Was lange währt – wird trotzdem nicht gut

Nach 100 Jahren soll das „Amtsgeheimnis“ abgeschafft werden. Soweit die politische Erzählung. Doch das ist in Österreich absolut unmöglich. Der „Erfolg“ ist eine Umbenennung.

Bei der Landtagssitzung am 12. Juni hat Kärnten fast einstimmig die gesetzlichen Voraussetzungen geschaffen, damit das aktuelle Bundesrecht zur Abschaffung des Amtsgeheimnisses mit September 2025 ins Landesrecht umgesetzt werden kann. Nur die Freiheitlichen haben gegen einzelne Artikel gestimmt, was im Ergebnis aber nichts an der Rechtskraft ändert. Es hat lange gedauert und einer, der bis zuletzt auf der Bremse stand, war Landeshauptmann Kaiser von der SPÖ. Er hat gebremst, bis das Quietschen schon bis Wien hörbar war und dort bereits als Lärmbelästigung empfunden wurde. Kaisers Strategie könnte als Vorbild für die „Mauer des Schweigens“, den Negativpreis des Forums für Informationsfreiheit, gelten. Steter Tropfen höhlt den Stein, so Kaisers Plan.

Negativpreis „Mauer des Schweigens“ Quelle: Forum Informationsfreiheit

Man muss nur solange und so viele Argumente dagegen erfinden, bis aus einem Stein ein Schweizer Käse wird. Und Kaisers Rechnung ist aufgegangen. Das Forum Informationsfreiheit nennt die Abschaffung des Amtsgeheimnisses Umbenennung. Es heißt jetzt nicht mehr Amtsgeheimnis, sondern nur noch Geheimhaltung und zahlreiche Stellungnahmen bestätigen diese Einschätzung. In Kärnten, wo das Mauscheln und „informelles“ Regieren quasi zur DNA gehört, feiert man den großen „Wurf“. Transparenz war uns schon immer wichtig, schreibt Landeshauptmann Kaiser und hofft, dass jetzt das Vertrauen der Bürger in die Politik und Verwaltung gestärkt wird. Ganz sicher dürfte er sich nicht sein, denn vorsorglich fluten Kaisers Parteigänger die Medien mit „Hopp-auf!“ Werbung. „Tschüss Amtsgeheimnis!“ wird plakatiert. Kärnten ist einmal mehr Vorreiter und die neue Transparenz bringt frischen Wind, erzählen die Märchenonkel. Wahrgenommen wird allerdings Windstille. Was bleibt ist die Hoffnung, dass irgendwann ein Michael Kohlhaas im Landtag aufschlägt und endlich für Oppositionspolitik sorgt.

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