GRATIS – ist nicht umsonst
Text: Peter Baumgartner
Dramatische Einsparungen nötig, Landesregierung muss Sparziele vorlegen, Schulden explodieren, Finanzlage angespannt, so viel sollen Politiker sparen, Schuldenberg wächst, Rekordverschuldung, Schuldenentwicklung dramatisch. Die Medien überschlagen sich förmlich mit solchen Schlagzeilen. Zu spät! Zu lange haben sie zugeschaut und das böse Treiben wohlwollend ignoriert. Die „Nachhaltigkeits-Koalition“ in Kärnten, die vor einem Jahr mit dem Ziel angetreten ist, dass stabile Finanzen als Fundament einer nachhaltigen Entwicklung dienen müssen, steckt in der wissentlich herbeigeführten Schuldenfalle.
Vor einem Jahr haben die Koalitionspartner ÖVP und SPÖ im Kärntner Regierungsprogramm dezidiert vereinbart, dass die Sicherstellung einer zukunftsorientierten Entwicklung Kärntens, ohne dass sich die Verschuldung verschlechtert, erreicht werden muss. Die nachkommenden Generationen sollen eine stabile finanzielle Basis vorfinden. Soweit das vollmundige Versprechen der Regierungsmannschaft für die „Zukunft Kärnten 2023-2028“. Die Nachhaltigkeits-Koalition wird sich „an den Taten messen lassen“, betonte Landeshauptmann Peter Kaiser. Nachhaltigkeit, an die Zukunft gedacht und mit Blick auf die nächste Generation, das waren die bestimmenden Faktoren der Regierungsvereinbarung 2023. Nur ein Jahr später ist bereits Feuer am Dach. Im April 2024 überschlagen sich die Gerüchte von der „Schuldenexplosion“. Doch die Finanzreferentin kalmiert: „Prognosen sind noch keine Schulden“. Experten konnte sie damit nicht überzeugen, die Mediengefolgschaft schon. Anfang Juli legte dann der Rechnungshof den Bericht über den Rechnungsabschluss 2023 des Landes vor. Dann war das Dach jedoch schon abgebrannt. Die Feuerwehr kam zu spät. Die Pro-Kopf-Verschuldung stieg 2023 auf 6.717 Euro an und Kärnten ist somit trauriger Spitzenreiter in Österreich. Nicht nur der Landeshauptmann ist rot – vom Baby bis zum Großpapa, der Schuldenstand macht alle tiefrot. Selbst wenn das Land ab sofort nichts mehr investiert, wird der Schuldenabbau 50 Jahre dauern, schreibt der Rechnungshof. So viel zum Koalitionsversprechen. „Nachhaltig“ ist nur noch das Budget-Desaster. Der Schuldenstand, fasst der Rechnungshof zusammen, muss rasch reduziert werden. Jetzt ist der Groschen bei den Verantwortlichen gefallen. „Wir werden intelligent sparen…“ verspricht LH Peter Kaiser und sein Vize Gruber assistiert, „keine Taschenspielertricks mehr“. Doch was sind die neuen Versprechungen angesichts der vorangegangenen Geschichte wert?
Der aktuelle Schuldenhochlauf in Kärnten hat seine Vorgeschichte im Wahlkampf zur Landtagswahl 2023. Eigentlich schon die gesamte Periode davor, regnete es in Kärnten Euros für alles und jeden. Auf Teufel komm raus wurde da gefördert, gesponsert und eine Gratis-Aktion jagte die nächste. Unternehmer wurden zu Fördernehmern umerzogen und die Erwartungen einer Vollkasko-Gesellschaft umfassend erfüllt. Die Politikerinnen wissen natürlich längst. Stimmen kaufen ist verboten. Doch möglichst alle Wähler „begünstigen“, fällt unter Sozialleistungen oder Wirtschaftshilfe und ist erlaubt. Möglichst niemand sollte das Gefühl haben, nicht zu den Begünstigten zu gehören. Oft wird das „Geschäft mit der Zuneigung“ direkt abgewickelt. Häufig bedient man sich einer eigens dafür erschaffenen Industrie. Die nennen sich Sozial Unternehmer, Changemaker oder soziale Innovatoren, die mit dem Impact Investment oder einfach nur mit öffentlichen Förderungen, Gutes tun (wollen). Viele dieser „Unternehmen“ verwalten ein Budget, von dem Handwerksbetriebe oft nur träumen können. Dafür leisten sie aber auch was. Da kann man zum Beispiel als „Sinnsuchender an inspirierenden Gesprächen teilnehmen, damit sie gestärkt ihren Purpose in die Welt tragen können“. Klingt schräg, ist aber ernst gemeint. Egal ob durch öffentliche Stellen oder durch Changemaker, die Zielgruppe kann immer mit einer Gratis-Leistung rechnen. Und die edlen Spender vergessen auch nicht daran zu erinnern, wem man zu Dank verpflichtet ist („Ein Jahr GRATIS fahren – das hat der Grüne Klub für Dich erreicht/Olga Voglauer).
Gratis heißt jedoch nicht umsonst! Das ist keine Weisheit, sondern eine Rechenaufgabe. Ob im Supermarkt bei „2+1 GRATIS“, beim Gratis-Klimaticket, Gratis-Kindergarten oder „nur“ Gratis-Schitag. Der Zahltag kommt wie das Amen im Gebet und immer sind es die Begünstigten, die letztlich ihr „Geschenk“ selber zahlen (müssen). Eine Ausnahme sind vielleicht die rumänischen Sexarbeiterinnen, die auf eine echte Gratis-Beratung durch einen regierungsnahen Verein zählen können. In der Regel wird der dankbare Gratis-Empfänger garantiert zum zornigen Rückzahler – plus Zinsen versteht sich. „Wer trägt die Verantwortung für den Schuldenberg“, hat die Kleine Zeitung gefragt, als es bereits zu spät war. Die Frage kann man als beantwortet abhaken. Die Politikerinnen zahlen mit Steuergeld (und mit Übergewinnen der Landesenergieversorger), Bürgerinnen und Unternehmen nehmen was sie bekommen können. Ganz wie in der beliebten ORF Spielshow „Money Maker“, wo die Kandidaten sich selbst entwürdigend in der „Gelddusche“ nach den Scheinen hüpften. Der mit dem höchsten „Gewinn“ war übrigens – ein Kärntner. Die Frage, die eigentlich noch genauer geklärt werden sollte ist, wer sind die Gläubiger? Denn klar ist, für die Gläubiger sind Gratis-Aktionen Vermögen. Wir sollten also genau hinterfragen, wer „glaubt“ warum, dass wir als Bürgen unsere Schulden verlässlich zurückzahlen. Vielleicht erfahren wir dann mehr über jene Politikerinnen und ihre Motivation, die uns ihre „Geschenke“ aufdrängen. „Den Bürgen sollst du würgen“, lautet ein Sprichwort. Wer sind also unsere „Würger“ und in welchem Verwandtschaftsverhältnis stehen sie zu den großzügigen Spendern, für deren Großherzigkeit wir bürgen müssen?
Damit das perfide System funktioniert, braucht es Politikerinnen, dessen einzige Qualifikation darin besteht, das Geld fremder Leute zu verprassen und wortreich zu erklären, dass das notwendig und die einzige Alternative ist. Dann braucht es Menschen, die froh über jeden Euro sind, der ihnen zugeflogen kommt, weil sie von der Politik, von der Gewerkschaft und vom Arbeitgeber sowieso an der kurzen Leine gehalten werden. Sie sollen bei Vollzeitbeschäftigung gerade so viel verdienen, dass die „Kaufkraft“ erhalten bleibt. Zum Leben zu wenig und zum Sterben zu viel. So schafft man Abhängigkeiten und dankbare Geschenks Empfänger. Das nennt sich „Sozialsystem“ oder der Rost, bei dem zwar alle schwarz (oder rot) werden, durch den aber niemand hindurchfallen darf. Immer öfter beteiligen sich auch Unternehmen an diesem System, indem sie ihre „Übergewinne“ sozial investieren. Typisches Beispiel dafür ist der Landesenergieversorger Kelag mit einem „Übergewinn“ von 316 Prozent (!). Einen Teil davon dürfen die Helfershelfer bedürftigen Kunden wieder zurückgeben. Damit verbessern soziale Unternehmen die Verteilungsmasse für Politikerinnen und lukrieren Vorteile auf anderen Ebenen. Natürlich könnte man das ganze System auch vereinfachen und den Menschen einfach den Lohn geben, den sie erwirtschaftet haben, damit sie an einem gerechten Wirtschaftssystem teilhaben können. Dann würde das „Geschäftsmodell“ der Regierungsparteien allerdings kollabieren.