Müll ist nicht gleich Müll

Der ORF berichtete, dass in der Antheringer Au, ein paar Kilometer nördlich der Mozartstadt, Deponiemüll neben der Salzach vermutet wird. SPÖ-Naturschutzsprecherin LAbg. Karin Dollinger hat sich mit einem Kamerateam auf die Suche begeben – und wurde fündig.

Müll ist nicht gleich Müll. Was man hier sieht ist zum Beispiel „Bioabfall“
Quelle: Peter Baumgartner

In der Hauptsache geht es um einen Grundstücksdeal zwischen Land Salzburg als Käufer und Forstunternehmer Max Mayr-Melnhof als Verkäufer, wobei der Kaufvertrag, insbesondere der Kaufpreis, zu einer politischen Kontroverse geführt haben. Vereinfacht auf den Nenner gebracht kann man sagen, aus der Sicht des Verkäufers war es der perfekte Deal. Das Müllthema, bzw. die Ablagerungen im Verkaufsobjekt waren zwar bekannt, sind aber in der Causa vorläufig nur eine unangenehme Randerscheinung. Die könnte aber für den Steuerzahler massive Folgewirkungen haben. Jedenfalls hat der Müll die Opposition im Landtag geeint und gegen die ÖVP/FPÖ-Regierung in Salzburg aufgebracht. Überraschend und schon fast rührend war zu sehen, wie die besorgte SPÖ-Abgeordnete Dollinger mit der Schaufel in der Hand, suchend im Antheringer Au-Dreck gewühlt hat. Schnell wurde sie fündig und legte rostige Dosen und Plastikmüll auf ein „Altreste“-Hauferl. Einen kleinen Teil ihrer „Ausgrabungen“ hat Frau Dollinger mitgenommen und am 19. September beim Sonderlandtag zur freien Entnahme den Kolleginnen angeboten. Ob von dem Angebot Gebrauch gemacht wurde, ist nicht überliefert. Auch ein paar Bilder von den Ablagerungen hat die Abgeordnete im Landtag hergezeigt, damit sich jeder Mandatar vorstellen kann, was genau in der Antheringer Au vergraben liegt. Man muss das jedenfalls ordnungsgemäß entsorgen, forderte Frau Dollinger in ihrer Funktion als Naturschutzsprecherin der SPÖ mit Blick in die Kamera und im Brustton der Überzeugung. Schließlich hat das Land als neuer Eigentümer des verunreinigten Grundstücks eine Vorbildwirkung – auch wenn da „unabschätzbare“ Kosten für den Steuerzahler zu erwartet sind, so die Expertin. ÖVP-Landesrat Josef Schwaiger stimmte seiner Kollegin durchaus zu. Der „Restmüll“ hat dort in der Au nichts verloren. Auch wenn es „derzeit unproblematisch“ ist, so seine Zusammenfassung. Damit ist die SPÖ/ÖVP-Position in Salzburg eindeutig und überraschend einhellig: Müll muss aus der Au entfernt werden, auch wenn es viel kostet. Auch die Grünen und die KPÖplus stehen hinter den Forderungen.

Müll hat viele Namen, die man situationselastisch verwenden kann. Müll ist auch Ersatzbrennstoff, Bioabfall, Rohstoff oder sogar Wertstoff.
Quelle: Peter Baumgartner

Nun möchte man meinen, Umweltpolitik ist in den beiden Großparteien und bei den Grünen sowieso grundsätzlich ausformuliert und es gibt innerhalb der einzelnen Organisationen keine widersprüchlichen Interpretationen oder Standpunkte in einfachen Grundsatzfragen. Also zum Beispiel Müll ist Müll – Punkt. Dem ist aber offensichtlich nicht so. Die SPÖ/ÖVP-Position zur genau gleichen Müll-Frage wie in Salzburg, ist bei den Kärntner Parteikollegen genau das Gegenteil. Müll ist nicht gleich Müll. Die Beitragsbilder zeigen einen Querschnitt von Ablagerungen in der Glan-Au von St. Veit an der Glan, die auf und um die örtliche Altlast K1 verstreut liegen. Insgesamt reden wir hier von einigen Tausend Quadratmeter verunreinigte Au-Fläche unmittelbar angrenzend am Glan-Fluss, der übrigens, was laut Landesregierungsbericht die Mikroplastikbelastung betrifft, nicht gerade zu den unbelasteten Flüssen zählt. Diese fotografisch dargestellten Ablagerungen sind schon jahrelang bekannt und man kann sie teilweise vom Radweg aus bewundern. Für die örtlichen ÖVP/SPÖ Politiker (Umweltreferent/Bgm.) ist das „Bioabfall“, der „in der Kompostanlage vor Ort aufbereitet wird“. Die „verunreinigte Kompostmiete“ auf der „bewilligten Nachrotte“, hat sich halt in der gesamten Au verteilt oder ist Bestandteil der Altlast K1. Also ein Kollateralschaden praktisch – aber nicht gefährlich. In diesem Fall von einer Altlast zu sprechen, dagegen verwehren sich die ÖVP/SPÖ Gemeindepolitiker ausdrücklich. Sie bezeichnen das sogar als „falsche Information“. Der Vollständigkeit halber und zur Ehrenrettung der zuständigen Politiker sei angemerkt – niemand, weder Bundes/Landespolitiker, auch nicht die Grünen oder sonstige „Umweltorganisationen“, sehen hier Handlungsbedarf oder gar Handlungszwang. Meine Empfehlung daher an die Salzburger Steuerzahler: lassen sie einfach eine „Nachrotte“ in die Antheringer Au stellen. Das geht auch ganz einfach. Man kippt den Dreck auf einen Haufen, sagt am Gewerbeamt, dass es eine „Nachrotte“ ist und schon kann man mit der Verwertung der vergrabenen und/oder zugelieferten „Bioabfällen“ sogar noch Geld verdienen. Und – auch Tierschützer können in St. Veit etwas lernen, man kann den Vögeln Gutes tun. Hunderte Krähen haben nämlich viel Spaß beim Müll sammeln und verteilen…

Mikroplastik ist inzwischen praktisch unser tägliches Brot. Keine Ahnung woher das kommt. Aus unseren Auwäldern sicher nicht – oder doch?
Quelle: Peter Baumgartner

Noch ein Tipp von Bürger zu Bürger sozusagen. Wir müssen ja zur „Standortpolitik“ und zu einer erfolgreichen Wirtschaft etwas beitragen. Dank zukunftsweisender Grüner Umweltpolitik, ist das Verbrennen von Müll absolut umweltfreundlich und fördert nicht nur die Kreislaufwirtschaft, sondern zeigt auch Putin die lange Nase, weil Müll auch wärmt. Man kann also den Antheringer Müll in die nächste Müllverbrennungsanlage transportieren, Gutes damit tun und sogar die Wirtschaft beleben. OK, die Emissionen sind in der Regel bei der Verbrennung nicht so super, aber es wird versprochen, die Grenzwerte immer einzuhalten. Im schlimmsten Fall, unser Gesundheitssystem ist eh super – nur rechtzeitig zur Krebsvorsorge gehen.

Dort, wo die Bürger bockig sind, den Dreck weghaben, aber keine Müllverbrennung haben wollen, dort hat die Umweltpolitik auch bereits eine „saubere“ Lösung gefunden. Das Zauberwort heißt „Brownfield“. Findige Immobilienspekulanten sind nämlich draufgekommen, dass man kontaminierte Flächen günstig erwerben kann (also das Gegenteil vom Antheringer-Fall). Dann muss man nur die Politiker/Behörden überzeugen, dass sich die Beseitigung der Altlast wirtschaftlich nicht lohnt und schon kann man darauf eine neue Nutzung planen. Aus „Brownfield“ wird so flugs „Greenfield“ oder „Flächenrecyling“. Darüber freut sich die Umweltpolitik und belohnt das sogar mit üppigen Förderungen. Im Volksmund könnte man sagen, aus einer Schrottimmobilie wird eine Goldgrube gemacht. Man sieht, so dumm wie sich Normalbürger das immer vorstellt, ist die Umweltpolitik gar nicht.

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