THE WINNER IS…
Wo der Staat versagt übernehmen Hilfsorganisationen und wohltätige Spender das Lindern der größten Armut. Wir sehen gerade die Entstehung einer Almosengesellschaft, wo sich Menschen als „arm“ deklarieren müssen, um ihre Grundbedürfnisse befriedigen zu können.
Bei der Frage nach den Gewinnern des Jahres 2024 könnte man philosophisch antworten und sagen, die Menschen waren es nicht. Die Umwelt auch nicht. Insgesamt und objektiv betrachtet müsste man wohl resümieren, es hat 2024 nur Verlierer gegeben. Besonders wenn man bedenkt, dass die Gewinner am Ende auch oft nur Loser sind. Erst wenn man mehr ins Detail geht lässt sich erkennen, es hat auch tatsächlich Gewinner gegeben. Was die Artenvielfalt betrifft sagt man, haben sich einige Tiere gut erholt. Den Störchen geht es ganz gut und der Wolf wird für Landwirte sogar schon zur Plage. Der Seeadler wird auch wieder öfter gesichtet. Und ja, auch bei den Menschen gibt es „Überflieger“.
Eigentlich sollte es die Aufspaltung zwischen Gewinner und Verlierer gar nicht geben. Zumindest nicht im existenziellen Leben. Unsere Spezies zeichnet sich ja angeblich durch rationales Denken und Handeln aus. Folglich sollten doch Eskalationen und kriminelles Verhalten, welches zur einseitigen Übervorteilung führt, vermeidbar sein. Schön wär‘s. Die Realität schaut leider anders aus. Lässt man das Jahr 2024 Revue passieren, sind die Gewinner zunächst nicht offensichtlich. Insbesondere, wenn man der medialen Darstellung folgt, haben alle verloren. Die Umwelt und das Klima sowieso. Die Artenvielfalt insgesamt auch und bei den Menschen leiden die Industriellen überproportional. Weit mehr als 6000 Wirtschaftstreibende sind vor dem Konkursrichter gelandet und die Arbeitnehmer nagen sowieso am Hungertuch, obwohl die Gewerkschaft den 2000 Euro-Bruttolohn als Erfolg verkauft. Sogar deutlich weniger Millionäre soll es auf der Welt 2024 geben. Man muss also schon etwas genauer hinschauen um irgendwo „Gewinner“ zu erkennen.
Vorweg, der Durchschnittsbürger zählt 2024 definitiv nicht zu den Gewinnern. Die soziale Benachteiligung der Bevölkerung wächst, sagt die Statistik Austria. Und „immer mehr Haushalte können sich die Heizung nicht mehr leisten“. Jede 2. Person rechnet mit einer Verschlechterung der gesamtwirtschaftlichen Lage. Die Caritas meldet, dass die Hilfsanfragen um 37 Prozent gestiegen sind. Allein in Kärnten stellen wöchentlich 140 Personen einen Hilfsantrag. 16.000 arme Menschen gibt es in Kärnten bereits und 72.000 sind armutsgefährdet. Das freut nur die politische Spitze im Land. Bundespräsident Van der Bellen dankt der Caritas ausdrücklich für ihr Engagement und dass sie „so nahe an den Menschen und deren Bedürfnisse seien“. Das sollte zwar eigentlich eine politische Aufgabe sein, aber die haben anderes zu tun, wie man noch sehen wird.
1,3 Mio. Menschen in Österreich sind armutsgefährdet. Jeder 4. davon kann die Wohnung nicht mehr angemessen heizen. Um die Grundbedürfnisse befriedigen zu können, müssen sich Menschen vor dem Amt oder vor der Hilfsorganisation bis auf die Unterhose ausziehen und sich als arm deklarieren. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, wer ist in Österreich eigentlich „sozial schwach“? Sind das die, die von Armut betroffen sind, oder vielleicht die, die Armut schaffen und nicht ausreichend bekämpfen?
Wo die Champagner Korken zum Jahreswechsel geknallt haben, erklärt uns die Finanzwirtschaft. Die Börse vermeldet hohe Aktienumsätze und ein neues Allzeithoch am Anleihenmarkt. Das Rekordjahr 2023 wurde nochmals übertroffen! Und die Börsenparty geht weiter, wird übereinstimmend frohlockt. Zur Erinnerung: Armut steigt, Industrie und Wirtschaft leidet massiv. Wer sind also die Gewinner von denen die Finanzwirtschaft spricht? Vielleicht sollte man sich an die bewährte Schweizer Expertise in Finanzangelegenheiten orientieren. Die sagen, die Welt ist insgesamt reicher geworden. Allerdings besitzt ein sehr kleiner Teil der Bevölkerung fast die Hälfte des globalen Vermögens. Und die treiben sich, gut geschützt von der Politik, in der Finanzindustrie herum. Das erklärt auch, warum die gewählten Mandatare keine Zeit für die Armen haben und das Feld lieber der Caritas überlassen. Es gibt genug zu tun am Finanzsektor. Es geht aber nicht so sehr um Aktienbesitzer und Anleihentransakteure, die politischen Schutz brauchen. Eher schon um den besonders einträglichen Immobilienmarkt in der Hand von Spekulanten. Die stehen zwar ursächlich im Zusammenhang mit der Armut, aber da sind auch viele PEPs (politisch exponierte Personen) involviert. Da muss man halt jeden Tag Prioritäten setzen. Besonders schutzbedürftig sind jedoch jene Krypto-Evangelisten, die im virtuellen Finanzmarkt ihre Geschäfte machen. Kryptowährungen (Virtual Assets) und deren Besitzer stehen mittlerweile ganz oben im Gewinner Ranking. Allerdings, so sagen es zumindest die Schweizer Finanzexperten, hängt der VA-Bereich sehr stark mit illegalen Machenschaften, bis hin zu schwersten Formen der transnationalen Kriminalität, zusammen. Die Schweiz sieht da ein „erhebliches“ Risiko und einen direkten Zusammenhang mit dem Menschenhandel, der laut International Labour Organization (ILO) jährlich 236 Milliarden Dollar Erträge erwirtschaftet. Ein Zusammenhang mit der Produktion von Luxusartikeln und Sklavenhandel in Europa (Italien) und anderen ausbeuterischen Arbeitsverhältnissen drängt sich da förmlich auf. Und da schließt sich der Kreis und die Frage nach den Gewinnern scheint beantwortet.
„Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne, der uns beschützt und der uns hilft…“. Ab 2025 übernimmt in Österreich die Finanzmarktaufsicht die Kontrolle über den Krypto-Markt. Ob das im Sinne von Hermann Hesse eine gute Nachricht ist, wird man sehen. Bei der bisherigen Performance der Finanzmarktaufsicht in Österreich, hält sich die Erwartungshaltung allerdings in Grenzen und man sollte sich lieber an den philosophischen Text des Dichters erinnern.