Sport ist Mord!
Sportmuffel berufen sich gerne auf das, Winston Churchill zugeschriebene Zitat „No Sports“, wenn sie ihre Abneigung gegen körperliche Bewegung rechtfertigen wollen. Das kann ziemlich ungesund sein. Doch nicht alles was mit Sport zu tun hat, ist auch gesund. Werbung zum Beispiel.
In der Juristerei ist es ziemlich klar. Die Anstiftung zu einer Straftat oder eine Täuschung ist nicht erlaubt. Arglist oder boshafte Hinterlist ist zumindest moralisch geächtet. Und wenn eine Manipulation zum Schaden führt, hat das auch Konsequenzen. Das Versicherungsrecht kennt auch so etwas wie eine Mitschuld. Man kann beispielsweise nicht einfach mit einer Versicherungsleistung rechnen, wenn man einem Dieb den Diebstahl leicht macht. Sogar im Arbeitsrecht muss ein Arbeitnehmer damit rechnen, dass er an einem verursachten Schaden mitschuldig gemacht wird. Es geht also in einer Gemeinschaft immer um Mitschuld und Mitverantwortung – nur nicht in der Werbung. In der Werbung kann man alles erzählen und anpreisen. Man kann manipulieren, hinterlistig und moralisch verwerflich sein und sogar falsche Tatsachen vortäuschen. Alles kein Problem. Schließlich entscheidet der „mündige“ Konsument, ob er sich täuschen oder manipulieren lässt. Es wird ja niemand dazu gezwungen, ein Produkt zu kaufen, wenn er es nicht freiwillig macht. Doch Werbung ist immer sexy. Wie ein Agent Provocateur einer schönen Frau, ist die Wirkung auf beide Geschlechter unwiderstehlich. So schön ist der „freie Markt“. Was nicht ausdrücklich verboten ist, ist erlaubt.
Ein typisches Beispiel, wo hinterhältige Werbung zuschlägt, ist ein Fußball-Großereignis. Das lässt sogar militante Sportmuffel nicht kalt und zumindest per TV zur Teilnahme mitreißen. Und genau da setzt die hinterlistige Werbung an und die Mündigkeit der Konsumenten aus. Sportliche Sportmuffel, die stundenlang vor dem Bildschirm sitzen, wollen versorgt werden. Was sie konsumieren, bestimmt die Werbung. Die beste Gelegenheit, um Chips, Soft Drinks & Co an den Mann/Frau zu bringen. Berge von unwiderstehlichen „Sonder(müll)angeboten“ türmen sich im Supermarkt auf. 2+1 garniert mit „Gewinnchancen“, versprechen einen gelungenen Fernsehabend. Alles ziemlich ungesund, kratzt den Handel aber nicht, weil eh schon wissen – alles nur freiwillig und für mündige Konsumenten. Und an Diabetes und Herzinfarkt trifft den Handel ja keine Mitschuld. Gilt es den Verlockungen der Werbung zu widerstehen, müsste direkt das Fußball-Großereignisse verboten werden. Doch weder Fußball noch Werbung wird je irgendwer verbieten.
Gerade wird über eine „Zuckersteuer“ auf Soft Drinks nachgedacht, die es tatsächlich in einigen Ländern schon gibt. Doch das hilft in erster Linie dem Finanzminister, wie man bei anderen „Preisregulierungen“ schon gesehen hat. Direkt gesundheitlich wirksamer wäre es da schon, die Mitschuld, wie im Beispiel Versicherungsrecht, zu fordern. Man verpflichtet den Handel beispielsweise zur 50:50 Beteiligung an den Gesundheitskosten, wenn der Nachweis von übermäßig Chips und Limo erbracht wird. Auf jeden Fall könnte man die Warnhinweise von Zigarettenpackungen auch bei bestimmten Lebensmitteln zwingend anwenden. Eine Zuckersteuer wäre dann sinnvoll, wenn der Erlös zweckgebunden ist. Das könnte sogar der Ernährungsarmut entgegenwirken, von der angeblich mehr als 1 Million Menschen in Österreich betroffen sind. Die Studie von „Gesundheitsland Österreich“ besagt, dass von Ernährungsarmut betroffene Menschen sich aus finanziellen Gründen nur unzureichend mit guten Lebensmitteln ernähren können. 420.000 Menschen müssen laut dieser Studie tageweise sogar ganz auf Lebensmittel verzichten. Also etwa neun volle Ernst-Happel-Stadien, deren Besucher vor lauter Hunger nicht mehr jubeln können, sondern erschöpft in ihren Sitzen hängen. Die Politik, die Lösungen für derartige Probleme umsetzen soll, ist jedoch hauptsächlich mit sich selber beschäftigt.