Alternativlos?

Text: Peter Baumgartner

Das TINA-Prinzip (there is no alternative) wird von unseren Führungskräften bevorzugt als Erklärung für ihre Entscheidungen angeboten, wenn Diskussionen unerwünscht und kontraproduktiv erscheint. Das Wahlvieh versteht es sowieso nicht und fürsorglich will man uns nicht psychisch überfordern. Aber unfolgsame, uneinsichtige Bürgerinnen halten dem das TATA-Prinzip (There Are Thousands of Alternatives) entgegen.

Was wir da über unsere Wurzeln aufnehmen, scheint vielfach fatale Auswirkungen auf die Denkleistungen zu haben. Bild: Anatomischer Atlas anno 1696

Wenn beide Prinzipien uneinsichtig aufeinanderprallen, dann nützt eine faktenpassierte Argumentation gar nichts mehr. Dann zählt die Meinungshoheit und die wird bestimmt von der durch die Medien verbreiteten Wahrheit. Eben diese „Wahrheit“ wird von selbstkritischen Medienmenschen ganz selbstverständlich regelmäßig hinterfragt und allenfalls auch korrigiert. Aber die sind in der Minderheit.

Wenn es um das Thema „Bodenschutz“ geht, dann ist die öffentliche Diskussion allein auf die Bodenversiegelung versus „Bodenfraß“ fokussiert. Die Verantwortung für die Bodengesundheit, als elementarer Bestandteil des Bodenschutzes, wird maximal in die Verantwortung der Landwirtschaft transformiert. Die Bauern sollen halt „etwas weniger“ Pestizide verwenden. Was sonst noch unter Bodengesundheit und Bodenschutz subsumiert wird, fällt unter das TINA-Prinzip. Massenhaft auf den Boden und Gewässer niederprasselnde Schwermetalle, Chemikalien und alles was Mensch, Tier und Umwelt kaputt macht, sind – alternativlos. Wirtschaftsstandort, Wohlstand, Beschäftigung – wo sind da die Alternativen? Und da sind wir wieder bei der Meinungshoheit. Es gibt Alternativen. Vielleicht nicht gerade 1000, aber jedenfalls genug. Nur braucht es jemand, der sie zur Diskussion stellt, einfordert und durchsetzt. Das macht unsere Medienlandschaft nicht in ausreichendem Maße und die, die es geschworen haben sagen, – genau: Alternativlos.

Dabei gibt es klare Leitlinien, die sogar jeder Gemeinderat in der Dorfgemeinde verstehen kann: „Ich gelobe, für die Freiheit, den Bestand und die Wohlfahrt des Landes Kärnten und der Republik Österreich jederzeit einzutreten, die Gesetze des Landes und des Bundes getreu zu beachten und meine Pflichten nach bestem Wissen und Gewissen zu erfüllen.“ Unmissverständlich und in einfachen Worten steht da zum Beispiel in der Verfassung: Die natürlichen Lebensgrundlagen Boden, Wasser und Luft sind zu schützen; sie dürfen nur sparsam und pfleglich genutzt werden. Der Gefährdung von Boden, Wasser und Luft ist entgegenzuwirken. Da sind keine Missverständnisse möglich und Ermessensspielraum ist nicht vorhanden.

Quelle:  International Union of Soil Sciences (IUSS)

Glaubt man der veröffentlichten Meinung, dann haben ja auch alle Verantwortungsträger den Auftrag richtig kapiert. Im Landwirtschaftsministerium sagt man, das Thema Bodenschutz spielt schon seit sehr langer Zeit eine wichtige Rolle, da gesunde Böden die Basis für unsere Ernährungssicherung sind. Da schau her! „Böden sind für unsere Ernährung, Natur und Wirtschaft von grundlegender Bedeutung und verdienen den gleichen Schutz wie Wasser, Luft und die Meeresumwelt“, sagt das Umweltbundesamt – offensichtlich mit klarem Verstand. Auch auf europäischer und internationaler Ebene lässt man keinen Zweifel darüber, die Bodengesundheit ist elementar: „Böden bilden die Grundlage für den größten Teil der weltweit produzierten Nahrungsmittel. Die Erhaltung der Böden sollte in Verbindung mit den Themen Wasser- und Ernährungssicherheit und der Erreichung der Nachhaltigkeitsziele der UNO ein wesentliches Kernthema sein“ tönt es aus der International Union of Soil Sciences (IUSS). Und, man höre und staune, Kärntens Boden-Landesrat Daniel Fellner sagt ohne Umschweife: „Grundlegendes Ziel ist, unseren nachfolgenden Generationen einen funktionsfähigen und gesunden Boden zu hinterlassen.“

Aber was ist die Realität? „Mehr als 60 Prozent unserer Böden sind nicht gesund“, sagt die EU und will jetzt eine Trendumkehr. Zu spät? Meine Wiese zum Beispiel glänzt schon mit einem „sehr hohen“ Arsen Wert. Chrom, Cobalt und Nickel-Werte liegen ebenfalls im „hohen“ Bereich. „Niedrig“ oder „Sehr niedrig“ kommt in meinen Ergebnissen zu den persönlichen Bodenproben eher selten vor. Dabei habe ich meine „Mutter Erde“ im Schweiße des Angesichts immer fürsorglich behandelt und getrachtet, niemals vor Schuld „im Boden versinken“ zu müssen. Irgendwer, irgendwas treibt da bei Nacht sein Unwesen auf meinem Grund und Boden. Die Verantwortungsträger können es nicht sein, denn die versichern ja, die Notwendigkeiten und Gesetzeslage zu kennen. Und dennoch, der Gehalt an Hexachlorbenzol (HCB) auf meiner Dauergrünfläche ist im Vergleich zu den amtlich veröffentlichten Hintergrundbelastungen wesentlich höher. Plötzlich wächst ein riesiger Maulwurfshügel aus dem Boden und darauf steht ein Totenkopf: Giftig, nicht essen.

Quelle: International Union of Soil Sciences (IUSS)

„Die vorliegenden Daten der Untersuchung von Dauergrünflächen im Raum St. Veit an der Glan zeigen, dass ein deutlicher Eintrag von Umweltschadstoffen in den Boden erfolgt ist und eventuell weiterhin stattfindet.“ Das schreibt das Bodenlabor envirolab Scheidl & Partner GmbH. im umfassenden Untersuchungsbericht von 2023. Zack! Das schlägt dem Fass den Boden aus und zieht mir fast den festen Boden unter den Füßen weg. Mein goldener Boden ein verseuchtes Wurmgrab? Ich versinke fast im Boden und frage mich in Anlehnung an Nietzsche, wo soll man hinschauen, wenn nur noch Abgrund sichtbar ist? Da muss etwas geschehen! Ich will ja meinen Boden nicht verlieren. Experte Dipl. Ing. Scheidl empfiehlt: „Um weitere Einträge von Schadstoffen in die Umwelt hintanzuhalten ist die Frage der Verursacher der Umweltbelastung dringend zu klären und es sind in der Folge technische Maßnahmen zur Emissionsminderung zu ergreifen.“

Leicht gesagt guter Mann und ein logischer Rat. Aber wen/wo suchen? HCB und alle anderen Nettigkeiten haben keine roten Flügerl und sinken relativ geräuschlos hernieder. Sie stinken dabei nicht mal. Würde Quecksilber mit einer Melodie der Chorgemeinschaft Glandorf durch die Luft schweben, könnte man… Aber so, wer soll den „Boden gutmachen“, wenn es zur herrschenden Situation keine Alternative gibt, niemand verantwortlich ist und nicht mal jemand darüber reden will? Zunächst verlasse ich mich auf das TATA-Prinzip. Immerhin, der rasch voranschreitende Klimawandel scheint ja schon den Boden etwas beben zu lassen und die Prioritäten beginnen sich zu verschieben. Vielleicht bringt uns der diesjährige „WELTBODENTAG“ am 5. Dezember ein Stück näher in Richtung Bodengesundheit und eine Trendumkehr in der Deutungshoheit beseitigt den letzten Bodensatz an toten Hirnzellen in leeren Flaschen. (PB)

Pressekonferenz Weltbodentag, 5. Dezember 2023

Der Weltbodentag (World Soil Day) ist ein internationaler Aktionstag, der jeweils am 5. Dezember abgehalten wird. Er wurde von der Internationalen Bodenkundlichen Union (IUSS) im Rahmen ihres 17. Weltkongresses im August 2002 in Bangkok ernannt.

Mit ihm soll ein jährliches Zeichen für die Bedeutung der natürlichen Ressource Boden gesetzt und für den Bodenschutz geworben werden. Der Boden des Jahres wird jedes Jahr am Weltbodentag für das folgende Jahr ausgerufen.

Der St. Veiter-Boden soll 2024 zum Boden des Jahres ernannt werden

Begründung:

  1. Die EU sagt: Mehr als 60 Prozent unserer Böden sind NICHT GESUND und hat ein Bodenschutzgesetz auf den Weg gebracht. Die Bundesregierung sagt (Regierungsprogramm), sie will den Boden schützen.
  2. 2015 hat IUSS-Präsident DI Rainer Horn die International Decade of Soils (2015-2024)ins Leben gerufen. Die Empfehlungen der Wiener Bodenerklärung (7. Dezember 2015-IUSS) wurden von den zuständigen Stellen in Österreich bisher nicht ansatzweise berücksichtigt.
  3. Wir sagen, unser Boden wird jeden Tag schlechter und stellen daher in einem OFFENEN BRIEF die Frage an die Bundesregierung, was konkret die zuständigen Stellen (kurz, mittel- und langfristig) zur Bodengesundheit beitragen werden, damit wir nicht den Boden unter unseren Füßen verlieren.

    Wir möchten Sie zur Pressekonferenz „St. Veiter Boden des Jahres 2024“ einladen. Dabei erläutern wir Ihnen unsere Motivation und die aktuellen Bodenuntersuchungsergebnisse aus dem Bezirk St. Veit. Gerne beantworten wir Ihre Fragen, warum wir der Meinung sind, dass unser Boden mehr Aufmerksamkeit dringend braucht und warum wir den Boden unter den Füßen verlieren.


    Bitte merken Sie vor:
    Ort: Bürgerspital St. Veit/Glan, Oktoberplatz 5 –
    Restaurant SAN VITO
    Datum: 5. Dezember 2023
    Uhrzeit: 13:30

    Offener Brief in der Anlage

    Wir freuen uns auf Ihre Teilnahme und stehen gerne für Ihre Fragen zur Verfügung.

    Rückfragen:
    Peter Baumgartner
    Tel.: 0664 2634362
    E-Mail: ibbs@a1.net

Bergaufbau

Text: Peter Baumgartner

Das Gletscherbegräbnis am 5.9.2023 auf der Pasterze, hat auf den dramatischen Gletscherschwund in Österreich aufmerksam gemacht. Quelle: Protect Our Winters Austria

Pass‘ auf, was du dir wünscht – es könnte in Erfüllung gehen. Schuld ist das holländische Fernsehgenie Rudi Carrell, der 1975 sehnsüchtig „Wann wird`s mal wieder richtig Sommer“ sang.

Jetzt haben wir den Salat! Bald wird es nur noch eine Jahreszeit geben – nämlich Sommer und Rudi Carrell hat nichts mehr davon, weil er längst gestorben ist. Wolferl Ambros, unserem Austropopper, war schon ein Jahr nach Carrells Wunschlied klar, nur Sommer bringt auch nichts. Deshalb galt für ihn, „Schifoan is des Leiwandste“ und „durt auf die Berg ob´n hams immer Schnee“. Mittlerweile ist die Schneesicherheit in den Bergen auch nicht mehr ganz so sicher. Meteorologen sagen, abgesehen davon, dass es in Tallagen bald keinen Schnee mehr geben wird, generell wandert die Schneegrenze bis 2050 200 Meter höher. Das heißt, alles was unter 3000 Meter liegt, muss mit einer deutlichen Abnahme an Schitagen rechnen.

Dennoch, die Schiindustrie in den Alpenregionen macht das was sie macht mit technischer Hilfe sehr gut. Sie erzählt mit Überzeugung wie wichtig das ist was sie macht, welche gesellschaftliche, wirtschaftliche und arbeitsmarktpolitische Bedeutung für das Land sie leistet. Tatsächlich macht sie in ihrer Selbstdarstellung nichts anderes, als alle anderen Industriebereiche auch. Egal ob Zementindustrie, Bauindustrie, Chemieindustrie oder wer auch immer, sie alle sind jeder für sich betrachtet erstens gut und zweitens wichtig. Das Problem ist nur, dass sich keine Sau für die Summe der Auswirkungen interessiert. In Summe sind zwar alle System Erhalter noch immer gut und „alternativlos“, aber das Klima, die Biodiversität und die Zukunft geht trotzdem den Bach hinunter. Mittlerweile hat es auch der Tiroler Umweltanwalt Johannes Konstenzer kapiert: „Der Skigebietsausbau ist nicht mehr zeitgemäß“. Aber für eine Trendumkehr ist es noch ein paar Generationen zu früh. Zunächst gilt es die lieb gewordenen Lebensmodelle abzusichern.

Österreich hat zu wenig Berge.

Die Tourismuspolitik hat jetzt die Lösung aller mittelfristigen Probleme gefunden und unter Einbindung aller Stakeholder ein Konzept entwickelt, dass auf den erfolgreichen, Jahrhunderte alten Bergbau aufbaut und weiterentwickelt. Vor dem Hintergrund, dass auch die bergmännische Tätigkeit und der damit verbundene „Abbau“ oft mehr in einen „Raubbau“ (Zementindustrie) mündet, ergeben sich Synergien mit der Seilbahnwirtschaft, die es zu nützen gilt. Als dritter und wichtigster Player im Konzert kommt die „Ersatzrohstoffindustrie“ (ERI) ins Spiel. ERI ist eine europaweit agierende Industrie, die darauf spezialisiert ist, die Reste der Zivilisation gerecht (umgangssprachlich – mafiös) in Europa, aber auch auf anderen Kontinenten, zu verteilen und einem sinnvollen Zweck zuzuführen. Als typisches Beispiel mag erwähnt werden, was man allgemein unter dem Begriff Ersatzbrennstoffe (EBS) bzw. Sekundärbrennstoffe (SBS) versteht, ist Handelsgut von ERI. Früher sagte man dazu „Brennstoff aus Müll“ (BRAM). Das ist heute nicht mehr opportun, weil es sich ja um „wertgesicherte“ und allen Regeln der „Qualitätssicherung“ folgende Substrate handelt. Großer Beliebtheit erfreuen sich diese Güter bei der Energieerzeugung (z.B. Zementindustrie), weil sie mehrfach von den Konsumenten und von der Politik gesponsert werden.

In der Finanzindustrie gilt der Bergaufbau als (steuerbefreites) Öko-Invest

Die Ersatzrohstoffindustrie (ERI) steht jedoch vor der Herausforderung, dass ihr „Qualitätsprodukt“ im Vorkommen und in der Herstellung einer gewissen Fragmentierung unterliegt, die eine bauwürdige Verteilung schwierig macht. Der Schlüssel zur Problemlösung ist daher der erfolgreiche Praxistest unter wissenschaftlicher Begleitung, der jetzt in Österreich – und zwar verkehrstechnisch zentral gelegen, im Burgenland, zur Anwendung kommt. Auf den Erkenntnissen des Bergbaues aufbauend, wird sprichwörtlich im Flachland ein „Bergaufbau“ ins Leben gerufen. Vereinfacht gesagt, man geht davon aus, wenn man einen Berg abbauen kann, muss es auch gelingen, einen Berg geologisch stabil aufzubauen. Ein verwandter Begriff von „Bergaufbau“ ist der abfallwirtschaftliche Begriff (Bodenaushub)Deponie. Auch deshalb, weil bei beiden Verfahren eine hervorragende „Vermischung“ der Materialien im vereinfachten Behördenverfahren erfolgen kann. Selbstverständlich wird der burgenländische Praxistest unter strengen Richtlinien der Biodiversität durchgeführt. Als lebender Indikator für Naturverträglichkeit werden zum Beispiel Alpenmurmeltiere aus der Schweiz (Mungg) auf den neuen Bergen angesiedelt. (PB)

RückverLANDung

Text: Peter Baumgartner

„Mit (Landeshauptmann)Haider ist kein Flughafen zukunftsorientiert auszurichten“. Vollmundig kritisiert SPÖ-LAbg. Peter Kaiser 2006 die Haider-Pläne. Damals hatte der Flughafen allerdings noch 400.000 Flugpassagiere. Heute wird die Nachnutzung geregelt.

Die Flughafen-Bilanz nach 10 Jahren Landeshauptmann Peter Kaiser: Die Wahrnehmungsgrenze wird nur noch knapp überschritten. Mit der nunmehr amtlich vollzogenen „Rückverstaatlichung“ des KLU, soll endlich ein langjähriges Trauerspiel inklusive Kasernen-Posse ein Ende finden. Eigentlich ist es aber eine „RückverLANDung“, denn nach dem Staatseigentum, war der Flughafen schon mal im Landesbesitz bevor die (gescheiterte) Privatisierung erfolgte. Ob die „Verländerung“ diesmal ein Erfolg wird? Großen Optimismus strahlen die Stakeholder jedenfalls nicht gerade aus. Eher hat man den Eindruck, dass 110-jährige Airport-Jubiläum wird nächstes Jahr eine Trauerfeier 2. Klasse. Den Take-off Modus scheinen die Entscheidungsträgerinnen auch deshalb noch nicht einleiten zu wollen, weil noch immer ein juristisches Nachspiel im Raum steht. Wer weiß, was da noch kommt… Vorläufig hat man mit der Desaster-Verwaltung aber eh alle Hände voll zu tun. Einig ist man sich, dass der Airport ein Flugplatz bleiben soll und nicht wie ein ORF-Satiriker vermutet hat, dass es ein Luftkurort oder Trainingsplatz für Klimakleber wird.

„Es ist nicht egal, wo Sie landen“, Hauptsache ein Check-in-Schalter hat offen.
Bild: Peter Baumgartner

Man ist hingegen wild entschlossen, mit dem „Kerngeschäft“ wieder abzuheben. Aber schon da tauchen wieder Fragezeichen auf, denn neben dem Flugbetrieb wird die „Inwertsetzung von nicht betriebsnotwendigen Grundstücken“ als wichtige Kernaufgabe genannt. Es geht angeblich um 46 ha (!), die der Flughafen eh nicht braucht. „Inwertsetzung“ ist in Kärnten aber ein typisches Reizwort. Da gehen sofort die Alarmlampen an. Was ist „nicht betriebsnotwendig“ überhaupt? Man weiß es nicht. Jedenfalls will man die „Inwertsetzung“ der nicht betriebsnotwendigen Grundstücke auffällig flott durchziehen, weil Betriebsansiedlungen angeblich Einnahmen und Arbeitsplätze schaffen. Genau das hat aber schon bisher nicht funktioniert. Trotz bejubelter Betriebsansiedlungen herrscht Armut im Land und alle Gemeinden, inklusive Landeshauptstadt, befürchten demnächst mit einem Finanzkollaps in die Zahlungsunfähigkeit zu fliegen. Selbst der „Innovations-Metropole“ Villach droht ein Grounding. Direkt am Flughafen Klagenfurt gibt es sogar seit Jahren zwei der potentesten Unternehmen im Land. Einer hat die größte Privatjet-Flotte in Österreich und ist Exportweltmeister und der andere Anrainer zählt weltweit zu den wichtigsten Logistikern. Dennoch ist in Klagenfurt noch kein Frachtflieger in die Luft gegangen. Nicht ein Kilogramm Luftfracht! Aber gerade im Luftfrachtgeschäft sieht Berater Höffinger die Zukunft für regionale Flughäfen. „Nicht zuletzt durch die COVID-19-Pandemie wurde die Bedeutung der Luftfracht für die Gesellschaft offensichtlich“, hält auch die BMK- Luftfahrtstrategie 2040+ fest und bekennt sich zur Unterstützung und Weiterentwicklung der Bundesländerflughäfen – wenn sie selber dazu bereit sind. Das scheint in Kärnten nicht der Fall zu sein. Wir sind uns selber gut genug: „It’s my life!“

Braver Flieger. Wartet so geduldig. Nächstes Jahr darfst du bestimmt wieder abheben. Bild: Peter Baumgartner

Die Einnahmen aus dem Business Aviation-Geschäft sind in Klagenfurt zumindest so geheim, dass sie niemand kennt. Die Vermutung liegt nahe, würde man neben dem Frachtgeschäft alle Einnahmemöglichkeiten, die der einzige Landesflughafen in Kärnten bietet tatsächlich nutzen, würde wohl kaum ein nicht betriebsnotwendiger Quadratmeter Grund übrigbleiben. Ein Schwerpunkt sollte wohl im Infrastrukturbereich liegen, da wo Kärnten Schlusslicht in Österreich ist. Beispiele: Garage (in Schwechat verdient man mit Garagenplätzen wahrscheinlich mehr, als in Klagenfurt mit Flugtickets), Alpe-Adria Einsatz/Katastrophenschutz-Stützpunkt, (offenes)Business Aviation Services, Bundesheer Stützpunkt, Luftraumüberwachung Süd, Notarzt, Treibstofflager, Pharma Handling Center, Frachtdrohnen-Forschung (über 20 Unternehmen beschäftigen sich in Österreich mit unbemannter Luftfahrt), Flugtaxi(Forschung), Road Feeder Service,Belly Freight, Flugsportzentrum, etc. Mehr als 220 Organisationen in Österreich arbeiten in unterschiedlichen Bereichen der Luftfahrt – niemand am Flughafen Klagenfurt. OK, eine Autovermietung gibt es immerhin schon.

Insider Vàclav Klaus hat den Unterschied zwischen Kapitalismus und Kommunismus so erklärt: Im Kommunismus werden Betriebe zuerst verstaatlich und dann ruiniert. Im Kapitalismus werden sie erst ruiniert und dann verstaatlicht. Aber bei uns handelt es sich ja um eine „Verländerung“. Quasi eine Entstehung von Kollektiveigentum. Das passt zur neuen marxistischen Ausrichtung der SPÖ.

Boden-Offensive in St. Veit

Text: Peter Baumgartner

„Grundsätzlich gilt ein Boden als kontaminiert, wenn sich Schadstoffe/Schwermetalle anreichern und im Boden mobil sind“. Damit beschreibt BIO AUSTRIA umfassend die Bedeutung eines gesunden Bodens und dem ist eigentlich nichts hinzuzufügen.

Tatsächlich ist „der Boden“ meist nur sprichwörtlich in aller Munde – wenn er nicht generell als „Dreck“ behandelt wird. Wir reden ehrfürchtig von „Mutter Erde“ und mit Stolz vom Handwerk, das einen „goldenen Boden“ hat. Nach einem Bauchfleck wollen wir wieder „Boden gutmachen“ und danach trachten, „Grund und Boden nicht zu verlieren“. Über manches, dass dem „Fass den Boden ausschlägt“ regen wir uns auf und könnten vor Scham „im Boden versinken“. Stolz sind wir auf den „geschichtsträchtigen Boden“ und froh, wieder „festen Boden unter den Füßen“ zu haben.

Seit geraumer Zeit ist der Boden unter der schönen Überschrift „Bodenschutz“ in aller Munde. Bodenschutz meint hier jedoch ausnahmslos den Schutz vor Bodenverbrauch und Bodenversiegelung. Das ist eine öffentliche Scheindebatte. Dabei bleibt nämlich völlig ungeklärt, wofür man einen Boden schützen soll, wenn man seine Qualität und seine Nutzbarkeit gar nicht kennt. Selbst unsere Grünen wollen den Boden nur vor Versiegelung schützen. Die Bodengesundheit ist ihnen egal. Immerhin hat die Europäische Union ein wachsendes Problem erkannt und schätzt, dass 60 bis 70 Prozent der Böden „nicht gesund“ sind. Deshalb wurde bereits Ende 2021 eine breit angelegte „EU-Bodenstrategie für 2030“ „auf den Boden gebracht“ und schließlich im Juli dieses Jahres ein Bodenüberwachungsgesetz vorgeschlagen. Aber das Thema ist heikel und hoch sensibel. Warum seit Jahren um den Bodenschutz eine Scheindebatte geführt wird, zeigt zum Beispiel der massive Widerstand gegen EU-Bodenschutzbestimmungen aus den Reihen der Land & Forstbetriebe Österreichs: Frei zugängliche Informationen über Bodeneigenschaften und Belastungen durch Schadstoffe für Jedermann sind aus Sicht des Datenschutzes höchst bedenklich und abzulehnen (10-2022). Ebenso findet die Wirtschaftskammer keine Notwendigkeit, den Bodenschutz durch ein neues Gesetz zu regeln, sondern fordert vielmehr ein, dass die diesbezügliche Kompetenz bei den Ländern bleiben muss (10-2022). Und die Industrie ist überhaupt der Meinung, dass dem Bodenschutz schon ausreichend Rechnung getragen wird.

Für über vierzig „bodenständige“ Familien aus St. Veit, Längsee und die Gemeinde Maria Saal, war dieser Zugang zum Thema Boden jedoch immer zu wenig. Sie wollten genau wissen, was sich unter ihren Füßen abspielt. Pro aktiv wurde deshalb das Bodenlabor envirolab Scheidl & Partner GmbH. aus Mattersburg im Burgenland zur Durchführung der Probenahme auf eigenem Grund und eine analytische Untersuchung beauftragt. An insgesamt acht Standorten, räumlich auf das gesamte Stadtgebiet St. Veit verteilt, wurden fachgerecht Bodenproben gezogen und im Labor ausgewertet. Eine Probeentnahme lag auf dem Gemeindegebiet St. Georgen am Längsee. Zusammenfassend kommt das Labor zum Ergebnis: Die Grünflächen im Raum St. Veit an der Glan weisen bei den einzelnen Standorten im Vergleich zu Hintergrundbelastungen bei den Elementen Arsen, Blei, Chrom, Nickel und Zink Konzentrationen auf, die als hoch einzustufen sind. 2021 hat das BM für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus in Zusammenarbeit mit den Ländern ein „Forschungsprojekt AustroPOPs“ veröffentlicht. Inhaltlich ging es dabei um ein Monitoring von organischen Schadstoffen in Böden Österreichs. Der Bericht hat in Kärnten etliche (anonyme) Grünland- und Ackerstandorte registriert, an denen mehrfach „auffällige Konzentrationen an Schadstoffen“ gefunden wurden. Jedoch, kam der Bericht zum Schluss, die gemessenen Konzentrationen übersteigen keine gesetzlich festgelegten Grenzwerte (weil es vielfach gar keine GW gibt). Für fünf konkrete Standorte empfahl der Bericht allerdings, der Herkunft der jeweiligen Schadstoffe bzw. Schadstoffgruppen nachzugehen. Im direkten Vergleich stellte envirolab in St. Veit fest, dass die polyzyklisch aromatischen Kohlenwasserstoffe (PAK), Hexachlorbenzol (HCB) und polychlorierte Dibenzodioxine/Dibenzofurane (PCDD/PCDF) bei den Probenergebnissen durchwegs höher liegen, als in den AustroPOPs-Ergebnissen. Der erfahrene Bodenexperte Dipl. Ing. Kurt Scheidl fasst in seinem Abschlussbericht zusammen, dass St. Veit schlechtere Werte hat, als beispielsweise Wien oder Salzburg. Für Scheidl ist klar, es muss in St. Veit einen deutlichen Eintrag von Umweltschadstoffen in den Boden geben bzw. gegeben haben.

Das ernüchternde Ergebnis der St. Veiter Bodenuntersuchung war Anlass, diese beim St. Veiter Bodentag am 27. Oktober im Hotel Fuchspalast öffentlich zu diskutieren. Die Resonanz aus dem dreistündigen Vortrag ist – ein großes Fragezeichen? Woher kommt diese Bodenbelastung und was kann man dagegen machen? Kann man den eigenen Gemüsegarten noch benützen? Mit diesen und weiteren Fragenstellungen werden nun seitens der St. Veiter Initiatoren die Entscheidungsträger auf Gemeinde- Landes- und Bundesebene konfrontiert werden. Die überwiegende Mehrheit derer, die an den Bodenproben beteiligt waren, ist bereit, ihre persönlichen Daten öffentlich zu machen. Aus den Ergebnissen der Bodenproben ergeben sich aber nicht nur viele Fragen, sondern auch ganz konkrete Forderungen, die demnächst bei den zuständigen Stellen – in der Hoffnung, dass sie auf „fruchtbaren Boden fallen“, deponiert werden.

Quelle: EU-Abgeordnete Frida Nilsson

Wir befinden uns an einem kritischen Punkt was die Bodengesundheit betrifft, sagt die EU-Abgeordnete Frida Nilsson (European Committee oft he Regions-CoR) und begründet dies mit wissenschaftlichen Daten. Am 5. Dezember 2023 findet der alljährliche Weltbodentag (World Soil Day) statt. Mit diesem Aktionstag soll weltweit aktiv für den Bodenschutz geworben werden. Um jährlich einen Schwerpunkt zu setzen, wird jeweils ein Boden besonders hervorgehoben und als „Boden des Jahres“ bezeichnet. 2023 ist das der Ackerboden. Weil wir ihn für unser tägliches Brot benötigen, verdient er tatsächlich die größte Aufmerksamkeit. Am 5. Dezember, am Weltbodentag, wird entschieden, welchen Boden wir 2024 auf das Stockerl stellen sollen. Notwendig wäre offensichtlich der „St. Veiter Boden“. Man wird sich ja noch etwas wünschen dürfen. Von den zuständigen Bodenschützern in Kärnten und im Bund wird in Kenntnis der schlechten Ergebnisse von St. Veit jedenfalls erwartet, dass sie ein deutliches Zeichen für die Zukunft der Bodenqualität im Bezirk St. Veit setzen. Immerhin, die Kärntner Landesverfassung stellt im Artikel 7a bezüglich Boden klare Ansprüche: Das Land und die Gemeinden haben im Rahmen ihres Wirkungsbereiches die natürliche Lebensgrundlage Boden zu schützen, sparsam und schonend zu nutzen und jeglichen Gefährdungen entgegenzuwirken. Ein klarer und zweifelsfreier Auftrag, dessen Erfüllung die Bürger jetzt umgehend einfordern. Untermauert werden die Bürgerinteressen auch durch den aktuellen Umweltkontrollbericht des Umweltbundesamtes (UBA). Dort steht unmissverständlich: „Es gibt Hinweise auf eine mögliche Belastung des Bodens mit einer Reihe organischer Schadstoffe. Untersuchungen zur Herkunft dieser Schadstoffe und mögliche Auswirkungen sind zu empfehlen. Österreichweite, verpflichtende Grenzwerte für diese Stoffe gibt es derzeit nicht.“  Überhaupt liegen für viele Chemikalien, die die Bodenqualität gefährden, europaweit noch keine Bewertungen und entsprechende Risikomanagementmaßnahmen vor. Im Fokus stehen international besonders gefährliche per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen (PFAS) und Quecksilber. (PB)