Ein Elefant vergisst nie!

Kundgebung der Bürgerinitiative „Rett’ma die Schütt“ in Villach. Ein beeindruckendes Beispiel von Bürgerbeteiligung und Mitbestimmung. Quelle: Verein Rett’ma die Schütt.

(Rote) Elefanten haben ein „Elefantengedächtnis“. Das ist für ihr (politisches) Überleben lebenswichtig. Intelligenz ist dabei jedoch gar nicht so entscheidend. Wichtig ist nur, dass sie über die richtigen Instinkte verfügen, damit sie zum Beispiel die Tränke finden, wenn es sie dürstet.

Text: Peter Baumgartner

Das „Elefantengedächtnis“ des roten Villacher Bürgermeisters hat aktuell dazu geführt, dass eine an sich logische Bürgerbefragung vom SPÖ geführten Gemeinderat mehrheitlich abgelehnt wurde. Konkret geht es da um einen Antrag zur Durchführung einer Gemeindevolksbefragung über die Errichtung eines umstrittenen Logistik-Zentrums in Villach. Ein örtlicher Verein (rettmadieschuett.info) hat eineinhalb Jahre Unterschriften gesammelt und schlussendlich respektable 4.291 Unterschriften vorgelegt. Mit dieser lauten Öffentlichkeitsmeinung hoffte die Bürgerinitiative die Gemeindevertreter zu einer Gemeindevolkbefragung über das Logistikzentrum bewegen zu können. Unterstützung dafür fanden sie bei den beiden Parteien GRÜNE und ERDE im Gemeinderat. Die Mehrheit, allen voran die SPÖ, lehnte den Antrag ab. Sachlich ist die Ablehnung der 4.291 Stimmen von Villacher Bürgerinnen für eine Gemeindevolksbefragung nicht zu begründen, denn damit wäre ja noch keine Entscheidung für oder gegen das Logistikzentrum getroffen. Erst durch ein Gemeindevolksbegehren könnte sich herausstellen, wie sich die Bürgerinnen der Stadt inhaltlich zur Fragenstellung entscheiden. Aber der rote Elefant hat mit den „grünen Zwergen“ noch eine Rechnung offen und die hat er nicht vergessen.

„Das Grünzeug muss weg!“ Der Rote Elefant hat ein Elefantengedächtnis. Auf dem Weg zum Ziel wird alles niedergetrampelt, was sich ihm in den Weg stellt. Bild: Peter Baumgartner

Bekanntlich wurde Bürgermeister Günther Albel (SPÖ) rechtskräftig verurteilt, als oberster Verantwortlicher der Wahlkommission bei der umstrittenen Hofburg-Wahl 2016, wegen falscher Beurkundung und Beglaubigung, mitverantwortlich für eine sündteure Wahlwiederholung zu sein. Albel, der zu diesem Zeitpunkt zwar schon fast 20 Jahre in der Stadtpolitik und zuletzt sogar als Vizebürgermeister tätig war, gab sich vor Gericht „ahnungslos“, berichteten die Medien. Übrigens eine Verteidigungslinie, die in Kärnten durchaus üblich ist und von den Gerichten wohlwollend anerkannt wird. Außerdem war für Albel sein Fehlverhalten eh nur „technisch falsch gelaufen“. Demokratiepolitisch waren die „technischen Fehler“ nie ein Thema. Für Albel endete die Geschichte mit einer symbolischen Geldstrafe. Aber die „Erfahrung“ hat dennoch ihre Spuren hinterlassen und wahrscheinlich dachte sich Albel, man begegnet sich im Leben immer zwei Mal. Die „grünen Zwerge“ in Villach hatten nämlich die Frechheit, wegen des „kleinen Fehlers“ seinen Rücktritt als Bürgermeister zu fordern. Das war Majestätsbeleidigung. Und jetzt, Jahre nach Entstehung des dunklen Flecks in der Politbiographie, ergab sich die Stunde der Vergeltung. Ohne sich auch nur ansatzweise mit dem Antrag zu beschäftigen, lehnte die rote Allmacht nach einer pro Forma-Debatte das Ansinnen ab. ÖVP und FPÖ zogen halbherzig mit. Es ist ja Wahlzeit und da herrschen bekanntlich andere Regeln.

So geht man in Villach mit einer demokratischen Bürgerbeteiligung um. Das versteht man in der Infineon-Stadt unter moderner Demokratie, Bürgerdialog und Mitbestimmung. Schlagworte, die zwar oft und gerne verwendet werden, wenn es aber um die Durchsetzung geht, spielen oft Animosen eine größere Rolle. Dabei darf man nicht vergessen, was das demokratiepolitisch bedeutet. 2021, bei der letzten Gemeinderats- und Bürgermeisterwahl, erreichte die SPÖ mit 13.345 Stimmen 51,35 Prozent und 25 Sitze im Gemeinderat. An 2. Stelle liegt die FPÖ mit 3.927 Stimmen und an 3. Stelle liegt die ÖVP mit 3.499 Stimmen. GRÜNE und die Umwelt-Partei ERDE erreichten zusammen 4.290 Stimmen. Mit gemeinsam 7 Mandaten sind sie im Gemeinderat ebenso stark wie die FPÖ und sogar stärker als die ÖVP (6 Mandate). Allerdings, bei 49.758 Wahlberechtigten in Villach lag die Wahlbeteiligung lediglich bei 53,59 Prozent. Das heißt, nur knapp 26.000 Bürgerinnen gingen insgesamt zur Wahl. Besser – oder trefflicher gesagt, schlechter als in Villach, wird derzeit in Österreich die allgemein beklagte Politikverdrossenheit nicht demonstrieren. Die demokratische Legitimation des roten Bürgermeisters ist also nicht nur durch seine juristische Geschichte mehr als fraglich, sie lässt sich eigentlich nur noch formal mathematisch legitimieren. Die Frage, wo ist die Untergrenze für eine demokratische Legitimation, wird sich die Gesellschaft bald stellen müssen – oder die Politik ändert sich radikal.

Wegen ein paar „kleiner technischer Fehler“ wurde 2016 die Hofburg-Wahl vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben. Ganz Österreich durfte nochmals zur sündteuren Wahlwiederholung antreten. Bild: ©VfGH/Niko Havranek

Noch ein Aspekt scheint im Zusammenhang mit der Stadtführung von Villach relevant zu sein. Als selbsternanntes Silicon Valley der Alpen, braucht die Hightech-Industrie in der Region nicht nur die erforderliche Infrastruktur, sondern insbesondere auch die richtigen Arbeitskräfte. Junges Personal mit guter Ausbildung, Leute die Visionen haben und sich die Zukunft nicht als Almosenempfänger einer Parteizentrale vorstellen. Genau diesen jungen Menschen bereitet die Umweltverschmutzung, der Klimawandel die größten Sorgen. Weit vor Wohlstand wünschen sie sich Gesundheit und auch was das persönliche Engagement anbelangt, rangieren Umweltthemen ganz vorne bei der Zukunftsgeneration. Gleichzeitig sieht die Mehrheit der 16-29jährigen eher eine düstere Zukunft. Eine Herausforderung, die sich mit der aktuellen Umweltpolitik in Villach und mit der umweltpolitischen Ignoranz absolut nicht vereinbaren lässt.

Die vorerst glücklose Bürgerinitiative in Villach, übrigens mit erstaunlich vielen jungen Mitstreitern, wird sich durch den Rückschlag nicht von ihren Zielen abhalten lassen. Können sie gar nicht, denn es geht schlicht und ergreifend um ihre Zukunft und nicht um Machtdemonstration. Welche Rolle der rote Elefant in dieser Zukunft spielen wird, wird sich vielleicht schon in wenigen Wochen, bei der Landtagswahl zeigen. Die fragile demokratische Legitimation der Mehrheitspartei in Villach braucht Siebenmeilenstiefel. (PB)

Der Euro als Sedativum

Text: Peter Baumgartner.

Wir beobachten euch! Lasst nicht zu, dass Agrarlobbys die Zukunft der Landwirtschaft diktieren. Foto: Save Bees and Farmers

Sedieren ist bekanntlich eine wirksame Methode, um Unruhezustände zu lindern oder ganz zu beseitigen. Manchmal genügt es schon, den „Patienten“ ein wenig einzulullen. Man muss allerdings mit der Dosierung aufpassen, weil die bewusste Wahrnehmung nicht ganz ausgeschaltet werden soll. Aber grundsätzlich ist die Verabreichung von Sedativa hochwirksam und lässt sich praktisch individuell, je nach gewünschter Wirkung, dosieren. Der Nachteil ist, regelmäßiges sedieren führt zur Gewöhnung und man muss mit der Zeit die Dosis steigern, um den gewünschten Erfolg zu erreichen. Zum Schluss führt das Medikament zur Sucht.

Diesen Suchtstatus haben wir in Österreich längst erreicht, wenn man den FörderEuro (FE) als wirksames Sedativum in allen Lebenslagen betrachtet. Süchtig oder nicht süchtig scheint dabei für die Förderpolitik keine Rolle zu spielen („Koste es was es wolle“). Hauptsache „Unruhezustände“ werden beseitigt, oder wenigstens abgeschwächt. Und weil ohnehin ständig irgendwo Wahlen stattfinden, ist eine „Dauermedikation“ auch gar nicht zu vermeiden. Blöd wird es für die politischen Anästhesisten nur dann, wenn die „Patienten“ paradoxe Reaktionen zeigen und womöglich trotz Förderungen im hohen Ausmaß weiterhin lästig sind. Kluge „Patienten“ sollten dann aber wissen, dass sie den Bogen nicht überspannen dürfen (Krieg und Leichen – Die letzte Hoffnung der Reichen/J. Heartfield).

Vor unerwünschten Nebenwirkungen wird gewarnt. Bild: Peter Baumgartner

Ein praktisches Beispiel: Das Bündnis der Europäischen Bürgerinitiative „Bienen und Bauern retten“ (savebeesandfarmers.eu) hat, finanziert durch bescheidene 300.000 Euro Spendengelder, mehr als 1 Mio. Unterschriften in der EU gesammelt und damit die Kommission mit der Forderung konfrontiert, Rechtsakte zur Abschaffung synthetischer Pestizide in der Landwirtschaft zu schaffen. Hinter dieser erfolgreichen Bürgerinitiative stehen nicht weniger 140 Umwelt-NGOs, Landwirtschafts- und Imkerei Organisationen, gemeinnützige Stiftungen und wissenschaftliche Einrichtungen. Auch aus Österreich sind, angeführt von Global2000, mehrere Organisationen involviert. Gemeinsam wollen sie die Landwirtschaft, Gesundheit und biologische Vielfalt in Einklang bringen. Sieben „Gesandte“ der Bürgerinitiative durften am 24. Jänner im Lobbyisten-Mekka Brüssel vor den hohen Beamten ihre Vision vortragen. Dabei wurde die Wertschätzung der Unruhestifter trotz freundlicher Begrüßung bereits sichtbar. Jeder einzelne Lobbyist in Brüssel, das weiß man nicht erst seit „Katargate“, hat im Monat ein Vielfaches von dem Budget, von dem NGOs ihre Kampagnen bestreiten müssen. Zur Darstellung ihrer Anliegen müssen Lobbyisten nicht als Bittsteller antanzen. Sie bewirten ihre beamteten Gesprächspartner in diversen Luxushotels mit entsprechender Diskretion. Die sieben Aktivisten hingegen wurden von einer überschaubaren Zuhörerschaft gebührend auf Distanz gehalten und selbst ihre Garderobe mussten sie mit in die Sitzung nehmen. Und natürlich wehte der heiße Atem der Agrarindustrie durch den Raum. Insgesamt ist es jedenfalls keineswegs gesichert, dass die eine Million Unterschriften überhaupt etwas bewirken wird können.

Das Treffen mit den Organisatoren der Europäischen Bürgerinitiative „Rettet Bienen und Landwirte“. Quelle EU Kommission; Foto: Aurore Martignoni

Den geringsten Eindruck hinterlassen Bürgerinteressen traditionell in Österreich. Hier gibt es zwar sogar ein eigenes „Bienengesundheitsprogramm“, das die Wichtigkeit der Bienen zweifelsfrei hervorhebt. Gemeint ist aber wohl die Imkereiwirtschaft. Die gilt es bei Laune zu halten. Falls dabei auch ein paar Bienen gerettet werden, dann ist das der Beifang. Immerhin repräsentiert die Imkereiwirtschaft im Land deutlich mehr als 33.000 Imkerinnen. „Ohne Bienen – kein Leben“, betont Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig staatstragend und meint wohl „IMKERLeben“. Dennoch blockiert er als Vertreter Österreichs in Brüssel die Pestizidreduktion. Wichtigste Maßnahme in der Bienengesundheit hierzulande ist die Bekämpfung der Varroamilbe, nicht das Zurückdrängen der Pharmaindustrie. Das politische Ziel ist also, das Leben der Biene gerade so lange zu erhalten – bis sie von den Landwirten zu Tode gespritzt werden.

Breitbandmedikament bevorzugte Anwendung in Wahlzeiten. Bild: Peter Baumgartner

Wie reagiert also das Landwirtschaftsministerium in Österreich auf das vermeintlich mächtige Lebenszeichen der Zivilgesellschaft in Brüssel? Genau. Mit Sedierung – sprich Förderung. Du bekommst von mir Geld, dafür bleibst schön artig und stehst mir nicht im Weg herum. Die unmittelbare Reaktion des Landwirtschaftsministers auf den Erfolg der Europäischen Bürgerinitiative ist eine Sonderrichtlinie zur Imkereiförderung. Fast 3 Mio. Euro jährlich bis 2027 kostet das Sedativum für die Imker den Steuerzahlerinnen. Und natürlich sind die maßgeblichen Imkereivertreter fest in die Förderabwicklung eingebunden, damit das Medikament auch bei den richtigen Leuten ankommt. In diesem Zusammenhang stellt sich grundsätzlich die Frage, was manchmal hinter offiziellen NGOs oder „Wissenschaftlern“ wirklich steckt. Auch diesbezüglich lohnt sich ein Blick über die Landesgrenzen, wo Medien etwas wacher auf das Treiben von NGOs schauen. Unbestritten ist jedenfalls, ohne öffentliche Förderung/Subvention kommt in Österreich nur noch das „Älteste Gewerbe der Welt“ aus. Ohne Förderung kann man anscheinend hierzulande nicht mal mehr einen Fahrradständer aufstellen. Ebenso sicher ist, dass das Medikament Förderung seine Wirkung nicht verfehlt. Das merkt man an der noblen Schweigsamkeit landauf und landab. Nur mit den Nebenwirkungen hapert es gelegentlich. (PB)

EINLADUNG zu den 41. HOFGESPRÄCHEN

Seit dem HCB-Desaster im Görtschitztal sind die Hofgespräche auf 950 Meter Seehöhe Treffpunkt und Informationszentrum für alle Umweltbelange in der Region. Besprechen, vernetzen, austauschen und gemeinsam Lösungen suchen, das sind die Hauptanliegen bei den Hofgesprächen.

Nächster Termin: 10. Februar 2023 um 14:00 Uhr

Ort: Biohof Watscher in Hochfeistritz 3, 9372 Eberstein
bei Familie Isa und Josef PRIEBERNIG 

Wer Anregungen, Wünsche oder Themen hat, die besprochen werden sollen, bitte bei Erwin Steindorfer; Tel.: 0664 73410971 / E-Mail: steindorfer@gmx.net melden.

Beiträge müssen bis spätestens 21.01.2023 bei Erwin Steindorfer eingelangt sein! Erst dann kann die Einladung fertig gestellt werden und im Anschluss versendet werden!

Catch and Release

Text: Peter Baumgartner.

Race to the bottom! Wie in der Fischerei und in anderen Bereichen, die Richtung ist immer gleich und das Ziel am Bodensatz nicht mehr weit.  Quelle: Peter Baumgartner

Am 10. November 2022 hat die Bürgerinitiative „Zukunft Görtschitztal“ die w&p Zement GmbH im Görtschitztal wegen Emissionsüberschreitung angezeigt. Die vorbildliche Überwachung der Luftschadstoffe hat konkret gezeigt, dass es zwischen 5. Und 6. November 2022 zu „einer erheblichen Grenzwertüberschreitung (u.a.) der Quecksilberemissionen im Werk Wietersdorf gekommen ist“, heißt es im Anzeigetext. Die Grenzwertüberschreitung war so massiv, dass sie auf der Skala gar nicht im vollen Ausmaß dargestellt werden konnte (Bild). Welche Menge Quecksilber also tatsächlich emittiert wurde, kann nicht gesagt werden. Für die Bürgerinitiative ist das jedenfalls nach der HCB-Geschichte 2014 kein Einzelfall. Auch 2019 gab es bereits eine Anzeige wegen dauerhafter Überschreitung des Ammoniak-Grenzwertes, der schon 2008 aufgefallen ist. Jedenfalls gibt es jetzt zwei Monate nach der Quecksilber-Anzeige noch immer keinerlei Reaktion der Behörden. Aktuell poppt wieder – wie seit Jahren immer wieder, das Schwermetallproblem im Krappfeld auf, wo Milchkühe anscheinend „Disco-Symptome“ bekommen, weil sie das verseuchte Gras fressen müssen. Und die Reaktion der Landesregierung und der zuständigen Behörden ist, egal um welches Problem es sich handelt, immer wieder gleich: „Seit Jahren bekannt, wird laufend beobachtet, keine Gesundheitsgefahr. Erst vor wenigen Monaten das gleiche Schauspiel mit dem seit Jahren bestehenden Verzehrverbot für HCBD-Fischen aus der Gurk. – Seit Jahren bekannt, wird „intensiv“ beobachtet. Dazu gab es allerdings neu einen zusätzlichen „Rat“, den man bei Kühen leider nicht anwenden kann: Catch and Release. Aber das ist vielleicht eine nützliche Wahlhilfe für die nächste Landtagswahl am 5. März.

Mancherorts hält sich der Nebel hartnäckig. Was aber zum Vorschein kommt, wenn er sich lichtet, könnte für Überraschung sorgen.

Leserbrief zu „Keine Erklärung für erhöhte Metallwerte am Krappfeld“ (Kleine Zeitung/Martinz, 11.01.2023)   Von Peter Dreesen / Klein St. Paul

Also keine Erklärung: Nach der 1.000.000 m3 großen Altlastdeponie K5 (CKW) in Brückl (die wahrscheinlich gefährlichste Altlastdeponie Österreichs), der 230.000 m3 großen Altlastdeponie K20 (Quecksilber und CKW) in Brückl, der 500.000 m3 großen Altlastdeponie K7 (Bor, Vanadium, Wolfram, Molybdän, Nickel und Chrom) in Althofen, der 85.000 m3 großen Asbestdeponie in Klein St. Paul, der 100.000 m3 großen Altlast K32 (Bor, Natrium und Molybdän) in Treibach und nach dem ganzen HCB-Skandal in Klein St. Paul – sollen wir ernsthaft glauben, dass es „keine Erklärung“ für die hohen Konzentrationen potenziell gefährlicher Chemikalien in Lebens- und Futtermitteln gibt? Das einzig aufmunternde, was uns gesagt wird ist, dass all dies über Jahren hinweg keine Gefahr für die Bevölkerung darstellt – ohne uns jedoch zu verraten, ab wann es für die Verletzlichsten unter uns gefährlich werden kann. Und zu erfahren, dass St. Veit der Bezirk mit dem stärksten Anstieg der Krebsrate in Österreich ist.

Anfang November kam es bei der Firma w&p Zement GmbH erneut zu einer immensen Überschreitung des Grenzwertes für Quecksilber- und für Schwefeldioxid- und Chlorwasserstoff-Emissionen. Die Gemeinde, die Landesregierung und die Abteilung 8 (Umwelt, Energie und Naturschutz) der Kärntner Verwaltung wurden informiert, aber auch diesmal ging bislang keine Information an die Bevölkerung. Der Wietersdorfer Drehofen wurde nicht abgeschaltet (weder automatisch noch manuell) und die Firma setzte den Betrieb während des Vorfalls ruhig fort. Also, bei allem Respekt für den Bürger: Gibt es wirklich keine Erklärung für die hohen Werte in den Nahrungsmitteln? Wo sonst laufen die Fäden von Gutachten, Genehmigungen, Kontrollen und Kommunikation zusammen? (PB)

„Yabba Dabba Doo!“

Die Geröllheimer sind überall. Kein noch so schönes Naturschutzgebiet ist vor den Sprengmeistern sicher und was Anrainer als Frevel an der Natur beklagen, ist für die Montanindustrie ein Investment.

Text: Peter Baumgartner.

Seit Jahren kämpft die überparteiliche Bürgerinitiative „Nein zum Neupersteinbruch am Windischberg!“ gegen ein Steinbruchprojekt, das direkt an das Kärntner Europaschutzgebiet Mannsberg-Boden angrenzt. Für das Gebiet sind das Nebeneinander verschiedener Buchenwaldtypen und deren kleinräumige Verzahnung wertbestimmend und charakteristisch. Ursachen dafür sind der kleinräumig wechselnde, geologische Untergrund (saure und karbonathaltige Substrate), die reich gegliederte Geomorphologie, sowie die bewirtschaftungsbedingte Kleinteiligkeit der Landschaft. Darüber hinaus sind mit den Illyrischen Buchen-Mischwäldern Bestände vorhanden, wie sie in Österreich bundesweit sehr selten sind.

Hier auf dieser Fläche am Windischberg in Unterpassering soll der Neupersteinbruch entstehen. Das Gebiet befindet sich direkt angrenzend an das Natura-2000-Europaschutzgebiet Mannsberg-Boden. Auch in den Wintermonaten soll hier Bruchmaterial gewonnen werden. Dessen Abtransport soll per LKW über die Krappfelder Landessstraße (unten zu sehen) erfolgen – das heißt also mitten durch unsere Ortschaften Passering, Unterpassering und Pölling hindurch. Bild: Bürgerinitiative „Nein zum Neupersteinbruch am Windischberg!“

Darüber hinaus ist der überdurchschnittliche Orchideenreichtum von Bedeutung. Neben zahlreichen speziellen Vogelarten wie Schwarzstorch, Sperlingskauz und Grauspecht, beherbergt Mannsberg-Boden auch seltene Käfer und Schmetterlinge. Erst 2018 wurde von der Umweltlandesrätin Sara Schaar ein „Europaschutzzentrum“ vor Ort errichtet. Die Kosten dafür betrugen 1,5 Mio. Euro.  „Das Zentrum liegt mitten im Natura 2000-Gebiet Mannsberg-Boden und bringt Besuchern auf attraktive Art und Weise die Inhalte des europaweiten Natura 2000-Netzwerkes näher“, verkündete Schaar vollmundig. Womöglich können von dort aus Besucher auch bald Sprenglehrgänge machen und LKW-Rundfahrten buchen. Wie sich nämlich das Naturjuwel mit einem aktiven Steinbruch vertragen soll, werden vielleicht die Naturschutz Sachverständigen bald bei der UVP erklären können. Wahrscheinlich müssen die Projektbetreiber an den Gebietsgrenzen noch Warnschilder aufstellen. Für Vögel „Grenze überfliegen verboten“ und für Käfer „Achtung Sprengfalle“.

Das Genehmigungsverfahren bei der Bezirkshauptmannschaft St. Veit/Glan läuft angeblich bereits und 2023 dürften Entscheidungen fallen, von denen die Bürgerinitiative „Nein zum Neupersteinbruch am Windischberg!“ Unheil erwartet. Deshalb ist jetzt ihrer Meinung nach der örtliche Gemeinderat gefordert, ebenfalls „Nein“ zu sagen. Das Projekt Steinbruch am Windischberg bringt naturgemäß mehr Verkehr und eine gewaltige Belastung für die gesamte Gemeinde Kappel am Krappfeld. In erster Linie sind natürlich die Anrainer und die umliegenden Ortschaften davon betroffen. Aber der nachteilige Einschnitt in Natur und Landschaftsbild sowie Lärm, Staub, Abgasemissionen durch den Schwerverkehr belasten auch indirekt alle in der Region. Bereits 2015 sprach sich der Kappler Gemeinderat mit überwältigender Mehrheit gegen das Projekt aus. „Wir gehen davon aus, dass sich auch die jetzige Bürgermeisterin als Gesundheitsexpertin und der jetzige Gemeinderat ihrer Verantwortung bewusst sind und sich gegen das beworbene Steinbruch-Projekt, aussprechen werden“, hofft die Bürgerinitiative. Die Feinstaubbelastung ist schon jetzt ein bekanntes Problem in der Region.

Die Rohstoffgewinnung und die damit verbundenen bergbaurechtlichen Fragen dürften in Kärnten ein heikles Thema sein, dass zu jeder Zeit eine besondere Aufmerksamkeit erfordert. Landauf und landab tauchen immer wieder „Projekte“ auf, die Anrainer unvorbereitet aufscheuchen. Wo Medien plötzlich geschlossen auf Tauchstation gehen, als hätten sie ein Schweigegelübde abgelegt und wo Behörden eine „Informationssperre“ verhängen. Plötzlich erfährt man von einer Tiefenbohrung von der anscheinend niemand Bescheid weiß. Dann poppen Abbautätigkeiten auf, für die es angeblich gar keinen rechtsgültigen Bescheid gibt. Dann fällt wieder ein Steinbruch in sich zusammen und niemand weiß warum oder sogar die Nachfahren der australischen Ureinwohner suchen nach seltenen Rohstoffen in Kärntner Bergen. Fehlt nur noch, dass Putins Söldner wie in Zentralafrika auftauchen und mit dem Maschinengewehr im Rosental Gold schürfen. Aktuell „schürft“ eine Bürgerinitiative nach genehmigten Abbautätigkeiten in Kärnten, denn offensichtlich stimmt die veröffentlichte Literatur mit den Tatsachen nicht ganz überein.

In Summe könnte man zur Erkenntnis gelangen, dass es notwendig ist, sich die Stakeholder der Rohstoffindustrie, namentlich der Bergbauindustrie, genauer anzuschauen. Jedenfalls werden die Zuständigkeiten auffallend oft hin und her geschoben. Für den unbefangenen Bürger ist es nicht gerade einfach festzustellen, wer für was wann verantwortlich zeichnet und ob maßgebliche Entscheidungen überhaupt noch von Beamten und nicht schon von Investoren getroffen werden. Ein wenig haften der Branche noch monarchistische Züge an. Nicht umsonst residierte einst die oberste kaiserliche Bergbehörde nicht in Wien, sondern in Kärnten und die Montanindustrie ist noch immer adelig geprägt. Da verwundert es nicht, dass Widerspruch aus dem „Volk“ schnell als hinderlich auf dem Weg zu übergeordneten Zielen gesehen werden. Auch wenn die herrschaftlichen Befehle heute verklausuliert und mit dem Interesse an einer gemeinschaftlichen „Rohstoffunabhängigkeit“ argumentiert werden. Wechselweise sind Zuständigkeiten bei der Bezirkshauptmannschaft, bei der Landesregierung, bei der Montanbehörde oder in verschiedenen Ministerien angesiedelt. Dazwischen spielen noch ein paar wichtige Player – wie eben die Montanindustrie mit ihren Organisationen – keine bescheidene Rolle. „Für eine Versorgungssicherheit eines Landes braucht es Rohstoffe und jene, die sie gewinnen. Der Bergmännische Verband Österreichs setzt sich seit 70 Jahren für die Interessen des österreichischen Bergbaus ein und ist damit eine wichtige Stütze der österreichischen Versorgungssicherheit“, betonte die Bergbauministerin Elisabeth Köstinger im April 2022 zum 70. Geburtstag des elitären Vereins. Wenige Tage später folgte sie ihrem Idol Sebastian Kurz, verließ das Ministerium und wandte sich privaten Aufgaben zu. Der Rechnungshof hat 2020 einen Prüfbericht über die Geologische Bundesanstalt vorgelegt und gemeint, sie verfügt über keinerlei Regeln, wie mit Korruption umzugehen ist, obwohl die nachgeordnete Dienststelle des BMBWF über die Teilrechtsfähigkeit als eigene Rechtspersönlichkeit öffentliches und privates Personal beschäftigt. Überhaupt sollte an einigen Budgetschrauben gedreht und „graues“ Personal vermieden werden. Es erstaunt immer wieder, wie unglaublich vielfältig die deutsche Sprache verwendet werden kann.

Für Investoren sind das aber alles Nebengeräusche. Spätestens seit dem Bericht des Club of Rom – vor 50 Jahren, wissen wir, unsere Ressourcen sind endlich. Um einige Ressourcen finden bereits blutige Kämpfe statt und junge Umweltidealisten müssen sich mit dem Gedanken anfreunden, dass sie sich vielleicht auch in Europa noch zwischen Patrone oder Protest entscheiden müssen. Dabei reden wir noch gar nicht von den wirklich seltenen Rohstoffen, die wir eh kaum haben. Die entfesselte Bauwirtschaft in Österreich braucht im Jahr zum Beispiel allein 80 Mio. Tonnen Baurohstoffe (!). Für Häuser und für Straßen. Deshalb gibt es überall Geröllheimer. Es geht also längst nicht mehr um irgendwelche Schmetterlinge oder aussterbende Käfer. Es geht um den Wirtschaftsmotor und der frisst eben auch Unmengen Steine – auf jedem Kilometer.

Bürgerinitiative „Nein zum Neupersteinbruch am Windischberg!“

Die gute Nachricht ist, jede Bürgerin, jeder Bürger kann sich in Österreich (noch) entscheiden: Will man die natürliche Landschaft vor dem Wohnzimmerfenster erhalten, dann unterstützt man eine Bürgerinitiative. Zum Beispiel www.nein-zum-neupersteinbruch.at. Will man lieber Kohle mit „Glück auf!“ machen, dann investiert man auf dem Rohstoffmarkt. Angebote findet man bestimmt bei der Hausbank oder beim Fondsanbieter des Vertrauens. Zum Beispiel bei der Frau ex-Ministerin Köstinger. Ihre Investment Firma sitzt übrigens ganz in der Nähe vom künftigen Neupersteinbruch.