Strukturelle Gewalt und ihre Folgen
Da ich weder auf X, noch auf Y und auch nicht auf Z „poste“, habe ich keine persönlichen (schlechten/guten) Erfahrungen. Es könnte mir also egal sein, was diesbezüglich debattiert wird. Ist es aber nicht, weil mir die Ursachen nicht fremd und die Folgen nicht egal sind. Aber ich widerstehe der Versuchung konsequent. Unter jeder meiner Äußerungen steht mein Name. Keine Anonymität ist für mich selbstverständlich.
In Anlehnung an ORF/im Zentrum (Darf man nichts mehr sagen/15.12.24) fällt wieder auf, es gehört zwar zum guten Ton, nicht über Abwesende zu urteilen, aber in den Qualitätsmedien darf man das. Zumindest habe ich einen ähnlichen Beitrag mit- oder unter Teilnahme der „nur Hass verbreitenden“ User noch nicht wahrgenommen. Es ist zu einfach, jeden blöden User gleich in die rechte Ecke zu stellen. Vielleicht würde man deren Beweggründe erfahren und manches Missverständnis aufklären können, wenn sie auch in den „Qualitätsmedien“ zu Wort kommen dürften.
Meine Theorie von den „Sozialen“ Medien ist überhaupt, dass sie von jenen Menschen befördert wurden/werden, die „denen da draußen“ ein Ventil zugestehen. Im Netz sollen sie sich austoben und jeden Dreck ablassen können, damit sie nicht auf die Straße gehen oder gar gewalttätig werden. Dieses wohlmeinende „Angebot“ legistisch einzuschränken, will niemand. Warum? Das wäre ein Schuss ins Knie. Stattdessen appelliert man an die Vernunft – das tut man nicht, benehmt euch ein wenig. Aber immer öfter gerät das „Angebot“ außer Kontrolle und der Geist lässt sich nicht mehr einfangen. Dumm gelaufen, doch immer noch besser als Straßenrandale.
Warum braucht es einen Milo Rau? Warum braucht es eine „freie Republik“?In meiner Wahrnehmung rasten viele Menschen deshalb verbal aus, weil Missachtung, mangelnde Mitsprache und Beleidigung kein Gefühl, sondern Realität ist. Deshalb passt die Möglichkeit der freien Meinungsäußerung und Hass sehr wohl zusammen. Und deshalb hilft es nicht, nur an die gute Kinderstube zu appellieren, wenn die „unfreie Republik“ permanent existent ist.
Lösungsvorschlag: Ich würde empfehlen, die Kakophonie im Netz vor dem Hintergrund eines „unkontrollierten Kapitalismus“ (Carl Friedrich Von Weizsäcker) zu sehen. Sichtbares Zeichen einer strukturellen Gewalt ist eine Politik, die diesem Kapitalismus folgt. Und wer strukturelle Gewalt wissentlich in Kauf nimmt, darf sich über die Konsequenzen nicht wundern. Außerdem, wenn es so ist, dass die Grenzen der Debatte gesetzlich festgelegt sind (Brodnig), dann soll bitte jeder der sich angegriffen fühlt, Anzeige erstatten – oder den Mund halten. Gleichzeit sollten Gerichte/Behörden amtswegig dazu verpflichtet werden, gegen rechtswidrige Debatten vorzugehen. Dann können wir durch Richter entscheiden lassen, was rechtswidrig ist und was nicht. Zuletzt möchte ich die Empfehlung/Forderung von Frau Brodnig aufgreifen, die gemeint hat „Wutbürger“ sollen Verständnis für ihre Zielperson aufbringen. Die gleiche Empfehlung möge man bitte auch von der Zielperson abverlangen. Zuhören und Gesprächsbereitschaft ist keine Einbahnstraße.
Strukturelle Gewalt erzeugt Individualterror
Kulturwissenschaftler Reinhard Kacianka/1987
Meine persönliche, etwas vereinfachte Wahrnehmung ist, die Grünen antworten auf Fragen/Einwendungen grundsätzlich nicht. Die NEOS antworten nur mit Standard Sätzen, „bleiben Sie in der Leitung“. Die FPÖ antwortet nur, wenn man seine Daten vorher frei gibt oder Mitglied ist und SPÖ/ÖVP beanspruchen sowieso für sich, immer Recht zu haben. In der Behördensprache gibt es abgesehen von wirtschaftslastigen Auslegungen, sogenannte Killerbegriffe, die natürlich gesetzlich legitimiert sind, aber davon Betroffene zur Weißglut treiben können. Zum Beispiel „öffentliches Interesse“. „Interessensabwägung“, „aufschiebende Wirkung“ oder „fehlende Parteistellung“.
Ich hoffe sehr, dass man die „unsozialen Netzwerke“ in den Griff bekommt. Doch ich weiß, es wird nicht gelingen, wenn man nicht an die Ursachen bekämpft.