Landtagswahl Kärnten/Koroško – Moral Hazard

Text: Peter Baumgartner.

Die Mehrheit der Kärntner Wahlbevölkerung hat sich so entschieden, wie sie sich immer entscheidet, wenn schwerwiegende Folgen zu erwarten sind und rationales Denken angebracht wäre.

Volles Risiko! „Es weat schon nix passiern“. Aber es „passiert“ immer etwas. Ob es einst die SPÖ-Parteidiktatur war, Ortstafel aufstellen, Ortstafel abschrauben, das Hypo-Desaster, die Haider-Festspiele. Ein Landeshauptmann wurde sogar mit 45 Prozent gewählt, obwohl ihm vorher gerichtlich attestiert wurde, dass er seine Handlungen juristisch nicht einschätzen kann… Jede Wahlentscheidung in Kärnten geschah und geschieht aus einer irrationalen Versuchung. Diesmal führte die flächendeckend, koalitionär durchgeführte Subventions- und Fördergeldverteilung dazu, dass das Land in ein neuerliches Schuldendesaster schlittert und dennoch die (fast) volle Unterstützung der Wählerschaft hinter sich weiß.


Die Entscheidung für den „Kuriosen-Plakat-Award“, ist der Jury sehr schwergefallen.

Begleitet wurde der diesjährige Wahlkampf von einer wahrlich „speziellen“ Plakataktion, die eigentlich frühzeitig sensibilisieren hätte können. Hat sie aber nicht. Einige Besonderheiten haben das Potential für den „Kuriosen-Plakat-Award“ nominiert zu werden. Die besten Gewinnchancen hat vielleicht das Plakat eines Toten, der zur Wahl gestellt wurde. Allen Ernstes hat nämlich das Bündnis für Kärnten (BFK) Jörg Haider an die Wand gepickt. Ernste Konkurrenz konnte Jörg Haider von der Liste STARK erwarten, deren Kandidat Johann Ehmann zwar nicht tot, aber dennoch völlig unsichtbar war und ist. Quasi ein Wahl-Geist. Er hat im Wahlkampf jeden medialen Kontakt verweigert, obwohl seine Bewegung natürlich einen rechtmäßigen Kandidatenstatus hatte. Das logische Wahlergebnis traf dann auch ein – unter der Wahrnehmungsgrenze. Ein anderer weißer Fleck auf der Plakatwand ist rot – die Kommunistische Partei Österreichs (KPÖ) mit Karin Peuker an der Spitze. Das dürftige Wahlergebnis – knapp an der Wahrnehmungsgrenze, spiegelt die Performance der Partei wieder. Seine Zielgruppe nicht enttäuscht, hat der FPÖ-Kandidat Erwin Angerer mit dem Versprechen „unsere Sprache zu sprechen“ (bei ins wird Deitsch gred‘). Tatsächlich getrauten sich Kandidatinnen nur vereinzelt den Namen „Koroško“ zu plakatieren, obwohl sonst gerne versucht wird, im slowenischen Teich zu fischen. Peter Kaiser von der SPÖ stellte seine Wählerschaft vor eine intellektuelle Herausforderung. Sie sollten offensichtlich den „echten“ Landeshauptmann wählen, wobei er wohl hoffte, dass allein seine Sympathiewerte und nicht die Parteiarbeit zählen werden. Das Minus von fast neun Prozent (!) deutet an, dass er seine Wähler überfordert hat. Jetzt muss er auf die Gnade seiner Mitbewerber hoffen. Was bei der System-Opposition kein Problem darstellen dürfte. Aus der Körpersprache kennt man die Bedeutung, wenn jemand den Kopf zur Seite neigt. Umgangssprachlich versteht man das auch als Versuch, die (zu geringe) Hirnsubstanz im Kopf auf einen Punkt zu fokussieren. Wenn man das auf das „Kopfstand-Plakat“ der Grünen Kandidatin Olga Voglauer ummünzt, ist es wahrscheinlich ein Testplakat. Für den Einzug in den Landtag hat es allerdings trotzdem nicht gereicht.

Wahlen setzen voraus, dass es unterschiedliche Entscheidungsmöglichkeiten gibt. Sonst wird aus dem Wahllokal ein „Legitimations-Lokal“.

Nicht gereicht hat es auch für den Anwalt und Listenführer der VISION ÖSTERREICH. Mit „Tatort: Politik“ beschrieb Alexander Todor-Kostic zwar die Realität entsprechend seiner juristischen Kompetenz, aber das verschreckte die Wählerschaft. Details will man in Kärnten nicht so genau wissen. Das macht nur Kopfweh. Deshalb hat auch er den Einzug in den Landtag deutlich verfehlt. Die ÖVP hatte mit dem „Kämpferherz“ Martin Gruber mehr Glück. Er blieb auch „standhaft“, als man sogar seine Plakate abfackelte. So konnte er wenigstens die Sinnlosigkeit von Wahlprognosen beweisen. Einmal mehr wurde nämlich klar, dass Meinungsforschungen „für die Fisch“ sind. Inhaltlich war die Gruber-Botschaft eher als Starrsinnigkeit und Beratungsresistenz zu verstehen und der leichte Zugewinn ist eine Bestätigung für Moral Hazard. „Wann, wenn nicht jetzt“, plakatierte Gerhard Köfer vom Team Kärnten. Durchaus als „Eure letzte Chance“, wollte er diese Botschaft wohl verstanden wissen. Immerhin hat der Kandidat schon einige Versuche hinter sich. Die Wählerschaft ergriff teilweise den Strohhalm und verdoppelte das Wahlergebnis. Dennoch blieb das Team Kärnten hinter den eigenen Erwartungen zurück. Dann gab es noch ein spezielles Plakat mit Tiefgang. Es stammt von den NEOS mit dem Frontmann Janos Juvan. Der Wunschkandidat der Bauindustrie setzte mit seinem Slogan voll auf „Leistung“ und nutzte jede Gelegenheit um zu erklären, wer für ihn Leistungsträger ist: Nur wer täglich aufsteht und malochen geht. Wer sich zu Hause um Haushalt und Familie kümmert, ist wertlos. Die Wählerschaft sah das mehrheitlich völlig anders. Sie fanden, eine Stimme für NEOS ist wertlos. Landtag klar verpasst. Die Bauindustrie wird das nicht weiters kränken. Sie kann sich eh noch auf die SPÖ verlassen.

Zusammenfassend kann man festhalten, dass mehr Parteien im Wahlkampf leider nicht automatisch einen demokratiepolitischen Zugewinn bedeuten. Vielmehr gibt es mehr vom Alten und eine Fortsetzung von Moral Hazard. (PB)

Wietersdorfer Erweiterung der Steinbrüche

Leserbrief zu den Kommentaren zum Artikel Bettina Auer/Kleine Zeitung: „Wietersdorfer Erweiterung der Steinbrüche beschäftigt die Landesregierung“ (Ausgabe 07.01.2023, St. Veit)

Warum mischen sich die Steirer bei uns ein? Einzig um dem Görtschitztaler Zementwerk Verzögerungen und finanzielle Verluste zu bescheren? Nun, die Steirer und die Kärntner sind sich einig, dass niemand über dem Gesetz steht, auch wenn es um Arbeitsplätze und finanzielle Gewinne geht. Ich entnehme dem Zeitungsartikel, dass das Bundesverwaltungsgericht der Wietersdorfer Geschäftsführung (die den Rodungsantrag stellte) und der Landesregierung (die den Antrag genehmigte) erklärt hat, dass ihre Lesart des Gesetzes die Grenzen der möglichen Interpretation teilweise zu weit überschritten hat. Wenn sowohl der Antrag als auch die Genehmigung korrekt gewesen wären, hätte es in dieser Hinsicht keine zusätzlichen Verzögerungen gegeben, keine potenziellen Arbeitsplatzverluste und keine finanziellen Einbußen für die Wietersdorfer und die Republik.

Und wer finanziert die BI Neumarkt eigentlich? Anscheinend gibt es einige Personen, die sich auch um unsere Demokratie und die Zukunft der Kinder (auch der Leser) sorgen. Demokratie und Kinder sind unser größter Reichtum und wir müssen sie schützen.

Laut FUNK-Bericht ist Wietersdorf seit Jahren kein Zementwerk mehr, sondern „eine Sonderabfallbehandlungsanlage geworden, in der auch Klinker produziert wird“. Nach dem HCB-Skandal weiß „jedes Kind“ im Görtschitztal (und in Neumarkt in der Steiermark), dass gefährliche Abfälle (wie Quecksilber und HCB) nie in den Kamin einer Zementfabrik gehören.

Die bestrittene Genehmigung ermöglicht weiters implizit, neben der Verbrennung von gefährlichen Abfällen auch der Ausstoß von über 500.000 Tonnen CO2 pro Jahr während der nächsten 45 Jahren (also bis 2068). Laut eigenen Angaben, fängt Wietersdorf dieses CO2 nicht ein, sondern gibt es in die Natur ab, aus der es nur sehr umständlich zurückzuholen ist – und sollte dafür die Gemeinschaft keine CO2-Klimasteuer zahlen müssen. Der Bürger zahlt mehr als 30 Euro pro Tonne.

Ob die Demokratie und unsere Kinder das alles wollen, sollten nach Ansicht einiger nicht nur die Wietersdorfer Geschäftsführung und die Kärntner Landesregierung entscheiden.

Zurück zu der Frage: Wer finanziert die BI Neumarkt eigentlich? Gemäß ihren Statuten finanzieren die Mitglieder ihre Bürgerinitiative. Im Görtschitztal gäbe es eine ähnliche Bürgerinitiative, mit weniger finanziellen Mitteln.

Peter Dreesen, Klein St. Paul

Sitzung der Kärntner Landesregierung

Text: Peter Baumgartner.

Am 10. Jänner 2023 findet die erste Regierungssitzung im neuen Jahr statt. Auf der Tagesordnung stehen so viele Punkte, dass man meine möchte, die Regierung will vor der Landtagswahl am 5. März noch schnell alles durchpeitschen, was nachher vielleicht nicht mehr möglich sein könnte. Einer der Tagesordnungspunkte lautet:

„w&p Zement GmbH, „Rodungsvorhaben Kalkstein- und Mergelbruch Klein St. Paul, UVP-Genehmigungsbescheid gemäß § 17 UVP-G 2000; Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 27.10.2022, ordentliche Revision der Bürgerinitiative Neumarkt in Steiermark an den VwGH; Revisionsbeantwortung.

Dabei geht es um einen beeinspruchten UVP-Bescheid der LRG, den die „Bürgerinitiative Zukunft Görtschitztal“ (IZG) initiiert hat. Wie vom Gesetzgeber gefordert, können Bürger sie betreffende Bescheide nur beeinspruchen, wenn sie ganz bestimmte Kriterien erfüllen. Sinn und Zweck dieser restriktiven Bestimmungen ist, dass Bürgerinitiativen kleiner Ortschaften schon zahlenmäßig gar keine Chance haben, irgendwelche Rechtsmittel zu ergreifen. Wenn es dann, wie meist erforderlich, auch noch Rechtsbeistand und Gutachten notwendig sind, um ein Rechtsmittel ergreifen zu können, bleibt kleinen Gruppen oder Einzelpersonen keine Wahl. Sie müssen sich Hilfe organisieren. Auch in diesem Fall hat sich die kleine IZG von der größeren, zugelassenen Bürgerinitiative Neumarkt aus der Steiermark Hilfe geholt. Dies heißt jedoch nicht, dass die Geschichte für die IZG kostenlos ist. Im Gegenteil. Durch die juristischen Zwangsbestimmungen wird eine notwendige Bürgerbeteiligung massiv erschwert und verteuert. Im „Kärntner Fall“ kommt noch dazu, dass die Landesregierung unter medialer Beihilfe unterschwellig „ausländische Einmischung“ ins Treffen führt und damit die eigene Bevölkerung nicht nur diskreditiert, sondern eine gegenseitiges Aufstacheln in den sozialen Medien wissentlich in Kauf nimmt. Prompt sind nach der Veröffentlichung der „ausländischen Einmischung“ durch die Kleine Zeitung im Internet entsprechend gewünschte „Reaktionen“ aufgetaucht.

Inhaltlich geht es bei dem anhängigen Verfahren um eine rechtlich umstrittene Rodung großer Waldflächen und Abbautätigkeiten von Rohstoffen für die Zementgewinnung. Die Landesregierung als zuständige Behörde führt öffentliches Interesse ins Treffen. „Öffentliches Interesse“ ist ein Rechtsbegriff, den Juristen immer dann verwenden, wenn ihnen die Paragraphen ausgehen. Wenn ihnen nichts mehr einfällt und statt Vorschriften, unbestimmte und individuell händelbare Entscheidungshilfen herhalten müssen. So werden auch ein neuer Steinbruch und die Rodung von zig-Hektar Wald im Görtschitztal argumentiert. Wofür? Für noch mehr Zement. Kärnten hat mit 510 m2/Kopf den größten Anteil an Bodenversiegelung in Österreich, sagt das Umweltbundesamt. Das ist einsamer Spitzenwert. Dahinter liegt Niederösterreich mit 409 m2. Aber das macht nichts. 96 Prozent der versiegelten Flächen in Österreich sind dem Verkehr zuzuordnen. Auch da zählt Kärnten zu den Spitzenreitern und das fördert wieder die Auswirkungen des Klimawandels, sagen die Versicherer. Aber das macht nichts. Mit dem Straßenbau wächst die Zersiedelung und damit wieder das Verkehrsproblem. Macht auch nichts. Die Zementindustrie ist einer der größten Energieverbraucher. Auch egal, wir reduzieren die Wohnzimmertemperatur einfach auf 15 Grad. Barbara Blaha vom Momentum Institut meint, dass die Energievergeudung der Reichen nur per Gesetz wirksam bekämpft werden kann. Aber das wird nicht geschehen, denn die Wirtschaftslobby in Kärnten ist mächtig und hat einen Namen: Sozialdemokratische Partei (SPÖ).