Die Zeit drängt

Text: Peter Baumgartner.

Es ist erstaunlich, dass ausgerechnet die Wirtschaftspartei ÖVP mit dem kostbaren Gut Zeit andauernd so inflationär umgeht, als hätte sie die Ewigkeit gepachtet und die Vergänglichkeit außer Kraft gesetzt.

Allegorie Nehammer / Quelle: Christina Baumgartner. In Anlehnung an eine Allegorie von Tizian kann man festhalten, dass die Zeit für jedes Geschöpf – auch für Politikerinnen, begrenzt ist. Deshalb ist jedes Geschöpf gut beraten, mit dieser kostbaren Handelsware Zeit ökonomisch und sorgsam umzugehen.

Wir erinnern uns noch daran, als der ÖVP-Klubobmann Andreas Kohl mit „Speed kills“ ein neues Regieren zum Dogma erklärt hat. Wen oder was er „töten“ wollte hat er zwar nicht genau formuliert, aber auf der Strecke blieben danach jedenfalls ein paar demokratische Grundregeln und zielsicher hat er das Vertrauen in die Politik eingestampft – vor weit über 20 Jahren, nicht erst heute. Kohls politischer Gegenspieler Heinz Fischer stellte mit Bedauern fest, dass „Speed kills“ als Drüberfahren wahrgenommen wurde. Tatsächlich kann man sich gegen solche Regierungswalzen mit demokratischen Mitteln kaum wehren. So blieb es der Justiz vorbehalten, gelegentlich die Reißleine zu ziehen und so manches Gesetz zurück an den Start zu schicken. Dass dadurch nicht nur viel demokratisches Porzellan zerschlagen, sondern auch wertvolle Zeit verplempert wurde, schadete zumindest Andreas Kohl überhaupt nicht. Im Gegenteil. Erst sein vernichtendes Wahlergebnis bei der Bundespräsident Wahl, brachte ihn Jahre später auf den Boden der Realität – was ihn und seine Gefolgschaft aber nicht daran hindert, weiterhin erfolgreich den Gscheidl zu mimen. Noch immer hängen Legionen von Politikerinnen (und Journalistinnen) an seinen Lippen. Selbst Kohls zweifelhaftes Verständnis zur Wahrheit („Wahrheit ist eine Tochter der Zeit“), scheint bereits allseits akzeptierte Realität zu sein. Allerding hat der römische Schriftsteller Aulus Gellius auch gesagt, „Mit der Zeit kommt die Wahrheit ans Licht“. Man muss es nur „daworten“ können…

Die ÖVP „husch-pfusch-Strategie“ wird jetzt mit grüner Assistenz fortgesetzt und findet sogar noch eine Steigerungsform. Zugutehalten kann man der jetzigen Regierung, dass sie auf einem Fundament von politischen Fehlentscheidungen steht und praktisch noch mit der Bauplatzsanierung beschäftigt sein müsste. Aber die Zeit drängt. Von Wahl zu Wahl wird das Wahlvolk unruhiger und Sympathiewerte kann man sich nicht kaufen. Das dürfte inzwischen im Bewusstsein aller Politikerinnen angekommen sein. Aber solange der Tagesbefehl „Hände falten, Goschn halten“ lautet, bleibt die kollektive Angst bestimmender Bremsklotz.

Herausragendes Beispiel, wie inflationär die ÖVP noch immer mit der Zeit umgeht, hat Bundeskanzler Nehammer „vorbildlich“ bei seiner Rede „Österreich2030“ demonstriert. Zur Information über seine Zukunftspläne, hat er im Zeitalter der Digitalisierung die gesamte Parteiführung des Landes und ein paar mehr nach Wien beordert. Und alle sind brav angetreten. Persönlich wollte er ihnen erzählen, was ihn beschäftigt und vielleicht in der nächsten Wahlperiode Handlungsmuster der Partei bestimmen könnte – vorausgesetzt er wird 2024 wiedergewählt. Es könnte aber auch bedeuten, er fühlt sich sowieso auserwählt und braucht sich mit dem künftigen Wahlergebnis folglich gar nicht auseinanderzusetzen. Die Summe der Botschaft war jedenfalls, der Zukunftsplan 2030 befindet sich in Ausarbeitung – geschmückt mit ein paar philosophischen Weisheiten (Wir sind Lernende). Man stelle sich vor, wie viele Mannstunden die Firma ÖVP für dieses „Projekt“ im vollen Bewusstsein des ökonomischen Wertes kalkuliert hat. Grob geschätzt muss es mindestens ein Personenjahr gewesen sein, dass da völlig umsonst „verwirtschaftet“ wurde. Hochgerechnet auf das in diesen Kreisen übliche Einkommen, wird einem schwindlig. Leisten können müssen sich so etwas nur die Steuerpflichtigen. Jede andere Firma wäre noch vor dem Ende der Veranstaltung pleite. Jeder Straßenkehrer hat ein besseres Betriebsergebnis. Um dieser Zeit- und Kostenverschwendung Einhalt zu gebieten, sollte das Wahlvolk für Politikerinnen zwingend die 40-Stunden-Woche (inkl. Reisezeit) einfordern. Dann könnten sie vielleicht weniger anstellen.

Aus der Vergangenheit lernen, heute klug handeln, damit man seine Handlungen nicht morgen schon bereut. So wollte Tizian wohl den klugen Umgang mit der Zeit verstanden wissen. Aber die Wahl der falschen Vorbilder ist auch eine Erscheinung der Zeit. (PB)

Grüne Philosophie

Text: Peter Baumgartner.

Bild : Peter Baumgartner

Diogenes wird mit einer schwachen Lampe heute wie damals vergeblich nach „Menschen“ suchen. Tatsächlich bräuchte er schon einen großen Suchscheinwerfer, der das Land bis in die hinterste Ecke auszuleuchten vermag.

Angesichts der ausufernden Dynamik des Kapitals, stellte der Philosoph Konrad Paul Liessmann 1996 die Frage, ob denn die Grünen ein Gegenpol zu dieser neuen Moderne sein könnten. Liessmann gab zu verstehen, dass dies für ihn zwar wünschenswert wäre, aber wohl nicht realistisch sei. Vielmehr werden weiterhin jene Parteien die Oberhand behalten, die wenigstens Kompetenzen suggerieren können.  Erst wenn die „lebenslangen Parteibindungen“ aufgegeben werden, sieht Liessmann eine Chance für die Grünen, abseits ihrer Stammklientel zu punkten.

Der philosophische Ratschlag Liessmanns zur grünen Programmatik, wonach ein ökologisches Steuersystem, das Naturverbrauch verteuert und menschliche Arbeitskraft verbilligt, ein tauglicher Schritt zum grünen Wahlerfolg sein könnte, hat sich bis heute jedoch noch nicht bewahrheitet. Im Gegenteil. Jetzt haben wir trotz und wegen der grünen Bewegung alles zur Potenz. Einen weiterhin ungebremsten und irrwitzigen Naturverbrauch, noch teurere Arbeitskraft und Chaos auf allen Ebenen der Gesellschaft. Angesichts der ausbleibenden grünen Wahlerfolge begibt sich Liessmann nun auf die Suche nach Erklärungen für das schlechte Abschneiden, zum Beispiel bei der Landtagswahl in Kärnten. Dabei wagt sich der etablierte Philosoph auf das Niveau von Meinungsforschern und stellt die gleiche falsche Frage wie diese, nämlich warum sich die Wählerinnen „falsch“ entschieden haben – obwohl grüne Themen gerade so wichtig sind.

Die Frage, die sich die Grünen und ihr philosophischer Berater aber stellen sollten lautet, was sie selber falsch gemacht haben. Dann würde man schnell zu den richtigen Antworten finden. Ein Sprichwort sagt bekanntlich, „Wer dumm fragt, bekommt dumme Antworten“. Anderseits wissen Mutter/Vater, dass es keine dummen Fragen gibt. Nur – „dumme“ Fragen immer wieder beantworten zu müssen, kostet Zeit. Zeit, die Eltern aufbringen müssen. Politikerinnen tun das nicht – sollten es aber. Und wenn Philosophen das tun was sie können, nämlich die „Liebe zur Weisheit“ vermitteln, hätten ihre Klienten gegenüber jenen, die nur auf Meinungsforscher hören, einen größeren Erfolg. Ausgestattet mit der notwendigen Weisheit und Weitsicht, würde jede Partei zu besseren Wahlergebnissen kommen.

In einem grünen Wahlprogramm müsste dann zum Beispiel stehen, dass es gar keinen Sinn macht, 100 km/h zu fordern und gleichzeitig weiterhin Autos zu bauen, die 250 km/h fahren können. Schon gar nicht, wenn die Geschwindigkeitsbegrenzung weiterhin unkontrolliert und nicht sanktioniert bleibt. Weitsichtige Wahlwerber würden erkennen, dass die Beendigung einer Abhängigkeit nicht gegen eine andere ausgetauscht werden soll. Und es würde Sinn machen, Boden nur dann vor der Versiegelung zu bewahren, wenn man gleichzeitig dessen Qualität nicht aus den Augen verliert.

Mit ganz wenig Weisheit ausgestattet würden Wahlwerberinnen auf den infantilen Werbespruch „Die Sonne schickt keine Rechnung“ verzichten und stattdessen dafür sorgen, dass Energie kein Spekulationsobjekt ist. Einen philosophischen Stups wird es schon brauchen um zu erkennen, dass es nicht ausreicht, nachhaltiges Wirtschaften zur fordern und gleichzeitig die uneingeschränkte Marktwirtschaft zu fördern.

Völlig sinnbefreit ist es, die Produktion von „Lebensmitteln“ zu erlauben, die diesen Namen gar nicht verdienen und sie dann auch noch vor dem Wegwerfen zu schützen. Geradezu absurd und jenseits jeder Weisheit ist es, den Schutz von Minderheiten jeglicher Art zu fordern und gleichzeitig den Wert der Familie als Keimzelle der Gesellschaft nicht über alles zu stellen. Ganz grundsätzlich und insbesondere auch was das Thema Umwelt- und Klimaschutz anbelangt, wird allein philosophischer Beistand nicht ausreichen um zu klären, was überhaupt die Aufgabe des Staates ist und was jede einzelne Person für sich und für die Gesellschaft zu leisten hat, wenn man auf „Heimatliebe“ Wert legt. Derzeit hat man in breiten Gesellschaftsschichten eher den Eindruck, es herrscht eine Oikophobie. Und all das ist noch längst nicht alles, womit sich eine alternative Bewegung – egal ob grün oder anders färbig, möglichst schleunigst beschäftigen sollte. (PB)

„Es wäre gescheit, ihr zieht euch warm an“!

Text: Peter Baumgartner.

Der als „Betonierer“ verschriene und als Symbol des sturen Widerstands personifizierte Beamtengewerkschafter Fritz Neugebauer, lehrte vor genau 10 Jahren der Regierung das Fürchten, als er 40.000 Beamte am Ballhausplatz aufmarschieren ließ. Was „sinnvolle Reformen“ in der Beamtenschaft sind, bestimmte alleine Neugebauer. Reformwünsche der Regierung verstand er als Drohung und letztlich führten die eindimensionalen „Verhandlungen“ zur erwartbaren Machtdemonstration. SPÖ Verhandlerin Heinisch-Hosek war für Neugebauer eine Jausengegnerin, zumal er von den damaligen ÖAAB-Säulen Mickl-Leitner und Wolfgang Sobotka flankiert wurde.

Vor 10 Jahren war das „Dienstleistungsunternehmen“ Beamtenschaft also unantastbar. Aber die Zeiten ändern sich. Heute, ein paar Chats später ist Neugebauer Geschichte und andere Betonierer(innen) sitzen auf den besseren Rängen. An der Front steht die Seniorenmannschaft und versucht zu retten, was noch zu retten ist.

Könnte es sein, dass die Veröffentlichung der unappetitlichen Geschichten aus der Politik und aus den Medien, den Allmachtanspruch der Beamtenschaft beenden wird? Dass eine absolut herrschende Beamtenschaft und Verwaltung, willfährig oder vererbt, für die Gesellschaft eine noch viel größere Gefahr sind, als ein paar abgehobene Politiker oder übereifrige Journalisten, dürfte wohl unbestritten sein. Spätestens mit dem untadeligen Ruf des „altösterreichischen“ Beamten Siegfried Dohr, ging die Beamtenschaft auf Talfahrt. Für Dohr war das Dogma Wirtschaftsstandort noch eine Ersatzreligion. Inzwischen überwiegt der Eindruck, die Beamtenschaft ist eine Sektion der Industriellenvereinigung und Sektionschefs sind eine Art Aufsichtsrat in der Politik.

Der „Sturschädel“ Neugebauer brachte 40.000 Beamte auf die Straße, um für ihre Arbeitsrechte zu kämpfen. Heute verstecken sich Beamte feige hinter Politikerinnen und erledigen die „Drecksarbeit“ für die (Sau)Wirtschaft. Da endlich Öffentlichkeit zu schaffen, ist das Gebot der Stunde. Sektionschef Thomas Wieser, der etwas gegen faule Äpfel in den Beamtenburgen hat, wird vielleicht als Eisbrecher in die Österreichische Beamtengeschichte eingehen – falls die Medienlandschaft aus dem Winterschlaf erwacht. (PB)

Initiative Bessere Verwaltung (IBV)

Text: Peter Baumgartner.

Vom Josephinischen Mandarin über den Ministerialabsolutismus, bis hin zu MA 2412, „SPEEDY OFFIZIALES“ und zur „Hure der Reichen.“ Ein Berufsstand erfindet sich neu.

Eine neue Bewegung, bestehend aus 15 Honoritäten, hat einen umfassenden Plan vorgelegt, wie die ihrer Meinung nach „geschwächte“ Bundesverwaltung in Österreich gerettet werden kann. Clemens Jabloner, Mitglied der Bewegung, befürchtet plakativ eine „Selbstverblödung des Staates“. Insbesondere die „Verpolitisierung“ schwächt den Verwaltungsapparat massiv. Ein 50-Punkte-Plan, passierend auf dem Fachwissen der Initiatorinnen, soll das grundlegend ändern. Kann das gelingen? Zweifel sind angebracht, denn egal bei welcher gut gemeinten Initiative zur Rettung demokratischer Strukturen, es entsteht immer der Eindruck, die Seniorenmannschaft rückt aus, um der Jugendmannschaft zur Seite zu stehen.

Die Experten konzentrieren sich bei ihren Lösungsvorschlägen auf tiefgreifende Veränderungen in der Bundesverwaltung und in den Ministerien. Die Diagnosen klingen plausibel und die Therapiemaßnahmen versprechen Genesung. Kaum ein vernunftbegabter Mensch wird den Forderungen die Gefolgschaft verweigern. Jedenfalls eignet sich die Aufzählung dazu, unabhängig vom Gesamtziel, Sofortmaßnahmen zu setzen. Man weckt jedoch Erwartungshaltungen, die so kaum zu erfüllen sein werden, weil die Grundvoraussetzungen dafür fehlen. Und weil die Grundübel offensichtlich wieder nicht angetastet werden sollen. Die größte Gefahr bei allen Versuchen die Verwaltung zu verbessern ist, mit Kanonen auf Spatzen zu schießen.

Über allen Problemen in Österreich steht ein Parteienstaat, der eine unpolitische und unabhängige Verwaltung grundsätzlich ausschließt. Wer also nicht bereit oder willens ist, das politische System zu ändern, wird mit jeder Verwaltungsreform, die nicht weitgehend der Partitokratie folgt, scheitern. Ein typisches Beispiel dafür ist das Hypo-Debakel. Irmgard Griss, die jetzt die Verwaltungsinitiative unterstützt, hat als Hypo-Untersuchungsleiterin ein Multiorganversagen bei der Pleiten-Bank festgestellt. Aber ausgerechnet sie, die nach Außen immer für unbedingte Transparenz einsteht, hat sich mit allen Verantwortlichen in der Hypo Causa verständigt: „Die Untersuchungskommission hat sich in den mit den verschiedenen Institutionen (BMF, OeNB, FMA, etc.) abgeschlossenen Vereinbarungen verpflichtet, die ihr zur Verfügung gestellten oder zugänglich gemachten Unterlagen bei Beendigung ihrer Tätigkeit zurückzustellen oder zu vernichten“, wurde Frau Griss von der APA zitiert. Volle Geheimhaltung also. Das Ergebnis war ein schöner Bericht, den sich der Steuerzahler an die Wand picken kann, denn „übrig“ blieb allein seine Verpflichtung, die Zeche zu zahlen.

Beamten-Mikado Es heißt, nur wer viel und rasch bewegt, gewinnt. Der Leiter des Bundesamtes für Korruptionsbekämpfung, Andreas Wieselthaler (ÖVP), erklärte 2019, die meisten Fälle betreffen den öffentlichen Dienst (86 %). Geschadet hat die schlechte Nachricht nur dem Überbringer – wie immer.

Ein anderes Beispiel ist der Selbstmord des Bankers Gerhard Praschak vor genau 26 Jahren, am 26. April 1997. Der SPÖ-Parteigünstling in der Kontrollbank ist an seiner eigenen Geschichte gescheitert und konnte den Parteisumpf nicht mehr ertragen. Sein Chef war zuerst SPÖ-Kanzler Franz Vranitzky, dessen Meinung noch immer sehr gefragt und geschätzt ist. In den Tod begleitet wurde Praschak vom SPÖ-Kanzler Klima, der wenigstens den Anstand hatte, sich aus dem Land zu schleichen. „Abserviert“ wurde Praschak vom damaligen SPÖ-Kulturminister Scholten, dessen „Aufsichtsrolle“ bei der unschönen Hypo Alpe Adria Geschichte auch längst vergessen ist und der noch immer eine große Nummer in der SPÖ und gerne gesehener Gast bei der sagenumwobenen Bilderberg Konferenz ist. Wer sich also nicht selber umbringt, bleibt für ewig im Parteisumpf geschützt. Egal wofür sie verantwortlich sind. Die Presse orakelte damals, dass der Postenschacher nach einer Schamfrist weitergehen wird. Die Geschichte gibt ihr aber schon so was von Recht.

Hohe und höchste Beamte der steirischen Umweltabteilung singen ein Schmählied auf die Umweltgesetzgebung und die Bürgerbeteiligung. Bild: Peter Baumgartner

Noch früher, vor 43 Jahren hatte Bundespräsident Rudolf Kirchschläger die Hoffnung, der Rechtsstaat würde endlich die Sümpfe und sauren Wiesn im Staatswesen trockenlegen. Hat sich seither etwas gebessert? Heute wissen wir, die Sümpfe die trockengelegt werden, sind nicht die, die gemeint waren und sie werden auch nicht vom Rechtsstaat, sondern vom Klimawandel ausgetrocknet. Die flehende Aufforderung von Bundespräsident Alexander Van der Bellen, „so sind wir nicht“, verhallt genauso, wie die Kirchschläger-Hoffnung. Warum, weil eben am System nichts geändert wurde.

Nichts geändert hat sich auch am System der Hofberichterstattung durch die österreichischen Medien. Sie sind ebenfalls Teil des Problems. Unverdrossen heißt es nach jedem Skandal „aufstehen, Krone richten, weitermachen“ und sich einen Dreck um die Leserschaft scheren. Ihre Kunden sind die Parteien, die das Geld der Steuerzahler für ihre Medieninteressen nützen und die InseratenWirtschaft. „Die Öffentlichkeitsarbeit der Ministerien ist zu beschränken“, fordert die Initiative für eine neue Regeln für die Medien fehlen. Sie können weitermachen wie bisher und wir können sicher sein, sie werden Mittel und Möglichkeiten finden, um weiterhin auf Gegenseitigkeit vom System zu profitieren.

Speedy Offiziales ist in Kärnten eine mit Stolz getragene Beamtenauszeichnung samt Urkunde und Scheck für die „Flottesten“. (Vermutlich ohne Bestechungsabsicht). Bild: Peter Baumgartner

Zu Kirchschlägers Zeiten war das Verwaltungsproblem noch ein Bächlein, gab der Sektionschef Thomas Wieser zu Protokoll. Unter dem SPÖ-Kanzler Gusenbauer wurde das Problem zum Fluss und jetzt (Ende 2022) ist es eine Sturzflut. Wieser, der jetzt auch in der neuen Initiative mitarbeitet, war bis vor kurzer Zeit noch wenig zuversichtlich, dass die Politik die verlotterte Situation ändern wird. Er hat sogar darauf aufmerksam gemacht, dass es nicht reicht, sich allein auf die Bundesverwaltung zu konzentrieren. Vielmehr müssen auch die Landes- und Gemeindeverwaltungen in die notwendigen Reformen miteinbezogen werden. Denn auch hier wird die unselige Allianz zwischen Politik/Verwaltung und Medien oft auf unappetitliche Weise sichtbar. Aktuell wird gerade ein typischer Fall in der Steiermark verhandelt. Wenn es stimmt, was noch gerichtlich bestätigt werden muss, haben dort Unternehmen abseits von der öffentlichen Wahrnehmung jahrelang ihren eigenen UVP-Bescheid verfasst. Auch dagegen hat die neue Initiative noch kein Rezept entwickelt. Ist es nicht vielfach die unselige Allianz zwischen Politik und Wirtschaft/Industrie, in deren Gefolge die Verwaltung „situationselastische“ Entscheidungen treffen muss, die dann als „dumm“, schwach oder gar als korrupt verstanden werden können? Ist es nicht so, dass eine schwache Verwaltung hauptsächlich der Industrie nützt?

Vergiss nicht – du hackelst im ÖVP Kabinett!!
Du bist die Hure der Reichen!

(Beamtengespräche in Österreich auf höchster Ebene)

Zu Recht wird behauptet, dass die kritisierte Bundesverwaltung ja nicht mehr und nicht weniger, als das Rückgrat des Staates ist. Ohne sie kann der Staat also nicht aufrecht gehen. Abseits mancher satirischen Bemerkungen zur Beamtenschaft, wird sich wohl kein vernünftiger Mensch eine schwache Verwaltung wünschen, oder sie gar abschaffen wollen – es sei denn, jemand zieht persönlichen Nutzen daraus. Anderseits wird es dem gesunden Rückgrat Bundesverwaltung wenig nützen, wenn ihm die Gliedmaßen in Form der Gemeinde- und Länderverwaltung langsam abfaulen. Eingedenk der teilweise, Jahrzehnte langen Erfahrung, stellt man sich also die Frage, warum haben die Expertinnen mit ihrer Expertise so lange zugewartet? Warum haben sie nicht schon viel früher, zum Beispiel in ihrer aktiven Zeit, öffentlich Alarm gerufen? Man erwartet zwar nicht von jeder Person, die Unrecht wahrnimmt, dass sie selbstlos wie einst Walther Rodes auftreten. Aber, es gibt ja auch so etwas wie „von Amts wegen“ (Amtswegigkeit), die Behörden zum Einschreiten verpflichten. Warum geschieht das nicht? SPAR-Chef Kasser bezichtigt Konzerne öffentlich der Wucherei, Guterres nennt Unternehmen Lügner – aber es geschieht nichts. Bei Arthur Schnitzler heißt es. „Als Beamter hat man nur die Wahl: Anarchist oder Trottel!“ Wer kennt einen Beamten, der Anarchist wurde? Um den Anschein einer Phantomdebatte zu vermeiden, fehlen den Proponenten der neuen Initiative Antworten auf zahlreiche Fragen, ohne die kein ehrliches Bemühen erkennbar ist. (PB)

Landtagswahl Kärnten/Koroško – Moral Hazard

Text: Peter Baumgartner.

Die Mehrheit der Kärntner Wahlbevölkerung hat sich so entschieden, wie sie sich immer entscheidet, wenn schwerwiegende Folgen zu erwarten sind und rationales Denken angebracht wäre.

Volles Risiko! „Es weat schon nix passiern“. Aber es „passiert“ immer etwas. Ob es einst die SPÖ-Parteidiktatur war, Ortstafel aufstellen, Ortstafel abschrauben, das Hypo-Desaster, die Haider-Festspiele. Ein Landeshauptmann wurde sogar mit 45 Prozent gewählt, obwohl ihm vorher gerichtlich attestiert wurde, dass er seine Handlungen juristisch nicht einschätzen kann… Jede Wahlentscheidung in Kärnten geschah und geschieht aus einer irrationalen Versuchung. Diesmal führte die flächendeckend, koalitionär durchgeführte Subventions- und Fördergeldverteilung dazu, dass das Land in ein neuerliches Schuldendesaster schlittert und dennoch die (fast) volle Unterstützung der Wählerschaft hinter sich weiß.


Die Entscheidung für den „Kuriosen-Plakat-Award“, ist der Jury sehr schwergefallen.

Begleitet wurde der diesjährige Wahlkampf von einer wahrlich „speziellen“ Plakataktion, die eigentlich frühzeitig sensibilisieren hätte können. Hat sie aber nicht. Einige Besonderheiten haben das Potential für den „Kuriosen-Plakat-Award“ nominiert zu werden. Die besten Gewinnchancen hat vielleicht das Plakat eines Toten, der zur Wahl gestellt wurde. Allen Ernstes hat nämlich das Bündnis für Kärnten (BFK) Jörg Haider an die Wand gepickt. Ernste Konkurrenz konnte Jörg Haider von der Liste STARK erwarten, deren Kandidat Johann Ehmann zwar nicht tot, aber dennoch völlig unsichtbar war und ist. Quasi ein Wahl-Geist. Er hat im Wahlkampf jeden medialen Kontakt verweigert, obwohl seine Bewegung natürlich einen rechtmäßigen Kandidatenstatus hatte. Das logische Wahlergebnis traf dann auch ein – unter der Wahrnehmungsgrenze. Ein anderer weißer Fleck auf der Plakatwand ist rot – die Kommunistische Partei Österreichs (KPÖ) mit Karin Peuker an der Spitze. Das dürftige Wahlergebnis – knapp an der Wahrnehmungsgrenze, spiegelt die Performance der Partei wieder. Seine Zielgruppe nicht enttäuscht, hat der FPÖ-Kandidat Erwin Angerer mit dem Versprechen „unsere Sprache zu sprechen“ (bei ins wird Deitsch gred‘). Tatsächlich getrauten sich Kandidatinnen nur vereinzelt den Namen „Koroško“ zu plakatieren, obwohl sonst gerne versucht wird, im slowenischen Teich zu fischen. Peter Kaiser von der SPÖ stellte seine Wählerschaft vor eine intellektuelle Herausforderung. Sie sollten offensichtlich den „echten“ Landeshauptmann wählen, wobei er wohl hoffte, dass allein seine Sympathiewerte und nicht die Parteiarbeit zählen werden. Das Minus von fast neun Prozent (!) deutet an, dass er seine Wähler überfordert hat. Jetzt muss er auf die Gnade seiner Mitbewerber hoffen. Was bei der System-Opposition kein Problem darstellen dürfte. Aus der Körpersprache kennt man die Bedeutung, wenn jemand den Kopf zur Seite neigt. Umgangssprachlich versteht man das auch als Versuch, die (zu geringe) Hirnsubstanz im Kopf auf einen Punkt zu fokussieren. Wenn man das auf das „Kopfstand-Plakat“ der Grünen Kandidatin Olga Voglauer ummünzt, ist es wahrscheinlich ein Testplakat. Für den Einzug in den Landtag hat es allerdings trotzdem nicht gereicht.

Wahlen setzen voraus, dass es unterschiedliche Entscheidungsmöglichkeiten gibt. Sonst wird aus dem Wahllokal ein „Legitimations-Lokal“.

Nicht gereicht hat es auch für den Anwalt und Listenführer der VISION ÖSTERREICH. Mit „Tatort: Politik“ beschrieb Alexander Todor-Kostic zwar die Realität entsprechend seiner juristischen Kompetenz, aber das verschreckte die Wählerschaft. Details will man in Kärnten nicht so genau wissen. Das macht nur Kopfweh. Deshalb hat auch er den Einzug in den Landtag deutlich verfehlt. Die ÖVP hatte mit dem „Kämpferherz“ Martin Gruber mehr Glück. Er blieb auch „standhaft“, als man sogar seine Plakate abfackelte. So konnte er wenigstens die Sinnlosigkeit von Wahlprognosen beweisen. Einmal mehr wurde nämlich klar, dass Meinungsforschungen „für die Fisch“ sind. Inhaltlich war die Gruber-Botschaft eher als Starrsinnigkeit und Beratungsresistenz zu verstehen und der leichte Zugewinn ist eine Bestätigung für Moral Hazard. „Wann, wenn nicht jetzt“, plakatierte Gerhard Köfer vom Team Kärnten. Durchaus als „Eure letzte Chance“, wollte er diese Botschaft wohl verstanden wissen. Immerhin hat der Kandidat schon einige Versuche hinter sich. Die Wählerschaft ergriff teilweise den Strohhalm und verdoppelte das Wahlergebnis. Dennoch blieb das Team Kärnten hinter den eigenen Erwartungen zurück. Dann gab es noch ein spezielles Plakat mit Tiefgang. Es stammt von den NEOS mit dem Frontmann Janos Juvan. Der Wunschkandidat der Bauindustrie setzte mit seinem Slogan voll auf „Leistung“ und nutzte jede Gelegenheit um zu erklären, wer für ihn Leistungsträger ist: Nur wer täglich aufsteht und malochen geht. Wer sich zu Hause um Haushalt und Familie kümmert, ist wertlos. Die Wählerschaft sah das mehrheitlich völlig anders. Sie fanden, eine Stimme für NEOS ist wertlos. Landtag klar verpasst. Die Bauindustrie wird das nicht weiters kränken. Sie kann sich eh noch auf die SPÖ verlassen.

Zusammenfassend kann man festhalten, dass mehr Parteien im Wahlkampf leider nicht automatisch einen demokratiepolitischen Zugewinn bedeuten. Vielmehr gibt es mehr vom Alten und eine Fortsetzung von Moral Hazard. (PB)

Alle nützen den Wahltag für ihre Bedürfnisse

Es ist Wahltag!

Das Wichtigste ist für mich, blanko UVP-Bescheide und kostenlose Energie für die Industrie. Und lass‘ ja die Finger von meinen Offshore-Konten.

Ich wähle dich nur, wenn ich bis zur Pension studieren darf und gratis Tierfutter für meine Kuscheltiere bekomme.

Mit meinem 100.000-Hühner-Mastbetrieb garantiere ich die Nahversorgung für Klagenfurt, aber dafür brauche ich für alle Hühner jedes Jahr eine Freifahrt nach Bremen, damit wir die Bremer Stadtmusikanten besichtigen können.

Ich will endlich getrennte Seniorenheime für Männer und Frauen, mehr Frauenrechte und einen Rechtsanspruch auf Gendersprache.

Meine Stimme und den Segen für Waffenhändler bekommst du nur im Gegenzug für mehr Kirchenrechte, französischen Messwein und ein Kirchendachförderprogramm für ganz Kärnten.

Du musst die Kronen Zeitung und die Kleine Zeitung dazu zwingen, dass sie jeden Tag zweisprachig erscheint – auch der Wetterbericht. Glasujem samo, če podpirate etnicno skupino.

Ich verspreche euch im Namen meiner Genossenschaft, wenn ich Landeshauptmann bin bekommt ihr alles was ihr wollt. Ihr müsst mich nur wählen.

Warum kommen manche Parteien öfter vor als andere?

Diese Frage stellt die Kleine Zeitung in einem neuen Format, wo sie versucht, Fragen der Bürger umfassend zu beantworten. „Blick in den Newsroom“, heißt dieses Format und erhebt den hehren Anspruch, jede – auch unbequeme und kritische Frage zu beantworten. Keine kleine Herausforderung und schwer bis gar nicht erfüllbar wie man sieht, wenn man die Beantwortung dieser Frage Nummer 14 analysiert.

Mit den mächtigen Medien und mit Kleinparteien verhält es sich wie bei der biblischen Erzählung vom reichen Mann und dem armen Lazarus, der vor dem Palast „vor die Hunde gehen“ musste. Es mag für die Kleinparteien nur ein schwacher Trost sein zu wissen, dass es dem armen Lazarus nach dem Tod besser ergangen ist, als dem Reichen. Quelle: Cornelis Anthonisz/Rijks Museum Amsterdam

Eine der schwierigsten Herausforderungen für Journalistinnen mag wohl sein, in Wahrnehmung ihrer Aufgaben die notwendige Äquidistanz zu anderen Akteuren und anderen Aufgaben zu bewahren. Und es liegt auf der Hand, dass diese Problemstellung mit zunehmender Professionalität immer schwieriger zu meistern ist. Redakteurinnen, die schon lange im Geschäft sind, glauben wohl „alles besser zu wissen“, als die jeweiligen Gesprächspartner. Dann kann es schon mal passieren, dass Journalistinnen zum Beispiel flugs die Rolle eines Gesetzgebers übernehmen und gar nicht bemerken, dass sie ihr Spielfeld verlassen haben. Ein typisches Beispiel hat der stellvertretende Chefredakteur Thomas Cik bei der Beantwortung dieser Frage Nummer 14 abgeliefert.

Diese Frage, warum im Wahlkampf Kleinstparteien weniger bis gar nicht in der öffentlichen Berichterstattung vorkommen, war natürlich auch im Kärntner Landtagswahlkampf ein ständiges Thema. Und mit der Bereitschaft der Kleinen Zeitung diese Frage zu beantworten, signalisierte sie zunächst, dass es tatsächlich so ist. Kleine Parteien oder Neueinsteiger haben es sehr schwer, auf die mediale Bühne zu kommen. Wir erinnern uns noch an die letzte Bundespräsidenten-Wahl, wo die weibliche Außenseiterin von den Medien völlig ignoriert wurde. Das ist, um es grundsätzlich vorweg zu nehmen, demokratiepolitisch falsch. Man könnte es allerdings auch plausibel begründen, wenn Kandidaten es selber gar nicht wollen, oder sich zum Beispiel nicht an die allgemein gültigen Spielregeln halten können. Thomas Cik, für dessen Zeitung nach eigener Darstellung Demokratie und Rechtsstaatlichkeit „enorm wichtig“ ist, fand jedoch eine ganz andere Erklärung, warum er Wahlkandidatinnen von der Öffentlichkeit ausschließen würde. Wohlgemerkt, es geht nur um Kandidaten, die bereits zur Wahlteilnahme legitimiert sind und alle juristisch notwendigen Auflagen erfüllt haben. Das heißt, der Gesetzgeber hat diesen Leuten bereits einen Bescheid zugestellt: Ja, du hast die Erlaubnis zur Wahlteilnahme als Partei/Kandidatin. Und dann kommt der Herr Journalist und sagt, nix da. Du musst erst durch meinen Filter. Was der Gesetzgeber sagt ist seine Sache, ich bestimme ob das richtig oder falsch ist.

Wenn der Herr Cik zum Beispiel das Gefühl hat, ein rechtmäßiger Kandidat will „nur Krawall schüren“, oder die Demokratie „zerstören“, dann ist der aussortiert. Die Zeitung differenziert wie und in welchem Ausmaß berichtet wird. Das heißt, der Redakteur macht erst gar nicht den Versuch das zu machen, was er machen soll. Nämlich die richtigen Fragen stellen und allfällige demokratische Defizite aufzudecken. Nein, er übernimmt die Rolle des Richters und sagt: schweig. Dann sagt Herr Cik, er schaut sich auch inhaltlich an, was die Partei liefert und entscheidet, ob das für den Zuseher/Zuhörer „relevant“ ist. Er nimmt den Wählerinnen die Entscheidung ab oder will sie vielleicht gar bevormunden. So quasi, ich weiß schon, was gut für dich ist. Dennoch versichert der Chefredakteur, dass seine Zeitung verantwortungsbewusst handelt und dazu steht, dass in einer Demokratie Diskussion dazu gehört.

Mal davon abgesehen, dass dieses eigenwillige journalistische Verständnis immer nur Kleinstparteien benachteiligt, zeigt es doch deutlich, dass viele Journalistinnen – nicht nur der Herr Cik, offensichtlich ihren Beruf mit einem Theaterdarsteller verwechseln, der beliebig mal in die und mal in jene Rolle schlüpfen darf. Die Botschaft an alle Wahlwerberinnen ist klar: Ihr könnt euch den Bescheid von der Wahlbehörde sonst wohin stecken. Wer gewählt wird, bestimmt die Zeitung. Das ist Informations-Nudging mit dem Ziel, die Bürger beim Wahlverhalten zu „unterstützen“, sie zur „richtigen“ Entscheidung zu lenken. „Die Presse ist kein Ersatz für öffentliche Institutionen“, schrieb der Medienkritiker Walter Lippmann. Vielmehr gleicht sie einem Suchscheinwerfer, der bald die eine, bald die andere Episode aus dem Dunkel ans Licht bringt. Suchscheinwerfer sind in vielen Redaktionen leider bereits dem Sparstift zum Opfer gefallen. (PB)

Wirtschaft kann man wählen!

Text: Peter Baumgartner.

Eher als unmissverständliche Aufforderung und nicht als Alternative, will der Wirtschaftskammer Präsident von Kärnten den Slogan seiner Podiumsdiskussion mit den Kandidatinnen zur erst zweiten Landtagswahl in der noch jungen, österreichischen „Wahldemokratie“ verstanden wissen. Haben wir überhaupt eine Wahl im Sinne von Alternative?

Artig fanden sich die Vertreterinnen der Kärntner Landtagswahl in der Wirtschaftskammer zum „Verhör“ ein und nahmen „Aufträge“ freundlich dankend in Empfang. Quelle: Peter Baumgartner

Bei den anwesenden Parteienvertreterinnen (KPÖ, Bündnis für Kärnten und Liste Stark fehlten wie üblich) in der Podiumsdiskussion der Wirtschaftskammer Kärnten, ist die Botschaft jedenfalls angekommen. Sie legten sich mächtig ins Zeug und überboten sich gegenseitig in ihren Absichtserklärungen, was sie alles im Sinne der Wirtschaft zu tun gedenken, so sie in Regierungsverantwortung gewählt werden. Sogar die grüne Kandidatin konnte von den Wirtschaftsbossen einen Szenenapplaus einfahren, weil sie nahezu vollständig „auf Linie“ war. Erleichtert wurde den Kandidatinnen das Tribunal, indem man ihnen vorab den Fragenkatalog übermittelt hatte. Unerwartete oder „blöde“ Fragen blieben ihnen so erspart und sie konnten sich ganz auf den Kuschelkurs konzentrieren. So blieb die Stimmung entspannt und es gab kaum kritische Töne. Und wenn, dann nur vereinzelt unter den Kandidatinnen im Wettkampf um die Meinungshoheit.

Hört man bei solchen Diskussionen genau zu, erlebt man trotz der üblichen „alten Leier“, durchaus ein paar Schmankerl, die man sich merken kann. Garant für solche „Blüten“ ist der NEOS-Kandidat, dem in seinem jugendlichen Eifer gelegentlich die Pferterl durchgehen. Sein Lieblingsthema sind zum Beispiel die „Leistungsträger“. „Bist du jemand, der sich einsetzt und engagiert, jemand der für Arbeitsplätze sorgt? Oder bist du jemand, der einfach jeden Tag arbeiten geht? Dann bist du ein echter Leistungsträger!“ Mit dem Brustton der inneren Überzeugung gibt er so unverdrossen zu verstehen, wer sich zu Hause um die Kinder und Familie kümmert, ist nichts wert. Aber selbst damit können die NEOS bei den Wirtschaftstreibenden punkten, denn dort sind Legebatterien für Kinder eh attraktiver, als ein persönlicher Karriereknick. Fast schon belustigend ist die NEOS Freude über die Logistikerrungenschaft „Zollkorridor“ zwischen Triest und Villach. „Endlich kann jetzt die illegale Ware legal nach Kärnten kommen“. Das sagt viel darüber aus, was jemand unter „gesunder Wirtschaft“ versteht. An anderer Stelle hatte der Kandidat vom Team Kärnten einen durchaus überlegenswerten Vorschlag. Er stellte den Spargedanken zur Diskussion, ob man die überbordende Parteifinanzierung nicht eventuell an die Wahlbeteiligung koppeln könnte. Zu Ende gedacht, hätte damit der Wähler endlich ein probates Mittel in der Hand, die Parteien überhaupt abzuschaffen. Es macht nur demokratiepolitisch wenig Sinn. Einen eher spaßbefreiten Wahlspruch, verwendet auch die grüne Kandidatin sehr gerne: „Wind, Sonne und Wasser schicken keine (Energie)Rechnung“, flötet sie unverdrossen. Die würde sich wundern, wenn plötzlich alle Energiekunden die mit erneuerbarer Energie versorgt werden, ihre Rechnung an die Grünen weiterleiten. Ein Ende der überbordenden Bodenversiegelung, steht mehr oder weniger auf der Agenda jeder Partei und alle reden von „Bodenschutz“. Doch wozu man einen bereits vielfach versauten Boden schützen soll und warum es nicht schon egal ist, einen Boden zu versiegeln, der eh für nix mehr zu gebrauchen ist, das wird von allen geheim gehalten.

Anstandslos wurde der „Vorvertrag“ von den Politikern unterschrieben. Nur der Euro-Betrag wurde im Original – im Sinne von „nach oben offen“, frei gelassen. Quelle: Peter Baumgartner

Podiumsdiskussionen vor Wahlen sind, abgesehen von manchen sinnbefreiten Sprüchen, dennoch ein probates Mittel, um die Kandidatinnen quasi hautnah zu erleben. Abgesehen vom Vorteil, dass man dabei auch ihre Körpersprache mit den Wahlparolen in Verbindung setzen kann, bietet sich bei guter Organisation sogar die Möglichkeit konkrete Fragen zu stellen. Insgesamt also durchaus für beide Seiten, Wählerinnen und Kandidatinnen, ein Gewinn. Genützt wird dieses Format jedoch meist von Medien, die zwar mitunter mit Publikum, aber oft nur zwischen Journalistinnen/Kandidatinnen kommunizieren lassen. Exzessiv genutzt wird das Wahlkampfformat von der Wirtschaft, die in Kärnten gerade mal rund 37.000 (Unternehmerinnen)Wähler repräsentiert. Im Kärnten-Wahlkampf mussten die Parteien vor den Wirtschafts-Frauen, vor der jungen Wirtschaft und vor der allgemeinen Wirtschaft antanzen. Mehr noch, sie wurden sogar zu Versprechungen und Unterschriften „eingeladen“. Ausflüchte gab es da keine. „Auf den Zahn fühlen“, nannten es die Jung-Wirtschafter.

Am Ende übergab die Junge Wirtschaft den Parteienvertreterinnen ihre To-Do-Liste für die kommende Legislaturperiode. „Wir fordern unsere gewählten Vertreterinnen und Vertreter dazu auf, sich kompromisslos unserer ‚Mission Possible‘ anzuschließen“. Und alle nahmen das Taferl artig mit nach Hause. Quelle: SABINE BIEDERMANN PHOTOGRAPHY

Nicht weniger forsch, brachte die weibliche Wirtschaft ihre lange Forderungsliste auf die Bühne. Unmissverständlich machten sie den Politikerinnen klar, wer für Arbeitsplätze, Einkommen und Wohlstand im Lande zuständig ist und sie drohten, „wir sind noch lange nicht dort, wo wir sein sollen“. Irgendwie klingen die ultimativen Wirtschaftsforderungen allerdings wie die Wunschliste trotziger Kinder, die eigentlich eh schon alles haben. Schaut man sich die lange Liste der Wirtschaftshilfen in der vergangenen Regierungsperiode an, möchte man meinen, viel kann da von der Wunschliste nicht mehr offen sein. Jährlich wurden weit über 4.000 Unternehmen direkt gefördert. Es gibt eine Regionalcharta, einen Wirtschaftskonvent, eine Wirtschaftsombutsstelle, die sogar in der Landesregierung logieren darf. Zusätzlich gibt es einen Wirtschaftsbeirat. Es gibt Beratungsförderung. Es gibt Exportförderung. Es gibt wirtschaftsfreundliche Gesetze und es gibt eine hervorragende Infrastruktur dank öffentlicher Investitionen. Und erstaunlich ist, bei all den Forderungen gab es seitens der Politik noch nie eine einzige Gegenforderung und schon gar keine Kritik an wirtschaftlichen Versäumnissen. Und davon gab es mehr als genug. Lange dachte die Wirtschaft zum Beispiel, Fachkräfte wachsen auf Bäumen und hat sich die Ausbildungsverpflichtung erspart. Plötzlich sind alle überrascht, weil die einfachsten Handwerksaufgaben nicht mehr erfüllt werden können. Genauso ist der Klimawandel schon ewig drohende Gefahr für den Wirtschaftsstandort und trotzdem haben diese „Leistungsträger“ gewartet bis zur letzten Minute, um dann nach öffentlicher Hilfe zu schreien. Tatsächlich hat das Unternehmertum (nicht nur in Kärnten) eine Mutation, hin zum Fördernehmer vollzogen. In Wahrheit können viele „Unternehmer“ ohne Förderung nicht mal mehr eine Gartenhütte aufstellen.

Logisches Wahlergebnis am 5. März in Kärnten ist eine „System-Opposition“. Das komfortable „Mehrparteiensystem“ mit einer unechten Opposition hat sich schon bisher bewährt und läuft wie ein gut „geschmiertes“ System von ineinandergreifenden Zahnrädern. Quelle: Peter Baumgartner

Noch etwas ist im Zusammenhang mit der Landtagswahl erstaunlich: In Kärnten gibt es mehr als 400.000 Wahlberechtigte. Unternehmerwählerinnen sind also eine „Minderheit“ im Land. Die überwiegende Mehrheit der Wählerinnen nützt das Format einer Podiumsdiskussion nicht, oder kaum. Insbesondere gefordert sind die Sozialpartner AK, ÖGB, LWK und die mächtigen Pensionistenverbände. Sie alle überlassen die „Wahlschlacht“ den Medien und der Wirtschaft und bedauern dann das „falsche“ Ergebnis. Aber vielleicht gefallen sie sich in der komfortablen Rolle der Maden im Speck und es reicht ihnen, am 1. Mai zur rufen: „Mia Robatha miasn zsomholtn!“ (RED)

Der Bauer schickt den Jockel aus…

Quelle: VGT

Der VEREIN GEGEN TIERFABRIKEN hat neuerlich Zustände aus einem steirischen Hühner-Schlachthof zur Anzeige gebracht. Laut VGT trägt der Betrieb auch das AMA Gütesiegel. Jener AMA, die unverdrossen mit „Kontinuierlicher Verbesserung der Qualität und Transparenz entlang des gesamten Herstellungsprozesses“ wirbt. AgrarMarkt Austria (AMA) ist eine Körperschaft öffentlichen Rechts und kann heuer mit diesen Bildern stolz auf ihr 10jähriges „Bemühen“ zurückblicken.

The winner takes it all!

Ich weigere mich ein Opfer zu sein! Deshalb bin ich als erste Europäerin für den „Sybil Ludington Women’s Freedom Award-2023“ nominiert.
The winner takes it all
The loser's standing small
Beside the victory
That's her destiny…

Das angeborene kognitive Verhalten der Menschen führt dazu, immer wieder die Konfrontation zu suchen. Die Folge ist, dass es seit dem Paradies nie und nirgendwo dauerhaften Frieden gegeben hat. Vielmehr herrscht zwischen den Kriegen stets ein mehr oder weniger langer Waffenstillstand. Im vollen Bewusstsein, dass jemand, der andere als dumm erkennt, selber nicht ganz bei Trost ist, muss ich sagen, man muss sich mit der angeborenen Dummheit arrangieren, sie nicht mehr als „Behinderung“ verstehen und gleichzeitig danach trachten, stets auf der Seite der Stärkeren zu stehen. Unterstützt – neuerdings sogar schon in der Grundschule staatlich gefördert – wird das durch die Entwicklung, die Prof. Manfred Spitzer als „digitale Demenz“ bezeichnet. „Wer sein Kind in der Kindheit viel wischen lässt, muss sich nicht wundern, wenn die Karriere als Putzfachkraft endet“, diagnostizierte der Mediziner. Wir haben also nicht nur eine angeborene Verhaltensauffälligkeit, die uns immer wieder auf das Schlachtfeld führt, wir tun auch alles dafür, dass es so bleibt. Unsere freie Entscheidung lässt uns jedoch die Wahl: Wollen wir dumm und reich, oder dumm und arm sein?  (PB)