Feuer am Dach!
Die Industrie behauptet von sich, dass sie jeden zweiten Arbeitsplatz in Österreich sichert. Diese Karte spielt sie immer dann aus, wenn höchste Aufmerksamkeit verlangt wird, oder Forderungen deponiert werden sollen. Keine Frage, Industrie ist wichtig. Doch es gibt viele statistische Darstellungen von industrieller Wirkmächtigkeit. Selber verwendet die Industrie natürlich gerne jene Darstellung, die besonders eindrucksvoll wirkt (servoindustrieller Sektor). An Selbstbewusstsein mangelt es den Herrschaften schon berufsbedingt nicht. Das sei ihnen auch unbenommen. Nur schade, dass sich eine konstruktive Fehlerkultur in der industriellen Sparte noch nicht durchgesetzt hat. Das könnte nämlich nachhaltig helfen und die schöpferische Elite von den schönfärbenden Maulern abheben. Schade auch, dass die Medien die industrielle Meinungshoheit unkritisch fördern und mit dem seichten Plappern der Wirtschaftsbosse die Medienkundschaft langweilen.
Wer Qualitätsmedien liest, bekommt statt Fake News unabhängig recherchierte Hintergründe- und kritische Analysen…(Verband Österreichischer Zeitungen). Peter Pilz, langjähriger Politiker und selbst Journalist schreibt: Es gibt nicht nur korrupte Politiker, sondern auch Journalisten. Wer zahlt wird hochgeschrieben und wer am meisten zahlt, schwimmt ganz oben (ZackZack.at-16.4.2023).
Bei Wahlen und so wie jetzt, bei der Regierungsbildung, ist es für die Industrievertreter natürlich eine Pflichtübung, die offene Bühne für maximale Aufmerksamkeit zu nützen. Jetzt sind die RegierungskandidatInnen quasi bereit für die Befruchtung und die schnellsten Industrie-Spermien werden das Ziel garantiert erreichen – das Wunschkind ist geboren. Die beeindruckende Schöpfung dieser Befruchtung kann man live im Parlament verfolgen. IV-Präsident Georg Knill, zuständig für die kommerzielle Fortpflanzung der industriellen Gene, eilt derzeit rastlos von Mikrofonständer zu Mikrofonständer und ruft lauthals, „Feuer am Dach“. Deshalb glaubt er wohl, eine Brandrede halten zu müssen. Tatsächlich brennt bei ihm stellvertretend für viele Mitglieder seines Vereines im Sinne von Hubert von Goisern „da Huat“.
„Wieso kemman allweil de viara, de liagn, de die wahrheit verbieg’n“.
Sie, sagt Knill, sind nicht schuld am Dilemma. Schuld ist die (ÖVP?) Regierung, mit ihrer falschen Standortpolitik, mit der Bürokratie und weil die Arbeitnehmer so unanständig viel verdienen. Das sind lauter „strukturelle Probleme“ und keine Unternehmerfehler.
„Und wanns ned kriagn was woll’n, dann wird’s g’stohln“.
Kreditschützer bestätigen Hubert von Goisern: Es hapert an den operativen Grundlagen in vielen Unternehmen. Das sind die überwiegenden Insolvenzursachen. Generell sind die Betriebe vielfach überfordert. Fehlendes Know-how und Unkenntnis über die Mechanismen des Marktes, listet der KSV schonungslos auf. Und wenn Auslagerung in Billiglohnländer, Arbeitnehmerfreizügigkeit und Steueroasen zur Gewinnmaximierung nicht reicht, dann ist „Mr. Pleite“ zur Stelle und lässt die Gläubiger im Regen stehen. Oft sind die Geschädigten dann hauptsächlich Arbeitnehmer und Steuerzahler. „Standort“ ist dann völlig egal. Dann bestimmt der Standpunkt den Standort.
„De falotten soll da deifi hol’n“.
Wenn die „Falotten“ mit dem Abwandern und der Deindustrialisierung drohen, eine beliebte Killertaktik, dann lasst sie ziehen. Wanderer soll man nicht aufhalten. Andere werden kommen und die Lücken schließen. Vielleicht werden sie es sogar besser machen. Denn – „Wann ma lang so weiter hoazn, brennt da huat“.