Alles in (der) Butter!

Der gemeinnützige Verein für Konsumenteninformation (VKI), hat in einem aktuellen Testprogramm 30 verschiedene Butterprodukte aus Kuhmilch und 11 vegane Alternativen untersucht und den Bericht im Testmagazin 9/2024 veröffentlicht. Vorweg – die Redewendung „Alles in Butter“ bekommt eine neue, ziemlich unappetitliche Bedeutung und die Marke „Teebutter“, ursprünglich als besonders hochwertiges österreichisches Produkt über die Grenzen hinweg bekannt, hat in dieser Form ausgedient.

„Alles in Butter“ – Hans Fischerkoesen, der deutsche Walt Disney, hat bereits 1953 einen legendären Werbefilm über die wertvolle Butter erschaffen und damit den Erfolgsweg für eines der wichtigsten Lebensmittel aufbereitet. (Screenshot)

Schon 2017 hat der VKI Butter im Testprogramm gehabt. Damals gab es ein erfreuliches Ergebnis. Die Mehrzahl der Produkte wurde mit „sehr gut“ bewertet und nur ein Produkt mit „wenig zufriedenstellend“ abgeurteilt. Allerdings wurden die Produkte 2017 noch nicht auf Schadstoffe getestet. Diesmal war es anders. Was wieder bestätigt, wenn man nichts sucht, dann findet man auch nichts. Eine Unart in der Lebensmittelsicherheit, die wahrnehmbar um sich greift. Auch dem VKI dürfte das aufgefallen sein. Die ergänzende Prüfung auf Mineralölrückstände sowie Chloroform, brachte prompt erschreckende Gesamtergebnisse. Insgesamt wurden plötzlich nur noch 2 Produkte (3 %) mit „sehr gut“ bewertet. 6 Produkte vielen überhaupt durch. Das heißt, nur 67 % konnten positiv bewertet werden. Im Vergleich zu 2017 ein Bauchfleck. Spätestens jetzt heißt es „Alles ist in der Butter“. Dennoch ist Butter in Österreich noch immer ein wichtiges Grundnahrungsmittel. Angeblich liegt der pro Kopf Verbrauch bei 5 Kilogramm.

„Alles in der Butter“. Aus dem legendären Werbeslogan wurde eine Konsumenten Warnung.
Bild: Peter Baumgartner

Die Ursache der Chloroform Belastungen in der Butter ist relativ klar. Da gibt es hygienische Defizite bei der Produktion. Unklar ist noch, woher die Mineralölrückstände in der Butter stammen. Es wird vermutet, dass die Stoffe von der Kuh in der Umwelt aufgenommen werden und so über die Milch in die Butter gelangen. Eine andere oder zusätzliche Möglichkeit könnte in der Produktion oder bei der Verpackung begründet sein. Naheliegend ist die Aufnahme über die Umwelt durch die Kuh, weil bekanntlich die Schadstoffverbreitung im Ökosystem teilweise bereits die Belastungsgrenzen überschritten hat. Sogenannte „Novel Entities“ – Schwermetalle, radioaktive Materialien etc., schaffen Probleme von „bleibendem Wert“. Wir haben diese Stoffe explosionsartig verbreitet und Prognosen behaupten, bis 2050 werden wir die aktuellen Zahlen noch einmal verdreifachen. Und wir sprechen hier nicht von punktuellen Ereignissen, die Bedrohung ist global. Wobei  man vielfach die Auswirkungen auf den menschlichen Organismus noch gar nicht einschätzen kann. Die toxikologische Bewertung und rechtliche Regelungen von Mineralölrückständen stehen beispielsweise noch in Diskussion. Unbestritten ist die toxikologische Relevanz von MOAH/MOSH Fraktionen und zumindest was die MOAH Kontamination von Lebensmitteln betrifft, wurde bereits grundsätzlich Besorgnis für die menschliche Gesundheit geäußert. Genau diese Gefährdungen hat der VKI jetzt in der Butter identifiziert. Das hindert die Politikerinnen jedoch nicht daran, im Zusammenhang mit der Lebensmittelsicherheit ausschließlich die Bodenversiegelung zu thematisieren. Es ist den Politikerinnen anscheinend völlig egal, dass die Anbauflächen immer mehr mit allen möglichen Chemikalien belastet werden. Hauptsache, die Versiegelung kann gestoppt werden. Eine umfassende Bodenuntersuchung in St. Veit an der Glan hat beispielsweise ergeben, „die vorliegenden Daten der Untersuchung von Dauergrünflächen zeigen, dass ein deutlicher Eintrag von Umweltschadstoffen in den Boden erfolgt ist und eventuell weiterhin stattfindet.“ Das untersuchende Labor (Envirolab) empfiehlt dringend eine Ursachenforschung. In Kenntnis der Studie sieht die zuständige Landesregierung in Kärnten allerdings keinen Handlungsbedarf. Auch sonst juckt das niemand. Daraus ergibt sich eine logische Frage: Was würde der VKI noch alles in der Butter finden, wenn das Testprogramm weiter ausgedehnt wird?

Immer wenn Malversationen auftauchen, gibt es einen Standardablauf. Die Lämmer schweigen, die Behörden schlafen und der Markt reagiert sofort.
Bild: Peter Baumgartner

In dieses Bild von Ignoranz, Desinteresse und Verantwortungslosigkeit, passt der lockere Umgang mit dem desaströsen Testergebnis des VKI. Zwar berichten alle Medien von der „belasteten Butter“, doch niemand stellt die Frage „was jetzt?“. Welche Konsequenzen hat das Testergebnis? Was muss jetzt wer tun, damit der nächste Test besser ausschaut? Nichts davon ist wahrnehmbar. Einzig der Handel reagiert flott auf das unschöne Testergebnis. Ein Unternehmen hat ein kritisiertes Produkt gleich in die „EXTREM AKTION“ geworfen – ab 4 Packungen 1,99 statt 2,89. Flugs ist die Butter mit AMA-Gütesiegel, aber mit Chloroform belastet ausverkauft. Auch das einzige „sehr gute“ Produkt ist rasch ausverkauft. So funktioniert Marktwirtschaft – aber nicht Lebensmittelsicherheit.

Man muss froh sein, dass es einen VKI gibt und dass es Kräfte gibt, die einen starken Konsumentenschutz wollen. Selbstverständlich ist das nicht. Im letzten Regierungsprogramm wurde noch die Absicht niedergeschrieben, dass im Konsumentenschutz Rahmenbedingungen geschaffen werden, die sich positiv auf das tägliche Leben der Menschen auswirken sollen. Allerdings hat man dort bereits sehr kritisch die Existenzberechtigung des VKI in den Raum gestellt. 2022 gab es auf parlamentarischer Ebene eine kontroverse Diskussion über die Aufgaben und Finanzierung des VKI. In einem parlamentarischen Entschließungsantrag wurde der ÖVP-Konsumentenschutzsprecher Peter Weidinger aus Kärnten von der FPÖ als „Konzernlobbyist“ bezeichnet, dem die Arbeit des VKI ein Dorn im Auge ist. Auch der grünen Konsumentenschutzsprecherin Ulrike Fischer, wurde vorgeworfen, dass sie eine Gegnerin des VKI sei. Inzwischen ist die Basisförderung des VKI durch den Bund mit 4,8 Mio./a „langfristig“ bis 2025 abgesichert. Danach wird sich die neue Regierung wieder mit dem Thema Konsumentenschutz beschäftigen müssen.

Den VKI-Negativpreis 2023 hat ein in Griechenland abgefülltes und in Österreich verkauftes Wasser erhalten. Für die österreichische Umweltpolitik ist ein derartiger Nonsens egal – Hauptsache mit der Bahn transportiert. Ohne Konsumentenschutz geht es nicht.
Bild: VKI

Bereits 1961 wurde der gemeinnützige Konsumentenschutzverein gegründet. Gründungsmitglieder waren damals die Arbeiterkammer, Wirtschaftskammer, Landwirtschaftskammer und der Gewerkschaftsbund ÖGB. Von den ursprünglichen Mitgliedern ist jedoch nur noch die Bundesarbeiterkammer übrig. Alle anderen haben sich bereits aus der Verantwortung gestohlen. Daneben fungiert noch das Sozialministerium als außerordentliches Mitglied, um wenigstens eine Basisfinanzierung zu sichern. Das Jahresbudget von rund 16 Mio. Euro, erwirtschaftet der Verein zum Großteil ohnehin aus eigenen Erlösen (2022-10,5 Mio. Euro). Dafür bekommt der Verbraucher aber auch viel geboten. 2024 hat der VKI bereits 153 Waren-Rückrufe eingeleitet. Und da ist alles dabei. Von gefährlichen Inhaltsstoffen bis hin zur Verletzungsgefahr, findet der VKI alles, was im Handel nichts verloren hat. Dann gibt es noch das breite Informationsprogramm und nicht zuletzt die Rechtsvertretung der Konsumenteninteressen bei Sammelklagen und Musterprozessen. Dass der Konsumenteninformation eine zentrale Rolle bei der Lebensmittelsicherheit ist, zeigt eine AMA-Umfrage aus 2023, wonach das Interesse an Inhaltsstoffe bei Milchprodukten am unteren Ende der Skala rangiert. Hier gibt es für Konsumentenschützer also noch viel zu tun.

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