UrlaubsEuro 2024 versus immaterielle Urlaubswerte

Wie viel ist ihr Euro im Urlaub wert? Eine Frage, die die Medien regelmäßig zu Beginn der Urlaubssaison beschäftigt. Befeuert wird das Ratespiel von der UniCredit Bank Austria, die eigens dafür wieder eine umfassende und sehnsüchtig erwartete Studie verfasst hat. Warum sie das regelmäßig macht, darüber kann man spekulieren.

Mit Blick auf die UrlaubsEuro 2024-Liste, lohnt sich ein Auslandsurlaub allemal.
Doch das ist nur die halbe Wahrheit.

Insgesamt kommen die Ökonomen der Bank zum Schluss, dass der Euro im Ausland fast überall mehr wert ist, als zu Hause. Bis auf wenige Ausnahmen lohnt es sich also, einen Auslandsurlaub zu buchen. In Bulgarien und Rumänien soll es angeblich 2024 besonders günstig sein. Vorsorglich weisen die Ökonomen aber darauf hin, dass ihre Auflistung keine Anregung für eine Urlaubsreise ins Ausland darstellt. Generell relativiert UniCredit den Wert der eigenen Studie sehr stark. Interessant ist zum Beispiel, dass die Bank selber darauf aufmerksam macht, dass der errechnete Wert des UrlaubsEuros nichts mit gesundheitlichen und anderen Sicherheitsaspekten zu tun hat, die für eine Urlaubsentscheidung natürlich auch sehr wichtig sind. Übersetzt heißt das wohl, dass es zum Beispiel in der Ukraine (kommt in der Studie gar nicht vor) im Vergleich zu Österreich derzeit besonders billig ist, aber wer will da schon freiwillig hin?

So weit reicht die Übernahme der Urlaubsinformation in den Schreibstuben der Medien allerdings nicht. Der Schwerpunkt bei der Berichterstattung liegt auf der Botschaft, „im Ausland billiger“. Die Vorsprech-Redaktion (APA), wo die meisten Journalisten abschreiben titelt: „Heimischer Urlaubseuro 2024 in Bulgarien am meisten wert“. Prompt wird die Schlagzeile wortgleich übernommen. Der flüchtige Medienkonsument, der sein Buchungsverhalten an die „Information“ der Medien knüpft, wird sich sofort mit den bulgarischen Angeboten beschäftigen. Der bulgarische Tourismus wirbt indes nicht nur mit günstigen Preisen, sondern auch mit der WTTC Auszeichnung für Sicherheit und Hygiene. Gleichzeitig macht sich das Balkanland schon Gedanken, wie man dem zu erwartenden Overtourism entgegenwirken kann. Kein Wunder, dass heimische Touristiker auf die Barrikaden steigen. Klaus Ehrenbrandtner von der Kärnten Werbung kritisiert die Effekthascherei der Studie, die seiner Meinung nach Äpfel mit Birnen vergleicht. Und dann lässt Ehrenbrandtner mit einer spannenden Feststellung aufhorchen: Taxativ zählt der Touristiker auf, was alles einen gelungenen Urlaub wirklich ausmacht. Und das ist eben nicht der Preis alleine, sondern laut Ehrenbrandtner zum Beispiel auch das landschaftliche Ambiente, Wasserqualität, die Nachhaltigkeit, wirtschaftliche und soziale Fairness gegenüber Mitarbeitern, die Sauberkeit eines Landes usw. „Immaterielle Elemente“ nennt Ehrenbrandtner die Summe der wichtigen Urlaubsentscheidungen und belegt das mit dem Kunden Feedback.

Mit diffusen Emissionen wird es künftig schwierig, gute Bergluft als touristische Marke zu verkaufen.
Bild: Peter Baumgartner

Dieser Meinung eines Touristikers kann man durchaus folgen. Muss man sogar, wenn man bedenkt, dass es auch so etwas wie einen „immateriellen Schaden“ gibt, der im europäischen Recht schon ausjudiziert ist und gerade im Tourismus zur Anwendung kommt. Wenn also beispielsweise Kärnten mit der Wasserqualität für den Tourismus wirbt, besteht auch ein Rechtsanspruch darauf. Sonst führt der „immaterielle Schaden“ eben zum Schadenersatz. Konsequenterweise müsste der Tourismus also alle relevanten immateriellen Werte für seine Urlaubsdestination angeben und danach trachten, dass sie auch eingehalten werden. Das würde die Urlaubsangebote tatsächlich sehr transparent machen und einen echten Mehrwert für Urlaubsentscheidungen schaffen. Kein Urlaubsort könnte zum Beispiel mit sauberer Luft werben, wenn eine Müllverbrennung vor Ort für diffuse Luft-Messwerte sorgt. Mikroplastik und PFAS in den Gewässern, Schwermetalle im Boden, HCB im Fisch usw., alles künftig immaterielle Schäden, die einzelne Orte oder ganze Talschaften vom Tourismus ausschließen könnte. Mit einer Zementindustrie vor Ort, ist dann praktisch nur noch Dark Toursm möglich und mit so manchem Steinbruch in der „malerischen Landschaft“ ist die Nachhaltigkeit auf Dauer verwirkt.

Was jetzt noch zu tun ist? Wir hätten da eine tolle Aufgabe für einschlägig befähigte NGOs. Man braucht eine Liste aller Urlaubsorte in Österreich, die die vorher definierten immateriellen Werte auflistet und regelmäßig aktualisiert. Diese Tourismus-Information wird dann fixer Bestandteil jeder Tourismus Fachmesse. Man stelle sich vor: Unter zig-Urlaubsanbietern bietet die NGO belastbare Daten über die Umweltsituation in der angepeilten Relation an. Das Anbieter-Ranking mit Bedacht auf „immaterielle Urlaubswerte“ können wir dann gerne mit der Banken-Studie verknüpfen.

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