Realsatire

Von Peter Baumgartner, Foto: Ung. Verteidigungsministerium / Kormàny Gàbor

Was in den Medien tagaus/tagein als unabhängiger Bericht oder als Nachricht verkauft wird, könnte auch leicht als Realsatire durchgehen. Persönlich empfinde ich die mehrheitlich von der Mediengesellschaft verbreiteten Information eher als Narrenliteratur.

Mitte: EU-Kommissar Thierry Breton freut sich mit dem ung. Verteidigungsminister Kristóf Szalay-Bobrovniczky über den neuen Rüstungsindustriepark.

Ein Beispiel? Gerne: Ungarns Demokratieverständnis unter Viktor Orban wird von „guten Demokraten“ allgemein eher als Ramsch wahrgenommen und so auch medial transportiert. Legendär sind Ungarns „Wickel“ mit der EU und deren Vizepräsidentin Katharina Barley geht sogar so weit zu fordern, man möge doch „Ungarn (finanziell) aushungern“. Jedenfalls rät sie westlichen Unternehmen dringend davon ab, im EU-Land Ungarn zu investieren. Das hindert unseren BK Nehammer nicht daran, dem „lieben Viktor“ einen roten Teppich auszurollen. Alte (Partei)Freundschaft verbindet. Immerhin wurde der erst kürzlich „abgekanzelte“ Parteifreund Kurz in Budapest dennoch wie ein Staatsmann empfangen. Der konnte sich bei dieser Gelegenheit vielleicht davon überzeugen, dass seine ehemals „guten nachbarschaftlichen Beziehungen“ zu Ungarn Früchte tragen. Demnächst wird nämlich die legendäre Munitionsfabrik Hirtenberger, die jetzt im Besitz des ungarischen Staates ist, nach Várpalota, in den 400 Hektar großen, modernen Orban/Rheinmetall-Rüstungsindustriepark übersiedeln. Damit wird österreichische Expertise vielleicht Orban bei seinem „Kulturkrieg“ unterstützen. EU-Kommissar Thierry Breton hegte bei der Gleichenfeier im September 2022 schon die Hoffnung, dass Orban (als letzter Putin-Versteher in der EU) künftig einen wichtigen Beitrag zur Verteidigungsfähigkeit Europas beitragen wird. Und das Narrenschiff zog weiter nach Narragonien…

Hier im ungarischen Rüstungsindustriepark in Várpalota, wird schon bald österreichisches Know-how der Firma Hirtenberger einziehen.

Föderalismus macht dumm

Text: Peter Baumgartner

Vier Stück vom Finanzausgleich-Kuchen beansprucht Kärnten. Sonst…
Bild: Peter Baumgartner

Es gibt unzählige Zuordnungen, was alles (angeblich) dumm macht. Stress macht dumm, Routine, Macht, Multitasking, Weizenmehl, Süßigkeiten u. v. a. m. Sogar Ferien sollen dumm machen. Ob es stimmt? Wenig ist wissenschaftlich belegt. Aber gefühlt werden wir als Gesellschaft tatsächlich immer dümmer. Jetzt greift die Schwarmdummheit schon unser politisches System an und gefährdet die Gesellschaft. Nach dem EU-Beitritt Österreichs konnte man erste Reihe fußfrei miterleben, wie in Österreich ein Gesetz nach dem anderen von der EU abgeschrieben werden musste. Allein, die Verwaltungsstrukturen haben sich im Vergleich zu vorher nicht einen Zentimeter verändert. Nationalstaatliche Strukturen mutierten zwar zu Abschreibbüros, blieben aber bei ihrer Unverzichtbarkeit. Sichtbares Merkmal ist die vom Verwaltungsjurist Peter Bußjäger konstatierte völlige Unübersichtlichkeit der Kompetenzverteilung in Österreich. Für den Durchschnittsbürger wird dieses Dilemma regelmäßig bei den Finanzausgleichsverhandlungen deutlich sichtbar. Nämlich dann, wenn sich „pubertierende Landeshauptleute“, wie es VN-Chefredakteur Riedmann genannt hat, beim Bundeskanzler anstellen und ihre Bestellung abgeben.

„Wir wollen das Modell Kärnten Wien gegenüberstellen“, rief Haider 2007. Seither fürchten sich die anderen Parteien vor der FPÖ. Bild: FPÖ

Auf die Spitze getrieben hat die Kleinstaaterei bekanntlich Jörg Haider schon 2007 mit seiner Idee vom „Freistaat Kärnten“, wonach Wien zwar weiterhin alles zahlen sollte, sich aber gefälligst nicht in die Kärntner Politik einzumischen hat. In dieser „Idee“ öffentlich verankert ist nur die FPÖ – aber denken tun es offensichtlich alle.

Klimaneutral.abnormal.egal.

Text & Bilder: Peter Baumgartner

Bürgerbeteiligung bei der Diskussion zur Klimaneutralität ist ein wenig wie humaner Strafvollzug. Man darf sich die Strafe selber aussuchen.

Der Versuch einer Komparation zum Begriff Klimaneutralität zeigt, man kann die Steigerungsform nach Belieben anwenden, weil noch niemand den Beweis antreten musste, tatsächlich klimaneutral zu sein. Das haben wir schon als Schulkinder gehört: „Mein Papa ist viel stärker als deiner“. Sind jemals zwei Väter in den Ring gestiegen, um den Beweis für die Behauptung ihrer Sprösslinge anzutreten? Ich glaube nicht. Mit der Klimaneutralität ist es ähnlich. Man erweckt den Eindruck klimaneutral zu sein (oder zu werden), aber mit den Beweisen ist es dann so eine Sache…

Seit 2007 unterstützt der Klima- und Energiefonds den Aufbau von Klima- und Energie-Modellregionen in Österreich. Derzeit gibt es 124 Modellregionen in 1134 Gemeinden und es werden laufend mehr. Die Ziele sind neben einer Bewusstseinsbildung in der Öffentlichkeit, Maßnahmen im Bereich Energie und Mobilität zu setzen. Übergeordnetes Ziel für Österreich, ist die Klimaneutralität-2040. Seit der Gründung hat der Klima-und Energiefonds mit 2,4 Mrd. Euro Steuergeld mehr als 300.000 Projekte auf dem Weg zum Ziel in Österreich gefördert. 433 Mio. Euro betrug das Förderbudget 2022. Auch St. Veit ist nach beträchtlichen Vorleistungen bereits seit 2015 eine Klima- und Energie Modellregion (KEM) und Nutznießer des Fördertopfs. Unter der Überschrift „Sonnenstadt St. Veit“ wurde schon in den 1990er Jahren kräftig in die Klimaneutralität der Stadt investiert. E-Carsharing („Twicy“), e-bikes, PV-Anlagen, Ausstellung „Erlebnis Energie“ und LED Umrüstung der Straßenbeleuchtung etc., gingen einher mit einer einschlägigen Industrieansiedlung, die zu den PV-Pionieren in Österreich zählt. Für sie wurde die Glan über Nacht zum Klondike River. Ende 2014 konnten 900 durchschnittliche Haushalte mit Strom aus erneuerbarer Energie versorgt werden. St. Veit rühmte sich stolz, Österreichs größter Produzent von Photovoltaik-Strom zu sein. Außerdem waren schon 70 Prozent der Häuser an das örtliche Fernwärme-Netz angeschlossen. Damals hatte St. Veit 5.813 Haushalte mit 12.524 Einwohnern und Bürgermeister Gerhard Mock verkündete seine Vision von einer energieautarken Stadt im Jahre 2020. Im Jahre 2022, da war schon Martin Kulmer Bürgermeister, verfügten 1500 von 6400 Haushalten über Sonnenstrom und 60 Prozent wurden mit Fernwärme versorgt. Qualmende Schlote gibt es in St. Veit dennoch mehr als genug. Manche Fördernehmer scheinen auf Nummer Sicher gehen zu wollen und trennen sich trotz PV-Anlage am Dach nicht von ihrem alten Verbrenner im Keller.

Frage an Radio Jerewan: Ist es sinnvoll, wenn ich auf erneuerbare Energie umsteige? Antwort: Im Prinzip ja – wenn die Sonne der Kelag keine Rechnung schickt.

Am 13. September 2023 lud St. Veit zur Auftakt- und Informationsveranstaltung zum Klimaneutralitätsfahrplan. Auch dieses Projekt („Leuchttürme für resiliente Städte 2040“) wurde vom Klimafonds gefördert (79.990 Euro). Damit sollte neuer Schwung in die 2040-Vision gebracht werden. Diesmal waren die Bürgerinnen der Stadt eingeladen, ihre Ideen einzubringen und am Gelingen beizutragen. Nach offiziellen Angaben sind mehr als 100 Personen der Einladung gefolgt. Mit „Die Stadt St. Veit an der Glan hat viel Verkehr“, eröffnete Bürgermeister Martin Kulmer die Veranstaltung. Besonders der Durchzugs- und Schwerverkehr beschäftigt das Stadtoberhaupt über Gebühr.  Deshalb möchte St. Veit/Glan mit gutem Beispiel vorangehen und ein Leuchtturm für andere Städte und Gemeinden sein. Ein ambitioniertes Ziel, wenn man bedenkt, welche Zielsetzungen bereits versäumt wurden oder schon lange in der Warteschleife hängen.

Hinsichtlich der Mobilität gibt es schon über viele Jahre „Vorarbeit“ durch die Stadtregierung. Der Verkehrspapst Hermann Knoflacher höchstpersönlich hat sich mehrfach um den Verkehr in St. Veit gekümmert. Erstmals hat er 1971 und später 1989 entsprechende Vorschläge gemacht, was sich in der Stadt ändern muss. 2019 waren die TU-Wien-Mobilitätsexperten wieder vor Ort und verschriftlichten den, ihrer Meinung nach, notwendigen Handlungsbedarf. Kulmer, damals noch Vizebürgermeister, meinte, „Die Ergebnisse sind gut und wichtig. Sie werden uns die nächsten Jahre und Jahrzehnte beschäftigen.“ Seither pulsiert und brummt der Verkehr in der Stadt mehr denn je. Inzwischen hat die KEM-Nachbargemeinde Liebenfels – interkommunaler Zusammenarbeit zum Trotz, die Ansiedlung von „Europas größtem PV-Anlagen-Werk“ im Dorf angekündigt. St. Veit würde davon auch profitieren – vom Durchzugsverkehr. Zum Glück ist diese Vision in Konkurs gegangen, aber die Entwicklung ist dadurch wahrscheinlich nur verzögert. Dennoch wächst der Stau vor den Bahnübergängen. Wobei es nur eine Frage der Zeit ist, wann beim unbeschrankten Bahnübergang wieder eine Tragödie passiert. Die Feinstaubmessung in der „Sonnenstadt St. Veit“ hat man angesichts der Verkehrsbelastung vorsorglich gleich verräumt. Nach dem Motto, was ich nicht weiß… Kleinkinder werfen bekanntlich die Hände schützend vor die Augen, weil sie glauben, dass sie das Böse dann nicht sehen kann.

Bürgermeister Martin Kulmer hat die Staffel vom Vorgänger Gerhard Mock übernommen – mit zeitlich angepasster Zielsetzung. 2040 statt 2020.

Wie bereits festgestellt, verfügt St. Veit schon seit vielen Jahren über ein Fernwärmenetz. Angeblich soll es sogar das dichteste Fernwärmenetz in Europa sein. Anfänglich galt es auch als besonders fortschrittlich und umweltfreundlich. Doch inzwischen ist die Fernwärmeerzeugung ein Produkt der Müllverbrennung. Die Anlage ist im allgemeinen Sprachgebrauch noch immer „nur“ eine sogenannte „Mitverbrennungsanlage“ die keinen Müll, sondern „Ersatzbrennstoffe“ (EBS) verheizt. Und was oben am Kamin herauskommt, belastet die Stadt eh nur gering, weil der Kamin so hoch ist, dass die Randgemeinden auch etwas davon haben. Inzwischen geht das Spiel so weit, dass der ursprüngliche Zweck der Energiegewinnung zur Nebensache und das Müllgeschäft zur Hauptsache wird. Und dann sind da noch die Heizkosten für die „umweltfreundliche“ Wärme. Wir erzeugen sie vor der Haustür, liefern den Brennstoff, schlucken den Dreck – und bezahlen dennoch den Welthandelspreis.

Der Stau vor den geschlossenen Bahnübergängen wächst. Wahrscheinlich ist der Klimawandel schuld…

Ob Kulmers 2040-Vision so endet wie Mocks 2020-Vision, wird man sehen. Die großen Fragen sind allerdings: Wollen wir diese Klimaneutralität überhaupt? Sollten wir es wollen und sind wir uns der Folgen bewusst? Wie es scheint, werden die Fragen zunehmend enthusiastisch mit Ja beantwortet. Damit ist gar nicht so sehr der Zustand freudiger Erregung der Grünen gemeint, die ihrer Klimagöttin Eleonore bedingungslos nacheifern. Vielmehr trägt der mediale Hype Früchte und vernebelt den Blick auf das Ganze. Es könnte aber auch sein, dass der normale Bürger gar keine Wahlfreiheit (mehr) hat. Zahlen oder mit den Folgen des Klimawandels leben. Ist das die Zukunftsperspektive der Normalbürger? Was hilft nachhaltiger – Resilienz oder Geld? Oder wird gar nur beides im Übermaß ein halbwegs erträgliches Leben ermöglichen? Das würde zumindest erklären warum die, die es können, sich dreist die Taschen anfüllen. Immer mehr Bürger kommen sich jedoch vor wie der blutüberströmte Boxer in der Ringecke, dem sein Trainer eintrichtert, dass er den aussichtslosen Kampf auf jeden Fall gewinnen wird. Von wegen, die Sonne schickt keine Rechnung!

PV am Dach, Kohle im Keller. Der kluge Bürger baut vor.

An dieser Stelle beginnt die allseits bekannte Diskussion darüber, dass zwei Experten drei Meinungen vertreten. Dieser Diskussion wollen wir uns nicht anschließen und stattdessen lieber etwas auf das Bauchgefühl hören: Zwischen Wollen und Tun liegt offensichtlich ein tiefer Graben. Die zahlreich anwesenden Teilnehmer bei der Auftaktveranstaltung zur Klimaneutralität-2040 zum Beispiel, haben überzeugend für die 2040-Vision gestimmt und sind dennoch mehrheitlich mit dem PKW angereist. Wobei der E-PKW Anteil bekanntlich noch sehr gering ist. Wichtig ist, wird bei den „Projekten“ immer gesagt, dass alles zielgerichtet, faktenbasiert und messbar abläuft. Dennoch ist die 2020-Vision im Sande verlaufen. TINA! (there is no alternative), ruft die Klimagenossenschaft. Setzt Duftnoten – und macht weiter wie bisher.

Gemessen wird der Feinstaub in St. Veit schon lange nicht mehr. Man weiß eh, was da ist.

Das örtliche Entwicklungskonzept, bekanntlich das wichtigste Planungsdokument einer Gemeinde, stammt in St. Veit aus dem Jahre 2014. Es wurde also in einer Zeit verfasst, als die Vision-2020 noch Dogma war. Dementsprechend ambitioniert waren teilweise die verschriftlichten Pläne der Stadt. Verkehrsreduktion war zum Beispiel schon damals ein wichtiges Thema. Beinahe 10 Jahre nach der Veröffentlichung des ÖEK ist die Bilanz überschaubar. Aber vielleicht kommt man ob der vielen „Projekte“, bei denen schöne Bilder im Vordergrund stehen, nicht zum Abarbeiten der To-do-Liste. Vor dem Hintergrund der Bodenversiegelung-ist-pfui Debatte, wird die Nutzung von sogenannten Brachflächen in der Raumordnung und Betriebsansiedlungspolitik zunehmend wichtiger. Nicht (mehr) genutzte Industrieflächen sollen vorrangig einer neuen Nutzung zugeführt werden, bevor wieder auf der grünen Wiese gebaut wird. Was auf den ersten Blick eine durchaus sinnvolle Maßnahme ist, entpuppt sich auf dem zweiten Blick als „Verewigung von Altlasten“ mit allen Konsequenzen und öffnen Tür und Tor für Grundstücksspekulationen. Kontaminierte Böden sollten nämlich vordringlich so saniert werden, dass sie danach wieder vielfältig genutzt werden können. Dafür gibt es ein Altlastensanierungsgesetz. Wenn man Altlasten stattdessen „überbaut“ und das dann als Beitrag zur CO2-Kompensation verkauft, ist es Rosstäuscherei.

Ungeachtet des fortgeschrittenen Ausbaus von erneuerbarer Energie in St. Veit.
Es gibt noch viel zu tun.

Optimistisch könnte man am Ende der Betrachtung anmerken, dass es viele engagierte Entscheidungsträger und Mitstreiter gibt, die ehrliches Bemühen nicht nur zum Spaß vor sich hertragen. Vielleicht nicht genug, aber viele Leute, auch in St. Veit, wollen Teil der Lösung und nicht bloß Meckerer auf dem Balkon sein, die alles besser wissen. Ihnen gilt es Vertrauen zu schenken und dort wo es möglich ist, unterstützend zu wirken. Leider zählt das persönliche Engagement der Bevölkerung nicht gerade zu deren Stärke. Deshalb kann man die Bürgerbeteiligung bei der vergangenen Veranstaltung nicht hoch genug einschätzen. In diesem Fall war sogar das Steuergeld gut investiert. 

Problem versus Möglichkeit

Text: Peter Baumgartner.

Sebastian Kurz 2018 in Kärnten. Mit einem „neuen Stil“ will er die Probleme angehen, versprach er seinen 1300 begeisterten Parteifunktionären in Kärnten – mit dem mittlerweile bekannten Ergebnis. Quelle: Peter Baumgartner

Die Strategie muss im Silicon Valley entstanden sein. Es geht um das Problembewusstsein. Viele Menschen glauben, Probleme gibt es nicht. Es gibt nur Möglichkeiten und Chancen. Das Umweltproblem wird so zur Möglichkeit der Veränderung. Ein Eheproblem kann man auch als Chance zur Bewusstseinserweiterung wahrnehmen. Man kann überhaupt alle Probleme ablehnen und nicht anerkennen. Ich habe die Erfahrung bei einem hoffnungslos verschuldeten Menschen gemacht. Er hat einfach alle Rechnungen „stillgelegt“. Logischerweise müsste dann der nächste Schritt folgen und „Möglichkeiten“ genutzt werden. „Wenn wir verstehen, dass die Zukunft gestaltbar ist, verliert sie von ihrer Bedrohlichkeit“, sagt ein Klugscheißer aus der Finanzindustrie, der wohl auch von Silicon Valley geprägt ist. Günther Nenning würde wahrscheinlich entgegenhalten, ein Problem ist ein Problem, ist ein Problem. Aber Nenning ist schon gestorben und seine Lösungskompetenz hat sich nicht durchgesetzt. Durchgesetzt hat sie (anscheinend) der Möglichkeitsglaube. Auch Angela Merkel dachte „Wir schaffen das“. Das Ergebnis wird auch tatsächlich vielfach als Erfolg betrachtet – was natürlich Blödsinn ist. Meine Theorie ist ja, wenn sich die Erkenntnis durchgesetzt hat, dass man ein Problem nicht (mehr) lösen kann, tauft man es einfach in Möglichkeit um. Natürlich könnte man auch auf den Mond oder den Mars auswandern, wenn einem die Probleme auf der Erde über den Kopf wachsen. Aber das ist halt (noch) nicht für alle Problemträger möglich. Und Teleportation hat sich in der problembehafteten Welt auch noch nicht durchgesetzt. Außerdem, ich befürchte, die Erdprobleme werden immer im Handgepäck mitfliegen. Also wandeln wir die Probleme als Sprachschöpfung in Möglichkeiten um, dann haben nachfolgende Generationen auch etwas davon. Damit kommen wir vielleicht noch ein paar Generationen durch – mit etwas Glück. Dummerweise gibt es zunehmend Menschen, die Probleme nicht nur als solche ablehnen, sie suchen sie geradezu aktiv und in vollem Bewusstsein der Folgen. Man kennt das Phänomen aus der Juristerei. Aber da wandert höchsten eine schutzlose Person unschuldig hinter Gitter. Typisches Beispiel einer unlösbaren Problemgeschichte ist die „Künstliche Intelligenz“. Der niederschwellige Zugang zur KI und die flächendeckende Verbreitung schaffen endlos neue Probleme die es vorher nicht gab. Dennoch machen wir daraus Möglichkeiten. Blöd wird es, wenn zum Beispiel ein ganzes Tal durch einen Mix aus Gier und Dummheit den Görtschitzbach hinunter schwimmt. Wenn man dann nicht auf den Mond verschwinden kann, hat man nicht mehr viele Möglichkeiten. (PB)

Klimakleber

Text: Peter Baumgartner.

Geduldig und diszipliniert warten die Autofahrerinnen, bis die Feuerwehr die Straße nach einem Unwetter wieder frei geschaufelt hat. Niemand trägt einen Baum oder gar einen Feuerwehrmann von der Straße. Quelle: FF Viktring

Schlamm vor der Garage, Straßensperre hier, Hangrutschung da, Muren, umgestürzte Bäume, Ortschaften von der Außenwelt abgesperrt, überflutete Straßen überall. Liebe Klimakleber, ihr könnt euch ganz unbesorgt in die warme Stube zurückziehen. Das Klima erledigt euren Job viel besser und effizienter. Und schaut mal, kein zorniger Autofahrer, der deshalb zu spät in die Arbeit kommt, tritt gegen das auf der Straße liegende Geröll. Keiner der Autofahrer schreit in die Schlammlawine hinein oder räumt auch nur ein Steinchen selber auf die Seite. Politikerinnen denken nicht im Traum daran, auch nur einen Ast zu inhaftieren, der stundenlang die Straße versperrt. Alle warten sie artig und überwältigt auf die Hilfe der Feuerwehr. Sogar tagelang! Nicht mal in überflutete Straßen spucken kann man irgendwo beobachten. Es ist offensichtlich, die massiven Behinderungen auf den Straßen durch den Klimawandel werden durch die Bank als akzeptabel und gottgewollt wahrgenommen. Die Natur kann alles besser, als unsere unfertige Spezies. Selbst die bösartigsten Typen werden angesichts der örtlichen Bedrohungen zahm und die Dümmsten nachdenklich. Damit das alles so bleibt wie es ist, führen wir eine generelle Versicherungspflicht ein, denn bezahlt muss die Schwarmdummheit ja werden. So kann alles bleiben wie es ist. Daher, lehnt euch zurück liebe Klimakleber und Zukunftspessimisten, es lafft eh. (PB)

La Furia Roja

Text: Peter Baumgartner.

Die spanischen Fußball-Frauen Nationalmannschaft gibt es seit 1971. Den Spitznamen „La Furia Roja“, die rote Furie, trägt die Nationalmannschaft schon seit 1920. Quelle: FIFA

Warum schreiben so wenige Leute Leserbriefe über Sport? Eigentlich ein Thema für eine großangelegte Gesellschaftsstudie. Alle Menschen haben eine Meinung zu allen möglichen Themen. Gut, Horoskop, Wetter oder Kultur kommt auch eher selten vor. Dafür beschäftigte das „Kurz-Zeit-Gedächtnis“ die Medienkonsumenten zum Beispiel über Gebühr. Die wichtige Information aus dem Horoskop, „Ein Zwilling/Fisch liebt Sie“, lässt wiederum niemand in die Tasten hauen. Aber woher kommt trotz gesellschaftlicher Bedeutung die „Ignoranz“ für Sportthemen in Leserbriefen? Die Frauen-Fußball WM hatte fast 2 Mio. Zuseher. Für mich selber könnte ich das erklären. Mein Lieblingssport – Wasserball, spielt in Österreich und speziell in Kärnten gar keine Rolle. Daher fehlt die Diskussionsbasis. Frauenfußball und speziell das aktuelle WM-Ergebnis mit der spanischen Siegermannschaft (warum heißt das noch nicht Siegerfrauenschaft?), fand ich allerdings auch hoch diskutabel. Da waren viele begeisternde Momente dabei und der spanische Höhenflug trotz aller Nebengeräusche ist einfach beachtenswert. Umso mehr enttäuscht der „Kuss-Gate“ Schatten bei der Siegerehrung. Plötzlich stielt so ein menschgewordenes Testosteron-Paket der ganzen WM die Show. Alle Medien berichten nur noch über oder mit „Kuss-Gate“. Zwei Herzen schlagen in meiner Brust: Sollte man angesichts der berechtigten Begeisterung über eine großartige Sport-Leistung einen Macho einfach ignorieren, oder lässt man es zu, dass dieser Typ mit medialer Unterstützung das sportliche Leuchtfeuer überschattet? Ich hätte mir eine spontane Entscheidungshilfe von der betroffenen Spielerin gewünscht. Gerne auch als Furia Roja. Aber wahrscheinlich hätte das auch nicht geholfen. Die Leserbriefschreiber beschäftigten sich nicht mit dem Sport, sondern nur mit dem „Kuss-Gate“. (PB)

Ein Viertel vom Zehent gehört den Armen

Text: Peter Baumgartner.

Die letzten Barreserven wurden längst von Wegelagerern mit Kaperbrief abgegriffen.
Quelle: Peter Baumgartner

In der, zu kippen drohenden Gesellschaftsdebatte um die „Gepflogenheiten“ in der Bankbranche, zeigen sich manche „Liberale“ verständnislos. Weiß doch eh jeder, worauf man sich bei der Kreditwahl oder generell bei der Auswahl eines Bankinstitutes einlässt. Als ob man tatsächlich immer die Wahl hätte. Ich erinnere mich noch an die erste Amtshandlung des Zentralbetriebsrates bei Berufseinsteigern: „Da, unterschreib‘ die Kontoeröffnung“. Das ignorieren diese liberalen Experten allerdings großzügig. Bankmanager hingegen zeigen sich neuerdings vor dem Hintergrund drohender Totalausfälle generös. Nach dem Motto, lieber der Spatz in der Hand, als die Taube am Dach, sind sie zu „Eingeständnissen“ bereit. Ein freiwilliger Spesenverzicht oder Nachlass der Verzugszinsen, soll die Nöte der Kunden lindern und die Geschäftspartner bei Laune halten. Letzte Ausfahrt auf dem Highway to Hell für Schuldner, sind sozusagen Almosen der Kreditgeber, die den Ruin hinauszögern. Das erinnert ein wenig an die Abgabe eines Zehent im alten Christentum, wo der dritte Teil den Armen zugesprochen wurde. Der Unterschied zu heute würde demnach darin besten, dass vom großen Rest des Zehenten keine Kirchen, sondern Chalets gebaut und dubiose Organisationen finanziert werden. Die Botschaft der „Einigung“ zwischen Finanzwirtschaft und Regierung ist klar: Der soziale Friede hat seinen Preis (für einen Apfel und ein Ei), aber für die Banken darf sich nichts ändern. Die Fortführung eines Systems, dass dazu führt, dass die Marktmechanismen außer Kraft gesetzt werden, ist politischer Konsens. Das heißt auch, wenn die Finanzwirtschaft unprofitable Bereiche, wie Bankomaten in Hintertupfing, an die Gemeinde delegiert, ist das ein „Bankenbeitrag für strukturschwache Regionen“. Früher, aber das ist lange her, nannte man das Gewinne privatisieren und Kosten sozialisieren. Aber da gab es noch Volksvertreter, die dagegen gekämpft haben. (PB)