Umweltschutz ist in aller Munde – des Kaisers neue (oder doch alte) Kleider

Leserbrief von Peter Dreesen / Klein St. Paul

Jeder kennt das Märchen „Des Kaisers neue Kleider“. Laut einem aktuellen Bericht einer slowenischen Wochenzeitung (die wohl nicht von Kärnten gefördert wird) soll unser Kärntner Landeshauptmann am 24. April dieses Jahres die slowenische Außenministerin und ehemaliges Mitglied des Europäischen Parlaments Tanja Fajon besucht haben. Im Juni dieses Jahres hat sich unser Landeshauptmann in einem Schreiben an den slowenischen Ministerpräsidenten Robert Golob gewandt.

Ziel dieser Kontakte war angeblich unter anderem, die Verantwortlichen der Wietersdorfer Gruppe (Zement) mit den slowenischen Politikern ins Gespräch zu bringen. Dabei ging es um das im März dieses Jahres in Slowenien, im Einklang mit EU-Richtlinien verabschiedete Umweltgesetz. Dieses hat nach jahrelangem Kampf der Bewohner von Anhovo die Betriebsvorschriften für Abfallmitverbrennungsanlagen – darunter auch für das slowenische Zementwerk der Wietersdorfer Gruppe (Alpacem Slovenija) – verschärft.

Die Position des slowenischen Zementwerkes war bekannt: es wünschte sich eine Lockerung der im slowenischen Umweltgesetz festgelegten Emissionsgrenzwerte. Einerseits behauptete Alpacem, dass kein Zementwerk das slowenische Gesetz einhalten kann, andererseits drohte es mit dem Verlust von 900 direkten und zahlreichen indirekten Arbeitsplätzen sowie mit einer Verfassungsprüfung.

Damit wäre dem österreichischen Zementwerk im Görtschitztal ein Mitbewerber weggefallen – was in einer sich globalisierenden Zement- und Baustoffwirtschaft für Kärnten die gute Nachricht von mehr Umsatz und Mehreinnahmen an Steuern bedeuten würde. In diesem Zusammenhang ist auch zu sehen, dass derselbe Landeshauptmann als oberste Abfallbehörde vor kurzem einen Bescheid erlassen hat, der die Beimischung von gefährlichen Abfällen wie HCB und Quecksilber aus der Altlast der Donau Chemie – und zwar ohne Zerstörung – in den Görtschitztaler Zement und Baustoffe erlaubt.

Dass unser Landeshauptmann in Slowenien öffentlich eine Lösung anstrebt, die der Wietersdorfer Gruppe gefallen mag, Kärnten aber weniger Steuereinnahmen verspricht, mag den Görtschitztaler verwundern. Es sei daran erinnert, dass der Landeshauptmann nach dem HCB-Skandal im Görtschitztal (in den die heutige Wietersdorfer Gruppe verwickelt war) der geschädigten Bevölkerung sichtlich gerührt zu verstehen gab, dass ihm Klima- und Umweltschutz, Nachhaltigkeit und Verantwortung für seine Enkelkinder besonders am Herzen liegen. Hat sich der Landeshauptmann (damals oder heute) neu eingekleidet?

Warum will der Landeshauptmann eine Lockerung der slowenischen Umweltgesetzgebung? Zugegeben, es ist nicht sicher, dass er aus eigenem Interesse nach Slowenien gereist ist, um über ihre fortschrittlichere Sicht des Umweltschutzes zu diskutieren. Die Frage wäre dann: Wer von seinen Vorgesetzten hat ihn dorthin geschickt?

Anmerkung der Redaktion: Auf Anfrage teilt der Pressesprecher von LH Dr. Kaiser am 2. Oktober mit, Der Vorwurf, Landeshauptmann Peter Kaiser habe sich „besonders engagiert“ oder gegen das neue slowenische Umweltschutzgesetz interveniert, entbehrt jeder Grundlage und ist eine völlig an den Haaren herbeigezogene Falschinterpretation der Mladina-Redakteurin.“ Ein Kontakt mit dem slowenischen Ministerpräsident Dr. Golob wird jedoch nicht bestritten. „Nachdem das neue Umweltschutzgesetz in Slowenien auch Kärntner Unternehmen betrifft, hat Landeshauptmann Kaiser Ministerpräsident Golob bezugnehmend darauf lediglich darum ersucht, ein Gespräch der Verantwortlichen der Alpacem sowie ihr zugehörigen Wietersdorfer Gruppe mit politischen Entscheidungsträgern auf slowenischer Seite zu ermöglichen, um nach Möglichkeiten zu suchen, die hohen slowenischen Umweltschutzstandards mit dem Ziel der slowenischen Alpacem Cement d.d. in Einklang zu bringen, das Werk in Anhovo zu einem Benchmark industriellen Umweltschutzes zu machen.“

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