„Yabba Dabba Doo!“

Die Geröllheimer sind überall. Kein noch so schönes Naturschutzgebiet ist vor den Sprengmeistern sicher und was Anrainer als Frevel an der Natur beklagen, ist für die Montanindustrie ein Investment.

Text: Peter Baumgartner.

Seit Jahren kämpft die überparteiliche Bürgerinitiative „Nein zum Neupersteinbruch am Windischberg!“ gegen ein Steinbruchprojekt, das direkt an das Kärntner Europaschutzgebiet Mannsberg-Boden angrenzt. Für das Gebiet sind das Nebeneinander verschiedener Buchenwaldtypen und deren kleinräumige Verzahnung wertbestimmend und charakteristisch. Ursachen dafür sind der kleinräumig wechselnde, geologische Untergrund (saure und karbonathaltige Substrate), die reich gegliederte Geomorphologie, sowie die bewirtschaftungsbedingte Kleinteiligkeit der Landschaft. Darüber hinaus sind mit den Illyrischen Buchen-Mischwäldern Bestände vorhanden, wie sie in Österreich bundesweit sehr selten sind.

Hier auf dieser Fläche am Windischberg in Unterpassering soll der Neupersteinbruch entstehen. Das Gebiet befindet sich direkt angrenzend an das Natura-2000-Europaschutzgebiet Mannsberg-Boden. Auch in den Wintermonaten soll hier Bruchmaterial gewonnen werden. Dessen Abtransport soll per LKW über die Krappfelder Landessstraße (unten zu sehen) erfolgen – das heißt also mitten durch unsere Ortschaften Passering, Unterpassering und Pölling hindurch. Bild: Bürgerinitiative „Nein zum Neupersteinbruch am Windischberg!“

Darüber hinaus ist der überdurchschnittliche Orchideenreichtum von Bedeutung. Neben zahlreichen speziellen Vogelarten wie Schwarzstorch, Sperlingskauz und Grauspecht, beherbergt Mannsberg-Boden auch seltene Käfer und Schmetterlinge. Erst 2018 wurde von der Umweltlandesrätin Sara Schaar ein „Europaschutzzentrum“ vor Ort errichtet. Die Kosten dafür betrugen 1,5 Mio. Euro.  „Das Zentrum liegt mitten im Natura 2000-Gebiet Mannsberg-Boden und bringt Besuchern auf attraktive Art und Weise die Inhalte des europaweiten Natura 2000-Netzwerkes näher“, verkündete Schaar vollmundig. Womöglich können von dort aus Besucher auch bald Sprenglehrgänge machen und LKW-Rundfahrten buchen. Wie sich nämlich das Naturjuwel mit einem aktiven Steinbruch vertragen soll, werden vielleicht die Naturschutz Sachverständigen bald bei der UVP erklären können. Wahrscheinlich müssen die Projektbetreiber an den Gebietsgrenzen noch Warnschilder aufstellen. Für Vögel „Grenze überfliegen verboten“ und für Käfer „Achtung Sprengfalle“.

Das Genehmigungsverfahren bei der Bezirkshauptmannschaft St. Veit/Glan läuft angeblich bereits und 2023 dürften Entscheidungen fallen, von denen die Bürgerinitiative „Nein zum Neupersteinbruch am Windischberg!“ Unheil erwartet. Deshalb ist jetzt ihrer Meinung nach der örtliche Gemeinderat gefordert, ebenfalls „Nein“ zu sagen. Das Projekt Steinbruch am Windischberg bringt naturgemäß mehr Verkehr und eine gewaltige Belastung für die gesamte Gemeinde Kappel am Krappfeld. In erster Linie sind natürlich die Anrainer und die umliegenden Ortschaften davon betroffen. Aber der nachteilige Einschnitt in Natur und Landschaftsbild sowie Lärm, Staub, Abgasemissionen durch den Schwerverkehr belasten auch indirekt alle in der Region. Bereits 2015 sprach sich der Kappler Gemeinderat mit überwältigender Mehrheit gegen das Projekt aus. „Wir gehen davon aus, dass sich auch die jetzige Bürgermeisterin als Gesundheitsexpertin und der jetzige Gemeinderat ihrer Verantwortung bewusst sind und sich gegen das beworbene Steinbruch-Projekt, aussprechen werden“, hofft die Bürgerinitiative. Die Feinstaubbelastung ist schon jetzt ein bekanntes Problem in der Region.

Die Rohstoffgewinnung und die damit verbundenen bergbaurechtlichen Fragen dürften in Kärnten ein heikles Thema sein, dass zu jeder Zeit eine besondere Aufmerksamkeit erfordert. Landauf und landab tauchen immer wieder „Projekte“ auf, die Anrainer unvorbereitet aufscheuchen. Wo Medien plötzlich geschlossen auf Tauchstation gehen, als hätten sie ein Schweigegelübde abgelegt und wo Behörden eine „Informationssperre“ verhängen. Plötzlich erfährt man von einer Tiefenbohrung von der anscheinend niemand Bescheid weiß. Dann poppen Abbautätigkeiten auf, für die es angeblich gar keinen rechtsgültigen Bescheid gibt. Dann fällt wieder ein Steinbruch in sich zusammen und niemand weiß warum oder sogar die Nachfahren der australischen Ureinwohner suchen nach seltenen Rohstoffen in Kärntner Bergen. Fehlt nur noch, dass Putins Söldner wie in Zentralafrika auftauchen und mit dem Maschinengewehr im Rosental Gold schürfen. Aktuell „schürft“ eine Bürgerinitiative nach genehmigten Abbautätigkeiten in Kärnten, denn offensichtlich stimmt die veröffentlichte Literatur mit den Tatsachen nicht ganz überein.

In Summe könnte man zur Erkenntnis gelangen, dass es notwendig ist, sich die Stakeholder der Rohstoffindustrie, namentlich der Bergbauindustrie, genauer anzuschauen. Jedenfalls werden die Zuständigkeiten auffallend oft hin und her geschoben. Für den unbefangenen Bürger ist es nicht gerade einfach festzustellen, wer für was wann verantwortlich zeichnet und ob maßgebliche Entscheidungen überhaupt noch von Beamten und nicht schon von Investoren getroffen werden. Ein wenig haften der Branche noch monarchistische Züge an. Nicht umsonst residierte einst die oberste kaiserliche Bergbehörde nicht in Wien, sondern in Kärnten und die Montanindustrie ist noch immer adelig geprägt. Da verwundert es nicht, dass Widerspruch aus dem „Volk“ schnell als hinderlich auf dem Weg zu übergeordneten Zielen gesehen werden. Auch wenn die herrschaftlichen Befehle heute verklausuliert und mit dem Interesse an einer gemeinschaftlichen „Rohstoffunabhängigkeit“ argumentiert werden. Wechselweise sind Zuständigkeiten bei der Bezirkshauptmannschaft, bei der Landesregierung, bei der Montanbehörde oder in verschiedenen Ministerien angesiedelt. Dazwischen spielen noch ein paar wichtige Player – wie eben die Montanindustrie mit ihren Organisationen – keine bescheidene Rolle. „Für eine Versorgungssicherheit eines Landes braucht es Rohstoffe und jene, die sie gewinnen. Der Bergmännische Verband Österreichs setzt sich seit 70 Jahren für die Interessen des österreichischen Bergbaus ein und ist damit eine wichtige Stütze der österreichischen Versorgungssicherheit“, betonte die Bergbauministerin Elisabeth Köstinger im April 2022 zum 70. Geburtstag des elitären Vereins. Wenige Tage später folgte sie ihrem Idol Sebastian Kurz, verließ das Ministerium und wandte sich privaten Aufgaben zu. Der Rechnungshof hat 2020 einen Prüfbericht über die Geologische Bundesanstalt vorgelegt und gemeint, sie verfügt über keinerlei Regeln, wie mit Korruption umzugehen ist, obwohl die nachgeordnete Dienststelle des BMBWF über die Teilrechtsfähigkeit als eigene Rechtspersönlichkeit öffentliches und privates Personal beschäftigt. Überhaupt sollte an einigen Budgetschrauben gedreht und „graues“ Personal vermieden werden. Es erstaunt immer wieder, wie unglaublich vielfältig die deutsche Sprache verwendet werden kann.

Für Investoren sind das aber alles Nebengeräusche. Spätestens seit dem Bericht des Club of Rom – vor 50 Jahren, wissen wir, unsere Ressourcen sind endlich. Um einige Ressourcen finden bereits blutige Kämpfe statt und junge Umweltidealisten müssen sich mit dem Gedanken anfreunden, dass sie sich vielleicht auch in Europa noch zwischen Patrone oder Protest entscheiden müssen. Dabei reden wir noch gar nicht von den wirklich seltenen Rohstoffen, die wir eh kaum haben. Die entfesselte Bauwirtschaft in Österreich braucht im Jahr zum Beispiel allein 80 Mio. Tonnen Baurohstoffe (!). Für Häuser und für Straßen. Deshalb gibt es überall Geröllheimer. Es geht also längst nicht mehr um irgendwelche Schmetterlinge oder aussterbende Käfer. Es geht um den Wirtschaftsmotor und der frisst eben auch Unmengen Steine – auf jedem Kilometer.

Bürgerinitiative „Nein zum Neupersteinbruch am Windischberg!“

Die gute Nachricht ist, jede Bürgerin, jeder Bürger kann sich in Österreich (noch) entscheiden: Will man die natürliche Landschaft vor dem Wohnzimmerfenster erhalten, dann unterstützt man eine Bürgerinitiative. Zum Beispiel www.nein-zum-neupersteinbruch.at. Will man lieber Kohle mit „Glück auf!“ machen, dann investiert man auf dem Rohstoffmarkt. Angebote findet man bestimmt bei der Hausbank oder beim Fondsanbieter des Vertrauens. Zum Beispiel bei der Frau ex-Ministerin Köstinger. Ihre Investment Firma sitzt übrigens ganz in der Nähe vom künftigen Neupersteinbruch.

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