Medienappell

Die Medienlandschaft fürchtet wieder einmal um die Pressefreiheit und um den Schutz des unabhängigen Journalismus. Wieder geht es um die Verteidigung einer Säule der Demokratie. „Mit Besorgnis“ registriert man in den Schreibstuben den Angriff auch die Informationsfreiheit durch FPÖ Vertreter. Mehr noch, die Medienvertreter sehen die Freiheit aller in Gefahr. Auslöser des medialen Aufschreis sind diesmal blaue Wünsche, die noch nicht ansatzweise zur Disposition stehen, den Herausgeber des Falters und seinen Chefredakteur aber schon zur Forderung hinreißen: KEIN KANZLER KICKEL!

FALTER-Schlagzeile 3/25. Quelle: Peter Baumgartner

Als ob die Kanzlerwahl ein Wunschkonzert für Zeitungsmacher wäre. Aber OK, man darf sich ja noch etwas wünschen. Doch geht es den Meinungsmachern wirklich um so wichtige Themen wie Demokratie, Meinungsfreiheit und Informationsfreiheit? Tägliches Brot, das nur unabhängiger Journalismus liefern kann. Wenn Armin Thurnher gleichzeitig über seine eigenen Kollegen herzieht, die „keine Steuern zahlen wollen“ und „unverschämt blau-schwarze Propaganda betreiben“, dann wird die allgemeine Verteidigung der Medienbranche zumindest relativiert. Sogar der ORF, stets Inbegriff der öffentlich-rechtlichen Information, steht innerhalb der eigenen Branche zur Disposition, wenn Medienmacher Thurnher meint, dass dessen Führungsebene „lieber die Demokratie verrät, bevor sie auf gagengepolsterte Sessel verzichten“.

Herbert Kickl, sagt Thurnher auch, hat ein „mediales Desinformationsimperium“ aufgebaut und unterstellt dem Parteichef „er verführt die Massen“. Doch in diesem Medienimperium sitzen lauter Kollegen und Kolleginnen von Thurnher. Das sind auch alles Journalisten, die angeblich eine so schützenswerte und ehrenwerte Spezies ist. Halten sich die alle nicht an die wichtigen journalistischen Spielregeln? Gibt es keine Selbstreinigung in der Branche? Wenn jeder über jeden herfällt und medialer Kannibalismus zum Tagesgeschäft gehört, was soll sich dann der zahlende Medienkunde denken? Im besonders heiklen Fall/Alexandra Föderl-Schmid urteilte der Presseclub Concordia scharf: Seriöse Medien sind in die Falle von Agitatoren getappt. Meine Erkenntnis ist nicht abschließend, aber ich habe den Eindruck, wir sollten mehr und genauer zwischen Herausgeber und Journalist unterscheiden. Was für unsere „Freiheit“ tatsächlich nützlich ist, sind nämlich unabhängige Journalisten, die für ihr Tun verantwortlich sind und nicht solche, die den Kopf für ihren Herausgeber hinhalten (müssen). Und zur Erinnerung: Bei allen berechtigten Vorbehalten zu einer möglichen blauen Kanzlerschaft, was die Medienpolitik betrifft – die unabhängigste Qualitätszeitung in diesem Land, die „Wiener Zeitung“, wurde nach 320 Jahren, 2023 von einer schwarz/grünen Regierung tatsächlich gekillt.

Ähnliche Beiträge