RatSCHLAG
Berater ist quasi der Traumjob eines jeden ex-Politikers/Politikerin. Angebot und Nachfrage dürften ziemlich groß sein. Allerdings sind hier Berater und Influencer oft schwer zu unterscheiden.
Wie man weiß, wissen Politikerinnen schon zu ihren aktiven Zeiten alles besser (ohne es meist besser zu machen). Daher ist es naheliegend, dass ein Kanzler flugs zum Counselar wird, sowie die erste Politpension am Konto Existenzsorgen auslöst. Hayek-Fan Wolfgang Schüssel macht da keine Ausnahme. Nur hat er für laissez-fair eine individuelle Übersetzung gefunden: Lassen Sie die Wirtschaft machen – und den Staat dafür zahlen. Als Berater folgt er exakt den Verbindungen seiner Amtszeit rund um die Welt, zu den Denkschulen. Selbstredend, dass er dabei auch regelmäßig mit „wertigen“ Ratschlägen beladen nach Hause kommt, um „denen da unten“ via Medien mitzuteilen, was jetzt unbedingt zu tun sei und wie sie zu leben haben. Ich schlage vor, man sollte scharfe Grenzkontrollen und Einfuhrzoll für Ratschläge einheben und das Geld der Caritas spenden. Ich weiß nicht, ob Wolfgang Schüssel für seine zahlreichen Ratschläge in den Medien bezahlt wird. Wahrgenommen werden sie von mir jedenfalls eher als Schläge ohne beratende Absicht. Und solche Ratschläge sind nichts, wofür man freiwillig bezahlen sollte. Aber wer weiß, was die Medien mit unserem Fördergeld alles anstellen?
Aktuell gibt Schüssel im Zusammenhang mit der russischen Bedrohung ultimative Ratschläge. Die kommen quasi aus erster Hand und haben 100 Prozent Wahrheitsanspruch. Ex-Kanzler Schüssel zählt immerhin zum elitären Kreis derer, für die Putin noch ein „schenialer politischer Schachspieler“ war, als es bereits die Spatzen vom Dach pfiffen, dass der über Leichen geht. Nahtlos reiht sich Schüssel in die Reihe derer Österreicherinnen ein, für die Putin noch Freund, Gast und geschätzter Gesprächs- oder Geschäftspartner war, als seine Panzer längst die Krim völkerrechtswidrig einverleibt hatten. Schüssels Ratschläge sind aber vielleicht noch um ein paar Dimensionen vorsichtiger zu genießen. Im Gegensatz zu Karin Kneissl zum Beispiel, ist Schüssel ein Opportunist. Ex-Ministerin Kneissl steht wenigstens offen zu ihrer Meinung über Putin und lässt sich nicht verbiegen. Ex-Kanzler Schüssel hingegen möchte nicht nach St. Petersburg übersiedeln. Wohl, weil ihm in Österreich die Medien ohnehin zu Füßen liegen. Jetzt, wo der vom einstigen Schi-Spetzl angezettelte Krieg vor der Hietzinger Haustür steht, gute Ratschläge zu erteilen, was „wir“ dagegen tun müssen, erfordert schon ein gerüttelt Maß man an Selbstüberschätzung. Auf solche (Rat)Schläge kann ich verzichten. Sie erinnern mich zu sehr an die Antworten von Radio Jerewan.