Initiative Bessere Verwaltung (IBV)

Text: Peter Baumgartner.

Vom Josephinischen Mandarin über den Ministerialabsolutismus, bis hin zu MA 2412, „SPEEDY OFFIZIALES“ und zur „Hure der Reichen.“ Ein Berufsstand erfindet sich neu.

Eine neue Bewegung, bestehend aus 15 Honoritäten, hat einen umfassenden Plan vorgelegt, wie die ihrer Meinung nach „geschwächte“ Bundesverwaltung in Österreich gerettet werden kann. Clemens Jabloner, Mitglied der Bewegung, befürchtet plakativ eine „Selbstverblödung des Staates“. Insbesondere die „Verpolitisierung“ schwächt den Verwaltungsapparat massiv. Ein 50-Punkte-Plan, passierend auf dem Fachwissen der Initiatorinnen, soll das grundlegend ändern. Kann das gelingen? Zweifel sind angebracht, denn egal bei welcher gut gemeinten Initiative zur Rettung demokratischer Strukturen, es entsteht immer der Eindruck, die Seniorenmannschaft rückt aus, um der Jugendmannschaft zur Seite zu stehen.

Die Experten konzentrieren sich bei ihren Lösungsvorschlägen auf tiefgreifende Veränderungen in der Bundesverwaltung und in den Ministerien. Die Diagnosen klingen plausibel und die Therapiemaßnahmen versprechen Genesung. Kaum ein vernunftbegabter Mensch wird den Forderungen die Gefolgschaft verweigern. Jedenfalls eignet sich die Aufzählung dazu, unabhängig vom Gesamtziel, Sofortmaßnahmen zu setzen. Man weckt jedoch Erwartungshaltungen, die so kaum zu erfüllen sein werden, weil die Grundvoraussetzungen dafür fehlen. Und weil die Grundübel offensichtlich wieder nicht angetastet werden sollen. Die größte Gefahr bei allen Versuchen die Verwaltung zu verbessern ist, mit Kanonen auf Spatzen zu schießen.

Über allen Problemen in Österreich steht ein Parteienstaat, der eine unpolitische und unabhängige Verwaltung grundsätzlich ausschließt. Wer also nicht bereit oder willens ist, das politische System zu ändern, wird mit jeder Verwaltungsreform, die nicht weitgehend der Partitokratie folgt, scheitern. Ein typisches Beispiel dafür ist das Hypo-Debakel. Irmgard Griss, die jetzt die Verwaltungsinitiative unterstützt, hat als Hypo-Untersuchungsleiterin ein Multiorganversagen bei der Pleiten-Bank festgestellt. Aber ausgerechnet sie, die nach Außen immer für unbedingte Transparenz einsteht, hat sich mit allen Verantwortlichen in der Hypo Causa verständigt: „Die Untersuchungskommission hat sich in den mit den verschiedenen Institutionen (BMF, OeNB, FMA, etc.) abgeschlossenen Vereinbarungen verpflichtet, die ihr zur Verfügung gestellten oder zugänglich gemachten Unterlagen bei Beendigung ihrer Tätigkeit zurückzustellen oder zu vernichten“, wurde Frau Griss von der APA zitiert. Volle Geheimhaltung also. Das Ergebnis war ein schöner Bericht, den sich der Steuerzahler an die Wand picken kann, denn „übrig“ blieb allein seine Verpflichtung, die Zeche zu zahlen.

Beamten-Mikado Es heißt, nur wer viel und rasch bewegt, gewinnt. Der Leiter des Bundesamtes für Korruptionsbekämpfung, Andreas Wieselthaler (ÖVP), erklärte 2019, die meisten Fälle betreffen den öffentlichen Dienst (86 %). Geschadet hat die schlechte Nachricht nur dem Überbringer – wie immer.

Ein anderes Beispiel ist der Selbstmord des Bankers Gerhard Praschak vor genau 26 Jahren, am 26. April 1997. Der SPÖ-Parteigünstling in der Kontrollbank ist an seiner eigenen Geschichte gescheitert und konnte den Parteisumpf nicht mehr ertragen. Sein Chef war zuerst SPÖ-Kanzler Franz Vranitzky, dessen Meinung noch immer sehr gefragt und geschätzt ist. In den Tod begleitet wurde Praschak vom SPÖ-Kanzler Klima, der wenigstens den Anstand hatte, sich aus dem Land zu schleichen. „Abserviert“ wurde Praschak vom damaligen SPÖ-Kulturminister Scholten, dessen „Aufsichtsrolle“ bei der unschönen Hypo Alpe Adria Geschichte auch längst vergessen ist und der noch immer eine große Nummer in der SPÖ und gerne gesehener Gast bei der sagenumwobenen Bilderberg Konferenz ist. Wer sich also nicht selber umbringt, bleibt für ewig im Parteisumpf geschützt. Egal wofür sie verantwortlich sind. Die Presse orakelte damals, dass der Postenschacher nach einer Schamfrist weitergehen wird. Die Geschichte gibt ihr aber schon so was von Recht.

Hohe und höchste Beamte der steirischen Umweltabteilung singen ein Schmählied auf die Umweltgesetzgebung und die Bürgerbeteiligung. Bild: Peter Baumgartner

Noch früher, vor 43 Jahren hatte Bundespräsident Rudolf Kirchschläger die Hoffnung, der Rechtsstaat würde endlich die Sümpfe und sauren Wiesn im Staatswesen trockenlegen. Hat sich seither etwas gebessert? Heute wissen wir, die Sümpfe die trockengelegt werden, sind nicht die, die gemeint waren und sie werden auch nicht vom Rechtsstaat, sondern vom Klimawandel ausgetrocknet. Die flehende Aufforderung von Bundespräsident Alexander Van der Bellen, „so sind wir nicht“, verhallt genauso, wie die Kirchschläger-Hoffnung. Warum, weil eben am System nichts geändert wurde.

Nichts geändert hat sich auch am System der Hofberichterstattung durch die österreichischen Medien. Sie sind ebenfalls Teil des Problems. Unverdrossen heißt es nach jedem Skandal „aufstehen, Krone richten, weitermachen“ und sich einen Dreck um die Leserschaft scheren. Ihre Kunden sind die Parteien, die das Geld der Steuerzahler für ihre Medieninteressen nützen und die InseratenWirtschaft. „Die Öffentlichkeitsarbeit der Ministerien ist zu beschränken“, fordert die Initiative für eine neue Regeln für die Medien fehlen. Sie können weitermachen wie bisher und wir können sicher sein, sie werden Mittel und Möglichkeiten finden, um weiterhin auf Gegenseitigkeit vom System zu profitieren.

Speedy Offiziales ist in Kärnten eine mit Stolz getragene Beamtenauszeichnung samt Urkunde und Scheck für die „Flottesten“. (Vermutlich ohne Bestechungsabsicht). Bild: Peter Baumgartner

Zu Kirchschlägers Zeiten war das Verwaltungsproblem noch ein Bächlein, gab der Sektionschef Thomas Wieser zu Protokoll. Unter dem SPÖ-Kanzler Gusenbauer wurde das Problem zum Fluss und jetzt (Ende 2022) ist es eine Sturzflut. Wieser, der jetzt auch in der neuen Initiative mitarbeitet, war bis vor kurzer Zeit noch wenig zuversichtlich, dass die Politik die verlotterte Situation ändern wird. Er hat sogar darauf aufmerksam gemacht, dass es nicht reicht, sich allein auf die Bundesverwaltung zu konzentrieren. Vielmehr müssen auch die Landes- und Gemeindeverwaltungen in die notwendigen Reformen miteinbezogen werden. Denn auch hier wird die unselige Allianz zwischen Politik/Verwaltung und Medien oft auf unappetitliche Weise sichtbar. Aktuell wird gerade ein typischer Fall in der Steiermark verhandelt. Wenn es stimmt, was noch gerichtlich bestätigt werden muss, haben dort Unternehmen abseits von der öffentlichen Wahrnehmung jahrelang ihren eigenen UVP-Bescheid verfasst. Auch dagegen hat die neue Initiative noch kein Rezept entwickelt. Ist es nicht vielfach die unselige Allianz zwischen Politik und Wirtschaft/Industrie, in deren Gefolge die Verwaltung „situationselastische“ Entscheidungen treffen muss, die dann als „dumm“, schwach oder gar als korrupt verstanden werden können? Ist es nicht so, dass eine schwache Verwaltung hauptsächlich der Industrie nützt?

Vergiss nicht – du hackelst im ÖVP Kabinett!!
Du bist die Hure der Reichen!

(Beamtengespräche in Österreich auf höchster Ebene)

Zu Recht wird behauptet, dass die kritisierte Bundesverwaltung ja nicht mehr und nicht weniger, als das Rückgrat des Staates ist. Ohne sie kann der Staat also nicht aufrecht gehen. Abseits mancher satirischen Bemerkungen zur Beamtenschaft, wird sich wohl kein vernünftiger Mensch eine schwache Verwaltung wünschen, oder sie gar abschaffen wollen – es sei denn, jemand zieht persönlichen Nutzen daraus. Anderseits wird es dem gesunden Rückgrat Bundesverwaltung wenig nützen, wenn ihm die Gliedmaßen in Form der Gemeinde- und Länderverwaltung langsam abfaulen. Eingedenk der teilweise, Jahrzehnte langen Erfahrung, stellt man sich also die Frage, warum haben die Expertinnen mit ihrer Expertise so lange zugewartet? Warum haben sie nicht schon viel früher, zum Beispiel in ihrer aktiven Zeit, öffentlich Alarm gerufen? Man erwartet zwar nicht von jeder Person, die Unrecht wahrnimmt, dass sie selbstlos wie einst Walther Rodes auftreten. Aber, es gibt ja auch so etwas wie „von Amts wegen“ (Amtswegigkeit), die Behörden zum Einschreiten verpflichten. Warum geschieht das nicht? SPAR-Chef Kasser bezichtigt Konzerne öffentlich der Wucherei, Guterres nennt Unternehmen Lügner – aber es geschieht nichts. Bei Arthur Schnitzler heißt es. „Als Beamter hat man nur die Wahl: Anarchist oder Trottel!“ Wer kennt einen Beamten, der Anarchist wurde? Um den Anschein einer Phantomdebatte zu vermeiden, fehlen den Proponenten der neuen Initiative Antworten auf zahlreiche Fragen, ohne die kein ehrliches Bemühen erkennbar ist. (PB)

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