Lust auf Vorstadt
Unser Herz schlägt für die Innenstadt. Es lebe die Peripherie! So lautet die Zusammenfassung der wirtschaftspolitischen Zukunft der Herzogstadt St. Veit an der Glan. Es heißt, wir müssen unbedingt den „Krapfen-Effekt“ schaffen, der die Innenstadt wieder versüßt und den „Donut-Effekt“, der die Innenstadt aushöhlt, den müssen wir mit vollem (finanziellen) Einsatz beseitigen.
Doch längst herrscht der Algorithmus über der Innenstadt. Das ist die neue Einkaufsrealität „freier“ Bürger und Konsumenten. Außerdem, einkaufen in einem durch „öffentliches Interesse“ legitimierten Shopping-Center auf der grünen Wiese ist cool – egal was die Innenstadt bietet. Die Disparität hat sich in die Köpfe der Volksvertreter und Wirtschaftsorganisationen eingebrannt und das schafft Grenzen, wo gar keine sind. In der „Sonnenstadt“ St. Veit an der Glan ist man besonders stolz auf die historische Altstadt mit dem schönen Altbaubestand, den das Denkmalamt gegen den Widerstand des Bürgermeisters, am liebsten gleich insgesamt unter Denkmalschutz stellen würde. Aber die Altstadt ist leider gleichzeitig Innenstadt und der „Leerstand“ ist auch hier ein Dauerbrenner in der wirtschaftspolitischen Innenstadt-Diskussion.

Schon 2009 sollte die „Malik-Methode mit magischer Hand“ die Innenstadt aus dem Dornröschen Schlaf erwecken. Doch bald verschwand der Schweizer Experte mit seinem fetten Honorar und hinterließ die bewusstlose Innenstadt, die schnell mit „Innenstadt lebt“ reanimiert werden sollte. Flugs machten sich die Ortspolitiker daran, mit eigener Werbung selber nach dem Krapfen zu suchen, der die Innenstadt endlich wieder versüßt. „Ideen4Kärnten“ reihten sich 2021 wie Perlen auf der Kette der Verzweiflung aneinander. Nichts führte zum nachhaltigen Erfolg.
Die „Lust auf Innenstadt“ mit zahlreichen Veranstaltungen belebt die Innenstadt nur für ein paar Stunden an schönen Sommertagen. Die Aktion „Immobilien-Tinder #NiceToMietMe“ wollte in der Herzogstadt „Aufsehen erregen“, doch die paarungsbereite Kundschaft ging lieber im virtuellen Netz auf Partnersuche. 2024 nahm ein ÖVP-Stadtrat erwartungsgemäß St. Veit an der Glan als „Geisterstadt“ wahr. Deshalb nahm die Wirtschaftskammer die Initiative selber in die Hand und gedachte mit der Aktion „7 auf einen Streich“ alle Probleme lösen zu können. Als sichtbare Maßnahme kann man wahrnehmen, dass die PKW-Zufahrt zur InnenAltstadt geöffnet wurde und der Verkehr wieder zugenommen hat. Die Poller, die bisher die „Fußgängerzone“ sicherten, wurden sprichwörtlich „im Boden versenkt“.

Doch Ende 2024 betrug die Leerstandsquote trotzdem 25 Prozent und die Wirtschaftskammer hatte plötzlich 14 offene Punkte auf der Tu-do Liste. „Initiativen reichen nicht mehr“, erkannte der neu beigezogene „Innenstadtexperte“ Thomas Egger aus Linz und wollte mit einem Masterplan die Stadt vor dem „freien Fall“ bewahren. Prompt konnte der Experte schon 2025 mitteilen, dass er in der Innenstadt „etwas spürt“. Das „Gespür“ hatten 62 Prozent bei einer Medienumfrage leider nicht. Sie wollten statt teurer Experten, lieber sinnvolle Maßnahmen. SPÖ-Bürgermeister Kulmer stützt derweil die Einkäufe in der Innenstadt unverdrossen weiter mit 10 Prozent aus der Stadtkasse, in der Hoffnung, dass aus der Innenstadt doch endlich ein süßer Krapfen wird. Unbestritten, die Bemühungen um eine Belebung der sterbenden Innenstadt ist groß und ehrlich – allein die Grenzen im Kopf blieben bestehen. Anstatt den Ort, die Stadt mit all den Vorzügen und vielfältigen Angeboten als Einheit zu sehen und anzubieten, beschränkt man sich auf die Innenstadt. Einen kleinen Flecken in der großartigen Stadt, der dem wirtschaftlichen Trend folgend, um jeden Preis „belebt“ werden muss, damit die Kassen klingeln.

Bild: Peter Baumgartner
Gewerbe, Handwerk, Handel und vor allem Menschen, die oft Unglaubliches für die Stadt oder den Ort leisten, gibt es auch außerhalb der Innenstadt. Sie alle werden im täglichen Kampf um die Kundschaft für die Innenstadt völlig vergessen. Dabei liegt oft sehr viel Potential in jeder Stadt gerade außerhalb des Zentrums. „Es lebe die Vorstadt“, ist deshalb keine Werbung eines „Vorstadtexperten“, sondern frohe Kundgebung. Nahe der Ortschaft St. Donat in der Stadtgemeinde St. Veit an der Glan, südöstlich im Ortsteil Pflugern, liegt das spätbarocke Schloss Stadlhof. Versteckt in einem weitläufigen Park mit einem malerischen Schlossteich und knorrigen Bäumen, zählt das Kleinod zur langen vorstädtischen Geschichte der Herzogstadt. Von einem „Stadl“ als sprachliche Ableitung kann bei dem Schloss allerdings keine Rede sein, obwohl der Adelssitz noch eine schmucke „Lab‘n“, einen typisch bäuerlichen Vorraum, besitzt.
Namensgebend war einst Hans Stadler im 16. Jahrhundert, der diesen ursprünglichen Wirtschaftshof bewohnte. Einer von zahlreichen Bewohnern. Sehr oft haben im Laufe der Geschichte die Besitzer gewechselt und man sagt, dass noch nie ein Besitzer auf Schloss Stadlhof gestorben ist. Einer der prominentesten Besitzer, auch er ist vor seinem Tod ausgezogen, soll ab 1772 der Bischof von Gurk und spätere Kardinal von Passau, Josef Franz Anton Graf Auersberg, gewesen sein. Er hat bedeutende Spuren in der Kirchengeschichte hinterlassen.
Zu dieser Zeit kommt auch der großartige Baumeister Johann-Georg Hagenauer ins Spiel, der neben Schloss Stadlhof, zahlreiche andere Prachtbauten in Kärnten und darüber hinaus, architektonisch geprägt hat. In der jüngeren Zeit kommt Elisabeth Fräss-Ehrfeld, eine Schwägerin der bekannten Kärntner Historikerin Claudia Fräss-Ehrfeld auf das Schloss Stadlhof. 1991 übernimmt der Grazer Bäcker Martin Auer das Schloss und beginnt mit Renovierungsarbeiten, verkauft allerdings 2001 an das Land Kärnten um günstige 1,27 Millionen Euro.

Dann dürfte wohl ein Kärntner Partei-Schlossgeist in Stadthof eingezogen sein. Zunächst gab es noch einen Rechtsstreit zwischen Auer und Land Kärnten um die Rückgabe verschiedene historischer Schlosseinrichtungen, der erst 2016 beigelegt wurde. Auch die hochtrabenden Pläne um die Errichtung eines Holz-Kompetenzzentrums um 5,6 Mio. Euro im Schloss, führten 2003 zunächst zu einer parlamentarischen Anfrage und verschwanden dann auf kärntnerische Art in der Versenkung. 2009 verschwand der Partei-Schlossgeist wieder.
Waltraud und Hermann Fleischhacker übernahmen den mittlerweile erbarmungswürdigen Besitz. Hermann Fleischhacker, Gesellschafter einer großen örtlichen Installationsfirma (SOLARIS), hat in den folgenden Jahren sein ganzes handwerkliches Geschick und seine Expertise mit viel Sachkenntnis in das Schloss gesteckt. Mit Unterstützung hochprofessioneller Gewerke und Künstler, wie dem Kärntner Restaurator Walter Antowitzer, entstand wieder ein Schloss, dass seine lange und ehrenwerte Geschichte fortsetzen kann. Voller Stolz präsentierten das Denkmalamt am Tag des Denkmals (29. September) gemeinsam mit der Familie Fleischhacker den architektonischen Diamant in der St. Veiter Vorstadt der Bevölkerung.









