David gegen Goliath

„Es ist schwer die Welt ehrenamtlich zu retten, wenn sie von anderen professionell zerstört wird.“

Wallfahrtskirche Maria Hilf ob Guttaring. Bild: Peter Baumgartner

Die Bürgerinitiative Zukunft Görtschitztal, hat einen Bericht zur aktuellen Lage in der juristischen Auseinandersetzung zwischen UVP-Behörde Land Kärnten und IZG verfasst. Für Leser, denen das Görtschitztal noch nicht so geläufig ist, dass ist jene himmlische Gegend, wo Menschen der lebende Beweis dafür sind, dass man viel aushalten und überleben kann und dass die Reparaturmedizin große Fortschritte macht. Das Asbest-Desaster im Tal haben viele zwar nicht überlebt – etliche aber doch. Und wie viele das HCB-Desaster überleben werden, wird man wahrscheinlich erst in ein paar Jahren sehen. In dieser Situation nichts zu tun, wäre für die IZG als eine kleine Gruppe Idealisten, unterlassene Hilfeleistung. Deshalb schwimmen sie gegen den Strom. Peter Baumgartner

Bericht

Am 06. Okt. 2023 wurde am Bundesverwaltungsgericht in Wien – BVwG – die Rodung von 80 ha Wald am Pemberg von w&p Zement GmbH bzw. Alpacem neu verhandelt. 

Gegen den zustimmenden Rodungsbescheid der Kärntner Landesregierung vom 12.07.2022, Zahl: 07-A-UVP-1358/200-2022, hat die BI „Initiative Zukunft Görtschitztal – IZG“ und ein Bürger aus Klein St. Paul berufen. 

Die Anrainergemeinde Klein St. Paul (Bürgermeister & Gemeinderäte) sahen keine Gründe für eine Beschwerde betreffend der Schutzgüter, die amtlich von den Gutachtern so bewertet wurden: Mensch Schallbelastung Beurteilung „C“; Natur Vogelarten ebenfalls „C“;  Verkehrsbelastung „A“; Wald / Forstwirtschaft „C“ und Raumordnung (Freizeit) „B“.

A steht für „Keine Auswirkungen auf ein Schutzgut/die Schutzgüter“. B heißt „Irrelevante, vernachlässigbare bzw. geringfügige Auswirkungen auf ein Schutzgut/die Schutzgüter“ und C bedeutet „Relevante, messbare Auswirkungen auf ein Schutzgut/die Schutzgüter.“  

Diese Bewertung der Gutachter wurde einem vermeintlichen öffentlichen Interesse gegenübergesetzt, was von der Anrainergemeinde im Zuge der mündlichen UVP-2000 Verhandlung vehement auch so zum Ausdruck gebracht wurde. Wir von der Bürgerinitiative IZG sehen das öffentliche Interesse jedoch geringerwertiger, weil die massiven Luftfrachten von ca. 770 000 Tonnen/Jahr unsere Umwelt, Landwirtschaft, Nutztiere und letztlich auch die Menschen im Görtschitztal extrem belasten. Folglich sehen wir nur ein privat-wirtschaftliches Interesse im Ansinnen um die massive Rodung. 

BVwG – Verhandlung am 06.10.2023 

Der Vertreter der Bürgerinitiative IZG in der Verhandlung weist darauf hin, dass die Problematik der Auswirkungen des Zementwerks auf das Tal bereits im Verfahren von der IZG umfassend vorgetragen, jedoch nicht behandelt wurde. Die UVP-2000 wurde zu eng abgefasst, nur die unmittelbaren Auswirkungen bewertet, nicht aber die mittelbaren Auswirkungen. Der abgebaute Kalkstein und Mergel werden ausschließlich im 400 m entfernten Zementwerk verarbeitet. Daher müsste auch der Zementprozess in dieser UVP-2000 aufgenommen werden. Die Genehmigung des Abbaus über geplant 45 Jahre, hat für die Umwelt und Görtschitztaler enorme Auswirkungen, weil die Emissionsluftschadstofffracht 2022 von gemessenen Stoffen 570 000 Tonnen plus der Fracht für die nicht gemessene Luftschadstoffe von ca. 200 000 Tonnen – also in Summe eine Emissionsfracht von 770 000 Tonnen/Jahr ergibt. Gerechnet über 45 Jahre beträgt die Luftschadstofffracht über 34 Millionen Tonnen an Luftschadstoffen. Diese Menge entspricht 1 732 500 LKW´s a 20 Tonnen. Diese Emissionsfracht gefährdet künftig unser Görtschitztal, die Umwelt, Landwirtschaft, Bürger und insbesondere Kinder massiv. Obwohl wir von der BI „Initiative Zukunft Görtschitztal – IZG“ eine Untersuchung der IST-Lebenssituation (Krebsinzidenz und Mortalitätsstudie) fordern und wir das auch in der mündlichen Verhandlung vom 21.02.2022 vorgebracht haben, wird diese Untersuchung von der Politik und den Behörden immer wieder verhindert. 

Folgende Stellungnahmen wurden von den diversen Gutachtern bei der Verhandlung vor dem BVwG abgegeben bzw. nicht abgegeben:

Die Umweltmedizinerin: Beurteilt zwei Luftschadstoffe (NOx und Staub) gemäß IGL-Grenzwerten und stellt fest: Keine Belastung!!  Die IZG bemängelt, dass es keine Untersuchungen gab zu: 

  1. Boden- und Wasseruntersuchungen: Hinweis auf eine ev. belastete Nahrungskette?
  2. Biologische Proben: Urin, Blut Untersuchungen – Auskunft über mögliche Belastungen?
  3. Identifizierung von Risikogruppen: Kindern, ältere Menschen etc. (Asbest, HCB, Schwermetalle).
  4. Gesundheitliche Beschwerden: Gibt es Beschwerden und Symptome und welcher Art?
  5. Medizinische Tests: Chronische Auswirkungen von Gesundheitsproblemen
  6. Psychosoziale Auswirkungen: Stress oder Angstzustände aufgrund von Umweltbelastungen.
  7. Risikokommunikation: Keine Kommunikation mit der Bevölkerung – weil es dazu keinen Auftrag gab. 

Verkehr Gutachter: Stellt fest, die Auslastung der Görtschitztaler Straße B92 ist nur zu 15% ausgelastet. Das bedeutet, die B92 Görtschitztal Bundesstraße verträgt noch 6-mal mehr Verkehr!! 

Klima Gutachter: Bescheinigt, dass die CO2 Emissionen vor allem aus den Fuhrwerken und Sprengungen stammen. Diese betragen im Jahr ca. 1.900 Tonnen CO2. Die sich daraus ergebenden Änderungen sind aus fachlicher Sicht irrelevant. Hinweis BI IZG: Aus dem Kamin in Wietersdorf entweichen jährlich ca. 500 000 to CO2. Diese Menge hat lt. Gutachter keinen Einfluss auf das Klima! 

Emissionen Gutachter: Gutachter: „Quecksilber ist ein flüchtiges Schwermetall und kommt beim Abbau nicht vor. Auch bei der Rodung nicht. Es kommt höchstens aus dem Kamin der Zementproduktion.“ Hinweis BI IZG: Wird daher Quecksilber zu 100% mit dem Müll importiert und im Görtschitztal verteilt? 

Teilnehmender Bürger bei der Verhandlung fragt, ob man nicht hätte auch berücksichtigen müssen, dass es vor ca. 10 Jahren im Görtschitztal zu besonderen Quecksilberablagerungen insbesondere in Bäumen und im Humus kam? Begutachtende Umweltmedizin: „Darüber bin ich mir nicht sicher, ob ich die richtige Person für die Frage bin“. Wie sich Quecksilber dann weiterverhält und wo es sich ablagert, weiß sie nicht. Emissions-Gutachter: Diese besonderen (Quecksilber)Ablagerungen und der Störfall sind mir nicht bekannt. „Mir ist nur HCB bekannt“.

Raumordnung/Raumplanung (Freizeit und Erholung): BI-IZG fragt: Sie haben Raumordnung und Raumplanung mit „B“ bewertet. D. h., es gibt Auswirkungen.  

Wir fragen Sie, ganz in der Nähe ist das Natura-2000 Gebiet-Mannsbergboden, ein schützenswertes Gebiet und Erholungsgebiet und nach 400 m beginnt die Rodung. Spielt das alles keine Rolle mehr und hat keinen Erholungswert, können Sie uns das erklären? Gutachter: „In meiner Beurteilung hat das keine Rolle gespielt“. 

Waldökologie/Forstwirtschaft/Waldboden. BI-IZG fragt den Gutachter: Sie haben den Wald und die Ökologie mit „C“ im Gutachten eingestuft. Sie sagen im Endeffekt, dass der Wald nicht gerodet werden soll. Also die Nullvariante ist anzustreben, weil der Wald schützenswert ist. Wir sehen das auch so. Sie schreiben in Ihrem Gutachten von Schadstoffen, welche haben Sie gemeint? Gutachter antwortet: Fluor, Chlor, Schwefel (und auf Nachfrage) HCB ist da nicht genannt, weil es in der Verordnung für forstschädliche Schadstoffe nicht genannt ist. Anwesender Bürger fragt: Bleiben Sie dabei, dass nach wie vor, ein besonderes Walderhaltungsinteresse besteht? Gutachter antwortet: Ja. Es besteht nach wie vor ein besonders öffentliches Walderhaltungsinteresse, auf Grund der örtlich festgestellten hohen Schutzfunktion sowie hohen und mittleren Wohlfahrt- und Erholungssituation. BI-IZG: führt aus, dass man dem Gutachten sohin entnimmt, dass auf Grund der Gesamtbewertungssystematik die Auswirkungen mit „C“ bewertet wurden und überdies der Sachverständige zum Schluss gekommen ist, dass ein besonderes Walderhaltungsinteresse besteht. Aus seiner Sicht steht dem kein überwiegendes öffentliches Interesse entgegen. Anwesender Bürger fragt: Es geht um die beantragte Rodungsdauer von 45 Jahren. Haben Sie als Sachverständiger 25 Jahre vorgesehen? Gutachter antwortet: Ja. 

Bedauerlicher weise sehen die Bürgermeister und die Gemeinderäte der Anrainergemeinden diesen Umstand und viele andere Belastungen nicht!!
Und so weiter….

D’r Herrgott håt glåcht, wie er’s Landle hat gmåcht, håt si selber recht gwundert über går so viel Pråcht. Womit er nicht gerechnet hat ist, was die Politik draus machen wird…
Blick von Maria Hilf ins Görtschitztal. Bild: Peter Baumgartner

Die Behörde wird die Rodung von 80 ha wahrscheinlich dennoch genehmigen. Daher, nur gemeinsam können wir und die Bürgerinitiative einen positiven Einfluss auf die Entscheidungen und Maßnahmen rund um das Zementwerk mit Müllverbrennung nehmen. Wir von der IZG sind fest entschlossen, unsere Umwelt zu schützen und die Lebensqualität unserer Region zu bewahren.

Wir rufen alle Interessierten dazu auf, sich unserer Bewegung anzuschließen und gemeinsam für eine nachhaltige und gesunde Zukunft einzustehen.

Nächster Verhandlungstermin beim BVwG am 24. Oktober 2023 zur Causa: 

07-A-UVP-1385_12-2023 Bescheid zur Kapazitätserhöhung w&p Zement GmbH in Wietersdorf um 25 000 Tonnen pro Jahr von nicht gefährlichem Müll auf 122 400 Tonnen pro Jahr. Die Politik erklärt das Görtschitztal zum Müllverbrennungstal, da kommt noch mehr.

Die Bürgerinitiative „Initiative Zukunft Görtschitztal“ muss sich alle Verfahren gegen die Behörde Land Kärnten beim BVwG in Wien und Verwaltungsgericht in Klagenfurt selbst finanzieren, daher bitten wir Sie, um ihre Unterstützung. Bankverbindung: Raiffeisenbank Mittelkärnten, Bankstelle Wieting; IBAN: AT59 3951 1000 0390 5098

Eskalation im Nahostkonflikt

Text: Peter Baumgartner

Auch das noch! Schon 91 Länder sind heute irgendwie in externen Konflikten verwickelt. 2008 waren es noch 58 und 2023 stieg die Zahl der Opfer um 96 Prozent.

Man muss sich das völlig unvoreingenommen und frei von jeder Parteinahme vor Augen führen: Wir befinden uns im 21. Jahrhundert. Wissenschaft und Forschung haben gigantische Entwicklungen gebracht, die Künstliche Intelligenz kann erstmals unsere Denkleistung unterstützen, dank Robotik können Lahme wieder gehen und ja, wer möchte, kann am Lenkrad sogar schlafen. Und tatsächlich könnten wir unsere kaputte Umwelt wieder hinkriegen. All das und noch viel mehr hält uns dennoch nicht davon ab, Kriege wie im Mittelalter zu führen. Abschlachten, ausbrennen, belagern, schänden und vertreiben sind unsere sozialen „Fähigkeiten“, die wir selbst auf dem Weg zum Mars nicht ablegen wollen. Es sind tief verinnerlichte, lieb gewordene Gewohnheiten, die darauf abzielen, den jeweils anderen der eigenen Spezies ermorden zu wollen. „Wer nicht für uns ist, ist gegen uns“(Bush) und wird im Zweifelsfall mit einem „Präventivschlag“ ausgelöscht. „Auslöscher“ (m/w) beschreibt in diesem Fall eine hauptberufliche Tätigkeit, die von immer mehr SchulabgängerInnen angestrebt wird.

Wie für alles, gibt es auch eine Ranking-Liste für friedliche Länder. Die wird allerdings immer kürzer und droht obsolet zu werden.

Der Anteil der USA an den weltweiten Waffenexporten stieg 2023 von 33 auf 40 Prozent und Frankreich darf sich mit 11 Prozent Anteil schon als europäischer Spitzenreiter bezeichnen. Unter den Top-10-Importeuren befinden sich die Staaten im Nahen Osten wie Saudi-Arabien, Katar und Ägypten. Dies spiegelt besonders deutlich die schizophrene Lage im aktuellen Konflikt Israel-Palästina. Mit dem Höhenflug der europäischen NATO-Staaten, die ihre Waffenimporte um 65 (!) Prozent erhöht haben, schwimmt auch das „neutrale“ Österreich mit und erhöht das Verteidigungsbudget aktuell um 790 Mio. Euro. In Summe wird das Verteidigungsbudget in der nächsten Regierungsperiode verdoppelt und auf „NATO-Niveau“ gebracht. Allerdings heißt diese „militärische Operation“ auf österreichisch „Neutralitätsfonds“ und nicht Verteidigungsbudget. Wir haben schließlich einen Ruf zu verteidigen (Schönreden, Schönschreiben). Es reicht vollkommen, wenn nur die (Neutralitäts)Ministerin ordentlich wehrhaft und rambotisch wirkt („Airbus wird mich noch kennenlernen“). Angesichts dieses globalen „Aufbauplanes“ wird es für die National Rifle Association (NRA) echt schwer, aus dem Heer der AnwärterInnen für den höchsten Award die richtige Auswahl zu treffen.

SIPRI führt penibel die Statistik der weltweiten Gräuel, damit wir nicht den Überblick verlieren.

Kaum eine Fehlinterpretation hält sich hartnäckiger, als die biblische Rechtsnorm über „Auge um Auge, Zahn um Zahn“. Zugegeben, dieser Weisheit zu folgen, ist nicht immer leicht. Einmal gesagt, entwickelte sich die Aussage zum nützlichen Kampfgeschrei vom Pausenhof bis hin zum internationalen Schlachtfeld. Da hilft auch die biblische Nachschärfung von höchster Stelle von wegen Hinhalten der linken Backe und so, auch nichts mehr. Vergeltung! Rache! Wie Du mir, so ich Dir! Sind wir wirklich so primitive Wesen? Ist die Dummheit angeboren? Oder werden zentrale Gesellschaftsnormen absichtlich – quasi aus Kalkül, immer wieder falsch interpretiert? Liegt darin die Erklärung der Geschichte, wonach sich diese ständig wiederholt, begründet? Fragen über Fragen – keine Antworten. Derweil schwillt das Kriegsgeheul weiter an und übertönt – wie immer – die Stimmen, die nach Frieden rufen. „Auge um Auge – und die ganze Welt wird blind sein“ (Ghandi). (PB)

Bereit für das nützlichste Jahr Deines Lebens?

Text: Peter Baumgartner

Derzeit ist unsere Gesellschaft wie ein Geisterschiff. Ohne Führung auf offener See umherirrend und von nicht wenigen Zeitgenossen bereits als verloren abgeschrieben. Segelschiffe sind aber seit ewigen Zeiten Synonym für den Aufbruch, Erforschung und Eroberung. Daher dieser Aufruf an die wahren ExpertInnen im Land: Setzt die Segel – auf zu neuen Ufern! Mast und Schotbruch. Bild: Peter Baumgartner

Immer wieder lesen wir vom umfassenden Fachkräftemangel. Ob es stimmt, kann ich nicht abschließend beurteilen. Wo ich mir aber ganz sicher bin ist, dass der Fachkräftemangel in der Politik evident und schwerwiegend ist. Um die daraus resultierenden Probleme zu beseitigen, braucht es Sofortmaßnahmen. Immerhin geht es hier nicht um eine undichte WC-Spülung oder um schiefe Wände. Fehlende Fachkräfte in der Politik bedeutet ein mehrfaches und nachhaltiges Risiko für die Gesellschaft. Wenn’s ganz blöd läuft, sogar für den globalen Frieden – wie man gerade hautnah erleben kann. Mein Vorschlag als Sofortmaßnahme ist daher eine Novellierung des Freiwilligengesetzes. Ein „Freiwilliges Sozialjahr der klugen Köpfe“ bei einer anerkannten Trägerschaft, analog der schon bestehenden Regelungen und Erweiterung der Leistungsempfänger, sollte umgehend möglich werden. Das heißt, neben Altenbetreuung oder Rettungsdienst, soll es neue Leistungsempfänger geben. Eine Partei zum Beispiel, ein Ministerium, Bezirkshauptmannschaft, ja sogar die Präsidentschaftskanzlei könnte Antragssteller beim Pool der klugen Köpfe sein. Zu leisten wäre dieses „Freiwillige Engagement“ zum Gemeinwohl von tatsächlichen Kapazundern ihres Faches. Eine geeignete Einsatzstelle für einen Hirnforscher könnte zum Beispiel das Kanzleramt sein. Lehrende aus der Medienwissenschaft könnten im Medienministerium erklären, wie man Medien- und Meinungsfreiheit organisiert. Es können und sollten aber auch Personen aus der Wirtschaft und Arbeitswelt zur „Sozialleistung“ motiviert werden. Der Voest-Chef könnte nach Ablauf seiner Tätigkeit ein Jahr lang im Wirtschaftsministerium aushelfen und die Leiterin eines Supermarktes ist bestimmt eine Bereicherung für das Sozialministerium. Auch eine erfolgreiche Lehrerin könnte unverzichtbare Nachhilfe im Bildungsministerium leisten. Experten gibt es zweifelsohne auch am Rande der Gesellschaft, deren Input überall an den Schalthebeln der Politik und Wirtschaft nachgefragt werden sollten. Freiwilliges Engagement, schreibt das Sozialministerium, ist bereits jetzt eine sinnvolle Ergänzung im Sozialstaat und für Österreich unverzichtbar – aber nicht selbstverständlich. Also sollte man ein gutes System möglichst breit ausrollen.

Hänsel und Gretel verliefen sich im Wald

Text: Peter Baumgartner

Bild: Stefan Baumgartner

Hänsel und Gretel verliefen sich im Wald, nachdem sie von ihren armen Eltern vor die Tür gesetzt wurden. In die Gegenwart übersetzt würde man heute sage, das sind zwei von diesen 353.000 Kindern, die in Österreich von Armut betroffen sind und jetzt irgendwo in den Wäldern herumirren. Wahnsinn! Die Wälder in Österreich könnten tatsächlich voll von vertriebenen Kindern sein. Aber nein, für eine warme Mahlzeit müssen die österreichischen Kinder heute nicht zur Hexe in den Wald. Fortgehen müssen dennoch viele. Anders als im Knusperhäuschen, gibt es für sie dann auswärts zunächst zwar keinen Job oder eine Mast, dafür aber eine warme Mahlzeit und sie können jeden Tag wieder zu Hause schlafen – sofern sie nicht von Angstträumen wachgehalten werden. Das ist doch 200 Jahre nach der überlieferten Geschichte von Hänsel und Gretel ein gesellschaftlicher Fortschritt – oder nicht? Was sind schon 200 Jahre in der Menschheitsgeschichte? Ein Wimpernschlag. Heute wird Kindern sogar schon eine „Perspektive gegeben“ und selbst das Parlament mit allen „Stakeholdern“ beschäftigt sich extra mit dem Kindeswohl. Fast hat man den Eindruck, ein regelrechter Wettstreit um das beste Wohlfühlpaket für Kinder ist ausgebrochen. „Initiativen“ auf die man stolz ist, rauschen durch den Blätterwald. Ein „Nationaler Aktionsplan“ (NAP) ist schon längst auf Schiene und der „European Child Guarantee“-Bericht hat schon Buchformat. Allein, nicht alle wollen den versprochenen „Chancen“ für Kinder Glauben schenken. Barbara Blaha ortet zum Beispiel einen Systemfehler in Österreich und unterstellt gar Absicht, weil Armut ein praktisches Disziplinierungsinstrument sein könnte. Da ist was dran. Warum sonst gibt es so etwas wie eine manifestierte Armutsschicht im reichen Österreich? Aber vielleicht gibt die politische Eitelkeit und der unbändige Drang nach Selbstdarstellung der Sache einen neuen Schub. Gut wär`s, denn vermutlich hat das Knusperhäuschen mittlerweile auch schon eine PV-Anlage und man kann die Hexe nicht mal mehr in den Ofen schupfen…

In der EU insgesamt war 2022 das Risiko von Armut oder sozialer Ausgrenzung für Haushalte mit unterhaltsberechtigten Kindern etwas höher als für Haushalte ohne Kinder.

Mehr als ein Fünftel (22,4 %) der Menschen, die in Haushalten mit unterhaltsberechtigten Kindern in der EU lebten, waren von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht, was etwas höher war als der entsprechende Anteil bei Haushalten ohne unterhaltsberechtigte Kinder (20,8 %). Diese Quoten waren jedoch in den einzelnen EU-Mitgliedstaaten sehr unterschiedlich. Bei Personen, die in Haushalten mit unterhaltsberechtigten Kindern leben, reichte die Quote von Spitzenwerten von 36,0 % in Rumänien, 30,7 % in Bulgarien und 29,2 % in Spanien bis hin zu 11,7 % in Dänemark, 11,3 % in Tschechien und 8,9 % in Slowenien. Bei den Haushalten ohne unterhaltsberechtigte Kinder schwankten die Quoten zwischen 34,5 % in Estland, 33,8 % in Bulgarien und 33,4 % in Lettland bis zu 14,5 % in Luxemburg, 12,3 % in Tschechien und 11,4 % in der Slowakei. In Österreich, wo sich die Medien über Orbans Selbstbeweihräucherung lustig machen, geht es Haushalten mit Kindern anscheinend schlechter als in Ungarn. Aber vielleicht liegt das daran, dass bei uns Kinder als „wertvollstes Gut“ (LH Peter Kaiser) gesehen werden. „Investitionen“ in Kindern bringen „Nutzen“. Kinder sind quasi gut verzinste Aktien, sagt Kaiser. Nur, Aktien können an Wert verlieren. Man kann sie „abstoßen“ oder einfach im Depot liegen lassen. Und man kann damit handeln – sogar mit Teilen davon. Damit schließt sich der Kreis und manche gesellschaftliche Realität wird erklärbarer: Alles wird teurer, textet Georg Kreisler 1968, nur der Mensch ist nach wie vor nichts wert. 40 Schilling – samt den Knochen – chemisch gesprochen. (PB)

AARHUS und die NGOs

Text: Peter Baumgartner

Am 6. Oktober 2023 steht die „Bürgerinitiative“ Zukunft Görtschitztal beim Bundesverwaltungsgericht (BVwG) in Wien wieder als „gleichberechtigter“ Diskussionspartner vor dem Richter. „Gemeinsam“ mit Sachverständigen (SV), Anwaltskanzleien der Projektwerber und UVP-Behörde soll verhindert werden, dass es im geschundenen Tal zu einem weiteren Umweltdesaster kommt.

Die dänische Wikinger Stadt Aarhus ist seit 25. Juni 1998 der Inbegriff des europäischen Umweltschutzes. Hier entstand der erste völkerrechtlich verbindliche Vertrag, der jeder Person weitreichende Rechte in Umweltschutzangelegenheiten zuschreibt. Wenn man so will, hebt die Aarhus-Konvention das Recht auf freien Zugang zu Umweltinformationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten, auf eine breite Basis. Ein wesentliches Ziel des Übereinkommens von Aarhus ist das Recht auf Beteiligung zur Gewährleistung auf ein Leben in einer der Gesundheit und dem Wohlbefinden zuträglichen Umwelt.

Seit 2005 ist die Aarhus-Konvention auch Bestandteil der österreichischen Rechtsprechung. „Trotzdem gewähren viele Vertragsparteien die zustehenden Rechte in vielen Bereichen nicht ausreichend“, bedauert das Ökobüro, die Allianz der Umweltbewegung. 2014 leitete die Union deswegen sogar ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich ein. Und dass das tatsächlich noch immer ein Problem ist, davon können viele Bürger auch heute noch ein Lied singen. Getextet hat dieses Lied übrigens die steirische UVP-Behörde in der Landesregierung nach einer Melodie von Udo Jürgens.

AARHUS und die NGOs

Als Verhandlungsleiter

host in Zukunft ka Ruah.

Da werden`s plärr`n und quatschen

zum Schutz der Natur.

Do hot ma in der Verwoitung

laungsaum wirklich gnua

Aarhus und die NGOs

mochen uns in der

Verwoitung nimma froh, ja,ja

Aarhus und die NGOs

mochen uns nimma froh.

Gemäß Artikel 191 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union, beruht die Umweltpolitik der Union auf den Grundsätzen der Vorsorge und Vorbeugung und auf dem Grundsatz, Umweltbeeinträchtigungen mit Vorrang an ihrem Ursprung zu bekämpfen, sowie auf dem Verursacherprinzip. Bei allen technischen Planungs- und Entscheidungsprozessen sollten die Auswirkungen auf die Umwelt so früh wie möglich berücksichtigt werden.

Die Beteiligung von Bürgern, Verbänden, Organisationen und Gruppen, insbesondere Nichtregierungsorganisationen, die sich für den Umweltschutz einsetzen, soll gefördert werden, verlangt die europäische Umweltpolitik. In Österreich wird das (fast) vorbildlich umgesetzt. Nur mit der Diskussion auf Augenhöhe hapert es noch…