Österreichs Medienpolitik fördert mehrheitlich Auslandsmedien

Text: Peter Baumgartner

Die Medien lassen sich instrumentalisieren und verhöhnen, sagt die erfahrene Chefredakteurin Antonia Gössinger. Und sie stellt fest, dass kritische Selbstreflektion für ihre Artgenossen offenbar eine Nullnummer ist.

Die Frage ist, merken die es nicht, machen sie es absichtlich – oder ist es ihnen gar egal? Einer, der solche Medien-Instrumentalisierungen inszeniert und sich selber als Journalist bezeichnen darf, freut sich diebisch über die manipulierbare Buchstabensuppe. Mehr noch, er macht sogar ein Geschäftsmodell daraus und zeigt auf, wie die Medien-Puppen an den Fäden tanzen. In der harschen Kritik an ihrer eigenen Zunft, lässt sich Gössingers tiefe Scham herauslesen. Wie ist es möglich, dass sich ein vermeintlicher Qualitätsjournalismus so vorführen lässt? Der Arbeitgeber der Medien-Instrumentalisierung, Sebastian Kurz, wurde von den Medien sogar mit dem „Freiheitspreis der Medien“ und als „Kommunikator der Freiheit“ ausgezeichnet. Psychologisch kann man das vielleicht noch als eine Art von Stockholm-Syndrom entschuldigen. Florian Klenk, ein medialer Leuchtturm, bezeichnet seine Kollegenschaft gar als „Mikrofonständer“ und Stenografen der Regierung (Dez. 2018). Armin Turnherr, der Falter Gründer, ortet bei vielen Medien in Österreich eine Hofberichterstattung die feudale Züge hat und zutiefst kapitalistisch ist. Sichtbarer Beleg dafür mag die Vernichtung der Qualitätszeitung „Wiener Zeitung“ sein. Es gibt Journalismus zum Genieren – wieder und immer noch, stellt Chefredakteur Walter Hämmerle in seiner Diagnose fest und leider zählt „Lügenpresse“ keineswegs allein zum Vokabular von Verschwörungstheoretikern. Politologe Peter Filzmaier kritisiert, dass Medien, was bei Wahlen natürlich ziemlich fatal ist, zweifelhafte Meinungsumfragen ungeprüft übernehmen und diese selbst dann verbreiten, wenn gegen alle Regeln verstoßen wurde. Verlagschef Horst Pirker plaudert aus dem Nähkästchen und verrät, dass es in Österreich drei Arten von enger Verzahnung zwischen Medien und Politik gibt. Eine Art hat Ähnlichkeit mit einem Schutzgeldsystem. Grande Dame Anneliese Rohrer meint, „Alles, was Journalistinnen brauchen, ist Courage und Rückgrat“. Und „Die Politiker sollten endlich aufhören, die Journalisten zu vereinnahmen, und umgekehrt sollten sich die Journalisten gegen eine solche Vereinnahmung zur Wehr setzen.“ Sichtbarer Beleg kommt vom Journalistinnen-Barometer: Das Verhältnis von Journalismus zur Politik hat sich für 40 % noch verschlechtert und die Selbsteinschätzung was das Berufsbild betrifft, beurteilen mehr als 71 % als negativ.

Was in Österreich um Medienförderung anstehen darf und tatsächlich üppig gefördert wird, ist reine Ressourcen Verschwendung. Schade um jeden Baum, der dafür gefällt werden musste. Quelle: Peter Baumgartner

Die Liste der Medienfachleute, die wenig Schmeichelhaftes über ihre Kolleginnen zu berichten haben, ist lang. Meist sind es Experten, die sich ihre Unabhängigkeit erarbeitet haben und deren Meinung, wenigstens zeitweise, öffentliche Anerkennung findet. Im Gegensatz zu den Schwaflern und Jammerern, haben sie sehr wohl gezeigt, dass man im Dickicht der Politik und Wirtschaft unabhängig bleiben und überleben kann. Für den Qualitätsjournalismus heißt das, ja es gibt ihn – aber man muss ihn suchen. Er ist jedenfalls nicht leicht zu finden und schon gar nicht da, wo man es erwarten würde. Es gibt aber auch Medienarbeiter, die offensichtlich mit ihrer Rolle aus unterschiedlichen Gründen unzufrieden sind und versuchen, selber Politik zu machen. Sie versuchen, wie es beispielsweise Richard David Precht und Harald Welzer in ihrem Buch beschreiben, Politiker vor sich her zu treiben. Heraus kommen Medien, die immer mächtiger werden und Medienkonsumenten wissen, wenn diese Zeitung eine Kampagne startet, rollen im Parlament die Köpfe. Das nennt sich dann „Mediokratie“ und trägt nicht etwa zur Demokratisierung bei, sondern zerstört das letzte Vertrauen in die Politik. Die Putsch-„Regierung“ und die Ministerinnen dieser Mediokratie sind namentlich bekannt und sie lebt nicht etwa von den glücklichen Abonnenten die sie so generieren, sondern fürstlich auf Kosten der Steuerzahler. Zu allem Überdruss gibt es noch eine Mischung aus allen unsäglichen Medienexperten, die man aber, um das vorwegzunehmen, nicht über einen Kamm scheren darf. Es sind jene Experten, wie eingangs erwähnt, die den Drehtür-Effekt nützen und dann ihre Kolleginnen vorführen, weil sie es können und weil sie in der komfortablen Position sind, Macht über ihre ex-Kolleginnen auszuüben. Meistens sind diese Typen, von Helmut Zilk einmal abgesehen, in ihrer neuen Rolle nicht sehr erfolgreich und auch sie tragen durch ihre „linke Tour“ nicht zu Demokratiesierung bei.

Der Kurt-Vorhofer-Preis und der Robert-Hochner-Preis soll die kritische Haltung gegenüber Machthabern auszeichnen – und wird vom VERBUND-Konzern finanziert. Ungeniert werden von den Medienvertretern große Namen ihrer Zunft vereinnahmt, der Industrie als Plattform zur Verfügung gestellt, damit diese einen medienwirksamen Auftritt bekommt. So werden verstorbene Vorbilder zum Zwecke der Selbstdarstellung „prostituiert“.
Foto: Peter Lechner/HBF

Vor wenigen Wochen wurde das neue Gesetz zur Förderung des „Qualitätsjournalismus“ beschlossen. Ob mehr Geld instrumentalisierte Medien verhindern und besseren Journalismus fördern kann? Es darf gezweifelt werden. Sonst hätte wenigsten bereits der Presserat, selber üppig gefördert, mit seiner Selbstreinigungskraft, längst regulierend eingreifen müssen. Aber ein falsches System mit noch mehr Geld zu füttern, ändert nichts am System. Das Problem liegt in der grundsätzlichen Förderpolitik. In Österreich werden falsche Entwicklungen nicht bestraft, sondern grundsätzlich selbstverständliches Verhalten belohnt. „Gibst du mir kein Geld, bin ich eben ein Lump und hau dir in die Fresse“. Das klingt – siehe Horst Pirker, nach Schutzgelderpressung. „Es geht bei der Medienförderung nicht um die Subvention einer notleidenden Branche, sondern um die Infrastruktur der Demokratie“, hat Prof. Karmasin gelehrt. Förderungen in Mikrophonständer oder in instrumentalisierte Medien, sind unter diesem Gesichtspunkt das genaue Gegenteil von Infrastrukturförderung. Einen unabhängigen Journalismus, Meinungs- und Pressefreiheit zu fordern, weil es die Verfassung so vorschreibt, macht nur dann Sinn, wenn man willens ist, diese Freiheiten auch zu leben. Die Medienförderung in Österreich erfüllt einen einzigen Zweck: Sie treibt ihre mündigen Kunden förmlich mit Gewalt in die Arme ausländischer Anbieter. Wer Pluralität und Meinungsvielfalt sucht, wird im österreichischen Medienmarkt nur bedingt fündig. Aber selbst die Suche nach ausländischen Zeitungen gestaltet sich in Österreich außerhalb vom Zentralbahnhof als schwierig. Schon in mittelgroßen Städten wird man maximal an einer Verkaufsstelle fündig. In kleinen Städten oder gar in Ortschaften, muss man mit dem regionalen Angebot das Auslangen finden. Grob geschätzt, müssen zwei Drittel der Österreicherinnen mit dem Einheitsbrei das Auslangen finden. Vielleicht ist diese Art der „Zensur“ Ausdruck einer Branchenangst die weiß, dass das Angebot die Nachfrage bestimmt.

Öffentlich-rechtliche Medien als Kunsthändler?

Text: Peter Baumgartner

Quelle: Peter Baumgartner

Sollen sich öffentlich-rechtliche Medien als Kunsthändler betätigen und sich in den Kunsthandel einmischen? Oder sollen sich ORF & Co auf ihre Kernaufgaben ausgewogen berichten und unabhängig informieren beschränken?

Der steirische Künstler Günter Brus ist am 10. Februar 2024 gestorben. Sein Tod war für die Medien der zweite Anlass im 85-jährigen Leben des Künstlers, ihn flächendeckend und umfassend zu würdigen. Wobei „würdigen“ im ersten Fall vielleicht das falsche Wort ist. 1968 ging es den Medien nämlich darum, ihn für seine „Ferkelei“ als Nichtstudent in der Uni zu diskreditieren, zu (ver)urteilen und über die strafrechtlichen Folgen für ihn und andere Beteiligte zu berichten. Damals, als „Wiener Aktionist“ schockierte Brus mit seinen Kollegen Otto Mühl & Co die Öffentlichkeit derart, dass er danach vor den Medien und der Inhaftierung ins Ausland flüchten musste. Manche sagen heute, er „ging ins Exil“. Sinngemäß war es wohl eher eine freiwillige und absichtliche Flucht vor der eigenen Verantwortung. Was Brus gemacht hat, zum Beispiel auf die österreichische Flagge zu scheißen, ist übrigens noch immer strafbar (§ 248 StGB) und es ist nicht bekannt, dass sich Brus jemals dafür entschuldigt hätte. Brus hat sich auch nie von einem seiner „Kakademikern“ und schon gar nicht vom Straftäter Otto Mühl distanziert. Dennoch hat ein großherziger Bundespräsident Rudolf Kirchschläger seine Haftstrafe in eine Geldstrafe umgewandelt und so konnte der „Flüchtling“ wieder in seinen gehassten Heimatstaat zurückkehren, wo er fortan nur noch geehrt und hofiert wurde. Das mediale Tam-Tam hat dem Künstler nachträglich betrachtet also nicht geschadet. Im Gegenteil. Sein „Wert“ stieg und verhalf ihm schließlich zu höchsten Ehren in Österreich und in der Steiermark sowieso.

Anders als die Anfänge der künstlerischen Laufbahn, wurde der Tod von Günter Brus tatsächlich zu einer kollektiven Huldigung. Schon am Todestag begann eine mediale Gatekeeper Maschinerie zu laufen, die ein einziges Ziel hatte, nämlich den Wert des Künstlers und seiner Werke zu steigern. An der Spitze der Reichweiten mächtige und öffentlich-rechtliche Rundfunk, der einem „großen Künstler“ nachtrauerte und mehrfach Plattform für alle „Wertschätzungen“ bot. Landsmann und Vizekanzler Kogler erinnerte an einen „großen Geist und Mensch“. Was früher Pfui war und aufgeregt hat, läuft heute unter Chiffre 68er und war nur „provokant“, „aggressiv“ und „anfangs verkannt“. Dabei wollte der Künstler selber seine Aktion nicht als Kunst, sondern als schockieren verstanden wissen. Unbeirrt sprach der Wiener Bürgermeister von einem Künstler, der mit seiner radikalen Körperkunst die Kunstwelt verändert hat. Die Grüne Kunststaatssekretärin will von Brus nur eine „künstlerische Ausnahmeerscheinungen“ wahrgenommen haben. Selbst die kommunistische Bürgermeisterin von Graz, honoriert die „wichtigen Anstöße für gesellschaftliche Veränderungen“, zu denen Brus immer beigetragen hat. Die Direktorin des Dommuseums der Erzdiözese Wien, Johanna Schwanberg, schreibt in der Furche und in der KathPress, dass „eine der konsequentesten und bahnbrechendsten Künstlerpersönlichkeit“ gestorben ist. Man stelle sich vor, was passieren würde, wenn heute ein Zuwanderer im Vorlesungssaal auf die österreichische Flagge scheißt…

Wie bei allen umstrittenen Künstlern, spätestens mit dem Tod, oft schon viel früher, beginnt die „Wertsteigerung“, die von manchen auch als Rehabilitierung wahrgenommen wird. Erst in seltenen, tief gehenden Diskussionen geht es um die Frage, ob man Künstler losgelöst von ihrem Werk sehen kann/soll. Natürlich, sagen die, die von der Kunst profitieren (wollen) und die Fans sowieso. Man beruft sich auf Pragmatismus und aufgeklärte Gesellschaft. Betroffene sehen das allerdings anders und fordern Verantwortung ein – auch von denen, die nach dem Tod eines umstrittenen Künstlers von dessen Arbeit profitieren. Opfern geht es um Transparenz und darum, dass ihr Leiden, ihre Demütigung, ihr Missbrauch, ihr Rechtsempfinden, nicht vergessen oder gar vertuscht wird. „Aus den Augen, aus dem Sinn“ ist für Leidtragende keine Option. Beide Positionen sind schwer in Einklang zu bringen. Ganz egal, um welche Kunstrichtung es sich handelt. Eine Intervention der Opfer hat aber möglicherweise wertmindernde Folgen. Darf zum Beispiel das Aktbild eines minderjährigen Opfers überhaupt „verkauft“ werden? Natürlich wird man diese Frage auch in einem historischen Kontext sehen müssen, aber lebende Opfer kann man wohl kaum ungeniert allein als Kunstwerk betrachten. Und es ist äußerst fraglich, ob sich der „Markt“ allein auf seine Position als „Vermarkter“ zurücklehnen darf. Künstler, egal aus welchem Bereich sie kommen/kamen, von Wagner über Michael Jackson, Handke, Woody Allen, Otto Mühl – oder Günter Brus, sie alle und mit ihnen ihre „Besitzer“ haben eine Verantwortung übernommen und die heißt „Idol“. Menschen neigen dazu, sich an ihrem Idol zu orientieren, ihnen nachzueifern, sie zu kopieren, oder gar nach ihrem Vorbild zu leben. Damit ist für Idole eine große Verantwortung verbunden. Francis Bacon warnt vor der Gefahr, dass Trugbilder die Menschen an adäquaten Erkenntnissen und insbesondere am selbständigen Denken hindern können. Beispiele dafür gibt es genug.

Der verurteilte Künstler Teichtmeister hat wie Günter Brus seine mediale Verurteilung erfahren. Wird er wie Brus auch wieder in den kulturellen Olymp aufsteigen?
Quelle: Peter Baumgartner

Eine wesentliche Rolle in der Frage, wie mit „kontaminierten“ Künstlern umgegangen werden soll, kommt den Medien zu und hier betrifft es wiederum insbesondere die öffentlich-rechtlichen Medien mit ihrer Breitenwirkung unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verflechtungen. Als typisches Beispiel mag der „Fall Teichtmeister“ gelten, dessen umstrittenes Urteil dazu geführt hat, dass der ORF einen „Bann“ über den Ex-Burgschauspieler ausgesprochen hat. In der Diskussion über den Fall ging es aber bereits nur um zwei Fragen: Ist Teichtmeister für immer schuldig, oder gibt es einen Weg zurück ins normale Leben? Es gibt aber noch eine dritte Frage, eine entscheidende und viel wichtigere Frage und das ist der offene Umgang mit einer Verurteilung, die Übernahme der Verantwortung und kein „Schwamm drüber“ nach einer Abkühlphase. Erst daraus kann sich eine Präventivwirkung entwickeln, die letztlich zu einem „nie wieder“ beitragen kann. Teichtmeister hat, im Gegensatz zu Brus, die volle Verantwortung für seine Straftat übernommen. Im Gegensatz zu Günter Brus, der völlig rehabilitiert ist, nahm der ORF „mit sofortiger Wirkung von Herstellung und Ausstrahlung von Produktionen mit Florian Teichtmeister Abstand“. Das ist zunächst gut und Gebot der Stunde. Die Frage ist, wie lange wird die mediale Abstinenz anhalten und was folgt danach? Wird man Teichtmeister wie Brus nach seinem letzten Tag auch nur noch als großen Künstler/Idol, der er zweifelsohne für viele ist, würdigen und mit Preisen überhäufen? Die Vermutung liegt nahe, dass spätestens dann, aber wahrscheinlich schon viel früher, der „Werterhalt“ und die „Vermarktungschancen“ insbesondere für den ORF im Vordergrund stehen werden. Hubert Thurnhofer, Galerist und Präsidentschaftskandidat, meint, es ist keine Kunst ein Bild zu malen, aber es ist Kunst, ein Bild zu verkaufen. Da ist ein echter Gatekeeper tatsächlich von unschätzbarem Wert.

Offene Türen und Tore

Text: Peter Baumgartner

Gemessen am Umsatz, ist das Einbruchsgeschäft in Kärnten führend. Womit eindrucksvoll bewiesen ist, dass auch nicht Kammermitglieder gute Geschäfte machen können.
Bild: Peter Baumgartner

In letzter Zeit häufen sich die Einbrüche in Kärnten. Die Faktenlage wurde bisher stets genau ermittelt. Es waren immer „bislang unbekannte Täter“ – keine Täterinnen – am Werk, die „kilometerweit angereist sind“. Der Zutritt erfolgte mit ziemlicher Sicherheit immer gewaltsam, wobei das Einbruchswerkzeug auch „bislang unbekannt“ blieb. Aber der Zweck des Einbruchs war verlässlich immer von Diebstahl geleitet. Was die Schadenshöhe betrifft, so kann mit Garantie gesagt werden, diese konnte nie festgestellt werden. Ganz wichtig ist noch anzumerken, auch das haben die schwierigen Ermittlungen ergeben, die Täter (keine Täterin) waren alle nachtaktiv. Und die Täter arbeiten meist am Wochenende. Das macht die weiteren Ermittlungen auch so schwierig. Wir bei der Polizei sind eher tagaktiv und am Wochenende lieber zu Hause. Aber, und das sei zur Beruhigung der Bevölkerung gesagt, eingebrochen wurde bisher immer nur bei ortsansässigen Personen die praktisch selber schuld sind, weil sie kein teures Sicherheitssystem haben. Flüchtlingsheime sind hingegen praktisch nie von Einbrüchen betroffen und Kindergärten äußerst selten. Auch Pfarrhäuser sind in der Einbruchsstatistik unterrepräsentiert. Daraus lässt sich schließen, dass Einbrecher eher gläubig sind. Die Kärntner Polizeigewerkschaft wendet sich an die International Association Breaking and Entering (IABE) mit einem dringenden Aufruf. Man habe vollstes Verständnis für das „Business“ der IABE-Mitglieder. Insbesondere gläubige Mitglieder aus wirtschaftlich schwachen Regionen, können darauf vertrauen, in Kärnten „offene Türen einrennen“ zu dürfen. Aber, und an dieser Stelle richtet die Gewerkschaft einen eindringlichen Appell an die Vernunft der IABE-Mitglieder, man erwartet sich doch eine gewisse Mithilfe bei der Aufklärungsquote. Vielleicht könnte sich der eine oder andere Einbrecher freiwillig stellen, damit man uns keine Untätigkeit nachsagen kann. Vielleicht haben Sie einen pensionsberechtigten Einbrecher in ihren Reihen, der sich ohnehin in den Ruhestand begeben möchte. Allfällige Ruhestandsansprüche werden sowieso von der Waffenlobby übernommen, weil sich die unermüdliche Tätigkeit der IABE-Mitglieder, bereits sehr vorteilhaft auf den Umsatz von Schusswaffen auswirkt. Pazifistische Täter können sich an die dankbare Sicherheitsindustrie wenden. Auch die sind beim Wechsel in den Ruhestand gerne behilflich.

Vom Hof auf den Tisch

Text: Peter Baumgartner

Zum Wirtschaftspartnerschaftsabkommen (Schnittlauchabkommen) reiste EU-Präsidentin Ursula von der Leyen im Dezember 2023 höchstpersönlich mit einer große Delegation nach Kenia, um mit Präsident William Ruto über den grünen Rasen zu schlendern.
Bild: Dati Bendo

„Farm to Fork“(F2F) lautet eine EU-Strategie, durch die Lebensmittel in Europa gesünder, als das jetzt der Fall ist, werden sollen. Das ist auch dringend notwendig, denn momentan lautet die Devise eher „Vom Hof ab ins Labor“(F2lab). Und das hat seine guten Gründe.

Die F2F-Strategie könnte derzeit lebensgefährlich sein. 60 – 70 Prozent der Böden in der EU sind nicht gesund, lautet die offizielle Diagnose. Deshalb will die EU bis 2050 wieder eine vollständige Bodengesundheit herbeiführen. Etwa durch die Halbierung des Pestizid Einsatzes schon bis 2030. Aber das ist noch eine Vision, die schon an der Sensibilisierung für das Thema scheitert und ein längst überfälliges Bodenüberwachungsgesetz verhindert. Europa ist nicht auf dem Weg, seine Bodenressourcen zu schützen (SOER 2020). Im Gegenteil. Die selbst gesteckten Verpflichtungen werden nicht eingehalten. „Das Fehlen einer geeigneten EU-Bodengesetzgebung trägt zur Bodenverschlechterung in Europa bei.“ Die Versäumnisse sind allerdings elefantös und schier unlösbar. Schätzungen zufolge sind in der EU fast 3 Mio. Flächen potenziell kontaminiert und davon müssen beinahe 390.000 saniert werden. Einige Flächen können wir auch in Kärnten dazu „beitragen“.

Es sind viele Chemikalien auf dem Markt, von denen nur ein kleiner Teil ausführlich auf Risiken untersucht wird.

Die „visionäre“ EU-Umweltpolitik hat zumindest gezeigt, dass sich die Gemeinschaft, anders als die Nationalstaaten, Gedanken über die gesunde Lebensmittelversorgung macht. Vielleicht mit ein Grund dafür, warum die EU-Präsidentin zum Beispiel sogar mit Kenia Handelsverträge abschließt. Von dort bekommen wir jetzt massenhaft Schnittlauch, den die Österreicherinnen so lieben. Ob der gesund ist, wissen wir natürlich nicht. Vergleich haben wir auch keinen, weil es kaum österreichischen Schnittlauch gibt. Die AGES, in Österreich zuständig für die Lebensmittelsicherheit, gibt auf Anfrage bekannt, man könne keine Details nennen. Aber man schaut eh gerade bei Importen aus Drittstaaten genau hin, um die Lebensmittelsicherheit bestmöglich garantieren zu können. Aber Rückstände aus Pflanzenschutzmitteln sind aus unterschiedlichen Gründen „häufig unvermeidlich“. Tatsächlich wurden beispielsweise 2023 bei einer Pestizid-Schwerpunktaktion 30 von 826 untersuchten Proben beanstandet. Schnittlauch war nicht im Untersuchungsprogramm. Im Nationalen Pestizide Kontrollbericht für 2021 wurde insgesamt eine deutliche Steigerung der Beanstandungen festgestellt und verschiedene Produkte als gesundheitsschädlich eingestuft. Ob Schnittlauch getestet wurde, lässt sich im Bericht nicht feststellen. Die europäische Lebensmittelbehörde EFSA verfasst zusammenfassende Berichte, die kleine Einblicke auf die Unionsebene bei den Lebensmitteluntersuchungen erlaubt. So wurden beispielsweise 2021 87.863 Lebensmittelproben auf Pestizidrückstände untersucht. Schnittlauch war nicht dabei. Und wenig beruhigend – wirklich „sauber“ waren nur 58,1 % der Proben.

Nicht nur die eigenwillige Preisgestaltung, auch die flächendeckende Invasion von exotischem Schnittlauch, ist ein österreichisches Spezifikum.
Bild: Peter Baumgartner

Schnittlauch könnte man zwar auch in Österreich massenhaft produzieren, weil es hier sehr namhafte Betriebe gibt, aber die „Gemüsehändler“ beschränken sich anscheinend bei manchen Produkten lieber auf den lukrativeren Handel. Dafür findet man ganzjährig beispielsweise Hanfprodukte aus heimischem Anbau im Handel (146.000 m2 Glashaus), aber fast nur exotischen Schnittlauch. Nicht nur aus Kenia, sondern auch aus Marokko, Israel und sogar aus Indien, landet Schnittlauch bei Spar und Co. Obwohl, es gibt auch einen „Kärntner Schnittlauch“. Aber da ist auch Vorsicht geboten, weil anscheinend Molybdän und Vanadium in Lebens- und Futtermitteln hierzulande ein unlösbares Problem sind. „Die Belastung in den Lebensmitteln aus dem Krappfeld sind trotz umfangreicher Maßnahmen (nach Jahren) nicht gesunken“, berichtet LAbg. Michael Maier/ÖVP (1.2.2024). LAbg. Erwin Baumann/FPÖ beruhigt, die Belastungen sind zwar vorhanden – aber alle unter dem Grenzwert. Der SPÖ Abgeordnete Ervin Hukarevic kann der skurrilen Situation sogar etwas Positives abgewinnen: Die verursachende Privatwirtschaft hilft mit und zahlt einen (kleinen) Teil des 2 Mio. Euro teuren Monitoring Programms. Wirklich großzügig! Ziel der (von der LRG eingesetzten) Forschungsgruppe ist es, Maßnahmen zu identifizieren, welche die Emissionen noch weiter verringern könnten (LPD 28.1.2023). Leider glänzt die Opposition wie die AGES in diesem Fall mit vornehmer Zurückhaltung und so ist es vielleicht besser, doch wieder auf Schnittlauch aus Kenia zurückzugreifen.

„Kärntner Schnittlauch“ ist zwar nur ein Minderheitsangebot, aber auch da ist Vorsicht geboten. Bild: Peter Baumgartner

Anderseits plagt einen angesichts der klaglosen Lieferung aus Kenia auch ein wenig das schlechte Gewissen, weil die Caritas dort Lebensmittelgutscheine verteilen muss, damit die Menschen nicht verhungern und die IPC-Klassifikation hat Millionen Afrikaner, auch aus Kenia, in der Ernährungsunsicherheit als gestresst eingestuft haben. Gut, nicht jeder wird in Österreich beim g‘schmackigen Schnittlauchbrot zum Frühstück gleich die konträren Bilder im Kopf haben. Es gibt ja auch fruchtbare Plantagen in Kenia. Dort werden die Einheimischen allerdings von modernen Kolonialisten ausbeutet und sogar erschossen, wenn sie ein paar Teeblätter klauen. An all das – und auch an den kenianischen Präsidenten, der bereits in Den Haag vor den Richtern stand, denkt man hierzulande beim Schnittlauchbrot am Frühstückstisch oder beim Heurigen nicht.

Vergleicht man das Bild mit dem Beitragsbild, muss man extra erläutern, dass sie im gleichen Land, zur gleichen Zeit die Realität beschreiben. Bild: Caritas-International

Was man sich aber schon fragt ist, warum eine heimische Genossenschaft mit 133 Gärtnern und 40.000 Tonnen Produktionsvolumen, mit Schnittlauch aus Indien handelt und sich trotzdem Regionalität auf die Fahnen schreibt. Mit ziemlicher Verwunderung nimmt man auch zur Kenntnis, dass ein landwirtschaftlicher Verein – eigentlich ein Konzern, mit 1000 Landwirtinnen und besten Anbaugebieten „leider nur getrockneten Schnittlauch“ verkauft. Und dann ist da noch das Kompetenzzentrum für Gemüse in Österreich schlechthin. Mit 3 Mio. Kunden täglich, ist sich der Betrieb nicht zu schade, nur Verpackungsstation für Schnittlauch aus Kenia zu spielen.

Derzeit wird wieder viel über die Lebensmittelkennzeichnung diskutiert und eine Ampel, der „Nutri-Score“, soll die Konsumentinnen bei der Kaufentscheidung unterstützen. Vielleicht sollte man darüber nachdenken, ob so eine „Ampel“ auch für Lebensmittelproduzenten Sinn machen würde…

Österreichs Medienpolitik fördert mehrheitlich Auslandsmedien

Text: Peter Baumgartner

Wer nicht „dumm sterben“ will, hat es in Österreich schwer zu einer Meinungsvielfalt zu kommen.
Quelle: Peter Baumgartner

Die Medien lassen sich instrumentalisieren und verhöhnen, sagt die erfahrene Chefredakteurin Antonia Gössinger. Und sie stellt fest, dass kritische Selbstreflektion für ihre Artgenossen offenbar eine Nullnummer ist.

Die Frage ist, merken die es nicht, machen sie es absichtlich – oder ist es ihnen gar egal? Einer, der solche Medien-Instrumentalisierungen inszeniert und sich selber als Journalist bezeichnen darf, freut sich diebisch über die manipulierbare Buchstabensuppe. Mehr noch, er macht sogar ein Geschäftsmodell daraus und zeigt auf, wie die Medien-Puppen an den Fäden tanzen. In der harschen Kritik an ihrer eigenen Zunft, lässt sich Gössingers tiefe Scham herauslesen. Wie ist es möglich, dass sich ein vermeintlicher Qualitätsjournalismus so vorführen lässt? Der Arbeitgeber der Medien-Instrumentalisierung, Sebastian Kurz, wurde von den Medien sogar mit dem „Freiheitspreis der Medien“ und als „Kommunikator der Freiheit“ ausgezeichnet. Psychologisch kann man das vielleicht noch als eine Art von Stockholm-Syndrom entschuldigen. Florian Klenk, ein medialer Leuchtturm, bezeichnet seine Kollegenschaft gar als „Mikrofonständer“ und Stenografen der Regierung (Dez. 2018). Armin Turnherr, der Falter Gründer, ortet bei vielen Medien in Österreich eine Hofberichterstattung die feudale Züge hat und zutiefst kapitalistisch ist. Sichtbarer Beleg dafür mag die Vernichtung der Qualitätszeitung „Wiener Zeitung“ sein. Es gibt Journalismus zum Genieren – wieder und immer noch, stellt Chefredakteur Walter Hämmerle in seiner Diagnose fest und leider zählt „Lügenpresse“ keineswegs allein zum Vokabular von Verschwörungstheoretikern. Politologe Peter Filzmaier kritisiert, dass Medien, was bei Wahlen natürlich ziemlich fatal ist, zweifelhafte Meinungsumfragen ungeprüft übernehmen und diese selbst dann verbreiten, wenn gegen alle Regeln verstoßen wurde. Verlagschef Horst Pirker plaudert aus dem Nähkästchen und verrät, dass es in Österreich drei Arten von enger Verzahnung zwischen Medien und Politik gibt. Eine Art hat Ähnlichkeit mit einem Schutzgeldsystem. Grande Dame Anneliese Rohrer meint, „Alles, was Journalistinnen brauchen, ist Courage und Rückgrat“. Und „Die Politiker:innen sollten endlich aufhören, die Journalist:innen zu vereinnahmen, und umgekehrt sollten sich die Journalist:innen gegen eine solche Vereinnahmung zur Wehr setzen.“ Sichtbarer Beleg kommt vom Journalistinnen-Barometer: Das Verhältnis von Journalismus zur Politik hat sich für 40 % noch verschlechtert und die Selbsteinschätzung was das Berufsbild betrifft, beurteilen mehr als 71 % als negativ.

Was in Österreich um Medienförderung anstehen darf und tatsächlich üppig gefördert wird, ist reine Ressourcen Verschwendung. Schade um jeden Baum, der dafür gefällt werden musste. Quelle: Peter Baumgartner

Die Liste der Medienfachleute, die wenig Schmeichelhaftes über ihre Kolleginnen zu berichten haben, ist lang. Meist sind es Experten, die sich ihre Unabhängigkeit erarbeitet haben und deren Meinung, wenigstens zeitweise, öffentliche Anerkennung findet. Im Gegensatz zu den Schwaflern und Jammerern, haben sie sehr wohl gezeigt, dass man im Dickicht der Politik und Wirtschaft unabhängig bleiben und überleben kann. Für den Qualitätsjournalismus heißt das, ja es gibt ihn – aber man muss ihn suchen. Er ist jedenfalls nicht leicht zu finden und schon gar nicht da, wo man es erwarten würde. Es gibt aber auch Medienarbeiter, die offensichtlich mit ihrer Rolle aus unterschiedlichen Gründen unzufrieden sind und versuchen, selber Politik zu machen. Sie versuchen, wie es beispielsweise Richard David Precht und Harald Welzer in ihrem Buch beschreiben, Politiker vor sich her zu treiben. Heraus kommen Medien, die immer mächtiger werden und Medienkonsumenten wissen, wenn diese Zeitung eine Kampagne startet, rollen im Parlament die Köpfe. Das nennt sich dann „Mediokratie“ und trägt nicht etwa zur Demokratisierung bei, sondern zerstört das letzte Vertrauen in die Politik. Die Putsch-„Regierung“ und die Ministerinnen dieser Mediokratie sind namentlich bekannt und sie lebt nicht etwa von den glücklichen Abonnenten die sie so generieren, sondern fürstlich auf Kosten der Steuerzahler. Zu allem Überdruss gibt es noch eine Mischung aus allen unsäglichen Medienexperten, die man aber, um das vorwegzunehmen, nicht über einen Kamm scheren darf. Es sind jene Experten, wie eingangs erwähnt, die den Drehtür-Effekt nützen und dann ihre Kolleginnen vorführen, weil sie es können und weil sie in der komfortablen Position sind, Macht über ihre ex-Kolleginnen auszuüben. Meistens sind diese Typen, von Helmut Zilk einmal abgesehen, in ihrer neuen Rolle nicht sehr erfolgreich und auch sie tragen durch ihre „linke Tour“ nicht zu Demokratiesierung bei.

Der Kurt-Vorhofer-Preis und der Robert-Hochner-Preis soll die kritische Haltung gegenüber Machthabern auszeichnen – und wird vom VERBUND-Konzern finanziert. Ungeniert werden von den Medienvertretern große Namen ihrer Zunft vereinnahmt, der Industrie als Plattform zur Verfügung gestellt, damit diese einen medienwirksamen Auftritt bekommt. So werden verstorbene Vorbilder zum Zwecke der Selbstdarstellung „prostituiert“.
Foto: Peter Lechner/HBF

Vor wenigen Wochen wurde das neue Gesetz zur Förderung des „Qualitätsjournalismus“ beschlossen. Ob mehr Geld instrumentalisierte Medien verhindern und besseren Journalismus fördern kann? Es darf gezweifelt werden. Sonst hätte wenigsten bereits der Presserat, selber üppig gefördert, mit seiner Selbstreinigungskraft, längst regulierend eingreifen müssen. Aber ein falsches System mit noch mehr Geld zu füttern, ändert nichts am System. Das Problem liegt in der grundsätzlichen Förderpolitik. In Österreich werden falsche Entwicklungen nicht bestraft, sondern grundsätzlich selbstverständliches Verhalten belohnt. „Gibst du mir kein Geld, bin ich eben ein Lump und hau dir in die Fresse“. Das klingt – siehe Horst Pirker, nach Schutzgelderpressung. „Es geht bei der Medienförderung nicht um die Subvention einer notleidenden Branche, sondern um die Infrastruktur der Demokratie“, hat Prof. Karmasin gelehrt. Förderungen in Mikrophonständer oder in instrumentalisierte Medien, sind unter diesem Gesichtspunkt das genaue Gegenteil von Infrastrukturförderung. Einen unabhängigen Journalismus, Meinungs- und Pressefreiheit zu fordern, weil es die Verfassung so vorschreibt, macht nur dann Sinn, wenn man willens ist, diese Freiheiten auch zu leben. Die Medienförderung in Österreich erfüllt einen einzigen Zweck: Sie treibt ihre mündigen Kunden förmlich mit Gewalt in die Arme ausländischer Anbieter. Wer Pluralität und Meinungsvielfalt sucht, wird im österreichischen Medienmarkt nur bedingt fündig. Aber selbst die Suche nach ausländischen Zeitungen gestaltet sich in Österreich außerhalb vom Zentralbahnhof als schwierig. Schon in mittelgroßen Städten wird man maximal an einer Verkaufsstelle fündig. In kleinen Städten oder gar in Ortschaften, muss man mit dem regionalen Angebot das Auslangen finden. Grob geschätzt, müssen zwei Drittel der Österreicherinnen mit dem Einheitsbrei das Auslangen finden. Vielleicht ist diese Art der „Zensur“ Ausdruck einer Branchenangst die weiß, dass das Angebot die Nachfrage bestimmt.

Lei(d)kultur

„Der Österreich Plan“ von Bundeskanzler Karl Nehammer hat den Wahlk(r)ampf eröffnet. Es geht ihm und seiner Partei um Leistung, Familie und Sicherheit. Also um gesellschaftlich wichtige Bereiche, die sie mit Erfolg in Grund und Boden gestampft haben. Jetzt will man sich in der ÖVP auch noch um die Leitkultur „kümmern“.

Die politische Dorfjugend ist komplett am Sandkasten versammelt. Wer was „gebacken“ hat und wer die höchste Burg gebaut hat, das wird sie eine Weile beschäftigen. Übrig bleiben wird ein Sumpf, der wieder trocken gelegt werden muss.

Als der deutsche Innenminister 2017 die Debatte um die Leitkultur entfachte, musste er schnell merken, das führt zu nichts. Bei der Begrüßung die Hand zu geben, mag zwar weit verbreitete Praxis sein, viele – vor allem Jugendliche, können damit nichts anfangen. Außerdem, man hat ja das Grundgesetz und damit war die Debatte beendet. Davon lässt sich Karl Nehammer jedoch nicht abschrecken. Er will die Debatte selber ausprobieren – und selber scheitern. Nehammer hat Integrationsministerin Raab mit der „Prozessfindung“ beauftragt. Ausgerechnet jene Frau, die mit Sebastian Kurz eine Integrationspolitik betrieben hat, deren „Früchte“ wir jetzt tragen. Abgesehen von den Inhalten, wie um alles in der Welt kommt eine Partei auf die Idee, der gesamten Bevölkerung eine Leitkultur verordnen zu können? Kann man „Zuhören“ verordnen? Das gelingt nicht mal im Parlament. Kann man Respekt verordnen? Muss man künftig vielleicht Abgeordnete respektieren, die sich im Parlament wie Rüpel benehmen? Kann man „christliche Werte“ in einer Gesellschaft verordnen, die nur noch an den Aktienindex glaubt und die Kirche nur für die Hochzeit und das Begräbnis braucht? Ich denke, wir haben genug damit zu tun, um die Einhaltung der gültigen Gesetze zu ringen. Wenn wir überhaupt so etwas wie eine „gemeinsame Leitkultur“ brauchen, dann suchen wir gemeinsam nach einem Nenner. Eine Parteientscheidung braucht niemand.

Die Verkehrswende – bitte warten

Text: Peter Baumgartner

Eine „illusorische Forderung“ nennt Chefredakteur Fercher von der Kleinen Zeitung die Verlegung des Bahn-Güterverkehrs, weg vom Wörthersee auf eine neue, weniger bürgerfeindliche, Trasse. Braucht man nicht und ist außerdem viel zu teuer, lautet der mediale Befund im Einklang mit dem Verkehrsministerium. In Summe graben wir zwar gerade an weit mehr als 100 Kilometer Bahntunnel, aber das ist gut investiertes Geld, weil es der Verkehrsverlagerung dient. Lärmbelastung, die dadurch entsteht, ist ein Kollateralschaden. Außerdem fahren die Züge eh schon „viel leiser“. Altersbeding kann man Herrn Fercher keinen Vorwurf machen, aber es wäre Aufgabe der Medien gewesen, schon bei der Planung der „Koralpenbahn“ den Finger in die (Planungs)Wunden zu legen und dort bis zur zufriedenstellenden Lösung für die Bürger zu belassen. Spätestens mit der Bund/Land-Finanzierungsvereinbarung bestand Aufmerksamkeitspflicht in Kärnten und vom Generalverkehrsplan 2002 wurde niemand mehr überrascht. Jetzt sind mehr als 20 Jahre vergangen und wir diskutieren noch immer über eine Streckenführung, die zumindest bereits in Fertigstellung sein sollte – sieht man von der generellen Frage der Sinnhaftigkeit ab. Immerhin hat Verkehrsprofessor Knoflacher diagnostiziert, dass diese (Bahn)Großprojekte „ein krimineller Akt“ sind. Hinter den Megaprojekten steht der Wunsch nach einer Verkehrsverlagerung von der Straße auf die Schiene. Aber genau diese will sich nicht und nicht einstellen. Im Gegenteil, je mehr in die Bahn investiert wird, umso mehr steigt der Straßenverkehr. Die Bauindustrie allerdings jubiliert. Die weiß gar nicht mehr, wo sie ihre Gewinne anlegen soll – vor allem – wem kann man das schöne Geld noch anvertrauen?

In Österreich gab es 2022 66 Unfälle auf Eisenbahnkreuzungen mit 12 Toten, 14 Schwerverletzten und 11 Leichtverletzten. Aber: „Die Unfallzahlen gehen stetig zurück…“(ÖBB). Bild: Peter Baumgartner

Was die verkorkste Planung bei der Koralmbahn im Wörthersee Bereich betrifft, ist es zu einfach, heute dem Verkehrsministerium die „Schuld“ in die Schuhe zu schieben. Nachhaltig „verbockt“ hat eine rechtzeitige Planung im Sinne der Anrainer wahrscheinlich schon das einstige Dream-Team Gorbach/Dörfler, die nicht in der Lage waren, Einstimmigkeit im Kärntner Flohzirkus zu erzielen. Unzählige Anfragen und Petitionen mit unterschiedlichen Interessen taten ihr Übriges. Wahrscheinlich spielen noch heute persönliche Animositäten (Villach versus Land, Land versus Bund) mit Geschichte eine Verhinderer-Rolle. Aus gegebenem Anlass liegt die Vermutung jedoch nahe, dass Schlitzohren am Begriff „Zentralraum“ arbeiten und schon mal 110 Mio. Euro in die Hand nehmen, um den Transitverkehr durch Kärnten über die Hintertür – quasi im Schritttempo, einzuführen. Die Rede ist von der Bahnstrecke St. Veit/Glan – Villach. Hier kann sich der amtierende Landesrat Schuschnig noch ein Denkmal für seinen Wahlkreis setzen und im Interesse der Bauwirtschaft noch ein paar Anrainer vergraulen. SPÖ-Verkehrsminister Jörg Leichtfried hat schon 2017 davon gesprochen, dass sich der Verkehr auf dieser Bahnstrecke, auf Basis der Verkehrsprognose 2025+, verdoppeln wird. Die genannte Bahnstrecke weist zwar insgesamt 66 öffentliche Eisenbahnkreuzungen- und Übergänge auf. Bei den 59 unbeschrankten Übergängen muss man halt inzwischen ein wenig aufpassen. „Die häufigsten Unfallursachen sind Unachtsamkeit und Ablenkung der Straßenverkehrsteilnehmer,“ weiß die ÖBB und warnt gleichzeitig: „Trotz fehlender Warnsignale kann es passieren, dass ein Zug unangekündigt die Kreuzung durchfährt.“ Bei den enormen Investitionen, die die Bahn zu stemmen hat, ist es auch „illusorisch“, dass in absehbarer Zeit keine Todesopfer mehr zu beklagen sind.