Stromschlag!
Die Energiewirtschaft hat für 2025 drastische Preissteigerungen angekündigt und zunächst unter tatkräftiger, medialer Mithilfe eine Trägerrakete gestartet. Nach dem Motto, „mal schaun, wie sie reagieren“, wird ausgelotet, wia vü mit olla Gwoit einigeht.
Mit der angekündigten Preissteigerung liefern die Medien gleich gute Ratschläge frei Haus mit. Man kann eh die Marktmechanismen nützen und den Stromlieferanten wechseln – so die kalmierende Botschaft. Das ist genau die Werbebotschaft der Energiewirtschaft, die von vielen Medien derzeit bereitwillig übernommen und unkritisch veröffentlicht wird. Und für die ganz Depperten gibt es noch gratis Tipps wie Wasser kochen mit Deckel. Werden die „Qualitätsmedien“ dann für ihre konformistische Berichterstattung kritisiert, reagiert die Branche wehleidig mit dem Verweis, dass die Pressefreiheit in Gefahr ist. Dabei ist die Pressefreiheit ganz allgemein und auch in Österreich nicht durch die Medienkonsumenten bedroht, sondern durch das eigene Unvermögen der Medienwirtschaft. Nicht zuletzt, trägt der selbstverschuldete Verlust des Pluralismus und die starke Förderung des Boulevardjournalismus dazu bei, dass die Medienarbeit in Österreich besonders abgesandelt ist. Auffällig ist, dass in zunehmend schwierigen Zeiten, sich der Wirtschaftsjournalismus, als letzte Informationsbastei, besonders mit der Industrie und Wirtschaft verhabert.
Die Bundeswettbewerbsbehörde hat sich bereits im Jänner 2023 mit der Energiewirtschaft beschäftigt. „Der Wettbewerb auf den Strom- und Gasmärkten ist schon 2022 zum Erliegen gekommen“, hat man im ersten Bericht trocken festgestellt. Deshalb und weil man die Praktiken in der E-Wirtschaft noch genau erforschen wollte, wurde von der BWB und E-Control eine Taskforce-Energie gegründet. Mittlerweile liegt der zweite Untersuchungsbericht vor. Die Ergebnisse sollten in den Redaktionen bekannt sein: Es herrscht eine hohe Marktkonzentration und de facto existieren die marktwirtschaftlichen Regeln in Österreich nicht. OK, man kann doch ein paar Euro einsparen, wenn man bei dem bösen „Wechsel-den Anbieter-Spiel“ mitspielt. Doch was machen die Wärmekunden der Fernwärme-Monopolisten (Eigenwerbung: „beliebteste Heizform im Land“)? Die hängen sprichwörtlich wie die Fliegen im (Wärme)Netz der Spinnen und warten darauf, dass sie gefressen werden. Anders als am Strommarkt, liefern die Fernwärmekunden auch noch den Ersatzbrennstoff und bekommen im Umkreis der Müll(Mit)verbrennungsanlagen die Schadstoffe zur Fernwärme frei Haus mitgeliefert. Das grenzt an die freiwillige Unterwerfung. Es ist einfach, den Irren im Kreml zum Schuldigen zu machen, aber vielleicht sitzt der größte Feind, wie so oft, im eigenen Land? Wir haben (angeblich) eine demokratische – in Kärnten sogar eine sozialdemokratische Führung. Wir haben mehrheitlich Landesenergieversorger, wir erzeugen unseren Strom zu 100 Prozent im eigenen Land und trotzdem bekommen wir den „Stromschlag“! Aber immerhin, da gibt es ja noch die vielfache „Hilfe“ für „bedürftige Personen“. Sollte ja schließlich niemand erfrieren in unserem schönen, sozialdemokratischen Land. Tut mir leid, da läuft ganz viel, ganz gewaltig schief.
Das flächendeckende Marktversagen und die enormen Übergewinne der Energiewirtschaft blieben in der Politik – Überraschung! – nicht unbemerkt. Im Gegenteil. Die Regierung hat sogar schon im März 2024 eine „Koordinierungsstelle zur Bekämpfung von Energiearmut“ (kea) aktiviert. Sie hat die Aufgabe, „Herausforderungen im Zusammenhang mit Energiearmut aufzugreifen“ damit arme Energiekunden nicht erfrieren. 1 Mio. Euro kann die staatliche Hilfsorganisation im Jahr verteilen – aber nicht für die Opfer der Energiearmut, sondern deren Profiteure. Landeshauptmann Kaiser von Kärnten gefällt diese Art „Hilfsaktion“. Er ist zwar Aktionär der KELAG und hat nicht nur seinen grünen Steigbügelhalter im Konzern an maßgeblicher Stelle sitzen. Dennoch putzt sich Kaiser ab und sagt, „Strompreisgestaltung ist nicht Sache der Politik“. Für Kaiser ist es einträglicher, Bonus-Hilfestellung nach Gutsherrnart und nach kea-Art zu verteilen. Dankbare Almosenempfänger sind brave Wähler. Die Bundesregierung ist jedoch rasch draufgekommen, dass die caritative Hilfe nicht reicht. Mit erstaunlicher parlamentarischer Einstimmigkeit, hat man Mitte 2024 beschlossen, dass der Preismissbrauch in der Energiewirtschaft per Gesetz verboten wird. Und ausgerechnet der SPÖ, LH Kaisers Partei, ging das Gesetz nicht weit genug. Sie forderten zusätzlich „Sofortmaßnahmen gegen übermäßige Energiepreise“. Doch als gelernter Österreicher weiß man, Gesetze sind nur so gut, wie sie kontrolliert und exekutiert werden. Außerdem haben die klugen Köpfe im Parlament gleich ein Hintertürl für die Wirtschaft im Verbotsgesetz eingebaut: Missbrauch ist dann erlaubt, wenn er „sachlich gerechtfertigt“ ist. Genau diese Situation, die „sachliche Rechtfertigung“, die wird jetzt vorbereitet und die Rolle der Medien ist dabei, das Volk möglichst schonend darauf vorzubereiten.
Kärntens SPÖ-Klima-Landesrätin Schaar hatte noch eine vernünftige Empfehlung, die allerdings nicht medial transportiert wurde, weil sie den „Stromschlag“ umlenken würde. Schaar sagte, die Kilowattstunde, die nicht erzeugt werden muss, ist die beste Kilowattstunde. Wir Konsumenten haben also noch eine Chance – wenn uns nicht wieder die „unabhängigen“ Medien dazwischengretschen.