Der Bauer ist nicht mehr an die Scholle gebunden
Es sind tagtägliche Berichte: Die Bauordnung, Industrieansiedlung und Gewerbepolitik, vertragen sich nicht mit der Gemeindepolitik. Interessen der Gemeindebürger, Landwirtschaft und Wirtschaft, stehen einander oft diametral gegenüber. Stichwort „Bodenfraß“. Aber es reicht nicht aus, die Gemeinden von der Bauordnung zu „befreien“.
Es muss an mehreren Schrauben gedreht werden, weil es zu allem Überdruss auch noch um maßgebliche Entscheidungen für oder gegen Klimapolitik und um die Selbstversorgung geht. Alles Fragen, die auf Gemeindeebene und auch nicht auf der übergeordneten Ebene der Bundesländer gelöst werden können. Zentralismus hin oder her, gemeinsame Ziele sind mit mehr als 2000 unterschiedlichen Gemeindeinteressen und neun unterschiedlichen Landesgesetzen nicht zu erreichen. Wer etwas Gegenteiliges behauptet, hat an Problemlösungen kein Interesse. Und wenn als sichtbares Geschwür der Bodefraß kritisiert wird, dann sollte endlich auch darüber gesprochen werden, dass vor jeder Immobilienentwicklung ein Grundstücks-Verkäufer steht. Nicht selten sind das Bauern, denen die Agrarförderung nicht mehr ausreicht und weil sie mit einem Grundstücksdeal mehr Geld als mit Ackerbau und Viehzucht verdienen können. Ihre Motivation wird nie hinterfragt und die langfristige Förderstrategie schon gar nicht. Aber der „Versiegler“ ist immer der böse Bube, vor allem in der grünen Parteiecke. Dieser Pallawatsch ist ziemlich peinlich. Nicht zu vergessen, es geht den Umweltschützern beim Bodenschutz ohnehin nur darum, dass die „fruchtbare“ Erde nicht betoniert wird. Ihnen ist es meist völlig egal, wenn der Acker mit Schwermetallen und Düngemitteln schon komplett versaut ist. Hauptsache die Kühe weiden drauf und der Kukuruz mit dem AMA-Gütesiegel wächst gut.
„Durch die Umwandlung in Bauland kann ein wesentlich höherer Verkaufspreis für ihren Acker erzielt werden“, werben Immobilienentwickler für ihre Expertise. „Wie genau das funktioniert, verraten wir Ihnen in unserem Praxiswissen.“ Das „gebührenfreie Umlegungsverfahren“ ist dann Sache der Gemeinde. Danach fallen zwar Erschließungskosten an, aber die kann man steuerlich geltend machen. Der nette Fiskus unterstützt also bereits die Vorbereitung zum Bodenfraß. Dann kann man richtig ordentlich Kohle machen. Als Untergrenze wird etwa der 10-fache Verkaufspreis in Aussicht gestellt, wenn man sein Ross in den Stall stellt und auf Mercedes umsteigen will. In Bayern gab es vor Jahren schon Gegenwind. Landwirtschaftlich genutzter Boden darf nicht zur Kapitalanlage dienen, haben bodenständige Politiker gefordert. In Österreich ist „Bauernsterben“ hingegen keine Todesursache, sondern sichtbares Zeichen dafür, dass sich immer mehr Bauern „vom Acker machen“. EU weit werden nur noch 12 Prozent aller landwirtschaftlichen Betriebe von Bauern unter 40 Jahren bewirtschaftet. Junge Landwirtinnen gibt es gar nur noch 3 Prozent. In Serbien, wo man in den letzten zehn Jahren mehr als 1 Mio. Hektar Ackerland verloren hat, erwachen langsam die Politiker mit Langfristperspektive. Und die Obstbauern erinnern daran, dass die landwirtschaftliche Produktion eine viel bedeutendere Rolle spielt, als die Umwandlung von Ackerland in Bauland. Insgesamt hat die EU offensichtlich noch nicht wirklich erkannt, welche Rolle die Gemeinschaft für die Ernährungssicherheit spielen soll. Die 2020 implementierte „Farm to Fork“ Strategie tritt auf der Stelle und gleichzeitig scheint die Versorgungssicherheit in Drittländer ausgelagert zu werden. Daran ändert auch nichts, dass Bauern in einigen Ländern vor Verzweiflung bereits auf die Straße gehen und um überlebensfähige Produktionsbedingungen kämpfen. Auf solche aufreibenden Kämpfe lassen sich Österreichs Bauern gar nicht ein. Wenn die Förderungen nicht mehr ausreichen, dann wird eben der Acker zu Geld gemacht.