (noch) die Kärntner und Kärntnerinnen, über schier unschätzbare Kostbarkeiten am Standort. Diese sind: Ein unentbehrliches Business-Drehkreuz, ein endlos ausbaufähiger Logistikstandort, eine perfekte militärische Infrastruktur, das beste und schönste digitale Testfeld für die Aerowissenschaft in Österreich, dringend benötigte Infrastruktur für den beliebten Flugsport, KLU ist fixer Bestandteil der unentbehrlichen Luftraumüberwachung, KLU ist eine zentrale Infrastruktur für den Einsatzdienst/Katastrophenschutz und eine Goldgrube an Grund und Boden. Hätten wir nur annähernd eine Politik die den Bürgern dient, Gewerkschafter, die ihre Fahne nicht nach dem Wind hängen und etwas aufmerksamere Medien, wir könnten uns glücklich schätzen, weil wir tatsächlich ein sonniges „Klagifornia“ wären. (PB)

1 KLAGIFORNIA, dieses Wortspiel, bestehend aus Klagenfurt und Kalifornien, aus dem Sozialen Netzwerk kann auch mit dem Begriff „klagen“(jammern) in Verbindung gebracht werden. Dann versteht man besser, was der Flughafen Klagenfurt ist/sein möchte.

Die Schilderhebung in der Rohstoffindstrie

Text: Peter Baumgartner.

Der Erdüberlastungstag (Earth Overshoot Day) in Österreich ist aktuell auf den 6. April festgesetzt. An diesem Tag, nach nur drei Monaten im Jahresverlauf, hat Österreich seine zustehenden Ressourcen verbraucht. Österreich würde also aktuell vier Erden brauchen, um seinen Konsum nachhaltig zu decken. Das sollten wir schleunigst ändern. Tun wir aber nicht. Im Gegenteil.

2008 kam man in Österreich zur Erkenntnis, dass dem Wachstum Grenzen gesetzt sind. Folglich wurde der „Wachstum im Wandel“ proklamiert um weg vom quantitativen Wachstum hin zu mehr qualitativem Wachstum zu kommen. Also mehr Lebensqualität und Wohlbefinden, war angesagt. Was daraus geworden ist, ist ein mulmiges Gefühl mit zwei Beinen und pickt auf der Straße fest.

„Nachhaltige und effiziente Ressourcennutzung in der Zukunft bedeutet den sorgsamen Umgang mit Rohstoffen, der natürlichen Umwelt und ihren Kreisläufen. Nachhaltige Entwicklung bedeutet auch die gerechte Verteilung von Ressourcen und auch von Entwicklungsmöglichkeiten auf globaler Ebene.“ Das zuständige Ministerium, aus dem diese Weisheit stammt, hieß damals – 2011, noch Lebensministerium. Als Zauberwort wurde schon damals der Begriff Ressourceneffizienz geprägt. Mit deren Umsetzung sollten die Ziele erreicht werden. In der Realität werden wir bei der Ressourceneffizienz tatsächlich immer besser, aber der Verbrauch ändert sich kaum. Die Folge ist, dass wir nicht mehr vom Klimawandel, sondern vom Klimanotstand sprechen müssen und einfache Bürger ihren Staat vor Gericht zerren, weil sie sich durch staatliches Handeln in ihrem Leben bedroht sehen. Der Staat, der seine Bürger umbringt. Ganz ohne Krieg und Folter, aber sehr effizient.

Vor diesem Hintergrund kommt ein neuer Rektor der Montanuniversität daher, der „mit dem Erdball spielt“ (Kleine Zeitung/Bendele). „Jeder Österreicher konsumiert 15 Tonnen mineralische Rohstoffe im Jahr, aber es gibt viel Widerstand gegen deren Gewinnung“, kritisiert der Montanist. Er will damit sagen, dass wir alle zwar gerne konsumieren und betonieren, aber nicht die Konsequenzen tragen wollen. Rektor Peter Moser lässt jedenfalls keinen Zweifel. Bei Widerständen der Bürger steht er auf der Seite der Rohstoffindustrie. Klimawandel und weltweite Ungerechtigkeit hin oder her, wir müssen alles unter einen Hut bringen. Den Klimawandel bekämpfen wir mit unserer Technologie, die Grenzen machen wir einfach dicht und den Rohstoff, den wir brauchen, beschaffen wir uns auf Teufel komm raus. Bestätigt wird das durch den Leitspruch der Montanuniversität Leoben: „Die großen gesellschaftlichen Herausforderungen im Bereich Ressourcen, Klima, Energie und Umwelt verlangen nach technischen Lösungen.“

Egal ob 15, 19 oder 24 Tonnen Rohstoffverbrauch pro Kopf. Die Statistik fragt nicht danach, wer von den 9 Mio. Einwohnern für oder gegen Autobahnbau ist. Der Statistik ist es auch völlig egal, ob ein Verbrauch durch touristische Faktoren, geographische Eigenheiten oder politische Blödheit beeinflusst wird. Die Statistik kann nur rechnen. Deshalb ist Statistik die Steigerungsform von Lügen. Und deshalb wird Statistik von Lügnern gerne als plausible Erklärung verwendet. Aus so einer Statistik eine „Kollektivschuld“ abzuleiten, ist für einen Wissenschaftler zumindest ein starkes Stück und gibt jedenfalls Hinweis auf dessen Motivation.

Solche „Experten“ werden leider von den Medien brav rapportierend, wie Majestix auf das Schild gesetzt und stolz durch das Dorf getragen. „Schaut her, einer von uns hat es geschafft.“ Der Vorteil bei österreichischen Experten, die entbehrliche Aussagen/Entscheidungen treffen ist, dass sie es auf eine gewisse, typisch österreichisch charmante Art machen. Genau deshalb sind sie auf der ganzen Welt in gewissen Führungspositionen sehr beliebt. Wirklich fatal ist diese Eigenschaft in Bereichen, wo es um (Aus)Bildung geht. Dort, wo Unkrautsamen auf fruchtbaren Boden gesät wird und wie Neophyten alles überwuchert, was lebenswert sein könnte. Wenn solche Leute zum Beispiel an der Montan-Uni Einfluss nehmen, dann muss man sich um dessen Output echt Sorgen machen. Aus solchen Biotopen sind jene Leute gekommen, die uns dorthin gebracht haben, wo wir jetzt sind – aber nicht sein sollten.

Das Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (BMK) kommt im letzten, 2020 veröffentlichten Bericht über die Ressourcennutzung in Österreich, auf einen pro Kopf Ressourcenverbrauch von 19 Tonnen pro Jahr. (PB)

Facharbeiterinnen wachsen nicht auf Bäumen

Text: Peter Baumgartner.

Einen großen Arbeitskräftebedarf ortet Harald Mahrer und er will, dass man sich die aktuelle Situation genau anschaut und dass man sich die Frage stellt, wie wird es in den kommenden Jahren ausschauen. Denn, so Mahrer, „pro future“ geht sich das alles nicht mehr aus. Da muss man den guten Mann zunächst daran erinnern, dass es für den vollständigen Überblick nicht ausreicht, Gegenwart und Zukunft zu betrachten. Man muss auch schauen, was ist in der Vergangenheit passiert.

Um bei Mahrers Lieblingssprache zu bleiben, wollen wir zunächst in medias res gehen und über die Ignorantia faci sprechen. De facto liegt die Debitum fundi nämlich bei Fehlern in der Vergangenheit und die ultima ratio heißt demnach, „Wer sich nicht der Vergangenheit erinnert, ist verurteilt, sie zu wiederholen“ (George Santayana). Aber genau das macht Mahrer, der von Haus aus leider schon auf eine dürftige Vergangenheit (Jahrgang 1973) zurückblicken kann. Als die Misere begann, die er heute beklagt, saß er im Hörsaal und lauschte wahrscheinlich aufmerksam jenen Guru-Ökonomen, die vom Neoliberalismus faselten und die den Geist aus der Flasche ließen.

Mit der EU-Osterweiterung begann für Unternehmen das goldene Arbeitgeberzeitalter. Goldgräberstimmung im Westen quasi. Aber nicht am Klondike River, sondern zwischen Parndorf und Lustenau. Und nicht Gold, sondern Billigarbeiter waren das Ziel der Begierde. Die verhandelte „Übergangsfrist“ für die Arbeitnehmerfreizügigkeit war ein Feigenblatt der Gewerkschaft. Mit Hilfe zahlloser Tricks konnte diese Hürde jeder jederzeit leicht überspringen und wenn es einmal gar nicht so richtig klappen wollte, konnte schon mal die Botschaft in Belgrad oder Budapest „aushelfen“, damit die „Zuwanderung nach den Bedürfnissen der Wirtschaft“ funktionierte. SPÖ-Verkehrssprecher Kurt Eder ortete ein „Schlachtfeld Straße“, weil schlecht ausgebildete LKW-Fahrer aus dem Osten Österreich überschwemmten und Lenk-und Ruhezeiten außer Kraft gesetzt wurden. Der ungarische Arbeitsmarkt ist ein „Schlaraffenland für gefinkelte Unternehmen“ beklagte SPÖ-Sicherheitssprecher Rudolf Parnigoni und verortete den „Hort der Schwarzarbeit“ an die Donau. In Nikosia war plötzlich das Arbeitsamt für Österreich. Die Gewerkschaft jammerte über „Sklavenverträge“ und „Sittenwidrigkeit“ und dennoch wurden rote „Mittäter“ salonfähig. FPÖ-Verkehrsministerin Monika Forstinger stellte sich taub und Arbeitsminister Martin Bartenstein ließ alle angeblichen oder auch tatsächlichen Schweinereien „genau prüfen“. Selbst Michael Häupl musste den Schwanz einziehen, wenn die Unternehmer, die sich wie „großkapitalistische Potentaten aufführen“, gleich mal so im Vorbeigehen mehr als 400 Arbeitsplätze wegrationalisieren. Arbeitsmarktpolitisch, stellte SPÖ-Gesundheitsminister Harald Ettl fest, ist die EU-Osterweiterung ein Brandsatz. All das und noch mehr, spielte sich in der „Übergangsfrist“ ab und war nur ein Vorgeschmack dessen, was dann mit der endgültigen Arbeitnehmerfreizügigkeit und Arbeitskräfteüberlassung losgetreten wurde.

1998 wird die rot-schwarze Koalitionsregierung im Parlament noch heftig kritisiert: „Die Bundesregierung bewirkt durch die Forcierung des Abschiebens Zehntausender älterer Arbeitnehmer in die Frühpension insbesondere auch in staatsnahen Unternehmungen (Schulbereich, Landesverteidigung, ÖBB, Post und Telekom AG, Banken – und Versicherungsbereich, Österreichische Bundesforste, OMV usw.) eine deutliche Verschleierung der Arbeitslosenzahlen. Dazu kommen noch die Arbeitnehmer in der Privatwirtschaft, die gegen ihren Willen zum frühestmöglichen Termin in den Ruhestand treten müssen. In diesem Zusammenhang sei auf die stetig steigende und im internationalen Vergleich sehr hohe Zahl der Frühpensionisten hingewiesen“. Dennoch, unverdrossen forderte Wirtschaftskämmerer Christoph Leitl 2001 an der Zuwanderungsquote festzuhalten und wird sogar von SPÖ-Querdenker Josef Cap assistiert der behauptete, dass eine Senkung der Zuwanderquote eine „wirtschaftsfeindliche Haltung“ ist. Dabei trat er selber noch 1990 quietschend auf die Einwanderungsbremse, weil er die höchste Schwarzarbeiter Rate bei den polnischen Arbeitern ortete. Ohne Erfolg. Ein Kriminalbeamter, zuständig für den grenzüberschreitenden Menschenhandel und Ausbeutung resigniert: „Die Unternehmen sind uns immer einen Schritt voraus“.

Zum Drüberstreuen könnte man sich noch die wirtschaftspolitische „Weitsicht“ der Vergangenheit anschauen, was die Ausbildung betrifft. Ganz abgesehen von der diskriminierenden Einstellung Arbeitern und Handwerkern gegenüber, ernten wir jetzt die „Früchte“ unserer Ausbildungsversäumnisse. Mit der Osterweiterung wusste jeder Arbeitgeber, dass ein slowakischer Facharbeiter billiger kommt, als ein einheimischer Lehrling. Und überdies musste man es bei Slowaken mit den Arbeitnehmerrechten längst nicht so genau nehmen. Ein intelligenzbefreiter Kärntner Manager, noch dazu einer mit gewerkschaftlichen Wurzeln, hat wörtlich gemeint: „Um das Gehalt eines Österreichers bekommt man drei Slowaken.“ Und der hat nicht nur davon geredet, sondern die Chance x-fach ergriffen – wie unzählige andere Manager auch. Bei all diesen „Experten“ könnte sich der Wirtschaftskammer Mahrer jetzt bedanken und Satisfaktion einfordern. Aber dazu hat er nicht die Eier und der einfachere Weg ist immer, die Schuldigen anderswo, nur ja nicht unter dem eigenen Dach zu suchen. Überhaupt nicht neu ist dabei die willfährige Unterstützung dieser Machenschaften durch die Politik und Beamtenschaft (Du bist die Hure der Reichen). Friedrich Nietzsche lehrte uns schon vor 140 Jahren, „Wer käuflich ist, den heiße ich Hure“. Entschuldigung ist das keine.

„Der Fachkräftemangel ist auch hausgemacht“, schreibt Marie Hasdenteufel vom Momentum Institut. Man könnte darüber diskutieren, ob es „auch“ oder doch genauer „nur“ heißen sollte. Jedenfalls hat die Ökonomin in ihrem Gastkommentar über die Diskussion um den Fachkräftemangel, das Thema auf den Punkt gebracht. Es geht der Wirtschaft nicht um den inländischen Arbeitsmarkt, sondern um den schier unerschöpflichen Pool an Arbeitskräften aus Drittstaaten. Um den zu knacken, wird sie sich um das Gemeinwohl einen Dreck scheren. Die Vorteile und Profite aus der Osterweiterung sind verbraucht. Jetzt müssen neue „Opfer“ her – ohne gleichzeitig auf den heimischen Arbeitsmarkt Rücksicht nehmen zu müssen. Und die Wirtschaft/Industrie wird diese „Opfer“ finden, das ist sicher, denn die Helfershelfer stehen noch immer parat und arbeiten bereits emsig in die richtige Richtung. Der Wähler wählt seine Totengräber immer selber.

Aber vielleicht erleben wir gerade eine Arbeitnehmer-Revolution, die gar nicht als solche daherkommt und deshalb noch nicht erkannt wird. Die Wirtschaft hat dieser anschwellenden Revolution sogar schon einen Namen gegeben: Work-Life-Balance. Und sie macht sogar ein Stück weit bei dieser Revolution mit. Wohl in der Hoffnung, es wird schon nicht ausarten und um zu erkennen, dass man im Hamsterrad sitzt, muss man erst mal komplett aussteigen. Das ist noch lange nicht mit der Lebenswirklichkeit vereinbar. Außer es kommt unverhofft rasche Hilfe von irgendwo her. Das könnte zum Beispiel der Klimawandel sein. Plötzlich wird es uns nämlich bewusst, dass das, was wir bisher als fleißige und „anständige“ Arbeit verstanden haben, unsere Umwelt kaputt macht. Mehr noch, das „Lied der Arbeit“ wird gar zum Requiem. Wir schaufeln mit unserer „Arbeit“ also vielfach unser eigenes Grab im wahrsten Sinn des Wortes. Das ist für den Homo sapiens schon richtig peinlich und schafft für zunehmend mehr Arbeiter eine Denkaufgabe mit unbestimmtem Ergebnis. (PB)

Die Zeit drängt

Text: Peter Baumgartner.

Es ist erstaunlich, dass ausgerechnet die Wirtschaftspartei ÖVP mit dem kostbaren Gut Zeit andauernd so inflationär umgeht, als hätte sie die Ewigkeit gepachtet und die Vergänglichkeit außer Kraft gesetzt.

Allegorie Nehammer / Quelle: Christina Baumgartner. In Anlehnung an eine Allegorie von Tizian kann man festhalten, dass die Zeit für jedes Geschöpf – auch für Politikerinnen, begrenzt ist. Deshalb ist jedes Geschöpf gut beraten, mit dieser kostbaren Handelsware Zeit ökonomisch und sorgsam umzugehen.

Wir erinnern uns noch daran, als der ÖVP-Klubobmann Andreas Kohl mit „Speed kills“ ein neues Regieren zum Dogma erklärt hat. Wen oder was er „töten“ wollte hat er zwar nicht genau formuliert, aber auf der Strecke blieben danach jedenfalls ein paar demokratische Grundregeln und zielsicher hat er das Vertrauen in die Politik eingestampft – vor weit über 20 Jahren, nicht erst heute. Kohls politischer Gegenspieler Heinz Fischer stellte mit Bedauern fest, dass „Speed kills“ als Drüberfahren wahrgenommen wurde. Tatsächlich kann man sich gegen solche Regierungswalzen mit demokratischen Mitteln kaum wehren. So blieb es der Justiz vorbehalten, gelegentlich die Reißleine zu ziehen und so manches Gesetz zurück an den Start zu schicken. Dass dadurch nicht nur viel demokratisches Porzellan zerschlagen, sondern auch wertvolle Zeit verplempert wurde, schadete zumindest Andreas Kohl überhaupt nicht. Im Gegenteil. Erst sein vernichtendes Wahlergebnis bei der Bundespräsident Wahl, brachte ihn Jahre später auf den Boden der Realität – was ihn und seine Gefolgschaft aber nicht daran hindert, weiterhin erfolgreich den Gscheidl zu mimen. Noch immer hängen Legionen von Politikerinnen (und Journalistinnen) an seinen Lippen. Selbst Kohls zweifelhaftes Verständnis zur Wahrheit („Wahrheit ist eine Tochter der Zeit“), scheint bereits allseits akzeptierte Realität zu sein. Allerding hat der römische Schriftsteller Aulus Gellius auch gesagt, „Mit der Zeit kommt die Wahrheit ans Licht“. Man muss es nur „daworten“ können…

Die ÖVP „husch-pfusch-Strategie“ wird jetzt mit grüner Assistenz fortgesetzt und findet sogar noch eine Steigerungsform. Zugutehalten kann man der jetzigen Regierung, dass sie auf einem Fundament von politischen Fehlentscheidungen steht und praktisch noch mit der Bauplatzsanierung beschäftigt sein müsste. Aber die Zeit drängt. Von Wahl zu Wahl wird das Wahlvolk unruhiger und Sympathiewerte kann man sich nicht kaufen. Das dürfte inzwischen im Bewusstsein aller Politikerinnen angekommen sein. Aber solange der Tagesbefehl „Hände falten, Goschn halten“ lautet, bleibt die kollektive Angst bestimmender Bremsklotz.

Herausragendes Beispiel, wie inflationär die ÖVP noch immer mit der Zeit umgeht, hat Bundeskanzler Nehammer „vorbildlich“ bei seiner Rede „Österreich2030“ demonstriert. Zur Information über seine Zukunftspläne, hat er im Zeitalter der Digitalisierung die gesamte Parteiführung des Landes und ein paar mehr nach Wien beordert. Und alle sind brav angetreten. Persönlich wollte er ihnen erzählen, was ihn beschäftigt und vielleicht in der nächsten Wahlperiode Handlungsmuster der Partei bestimmen könnte – vorausgesetzt er wird 2024 wiedergewählt. Es könnte aber auch bedeuten, er fühlt sich sowieso auserwählt und braucht sich mit dem künftigen Wahlergebnis folglich gar nicht auseinanderzusetzen. Die Summe der Botschaft war jedenfalls, der Zukunftsplan 2030 befindet sich in Ausarbeitung – geschmückt mit ein paar philosophischen Weisheiten (Wir sind Lernende). Man stelle sich vor, wie viele Mannstunden die Firma ÖVP für dieses „Projekt“ im vollen Bewusstsein des ökonomischen Wertes kalkuliert hat. Grob geschätzt muss es mindestens ein Personenjahr gewesen sein, dass da völlig umsonst „verwirtschaftet“ wurde. Hochgerechnet auf das in diesen Kreisen übliche Einkommen, wird einem schwindlig. Leisten können müssen sich so etwas nur die Steuerpflichtigen. Jede andere Firma wäre noch vor dem Ende der Veranstaltung pleite. Jeder Straßenkehrer hat ein besseres Betriebsergebnis. Um dieser Zeit- und Kostenverschwendung Einhalt zu gebieten, sollte das Wahlvolk für Politikerinnen zwingend die 40-Stunden-Woche (inkl. Reisezeit) einfordern. Dann könnten sie vielleicht weniger anstellen.

Aus der Vergangenheit lernen, heute klug handeln, damit man seine Handlungen nicht morgen schon bereut. So wollte Tizian wohl den klugen Umgang mit der Zeit verstanden wissen. Aber die Wahl der falschen Vorbilder ist auch eine Erscheinung der Zeit. (PB)

Grüne Philosophie

Text: Peter Baumgartner.

Bild : Peter Baumgartner

Diogenes wird mit einer schwachen Lampe heute wie damals vergeblich nach „Menschen“ suchen. Tatsächlich bräuchte er schon einen großen Suchscheinwerfer, der das Land bis in die hinterste Ecke auszuleuchten vermag.

Angesichts der ausufernden Dynamik des Kapitals, stellte der Philosoph Konrad Paul Liessmann 1996 die Frage, ob denn die Grünen ein Gegenpol zu dieser neuen Moderne sein könnten. Liessmann gab zu verstehen, dass dies für ihn zwar wünschenswert wäre, aber wohl nicht realistisch sei. Vielmehr werden weiterhin jene Parteien die Oberhand behalten, die wenigstens Kompetenzen suggerieren können.  Erst wenn die „lebenslangen Parteibindungen“ aufgegeben werden, sieht Liessmann eine Chance für die Grünen, abseits ihrer Stammklientel zu punkten.

Der philosophische Ratschlag Liessmanns zur grünen Programmatik, wonach ein ökologisches Steuersystem, das Naturverbrauch verteuert und menschliche Arbeitskraft verbilligt, ein tauglicher Schritt zum grünen Wahlerfolg sein könnte, hat sich bis heute jedoch noch nicht bewahrheitet. Im Gegenteil. Jetzt haben wir trotz und wegen der grünen Bewegung alles zur Potenz. Einen weiterhin ungebremsten und irrwitzigen Naturverbrauch, noch teurere Arbeitskraft und Chaos auf allen Ebenen der Gesellschaft. Angesichts der ausbleibenden grünen Wahlerfolge begibt sich Liessmann nun auf die Suche nach Erklärungen für das schlechte Abschneiden, zum Beispiel bei der Landtagswahl in Kärnten. Dabei wagt sich der etablierte Philosoph auf das Niveau von Meinungsforschern und stellt die gleiche falsche Frage wie diese, nämlich warum sich die Wählerinnen „falsch“ entschieden haben – obwohl grüne Themen gerade so wichtig sind.

Die Frage, die sich die Grünen und ihr philosophischer Berater aber stellen sollten lautet, was sie selber falsch gemacht haben. Dann würde man schnell zu den richtigen Antworten finden. Ein Sprichwort sagt bekanntlich, „Wer dumm fragt, bekommt dumme Antworten“. Anderseits wissen Mutter/Vater, dass es keine dummen Fragen gibt. Nur – „dumme“ Fragen immer wieder beantworten zu müssen, kostet Zeit. Zeit, die Eltern aufbringen müssen. Politikerinnen tun das nicht – sollten es aber. Und wenn Philosophen das tun was sie können, nämlich die „Liebe zur Weisheit“ vermitteln, hätten ihre Klienten gegenüber jenen, die nur auf Meinungsforscher hören, einen größeren Erfolg. Ausgestattet mit der notwendigen Weisheit und Weitsicht, würde jede Partei zu besseren Wahlergebnissen kommen.

In einem grünen Wahlprogramm müsste dann zum Beispiel stehen, dass es gar keinen Sinn macht, 100 km/h zu fordern und gleichzeitig weiterhin Autos zu bauen, die 250 km/h fahren können. Schon gar nicht, wenn die Geschwindigkeitsbegrenzung weiterhin unkontrolliert und nicht sanktioniert bleibt. Weitsichtige Wahlwerber würden erkennen, dass die Beendigung einer Abhängigkeit nicht gegen eine andere ausgetauscht werden soll. Und es würde Sinn machen, Boden nur dann vor der Versiegelung zu bewahren, wenn man gleichzeitig dessen Qualität nicht aus den Augen verliert.

Mit ganz wenig Weisheit ausgestattet würden Wahlwerberinnen auf den infantilen Werbespruch „Die Sonne schickt keine Rechnung“ verzichten und stattdessen dafür sorgen, dass Energie kein Spekulationsobjekt ist. Einen philosophischen Stups wird es schon brauchen um zu erkennen, dass es nicht ausreicht, nachhaltiges Wirtschaften zur fordern und gleichzeitig die uneingeschränkte Marktwirtschaft zu fördern.

Völlig sinnbefreit ist es, die Produktion von „Lebensmitteln“ zu erlauben, die diesen Namen gar nicht verdienen und sie dann auch noch vor dem Wegwerfen zu schützen. Geradezu absurd und jenseits jeder Weisheit ist es, den Schutz von Minderheiten jeglicher Art zu fordern und gleichzeitig den Wert der Familie als Keimzelle der Gesellschaft nicht über alles zu stellen. Ganz grundsätzlich und insbesondere auch was das Thema Umwelt- und Klimaschutz anbelangt, wird allein philosophischer Beistand nicht ausreichen um zu klären, was überhaupt die Aufgabe des Staates ist und was jede einzelne Person für sich und für die Gesellschaft zu leisten hat, wenn man auf „Heimatliebe“ Wert legt. Derzeit hat man in breiten Gesellschaftsschichten eher den Eindruck, es herrscht eine Oikophobie. Und all das ist noch längst nicht alles, womit sich eine alternative Bewegung – egal ob grün oder anders färbig, möglichst schleunigst beschäftigen sollte. (PB)

Landtagswahl Kärnten/Koroško – Moral Hazard

Text: Peter Baumgartner.

Die Mehrheit der Kärntner Wahlbevölkerung hat sich so entschieden, wie sie sich immer entscheidet, wenn schwerwiegende Folgen zu erwarten sind und rationales Denken angebracht wäre.

Volles Risiko! „Es weat schon nix passiern“. Aber es „passiert“ immer etwas. Ob es einst die SPÖ-Parteidiktatur war, Ortstafel aufstellen, Ortstafel abschrauben, das Hypo-Desaster, die Haider-Festspiele. Ein Landeshauptmann wurde sogar mit 45 Prozent gewählt, obwohl ihm vorher gerichtlich attestiert wurde, dass er seine Handlungen juristisch nicht einschätzen kann… Jede Wahlentscheidung in Kärnten geschah und geschieht aus einer irrationalen Versuchung. Diesmal führte die flächendeckend, koalitionär durchgeführte Subventions- und Fördergeldverteilung dazu, dass das Land in ein neuerliches Schuldendesaster schlittert und dennoch die (fast) volle Unterstützung der Wählerschaft hinter sich weiß.


Die Entscheidung für den „Kuriosen-Plakat-Award“, ist der Jury sehr schwergefallen.

Begleitet wurde der diesjährige Wahlkampf von einer wahrlich „speziellen“ Plakataktion, die eigentlich frühzeitig sensibilisieren hätte können. Hat sie aber nicht. Einige Besonderheiten haben das Potential für den „Kuriosen-Plakat-Award“ nominiert zu werden. Die besten Gewinnchancen hat vielleicht das Plakat eines Toten, der zur Wahl gestellt wurde. Allen Ernstes hat nämlich das Bündnis für Kärnten (BFK) Jörg Haider an die Wand gepickt. Ernste Konkurrenz konnte Jörg Haider von der Liste STARK erwarten, deren Kandidat Johann Ehmann zwar nicht tot, aber dennoch völlig unsichtbar war und ist. Quasi ein Wahl-Geist. Er hat im Wahlkampf jeden medialen Kontakt verweigert, obwohl seine Bewegung natürlich einen rechtmäßigen Kandidatenstatus hatte. Das logische Wahlergebnis traf dann auch ein – unter der Wahrnehmungsgrenze. Ein anderer weißer Fleck auf der Plakatwand ist rot – die Kommunistische Partei Österreichs (KPÖ) mit Karin Peuker an der Spitze. Das dürftige Wahlergebnis – knapp an der Wahrnehmungsgrenze, spiegelt die Performance der Partei wieder. Seine Zielgruppe nicht enttäuscht, hat der FPÖ-Kandidat Erwin Angerer mit dem Versprechen „unsere Sprache zu sprechen“ (bei ins wird Deitsch gred‘). Tatsächlich getrauten sich Kandidatinnen nur vereinzelt den Namen „Koroško“ zu plakatieren, obwohl sonst gerne versucht wird, im slowenischen Teich zu fischen. Peter Kaiser von der SPÖ stellte seine Wählerschaft vor eine intellektuelle Herausforderung. Sie sollten offensichtlich den „echten“ Landeshauptmann wählen, wobei er wohl hoffte, dass allein seine Sympathiewerte und nicht die Parteiarbeit zählen werden. Das Minus von fast neun Prozent (!) deutet an, dass er seine Wähler überfordert hat. Jetzt muss er auf die Gnade seiner Mitbewerber hoffen. Was bei der System-Opposition kein Problem darstellen dürfte. Aus der Körpersprache kennt man die Bedeutung, wenn jemand den Kopf zur Seite neigt. Umgangssprachlich versteht man das auch als Versuch, die (zu geringe) Hirnsubstanz im Kopf auf einen Punkt zu fokussieren. Wenn man das auf das „Kopfstand-Plakat“ der Grünen Kandidatin Olga Voglauer ummünzt, ist es wahrscheinlich ein Testplakat. Für den Einzug in den Landtag hat es allerdings trotzdem nicht gereicht.

Wahlen setzen voraus, dass es unterschiedliche Entscheidungsmöglichkeiten gibt. Sonst wird aus dem Wahllokal ein „Legitimations-Lokal“.

Nicht gereicht hat es auch für den Anwalt und Listenführer der VISION ÖSTERREICH. Mit „Tatort: Politik“ beschrieb Alexander Todor-Kostic zwar die Realität entsprechend seiner juristischen Kompetenz, aber das verschreckte die Wählerschaft. Details will man in Kärnten nicht so genau wissen. Das macht nur Kopfweh. Deshalb hat auch er den Einzug in den Landtag deutlich verfehlt. Die ÖVP hatte mit dem „Kämpferherz“ Martin Gruber mehr Glück. Er blieb auch „standhaft“, als man sogar seine Plakate abfackelte. So konnte er wenigstens die Sinnlosigkeit von Wahlprognosen beweisen. Einmal mehr wurde nämlich klar, dass Meinungsforschungen „für die Fisch“ sind. Inhaltlich war die Gruber-Botschaft eher als Starrsinnigkeit und Beratungsresistenz zu verstehen und der leichte Zugewinn ist eine Bestätigung für Moral Hazard. „Wann, wenn nicht jetzt“, plakatierte Gerhard Köfer vom Team Kärnten. Durchaus als „Eure letzte Chance“, wollte er diese Botschaft wohl verstanden wissen. Immerhin hat der Kandidat schon einige Versuche hinter sich. Die Wählerschaft ergriff teilweise den Strohhalm und verdoppelte das Wahlergebnis. Dennoch blieb das Team Kärnten hinter den eigenen Erwartungen zurück. Dann gab es noch ein spezielles Plakat mit Tiefgang. Es stammt von den NEOS mit dem Frontmann Janos Juvan. Der Wunschkandidat der Bauindustrie setzte mit seinem Slogan voll auf „Leistung“ und nutzte jede Gelegenheit um zu erklären, wer für ihn Leistungsträger ist: Nur wer täglich aufsteht und malochen geht. Wer sich zu Hause um Haushalt und Familie kümmert, ist wertlos. Die Wählerschaft sah das mehrheitlich völlig anders. Sie fanden, eine Stimme für NEOS ist wertlos. Landtag klar verpasst. Die Bauindustrie wird das nicht weiters kränken. Sie kann sich eh noch auf die SPÖ verlassen.

Zusammenfassend kann man festhalten, dass mehr Parteien im Wahlkampf leider nicht automatisch einen demokratiepolitischen Zugewinn bedeuten. Vielmehr gibt es mehr vom Alten und eine Fortsetzung von Moral Hazard. (PB)

Warum kommen manche Parteien öfter vor als andere?

Diese Frage stellt die Kleine Zeitung in einem neuen Format, wo sie versucht, Fragen der Bürger umfassend zu beantworten. „Blick in den Newsroom“, heißt dieses Format und erhebt den hehren Anspruch, jede – auch unbequeme und kritische Frage zu beantworten. Keine kleine Herausforderung und schwer bis gar nicht erfüllbar wie man sieht, wenn man die Beantwortung dieser Frage Nummer 14 analysiert.

Mit den mächtigen Medien und mit Kleinparteien verhält es sich wie bei der biblischen Erzählung vom reichen Mann und dem armen Lazarus, der vor dem Palast „vor die Hunde gehen“ musste. Es mag für die Kleinparteien nur ein schwacher Trost sein zu wissen, dass es dem armen Lazarus nach dem Tod besser ergangen ist, als dem Reichen. Quelle: Cornelis Anthonisz/Rijks Museum Amsterdam

Eine der schwierigsten Herausforderungen für Journalistinnen mag wohl sein, in Wahrnehmung ihrer Aufgaben die notwendige Äquidistanz zu anderen Akteuren und anderen Aufgaben zu bewahren. Und es liegt auf der Hand, dass diese Problemstellung mit zunehmender Professionalität immer schwieriger zu meistern ist. Redakteurinnen, die schon lange im Geschäft sind, glauben wohl „alles besser zu wissen“, als die jeweiligen Gesprächspartner. Dann kann es schon mal passieren, dass Journalistinnen zum Beispiel flugs die Rolle eines Gesetzgebers übernehmen und gar nicht bemerken, dass sie ihr Spielfeld verlassen haben. Ein typisches Beispiel hat der stellvertretende Chefredakteur Thomas Cik bei der Beantwortung dieser Frage Nummer 14 abgeliefert.

Diese Frage, warum im Wahlkampf Kleinstparteien weniger bis gar nicht in der öffentlichen Berichterstattung vorkommen, war natürlich auch im Kärntner Landtagswahlkampf ein ständiges Thema. Und mit der Bereitschaft der Kleinen Zeitung diese Frage zu beantworten, signalisierte sie zunächst, dass es tatsächlich so ist. Kleine Parteien oder Neueinsteiger haben es sehr schwer, auf die mediale Bühne zu kommen. Wir erinnern uns noch an die letzte Bundespräsidenten-Wahl, wo die weibliche Außenseiterin von den Medien völlig ignoriert wurde. Das ist, um es grundsätzlich vorweg zu nehmen, demokratiepolitisch falsch. Man könnte es allerdings auch plausibel begründen, wenn Kandidaten es selber gar nicht wollen, oder sich zum Beispiel nicht an die allgemein gültigen Spielregeln halten können. Thomas Cik, für dessen Zeitung nach eigener Darstellung Demokratie und Rechtsstaatlichkeit „enorm wichtig“ ist, fand jedoch eine ganz andere Erklärung, warum er Wahlkandidatinnen von der Öffentlichkeit ausschließen würde. Wohlgemerkt, es geht nur um Kandidaten, die bereits zur Wahlteilnahme legitimiert sind und alle juristisch notwendigen Auflagen erfüllt haben. Das heißt, der Gesetzgeber hat diesen Leuten bereits einen Bescheid zugestellt: Ja, du hast die Erlaubnis zur Wahlteilnahme als Partei/Kandidatin. Und dann kommt der Herr Journalist und sagt, nix da. Du musst erst durch meinen Filter. Was der Gesetzgeber sagt ist seine Sache, ich bestimme ob das richtig oder falsch ist.

Wenn der Herr Cik zum Beispiel das Gefühl hat, ein rechtmäßiger Kandidat will „nur Krawall schüren“, oder die Demokratie „zerstören“, dann ist der aussortiert. Die Zeitung differenziert wie und in welchem Ausmaß berichtet wird. Das heißt, der Redakteur macht erst gar nicht den Versuch das zu machen, was er machen soll. Nämlich die richtigen Fragen stellen und allfällige demokratische Defizite aufzudecken. Nein, er übernimmt die Rolle des Richters und sagt: schweig. Dann sagt Herr Cik, er schaut sich auch inhaltlich an, was die Partei liefert und entscheidet, ob das für den Zuseher/Zuhörer „relevant“ ist. Er nimmt den Wählerinnen die Entscheidung ab oder will sie vielleicht gar bevormunden. So quasi, ich weiß schon, was gut für dich ist. Dennoch versichert der Chefredakteur, dass seine Zeitung verantwortungsbewusst handelt und dazu steht, dass in einer Demokratie Diskussion dazu gehört.

Mal davon abgesehen, dass dieses eigenwillige journalistische Verständnis immer nur Kleinstparteien benachteiligt, zeigt es doch deutlich, dass viele Journalistinnen – nicht nur der Herr Cik, offensichtlich ihren Beruf mit einem Theaterdarsteller verwechseln, der beliebig mal in die und mal in jene Rolle schlüpfen darf. Die Botschaft an alle Wahlwerberinnen ist klar: Ihr könnt euch den Bescheid von der Wahlbehörde sonst wohin stecken. Wer gewählt wird, bestimmt die Zeitung. Das ist Informations-Nudging mit dem Ziel, die Bürger beim Wahlverhalten zu „unterstützen“, sie zur „richtigen“ Entscheidung zu lenken. „Die Presse ist kein Ersatz für öffentliche Institutionen“, schrieb der Medienkritiker Walter Lippmann. Vielmehr gleicht sie einem Suchscheinwerfer, der bald die eine, bald die andere Episode aus dem Dunkel ans Licht bringt. Suchscheinwerfer sind in vielen Redaktionen leider bereits dem Sparstift zum Opfer gefallen. (PB)