MUCKRAKER des JAHRES

Ab 2023 wird die WANDZEITUNG alljährlich den MUCKRAKER des JAHRES ausloben.

Ein besonderer Schwerpunkt bei der Wahl zum MUCKRAKER des JAHRES liegt auf Beiträgen, die in der allgemeinen Medienarbeit nicht, oder wenig Berücksichtigung finden. Viele Themen sind für die meisten Medien aus verschiedenen Gründen tabu, oder es wird erst berichtet, wenn andere bereits die schwierige Recherchearbeit geleistet haben. Gesucht wird jedoch nicht unbedingt der investigative Journalist, der oftmals als Feigenblatt eines Mediums dient, damit der Rest der Redaktion Meinungsjournalismus betreiben darf. Gesucht werden vielmehr Medienschaffende, die ein Gespür für das Wesentliche in einer Demokratie und in einer vielfältigen Gesellschaft haben, wo Meinungsfreiheit nicht mit Medienfreiheit verwechselt wird und wo die gleichberechtigte Diskussion die erste Wahl jeder Kommunikation ist. Dabei darf es durchaus sein, dass die Mehrheitsmeinung nicht zwangsläufig zur veröffentlichten Meinung führt. Kurzum, MUCKRAKER des JAHRES sind Medienschaffende, die wertvolle Arbeit für die Gesellschaft leisten.

Mehr als 60 Jahre nach der denkwürdigen Rede des amerikanischen Präsidenten John F. Kennedy (The President and the Press), haben wir noch immer nicht gelernt, wofür wir Medien brauchen und wann den Medien jene Bedeutung zukommt, die wir ihnen quasi als Vorschuss eingeräumt haben. Kennedy spricht in seinem Hilferuf alle wichtigen Aspekte einer Medienlandschaft an, die man leider auch heute noch schmerzlich vermisst. Stattdessen werden in einer, von einer kollektiven Selbstzerstörung geprägten Boulevarddemokratur, Phantomdebatten mit dem einzigen Ziel geführt, von der eigenen Unfähigkeit abzulenken. Kennedy hat es vermieden, berechtigte Kritik an die Journalisten zu richten. Stattdessen hat er versucht, sie für ein Medienverständnis zu begeistern, dass seiner Meinung nach gut für die USA ist.

Lange vor Kennedy hat Präsident Theodore Roosevelt gegenüber Journalisten weniger feine Worte gewählt. Von ihm stammt der Begriff „Muckraker“, mit dem er Journalisten abstempelte, die nur im Dreck herumwühlen, statt auch irgendetwas Erhabenes sehen zu wollen. Nicht dass Roosevelt es verhindern wollte, dass Journalisten Missstände aufdecken. Nein, er hielt es sogar für dringend notwendig. Aber der Präsident forderte nachdrücklich ein, dass man nicht nur im Mist wühlen soll, weil man sonst womöglich selber im Sumpf landet. Und dann hat Roosevelt etwas sehr Wichtiges gesagt. Nämlich, dass es für die Zukunft von großer Bedeutung ist, Missstände mit dem Ziel aufzudecken, dass danach eine Verbesserung des Einzelnen und der Nation erreicht wird. Sonst bleibt das Bild schwarz und man bekommt allmählich das Gefühl, die ganze Welt ist nichts als Dreck.

In diesem Sinn freuen wir uns darauf, lebensbejahende Medienschaffende mit dem MUCKRAKER des JAHRES auszeichnen zu dürfen, die den Dreck mit dem Rechen nur deshalb anhäufen und entfernen, damit hinterher ein störungsfreier Blick auf die Vollkommenheit der sinnlichen Erkenntnis möglich wird.